Projektwerkstatt

HERRSCHAFT AUSMACHEN

Debatten zum Text


1. Definitionen und Formen
2. Blick ins Herz der Finsternis
3. One ring to rule them all? - Kapitalismus vs. Sexismus vs. Rassismus vs. ...
4. Herrschaft im Brennpunkt
5. Der Blickwinkel oder Die drei Seiten der  Medaille
6. Die Spezialfilter oder Tragende Säulen der Dickichtkonstruktion
7. Debatten zum Text

Auszüge von der Hoppetosse-Mailingliste

Zitat Anfang
Herrschaft manifestiert sich also in den unterschiedlichsten Bereichen. Unverzichtbarer Bestandteil emanzipatorischer Politik ist es, Herrschaftsverhältnisse in allen diesen Bereichen zu kritisieren und zu bekämpfen, also z.B. Sexismus, Rassismus oder Behindertenfeindlichkeit. Eine Beschränkung auf einzelne solcher Herrschaftsverhältnisse und ihre isolierte Betrachtung hat fatale Folgen [...]
Zitat Ende
Hier und im gesamten Text kommt wieder das Problem auf, was ich mit der multiple-oppression-Theorie habe. Sie analysiert alle Herrschaftsbereiche (vom Kapitalismus bis Tierunterdrückung) als „gleichwertig“ und irgendwie nebeneinander stehend sowie irgendwie miteinander verknüpft. Das finde ich aber nicht ausreichend, um deren Komplexität zu handhaben - als Bsp.:
Kapitalismus als ökonomische Grundlage hat eine andere Dimension als die (mittlerweile) hauptsächlich diskursive Herrschaft beim Thema Homosexualität. Das soll nicht bedeuten, dass alles andere als der Kapitalismus ein „Nebenwiderspruch“ ist, um den mensch sich „nach der Revolution“ kümmern kann oder der mit dieser gar automatisch wegfällt. Herrschaft in all ihren Dimensionen muss auch schon hier und heute abgebaut werden, ganz einfach aus dem Grund, dass Menschen unter ihr leiden. Wenn ich mir selbst etwas weniger unklar bin, werde ich auch mal versuchen, mehr dazu zu schreiben.

Zitat Anfang
Im selben Moment profitiert sie aber von ihrem europäischen Pass und der Tatsache, dass viele Menschen weder den Pass noch die damit verbundenen Privilegien besitzen. Den rassistischen Konsens in Deutschland zu bekämpfen, heißt dementsprechend nicht nur, gegen Residenzpflicht, Abschiebungen und Internierungslager Widerstand zu leisten. Gleichzeitig ist es auch unser Ziel, Privilegien als „Weiße“ und damit in einer rassistischen Gesellschaft „höher“ Bewertete bewusst zu machen und damit verbundene Machtstellungen zu überwinden.
Zitat Ende
Hier scheint mir analytisch einiges durcheinander zu kommen. Der europäische Pass (besser EU-Pass) ist erstens auch Nicht-Weißen (wenn oft auch schwerer) zugänglich, z.B. Menschen aus ehemaligen Kolonien und deren Nachfahren. Andererseits können auch Weiße (z.B. aus Osteuropa) von ihm und seinen Möglichkeiten ausgeschlossen sein. Zweitens sind ja nicht diese Möglichkeiten, wie z.B. Reisefreiheit, das Problem (also kein Grund sich dessen zu schämen), sondern dass diese eine Privelegierung darstellen. Eine emanzipatorische Politik muss also dafür kämpfen, dass diese Möglichkeiten allen offenstehen - im Idealfall jenseits von Pässen und Staaten.
Den rassistischen Konsens zu brechen, heißt m.E. zuerst das Bild der „AusländerInnen“, die „uns nur ausnutzen“, „die uns unsere Arbeitsplätze wegnehmen“ etc. wegzubekommen.
Der Kampf „gegen Residenzpflicht, Abschiebungen und Internierungslager“ ist der (gute und notwendige) Versuch, krasse Benachteiligungen von Menschen, auf Grund ihrer konstruierten Gruppenzugehörigkeit, zu beseitigen, um ihnen das Leben innerhalb der beschissenen Verhältnisse erträglicher zu machen. Was sich auch Linke immer wieder „bewusst machen“ müssen, ist ob sie nicht selbst rassistische Verhaltensweisen (z.B. das Verwenden primitiver Sprache gegenüber Menschen mit anderer Hautfarbe) an den Tag legen. Dies gilt es dann auch tatsächlich zu überwinden.

