DER TRAUM VOM BEFREITEN LEBEN   



TräumerIn

Sie träumte ihn. Und er träumte sie irgendwie. Nicht nur, wenn sie Abends zu Bett ging und einschlief. Sie träumte ihn. Immer. Den ganzen Tag. Anders hätte es nicht sein können: mensch musste ihn ganz träumen, um ihn zu träumen. Es war nichts ihr Äußerliches: sie konnte und wollte ihn nicht fassen und wenn sie es versucht hätte, hätte sie ins Leere gegriffen: der Traum war ein großer Teil von ihr und sie ein kleines Teil des Traumes. Sie hätte ihn nicht haben können, besitzen, denn sie war der Traum und umgekehrt. Sein statt Haben. Nicht nur sie träumte ihn. Auch andere. Viele von ihnen und doch viel zu wenig. Viel zu wenig, die vermochten, noch zusammen zu träumen. Zusammen. Zusammen träumen. Den Traum träumen, der nur zusammen geträumt werden konnte, der es bedurfte, dass Menschen ihn kollektiv träumten, auf dass er mehr sei als ein Traum. Den Traum, der aufgehoben werden wollte, der sich wünschte, selbst zur Wirklichkeit zu werden, um diese zum Traum zu machen – ja, es klingt wirr und widersprüchlich...denn so ist es auch.

  “Hör endlich auf zu träumen”, sagten sie ihr unentwegt, sie, die das Träumen und sich selbst zugleich schon vor langem aufgegeben hatten. Aber sie blieb unbeirrbar, die millitante TräumerIn. Sie wusste nicht, ob sie jemals angefangen hatte zu träumen, ob es schon immer so gewesen war, ob es ein Ende gab. Doch ihr war zu tiefst bewusst was es bedeutete, aufzuhören zu träumen. Den Traum vom befreiten Leben. Die TräumerIn stieß einen Schrei aus, voller Schmerz und Hass, einen Schrei für sich und alle, die wie sie träumten. Und fühlte so klar das Leben, welches in ihr brodelte und das sich nach nichts mehr sehnte als Befreiung.


Wohin soll dich der nun Traum führen?


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