Projektwerkstatt

IMPRESSIONEN GEGEN DEN KNAST

Teil 8: Die Folgen des Strafvollzugs


1. Teil 1: Knastanfang und -alltag
2. Teil 2: Zahlen
3. Teil 3: Die Regeln des Gefängnisses
4. Teil 4: Knast-Logiken
5. Teil 5: Innere Disziplinierung
6. Teil 6: Steigerungen
7. Teil 7: Wem dienen Knast und Strafe?
8. Teil 8: Die Folgen des Strafvollzugs

Text "Schädliche Folgen des Strafvollzugs: Das Gefängnis als totale Institution" (Quelle war www.knast.net)

Unter totalen Institutionen versteht man solche, die das gesamte Leben der darin lebenden Menschen beherrschen. Außer Gefängnissen zählen dazu in mehr oder weniger starkem Ausmaß auch psychiatrische Krankenhäuser, Erziehungsheime, Kasernen, Internate und Klöster. Ihnen allen sind einige Merkmale gemeinsam
  • Autoritäres System
  • Streng geregelter Tagesablauf
  • Viele Schicksalsgenossen
  • Institution darf nicht verlassen werden

Menschen, die in solchen Institutionen leben (müssen), sind zum Teil einem hohen psychischen Leidensdruck ausgesetzt. Das Gefängnis als Inbegriff einer solchen totalen Institution kann zahlreiche schädlichen Auswirkungen auf die Inhaftierten haben. Das sieht auch der Gesetzgeber so, der mit dem § 3 StVollzG den Schaden für die Gefangenen möglichst gering zu halten sucht.

Im Gefängnis
Stigmatisierung und Identitätsverlust
Mit dem Tag der Inhaftierung verliert der Gefangene auf einen Schlag all seine gewohnten Lebensbezüge. Mit einem Mal ist er völlig hilflos einer übermächtigen Institution ausgeliefert. Schon durch die Einkleidung in die uniforme Anstaltskleidung wird dem Gefangenen verdeutlicht, daß für ihn nun ein völlig anderes Leben beginnt und daß er sich in nichts von all den anderen "Verbrechern" unterscheidet, wohl aber vom Gros der Bevölkerung außerhalb der Anstalt. Neben seiner Freiheit verliert der Gefangene eine ganze Reihe weiterer Güter, die für Menschen außerhalb der Gefängnismauern zur Selbstverständlichkeit gehören und zu einem menschenwürdigen Leben nötig sind.

Verlust der Privatsphäre
Von Privatsphäre kann nicht die Rede sein, wo man auf engem Raum mit unzähligen Menschen zusammenleben muß, deren Gemeinschaft man nicht gesucht hat. Es gibt kaum eine Möglichkeit, sich vor den anderen zurückzuziehen und selbst, wenn man allein auf Zelle sitzt, kann man nie sicher sein, ob nicht im nächsten Augenblick ein Beamter die Tür öffnet.

Abbruch heterosexueller Beziehungen
Wo nur Männer zusammenleben, werden auch solche Männer zur Homosexualität gedrängt, die von ihrer Veranlagung her heterosexuell sind. Häufig kommt es auch zu sexueller Gewalt.

Schild am Knast GiessenTrennung von den Angehörigen
Strafgefangenen steht pro Monat mindestens eine Stunde Besuch durch Verwandte zu. Die Personalknappheit in vielen Gefängnissen läßt diese Minimum oft zur Regel werden.

Mangel an einer natürlichen Umgebung
Bei nur einer Stunde Hofgang pro Tag sind die Gefangenen die meiste Zeit einer eintönigen, künstlichen und krank machenden Umgebung ausgesetzt.

Verlust der Habe
Außer den wenigen Gegenständen, die der Gefangene auf seiner Zelle besitzen darf, wird ihm aller Besitz weggenommen.

Verlust von Selbständigkeit und Kreativität
Im Strafvollzug ist jeder Augenblick des Alltags streng geregelt. Für freie, eigenverantwortliche Entscheidungen bleibt kein Raum.

