KULTURELLES CHAOS, POLITIX UND WARPZONEN
Sie sägten die Äste ab, auf denen sie saßen
Und schrieen sich zu ihre Erfahrungen,
Wie man schneller sägen könnte, und fuhren
Mit Krachen in die Tiefe, und die ihnen zusahen,
Schüttelten die Köpfe beim Sägen und
Sägten weiter.
Bertolt Brecht
der freiraum UND ANDERER MIST
es ist nicht erst seit der grauenvollen freiraum-demo ende märz in berlin so, dass mir die szene gewaltig auf die nerven geht. war ich vor einiger zeit noch entschieden der meinung, dass mich mit dem, was landläufig so die linksradikale szene genannt wird, jedenfalls das politische projekt und viel-leicht auch eine kulturelle ecke und eine vision des miteinanders verbände, nehmen inzwischen momente des verständnislosen kopfschüttelns und der verzweifelten lachanfälle überhand.
die freiraum-demo führte am 26.märz 2005 mit dem motto „freiräume werden erkämpft und nicht erbettelt“ durch die berliner szenekieze friedrichshain und kreuzberg, um ein deutliches zeichen für unkommerzielle strukturen und der verwertungslogik zumindest teilweise entzogene projekte zu setzen - die guten alten freiräume. der flyer zu dieser demo beginnt mit dem universellen „freiräume sind grundlegende bedürfnisse eines jeden menschen.“ und ergeht sich dann im versuch, alle diese menschen unter das eigene käppi zu bekommen.
es scheint zum guten ton zu gehören, möglichst weitgreifend formulierte texte herzustellen, die alle menschen dieser gesellschaft ansprechen sollen und probleme, die alle menschen betreffen, anzugehen - nur um nach dem krampfhaften versuch, die lösung dieser probleme aus dem eigenen alltag und der eigenen identität heraus zu entdecken, beim allgegenwärtigen und in dieser form so grauenvollen „wir“ zu landen.
aber vielleicht ist das schon ein schritt zu weit, und da ich denke, das menschen, die dies lesen, nicht unbedingt alle die gleiche nähe zu dem mist haben, über den ich mich hier auskotzen will, stolpere ich lieber von anfang an los. es geht um mein persönliches verhältnis zu dem teil der politisch aktiven menschen in deutschland, die sich in irgendeiner art eine grundlegende veränderung dieser gesellschaft zum ziel gesetzt haben, weil sie die alltäglichen kapitalistischen und patriarchalen widerwärtigkeiten für nicht auszuhalten und abschaffbar halten - und diese geisteshaltung damit verbinden, zusammen in kneipen rumzusitzen und sich mit der hilfe verschiedenster kultureller codes und cliquenhafter wahnsinnigkeiten gegenseitig zu versichern, dass das so ist. deswegen mag es auch ein bisschen dreist sein, meine strapazierten nerven auf kosten der leserInnen des mzb zu entlasten, in der hintersten ecke meines kopfes habe ich aber noch die ausrede gefunden, dass es anderen menschen vielleicht auch so geht und es genauso vielleicht spaß macht, diesen text zu lesen. und die grafiken finde ich auch ganz nett, sind übrigens geklaut von www.hoogerbrugge.com.
wenn also teile dieser szene, die in den ewig gleichen kneipen rumsitzt und gemüse mit reis für sich selbst kocht, um das dann volksküche zu nennen, eine demo machen, die ihre inhalte bündeln und in die öffentlichkeit tragen soll, kann dabei schreckliches herauskommen.
denn es geht anscheinend nicht um den transport der inhalte in die öffentlichkeit, sondern vor allem um den transport des eigenen egos hinter einem transpi. das ist natürlich schwarz, genauso wie die kleidung, die mützen und die sonnenbrillen. wenn die erste reihe sich ein wenig in die achtziger jahre halluzinieren will, kommen noch schwarze handschuhe dazu.
wichtig ist, sich vorher mit einem flugblatt möglichst verbalradikal gegen die bestehenden zustände zu stellen und - um diesen worten auch taten folgen zu lassen - auf der demo zur vermittlung dieser inhalte möglichst böse zu gucken. der flyer zur berliner demo „freiräume werden erkämpft und nicht erbettelt!“ spricht bände, es scheint fast so, als sei er nur ge-schrieben, um die eigenbezogenheit und perspektivlosigkeit der szene zu dokumentieren.
