KULTURELLES CHAOS, POLITIX UND WARPZONEN
nicht normal ... hoffentlich
Irgend etwas stimmt nicht ... du passt da nicht rein. Ein Gefühl, was ich als vage Ahnung schon so lange mit mir herum trage & das bis heute anhaltend in meinem Bewusstsein umher schippert; wohl ein Grund dafür, warum ich (noch?) kein normales Leben führe und mich für eine herrschaftsfreie Gesellschaft einsetze, in der kein Mensch mehr normal sein muss. Und immer wieder Situationen, wo ich merke (oder mir einbilde ...), wie weit ich weg bin von der Normalität, die sich fast bruchlos in den "linken" Unterabteilungen des Systems fortsetzt, die ich durchqueere und in denen ich zumindest versuche, Grenzen aufzubrechen, Offenheit, Nähe und persönliche Beziehungen herzustellen, auch wenn das der Stand von Bewegung wahnsinnig erschwert.
Ausgrenzung & Rauswurf nach dichotomer Logik, die abgeschlossene Selbstveränderung (eine Unmöglichkeit!) bereits voraussetzen und nicht auf Lernprozessen aufbauen, sondern rationalisierten Reinigungsritualen, die "weisse" Westen plus linksradikale Eliten produzieren. Hierarchien, Dominanz & Machtspielchen, die irgendwie so gar nicht die Welt von unten spiegeln, von der ich träume & die ich schon heute zu leben versuche. PC-Szenecodes, die eine antipatriarchale Praxis vortäuschen, meinen Umgang mit anderen weiter verregeln & mir noch mehr Angst machen, unzensiert zu handeln, Fehler zu machen und zuzugeben. Homophobie & meine Panik vor der der anderen, die es superschwer machen, einen zärtlichen Umgang mit Typen zu finden. Konzepte von Liebe, Beziehung und Sexualität, die ich grauenhaft finde, auf die ich mich nicht einmal ansatzweise beziehen kann und möchte, die nichts mit meinen Wünschen zu tun haben.
Normalitäten, die ständig nichts als Scheiße, Schmerz und Scherben produzieren und die für mich nur als Trümmer (Un-)Sinn ergeben. Normalitäten, die an meinen Bedürfnissen zerbrechen oder meine Sehnsüchte brechen. Seit Geburt an Bilder, Werbungen, menschliche Abbilder, Filme usw., die mir bis in den letzten Winkel genauestens beschreiben, wie ich wann und wo wen lieben darf, die Abfolge der Berührungen vorgeben und Rollenmuster zuweisen. Es funktioniert nicht ... glücklicherweise.
Grenzen zwischen Freundschaft und dem, was (Zweier-)Beziehung genannt wird scheitern glücklicherweise an der Komplexität von Leben & menschlichem Miteinander ... zur Zeit schaffen sie fast immer schizophrene Wesen, Grenzen und Probleme, die es vorher nicht gab. Abstrakte, platonische Zuneigung ist eine Fiktion patriarchal-reduktionistischer Aufklärung, welche Menschen in Geist und Körper, in isolierte Funktionen aufspaltet. Zuneigung, körperliche Nähe und Sexualität lassen sich nicht trennen: Zu den Menschen, die ich mag, fühle ich mich auch hingezogen, auf unterschiedliche Weisen, die nicht vor den Körperpanzern enden, die wir unter den gewaltförmigen, konkurrierenden Verhältnissen aufbauen. Überall, wo ich zu Menschen einen persönlichen Umgang entwickle, sind auch Wünsche nach Nähe, Hände berühren, Zärtlichkeit, Umarmung, Kuscheln, Körper fühlen, schmecken, riechen, miteinander Einschlafen, die ich nicht verdrängen kann, auch wenn ich das bis jetzt noch häufiger versuche.
Liebe, zumindest meine, sprengt Geschlechterkonstruktionen. Ich kann mein Begehren nicht mehr nach Geschlechtern trennen: Meine Zuneigung ist (jenseits meiner eigenen Zurichtung auf als weiblich definierte Personen) auf konkrete Menschen bezogen, die ich liebe, und mir tut es weh, wenn Menschen andere mit so absurden Begründungen ausschließen ("Ich mag dich ... aber du bist halt ein Typ"). Zweierkisten, normative, gewaltförmige Sexualität, Identität und Patriarchat ... so allgegenwärtig, dass ein Leben jenseits dessen unmöglich, undenkbar scheint.
Und immer wieder der Wunsch, dazu zu gehören. Und immer wieder das Gefühl, nicht dazu zu gehören & ganz viel Einsamkeit, Weinen, was tun? Und immer wieder denken, nein, das will ich nicht, weil ich mich nicht durchstreichen kann, nicht mehr, als ich & andere es eh schon getan haben und tun. Normalität bietet Halt, aber das Opfer dafür ist Leben, Subjektivität und spontanes, nicht standardisiertes Verhalten, das dich als einzigartigen Menschen meint & tatsächlich von mir kommt. Leben, an denen Sicherheit, Identität, binäres Entwederoder und einfache Weltbilder regelmäßig zerschellen.
Was bleibt ist die Hoffnung, dass ich auch morgen und übermorgen nicht völlig normal bin & nicht müde werde, mich, dich und den ganzen Rest in Frage zu stellen. Was bleibt ist der freie Fall, viel Unklarheit und die Menschen, die mich aushalten, festhalten und auffangen. Eine stille, dankbare Umarmung an alle, auf die das zutrifft. Und wie so oft enden solche Gedanken auch heute in Tränen.
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