Verlust der persönlichen Sicherheit
Gefangene sind Übergriffen durch Mitgefangene und Vollzugspersonal fast ungeschützt ausgesetzt.

Verlust des Realitätssinns
Viele Gefangenen verlieren in der Haft den Sinn für jede Realität. Oft träumen sie von einer wunderschönen Zukunft nach der Inhaftierung, ohne an ihre negativen Erfahrungen in der Vergangenheit und praktische Probleme zu denken.

Haftkoller
Die psychischen Belastungen während der Haft können bei langen Haftstrafen zu seelischen Spannungen führen, die sich irgendwann gewaltsam gegenüber Mitgefangenen oder dem Anstaltspersonal entladen.

Selbstmord
Gerade in den ersten Tagen der Haft kann der durch die Inhaftierung ausgelöste Schock zum Selbstmord führen. Gefangene, die zum ersten Mal ins Gefängnis kommen, sind davon besonders häufig betroffen.

Erlernen von Kriminalität
Im Gefängnis kann der Gefangene viel dazulernen: Ein Drogentäter kann beispielsweise lernen, wie man ein Auto knackt; ein Autodieb erfährt, wie sich mit Heroin schnelles Geld machen läßt usw.

Nach der Entlassung
Verlust der Arbeit
Nach der Inhaftierung ist es für Gefangene sehr schwierig eine neue Arbeit zu finden. Als Vorbestrafter kommt man nur selten irgendwo unter.

Verlust der Wohnung
Fast kein Gefangener kann während seiner Inhaftierung seine Wohnung draußen halten. Kommt er dann aus dem Gefängnis, steht er zunächst einmal auf der Straße.

Verlust an Beziehungen
So mancher will mit einem "Ex-Knacki" nichts mehr zu tun haben. Überhaupt ist es schwierig Beziehungen nach draußen aufrechtzuerhalten, wenn man sich monate- oder jahrelang niemals sieht. Auch viele Ehen zerbrechen während der Inhaftierung.

Für Dritte
Familie
Gerne wird vergessen, daß oft die Familie des Inhaftierten (obwohl unschuldig) die Hauptlast an der Inhaftierung trägt.

Opfer
Bei Vermögensdelikten haben nicht einmal die Opfer etwas von der Inhaftierung des Gefangenen. Im Gegenteil: Durch die geringe Entlohnung im Gefängnis, kann sich eine Rückzahlung des Schadens lange hinauszögern, sofern sie nicht überhaupt unmöglich wird. Mit Verbüßung der Haftstrafe ist für die meisten Gefangenen die Schuld abgegolten. Zu einem Ausgleich mit dem Opfer sieht sich kaum ein Gefangener verpflichtet.

Stanford-Prison-Experiment
In einem Versuch wurde Knast "nachgespielt" - und es entwickelten sich bemerkenswerte Brutalitäten. Das Experiment, von WissenschaftlerInnen (nach dem Namen des Leiters auch Zimbardo-Experiment genannt) musste nach wenigen Tagen zum Schutz der die Inhaftierten spielenden Personen abgebrochen werden. Der Film "Das Experiment" beruht auf diesen Erfahrungen

Oskar Wilde in "Der Sozialismus und die Seele des Menschen"
Mit der autoritären Gewalt wird die Justiz verschwinden. Das wird ein großer Gewinn sein - ein Gewinn von wahrhaft unberechenbarem Wert. Wenn man die Geschichte erforscht, nicht in den gereinigten Ausgaben, die für Volksschüler und Gymnasiasten veranstaltet sind, sondern in den echten Quellen aus der jeweiligen Zeit, dann wird man völlig von Ekel erfüllt, nicht wegen der Taten der Verbrecher, sondern wegen der Strafen, die die Guten auferlegt haben; und eine Gemeinschaft wird unendlich mehr durch das gewohnheitsmäßige Verhängen von Strafen verroht als durch das gelegentliche Vorkommen von Verbrechen. Daraus ergibt sich von selbst, daß je mehr Strafen verhängt werden, umso mehr Verbrechen hervorgerufen werden, ...

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