(nachzulesen: http://squat.net/de/news/pirat_demo100305.html)
es passt wunderbar in dieses (bühnen)bild, dass die berliner action-samba-band, die seit etwa einem jahr linke demos und aktionen in und um berlin musikalisch, stimmungsmachend, bunt und ansprechend (na, wem stellen sich bei dieser vokabel des den-bürgern-an-den-hals-schmeissens die nackenhaare auf?) unterstützt, explizit nicht eingeladen wurde. es passt eben nicht zusammen, was nicht zusammengehört: pink und schwarz, fröhlich und radikal, offen und revolutionär, neu und richtig. während die macker und coolness-queens sich radikaler als alle anderen des weissen freiraums der niedrigen miete im reservat friedrichshain-kreuzberg versichern, entsteht an genau dem gleichen tag im 120km entfernten dessau etwas, was der idee eines „freiraums“ noch am nächsten kommt. und zwar im anschluß an die trauerfeier für den im deutschen polizeigewahrsam der stadt dessau an eine feuerfeste matratze gefesselten und dort verbrannten 21-jährigen oury jallow.
(mehr information zu dem tod von oury jallow, der trauerfeier und der demo unter: http://www.de.indymedia.org/2005/03/110003.shtml)
eine demo mit etwa 200 leuten, fast ausschließlich flüchtlinge und migrantInnen, nur eine handvoll deutsche, weisse, aktivistInnen hatten den weg nach sachsen-anhalt gefunden, zieht durch dessau. menschen, die in lagern in brandenburger wäldern leben müssen und tagtäglich vom organisierten und kulturellen rassismus der deutschen bedroht sind, haben hier für ein paar stunden die möglichkeit, kollektiv und offensiv aktiv zu werden, zu leben. in berlin läuft die ewig gleiche demo durch„ihren kiez“ und verpasst es, in dessau zusammen zu kämpfen.
und merkwürdig - von abschiebung bedrohte menschen, die nach ihrer erfahrung in deutschland allen grund hätten, auf agitation und vermittlung zugunsten von kritischer desillusion zu verzichten, schaffen es, mit einer offenen und entschlossenen demo und flyern deutlich zu machen, warum sie hier und warum sie wütend sind.
annähernd konkret wird der gedanke von „freiraum“ und wider-stand an diesem tag nur, als die ein teil der demo in dessau auf das erste bullenauto zugeht, es umringt und anspuckt, rumschreit, und gegen das auto tritt, und nicht beim ringelpietz des weissen schwarzen blocks in kreuzberg. Über die weissen verhältnisse der antirassistInnen hatte die autonome gruppe l.u.p.u.s schon 1992, nach den pogromen in hoyerswerda einiges zu sagen:
„die existenz dieser lager, das leben darin, die vorstellungen der flüchtlinge waren uns so fremd wie den allermeisten deutschen auch. und wieviele migrantInnen kennen wir in unserem alltag? wieviele sind in unseren lebenszusammenhängen? der blick auf die glatzen verstellt den blick auf die eigenen weissen verhältnisse - autonome verhältnisse, die weisser sind als jeder sportverein.“
(das kommunebuch. alltag zwischen widerstand, anpassung und gelebter utopie, kollektiv kommunebuch, göttingen '96, kapitel „befreites gebiet?“)
doch zurück nach berlin: taktik und politikverständnis von dem, was so der schwarze block genannt wird, soll hier gar nicht der sinn abge-sprochen werden - aber da liegt ja auch genau der unterschied.
in vielen - und ich bin mir zunehmend sicher: in allen fällen - geht es beim linksradikalen erscheinungsbild nicht um sinn oder taktik, nicht um eine zeitweise erscheinung, sondern um die gar nicht zeitweise konstruktion von identität. was auf nachfrage nicht generell sinnlos mit dem schutz vor bullenübergriffen begründet wird - lückenlose seiten-transpis, ketten, vermummung mit diversen gegenständen, einheitliche, d.h. schwarze kleidung - wirkt und wird in den konkreten situationen völlig lächerlich. was als bewußte taktik gegen repression des staates begründet wird, ist in seiner auswirkung viel öfter (un?)bewußte taktik gegen die vermittlung der eigenen politischen inhalte.
es scheint im grunde gar nicht so sehr um die bewußte anwendung von demotaktiken zu gehen, sondern um das fortführen liebgewonnener identitätsspielchen. und wie sind da die spielregeln?
