Projektwerkstatt

BOLO'BOLO (AUSZÜGE)

tega


1. Der grosse Kater
2. Die drei Grundbestandteile der Maschine
3. Drei Deals in Krise
4. Der A-Deal: enttäuscht vom Konsum
5. Der B-Deal: frustriert vom Sozialismus
6. Der C-Deal: genug von der Entwicklung des Elends
7. Der Bankrott der Realpolitik
8. Die Schattenwirklichkeit
9. Substruktion
10. Dysko
11. Triko ... und: bolo'bolo - Grundrisse für ein Projekt
12. Fahrplan
13. ibu
14. bolo
15. sila
16. taku
17. kana
18. nima
19. kodu
20. yalu
21. sibi
22. pali
23. sufu
24. gano
25. bete
26. nugo
27. pili
28. kene
29. tega
30. fudo
31. sumi
32. asa
33. buni
34. mafa
35. feno
36. sadi
37. fasi
38. yaka
39. Anmerkungen
40. Sechs Jahre bolo'bolo
41. Abfahrt

Durch Nachbarschaft, gemeinsame Unternehmungen und praktische Arrangements entstehen Verbände von bolos. Die Form solcher Föderationen, bolo-Bündel oder Koordinationen wird von Region zu Region und Kontinent zu Kontinent verschieden sein und von unterschiedlichen Traditionen beeinflusst. bolos können auch isoliert bestehen (z.B. im Dschungel) oder in Gruppen von zwei oder drei. Sie können nur locker organisiert sein, oder sehr eng verwoben (in Städten). Es kann Überlappungen geben, Enklaven und Exklaven, Wechsel usw.

Eine häufige Form der Zusammenarbeit von zehn bis zwanzig bolos ist sicher das tega: ein Dorf, eine Nachbarschaft, eine Kleinstadt, eine kleine Talschaft, ein Landgebiet, ein Quartier.

Ein tega kann zustande kommen durch geographische Zusammengehörigkeit, städtische Struktur, kulturelle oder geschichtliche Faktoren oder einfach aus gegenseitiger Vorliebe. Ein tega (Nachbarschaft) erfüllt für seine bolos oder einzelne ibus bestimmte praktische Aufgaben: Strassen, Kanäle, Wasserversorung, Energie, kleine Betriebe und Werkstätten, Verkehrswesen, Spitäler, Gewässer- und Waldpflege, Materiallager, Feuerwehr, Markt, allgemeine Hilfe und Reserven für Notfälle, Theater, Kinos, Restaurants usw. Die bolos organisieren für solche Dinge eine Art Selbstverwaltung auf lokaler Ebene. Entscheidend ist dabei nicht das Territorium, sondern die Unternehmung. Ein bolo kann also zu mehreren tegas gehören; tegas können fliessend ineinander übergehen. Im Gegensatz zu heutigen Formen lokaler Verwaltung (Quartier-Räte, Blockkomitees, Gemeinden, Sowjets usw.) sind tegas von unten bestimmt und nicht einfach Kanäle zentraler Verwaltungen. Die bolos mit ihrer grossen Selbständigkeit begrenzen die Macht solcher "Regierungen" und verhindern, dass sie eine bürokratische Eigendynamik entfalten. Die bolos sind die Garantie dafür, dass die tegas "riskiert" werden können.

Wenn die bolos das wollen, können Nachbarschaften auch gesellschaftliche Funktionen ausüben. Sie können Ausschüsse haben, die sich mit Konflikten zwischen bolos oder ibus befassen, die Duelle überwachen (siehe: yaka), die helfen neue bolos zu gründen oder ausgestorbene bolos aufzulösen, die tega'bolos einrichten (für ibus, die sich auf keine bestimmte Lebensweise einigen können, aber doch in einem bolo leben möchten...) Im Rahmen der Nachbarschaften sollte es auch Platz haben für Lebensweisen ausserhalb der bolos: für Eremiten, Kleinfamilien, Vagabunden, Nomaden, Misanthropen, Dandies, Genies, Kommunen oder Zweierbeziehungen. Diese Individuen oder Gruppen können mit bolos oder dem tega Abkommen treffen über ihre Versorgung mit Lebensmitteln, Unterkunft usw. Sie bilden einen Teil des Reichtums einer Nachbarschaft. Diese kann sogar eigene Landwirtschaftsbetriebe (tega'kodu) unterhalten und bestimmte Produkte für die ganze Nachbarschaft erzeugen. Kurz, das tega entfaltet so viele Aktivitäten, wie die beteiligten bolos wünschen: Bäder, Klein-Opern, Häfen, Springbrunnen, Feste, Eisbahnen, Galerien, Regatten, Pastetenbackwettbewerbe, Schlachthäuser, Bäckereien... Die bolos müssen dabei nur aufpassen, dass sie nicht zuviel von ihrer Unabhängigkeit verlieren - die ersten Schritte auf dem Weg zum Staat sind oft sehr harmlos.