Zitat Anfang
Der Zugriff der ChefInnen auf „ihre“ Frau Meiers ist somit über die persönliche Beziehung hinausgehend abgesichert [...]
Zitat Ende
auf ihre Arbeitskraft! - die Zeiten des Sklavenhandels mit Zugriff auf die Person sind (weitestgehend) vorbei ...

Zitat Anfang
Indem sich Gruppen als „geschlossen“ definieren und bestimmen, wer über welche Eigenschaften dazugehören darf und wer nicht, funktioniert Herrschaft im Sinne von Diskriminierung, von Ausschluss.
Zitat Ende
Hier kommt mir - im Gegensatz zum Rest des Textes - nicht genug heraus, dass dies oft nicht bewusst/ geplant zum Zweck der Aufrechterhaltung von Herrschaft geschieht (was durchaus auch vorkommen kann), sondern einfach nur ein Leben der als „normal“ empfundenen gesellschaftlichen Verhältnisse.
Ansonsten finde ich den Text ziemlich gelungen.
Anarchie & Luxus
Micha

Hier und im gesamten Text kommt wieder das Problem auf, was ich mit der multiple-oppression-Theorie habe. Sie analysiert alle Herrschaftsbereiche > (vom Kapitalismus bis Tierunterdrückung)
Anmerkung: Es gibt nicht ‚die‘ multiple-opression-Therorie, z.B. besteht keine einheitliche Meinung dazu, ob Tierunterdrückung mit Unterdrückung von Menschen zu vergleichen ist (Tiere können ja niemals gleichberechtigt mit uns agieren...das ist defintiv veganer Idealismus)
als „gleichwertig“ und irgendwienebeneinander stehend sowie irgendwie miteinander verknüpft.
Das „Nebeneinander stehen“ von Herrschaftsformen ist nur scheinbar.
Rassismus, Kapitalismus, Sexismus, Unterdrückung von Kindern, sog. ‚Behinderten‘ existieren ja nicht unabhängig voneinander (daher können sie auch nicht nacheinander weg gefegt werden..). Es ist zu bedenken, dass das alles Begrifflichkeiten sind, mit denen wir uns versuchen, Wirklichkeit klar zu machen. Die Gefahr, das es schematisch. bleibt, ist eben sehr groß ... auch in den aktuellen Debatten. Sehr ulkig z.B., dass im Vorfeld der Crossover Conference immer wieder betont wurde, dass mindestens zwei Herrschaftsverhältnisse pro AK behandelt werden. Soll keine Abwertung sein ... den Ansatz der C. Conference finde ich deutlich besser als anderen Kram.
Kapitalismus als ökonomische Grundlage hat eine andere Dimension als die(mittlerweile) hauptsächlich diskursive Herrschaft beim ThemaHomosexualität.
Das würde ich auch nicht bestreiten; ich wüsste auch nicht, wo das in den Debatten behauptet wird / wurde. Ich habe aber schon den Eindruck, dass Herrschaft immer auf bestimmten Prinzipien beruht, wie z.B. Ausgrenzung, Entrechtung, Zuschreibung von Rollen. Auch das Dasein als ‚ArbeiterIn‘ basiert nicht nur auf ökonomischen Zwang, sondern sozialer Zurichtung, d.h. mensch geht malochen, weil mensch glaubt, dass es ja nur so gehen kann (was wiederum ein Konstrukt ist).
Herrschaft in all ihren Dimensionen muss auch schon hier und heuteabgebautwerden, ganz einfach aus dem Grund, dass Menschen unter ihr leiden.
Ich würde noch ergänzen: der Abbau von Herrschaft hat kein Ende, das Enstehen von Privelegien, ökonomischer Ungleichheit muss immer wieder neu verhindert werden. Der Spruch „Herrschaft ausmachen“ ist in der Hinsicht blöd, weil er Dominanzabbau sehr mechanisch rüber bringt, so als könnte ein Knopfdruck (früher war‘s die Revolution) alles erledigen. (Ein richtig guter Anti-Herrschafts-Slogan müßte den Prozesscharackter von Emanzipation vermitteln...leider hab ich gerade nicht den passenden parat.)
gruss, espi

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