„WARUM?“
„weil wir böse aussehen wollen!“
sich im eigenen kiez im eigenen kapuzenpulli hinter dem eigenen transpi zu bewegen und sich dabei in die globale kontinuität antiherrschaftlicher kämpfe zu träumen ist regel nummer eins und auch viel einfacher als sich der widersprüchlichkeit des existierens in einer kapitalistischen und deswegen auch patriarchalen realität zumindest bewußt zu sein.
anstatt die herstellung von konformen und konformierenden, die kreativität und die eigene entfaltung verhindernden kollektiven nicht nur zu kritisieren, sondern auch als teil der eigenen person und geschichte zu begreifen, wird fleissig an der eigenen gruppe gebastelt, die in sich und für sich konform geht. anstatt an existierenden kollektiven zu kritisieren, dass sie zwar kollektivität schaffen, aber ausschließlich negative: das gemeinsame eingeengt sein, das gemeinsame leiden, das gemeinsame hassen und deswegen eine offene kollektivität zu entwerfen, wird das herrschaftliche projekt wiederholt, und bloß anders gelabelt.
eine demo, die nur der eigenen versicherung der radikalität und kollektiven rechthaberei dient, die nur visuell und körperlich erfahrbar für zumindest einen nachmittag die vereinzelung zu durchbrechen scheint zum preis der selbstentfernung aus der gesellschaftlichen realität junger bürgerlicher weisser, ist eben eine demo einer szene, die sich selbst genügt.
aber das ist ja nicht alles.
einem guten freund, dem ich diesen text zum probelesen gab, fiel etwas witziges auf: ich war beim schreiben des nächsten absatzes in genau die muster verfallen, die ich hier so ellenlang kritisiere. denn wenn es im ersten teil um die (gewollte oder ungewollte) öffentliche wirkung dieser szene geht, ist das thema des zweiten teils noch mehr innerhalb dieser szene gelagert. es kann also sein, dass einigen lesenden einige teile von dem, was ich zum umgang der ungemein unbürgerlichen szene mit ihren ansprüchen und sich selbst verbrochen habe, unverständlich bleiben - auch wenn ich nach den freundilchen hinweisen versucht habe, verständlicher zu sein. andererseits sollte auch klar sein, was genau ich meine. buongiorno nähkästchen.
Im linksradikalen theater
irgendwo in einer versteckten ecke des kollektiven bewußtseins der szene muss ein riesiger schwarzer dämon mit rußschwarzen hörnern rumhängen, der ein schild hochhält, auf dem in entschiedenem layout „tut so als ob!“ geschrieben steht. er lädt die szene zu einem theaterstück ein und alle machen mit.
mit leichtigkeit sind die rollen zu besetzen, in denen zu agieren es den akteurInnen möglich macht, sich einzubilden, sie spielten keine. heute heisst das stück „fight the bürgerliche beziehung möglichst plakativ“ und im ersten akt bahnt sich eine beziehung an zwischen einem vertreter der rolle „cooler typ, schwarze klamotten, stufig chaotisch wachsende schwarze haare mit einigen restdreads, drei oder vier feschen buttons am schwarzen käppi“, und einer vertreterin der rolle „coole frau, schwarze dreads, diese ohrerweiterungsteile“. es könnten auch zwei vertreterInnen oder zwei vertreter (eher selten, warum eigentlich?) alleine dieses stück spielen, heute wird wegen der publikumsnachfrage dieses stück gegeben. auch die requisiten könnten andere sein, wichtig ist nur, dass sie eine alle anderen ausschließende in-group schaffen: carhardt, north face, new balance.
regieanweisung für beide: sollte fremden (heisst: anders kleidungsmäßig gelayouteten) menschen gegenüber eher unfreundlich sein, auf demos und aktionen böse und verschlossen scheinen. WICHTIG: keine vermittlung der inhalte außerhalb der eigenen erscheinung, bei
kontakt mit bedruckten papier (z.b. flyer) brennender schmerz in hand und herz.