Schematisch vereinfacht könnte ein städtisches tega etwa so aussehen:





Gesellschaftliche Einrichtungen, auch solche mit scheinbar nur praktischen Aufgaben, haben die fast natürliche Neigung, eine Eigendynamik zu entwicklen und ihre Mitglieder zu "verraten" . Zusammenarbeit erzeugt Macht und es gibt immer Gruppen, die sich diese Macht aneignen wollen. Wenn man ihn nicht bewusst verhindert, erwächst der Staat aus jeder Art gesellschaftlicher Organisation. Das beste Hindernis gegen diese Tendenz ist die Unabhängigkeit der bolos. Ohne sie müssen alle formalen demokratischen Machtbegrenzungsmethoden scheitern, sei es nun das Prinzip der Delegation von unten, Ämterrotation, Gewaltenteilung, Öffentlichkeit, Informationspflicht, Wahl durch das Los usw. Kein demokratisches System kann demokratischer sein als die materielle, existentielle Selbständigkeit seiner Mitglieder. Es gibt keine Demokratie für ausgebeutete, wirtschaftlich und kulturell erpresste Leute.

Ausgehend von der Autarkie der bolos können einige Vorschläge gemacht werden, wie das Risiko des Staats trotz gesellschaftlicher Zusammenarbeit vermindert werden kann. Innerhalb des bolos gibt es keine Regeln - die Art der Entscheidungsfindung wird durch die jeweilige Lebensweise bestimmt. Doch auf höheren Ebenen (Nachbarschaft, Stadt, Region) könnten folgende Verfahren sinnvoll sein (viele andere sind auch denkbar).

Die Nachbarschaftsangelegenheiten werden in einer Delegiertenversammlung (tega'dala) diskutiert und ausgeführt. Jedes bolo entsendet zwei Delegierte und dazu kommen zwei externe Vertreter (dudis) aus andern Versammlungen (siehe unten). Die boloVertreter werden durch das Los bestimmt und die Hälfte davon müssen Männer sein (damit die Fraugen wegen ihrer "natürlichen" Mehrheit nicht das Übergewicht haben). Altersgrenzen gibt es keine. Kinderdelegierte können ihre Mütter, Väter oder Onkel/Tanten mitbringen.

Das tega'dala wählt aus seinen Mitgliedern zwei dudis, ebenfalls durch das Los. Diese Delegierten werden durch ein weiteres Los-System in andere dalas (Nachbarschaft, Städte, Regionen) anderer Stufen entsandt. So schickt vielleicht ein tega'dala Barceloneta (Barcelona) einen Vertreter ins sumi'dala Andalusia, das sumi'dala Bayern einen ins tega'dala Kreuzberg (Berlin), das fudo'dala Tsüri einen Vertreter ins tega'dala Appenzell oder umgekehrt. Solche auswärtigen Vertreter hätten volles Stimmrecht und wären natürlich nicht etwa zur Diskretion verpflichtet - im Gegenteil. Sie sollen "fremde" Gesichtspunkte ins Spiel bringen, interne Mauscheleien ausbringen, Gewohnheiten durchbrechen, also beobachten, stören, spionieren. Ähnlich wie die überall auftauchenden Gäste und Nomaden können sie helfen, Isolationserscheinungen in bolos und Nachbarschaften zu durchbrechen. Sachunkenntnis, Unabhängigkeit, Unbekümmertheit, sind ihr wichtigster Beitrag.

Zusätzlich könnten alle Amtszeiten aller dalas auf ein Jahr begrenzt werden. Die Sitzungen sollten öffentlich sein oder durch Radio/Fernsehen übertragen werden. Jedermann sollte an Sitzungen zu Wort kommen können, nicht nur Delegierte. All das erinnert an Häuptlingstreffen (nur sind die "Häuptlinge>) hier verlost) oder Thing-Räte.

Die bolo-Vertreter hätten je nach bolo-Eigenart verschiedene Stellungen. Manche wären ganz unabhängig, andere an strenge Instruktionen "gebunden" (eigentliche Sanktionen wären kaum möglich), je nach dem, ob sie ein mehr liberales oder mehr soziales bolo vertreten. Alle Vertreter wären selbst zuständig für die Ausführung der Beschlüsse und würden in verschiedenen Ausschüssen mitwirken, sodass ihre Tätigkeit als eine Form der Fronarbeit (kene) betrachtet werden kann.

Die dalas aller Ebenen können nicht mit Parlamenten oder Regierungen verglichen werden. Sie verwalten nur, was die bolos ihnen übrig lassen und was die bolos zulassen. Ihr Spielraum ist gering, ihre Legitimation schwach (Los), ihre Unabhängigkeit bedroht, ihre Aufgaben praktischer Art und lokal begrenzt. Sie gleichen eher den alten Tagsatzungen, Senaten oder "Oberhäusern", d.h. es sind Treffen selbständiger Eiheiten, eine Art Feudal-Demokratie ahne Adel. Es sind nicht einmal Konföderationen und sie können leicht an Uneigkeit zerbrechen. Physische Sanktionen, Rechtsetzung, Zwang (alles, was den "Rechtsstaat" ausmacht) fällt ins Leere, weil jedes ibu ungehindert "fliehen" oder in einem bolo "Asyl" (sila) finden kann. Der "rechtsfreie Raum" umzingelt die gesellschaftlichen Einrichtungen, sodass sie kaum gedeihen können. Volksversammlungen sind immer und überall möglich. Was sollen dagegen 40 oder 60 dala-Delegierte ausrichten?


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