[die sache mit den schwarzen restdreads ist übrigens eine sehr spannende. sie zeigen das bedürfnis, diese remineszenzen einer vergan-genheit, die nicht ganz so cool und schrecklich hippie-mäßig war, öffentlich mit sich herumzutragen. aber warum? um die reflexion der eigenen geschichte und person vorzugaukeln, oder ist es eher eine geste des sieges über die hippiekultur? sagt der restdread zu den anderen menschen im fischladen: „SEHT HER, ICH HABE ES GESCHAFFT!“? ist der restdread etwa ausdruck einer menge sprossen in der karriereleiter der litfaßsäulen-linken...]
um hier nicht in stereotypen zu ertrinken (die ich mir in diesem artikel zu produzieren durchaus bewußt bin), sei der verlauf des stückes nur kurz umrissen.
aus dem anspruch, der erstickenden und herrschaftlichen bürger-lichen sexualität und beziehungsidee eine andere sache entgegenzusetzen, entschließen sich nach einem kennenlernen in der szenekneipenszene im ersten akt die beiden protagonistInnen im zweiten akt , es mit dem starmodell, dem „must“ der kleinbürgerlichen antibürgerlichkeit zu versuchen, der offenen beziehung. das geht im dritten akt auch wunderbar von statten, eignet sich insbeson-dere perfekt als zentraler teil der nach aussen gezeigten radikalität. wir sind mit der nussschale „offene beziehung“ der freiraum/trauminsel ein bisschen näher gekommen und können schon die paradiesischen palmen und zustände sehen und flugs unser eigen nennen.
es wiegt viel, dem über allen schwebenden szenecode der anti-bürgerlichkeit zu entsprechen, eigene probleme und widersprüche zu verschweigen und in sich hineinzufressen. die hier szenekonstruierte identität wiegt auch viel mehr, als die emanzi-pative idee, sich zuzugestehen, dass - gerade aufgrund der von allen ange-prangerten bürgerlichen sozialisation - eben nicht die freie liebe in uns steckt und nur angerufen werden muss:
„ich hätte gerne einmal die pizza „offene beziehung“ und zwar mit extra viel käse/hefeschmelz!“
, sondern andauernd probleme macht und immer wieder aus den sonst gut verschlossenen koffern des unterbewußtseins auftaucht und „eifersucht!“, „besitz!“ und vielleicht noch „nest bauen!“ grölt.
im retardierenden vierten akt bleibt zeit, anzudeuten, dass es andere programme gibt, in denen das ganze nicht zwangsläufig so abläuft. der verweis auf menschen, die sich der bürgerlichen zwangsjacke entziehen und neue und freie formen des zusammenlebens ausprobieren ohne eine neue jacke anzuziehen und sich selbst wahnsinnig zu machen ist wichtig. und real - es gibt genug leute, die sich aus der vorstellung verabschieden und ihre eigene verfolgen. in diesem stück aber geht es um die verbindung von dieser absicht und der unmöglichkeit, sich (und das ist mittlerweile fast schon dasselbe wie „die szene“) nichtradikale teile des eigenen selbst zuzugestehen.
das ganze geht so vor sich hin, es deuten sich aber schon die katastrophalen ereignisse des fünften aktes an - affären, in szenesprech in scheinbarer anerkennung der absurdität des ganzen mit dem gräßlichen wort „techtel“ bedacht, sind am start. es scheint, als würden einige menschen mit dem aufgenähten thema dieser vorstellung werbung laufen: „tragedy“.
ironischerweise bewegt sich die geschichte genauso, nämlich tragisch, auf den letzten akt zu. die sorg- und mühsam aufrechterhaltene deckelnde hülle des sieges über die eigene bürgerlichkeit bricht und die beiden entdecken, dass sie mit den affären des oder der anderen über-haupt gar nicht so cool und einfach zurechtkommen, wie nach außen transportiert und kommuniziert.
um so dramatischer entwickeln sich nun die ach-so verhassten, erkannten und erledigten bürgerlichen prozesse von eifersucht, verletztem stolz und rache. es kommt zum großen finale mit krampf, streit und zerwürfnis, in dem das szene-dorf klatschen und tratschen darf und sich vor allem auf einer der beiden seiten positionieren muss. aus diesem kleinen türchen im boden der bühne taucht die ahnung auf, dass es vielleicht nicht richtig ist, sich nur am kollektiven „in und out“ der soziokulturellen ecke zu orientieren und zu hoffen, dass alle gleichangezogenen eineN auch richtig einordnen und verstehen.
in der beschäftigung mit der eigenen persönlichkeit sollten die anderen nussschalenseglerInnen vielleicht auch mal ein stück weit egal sein - egal das, was sie so sagen. wie sagte dagegen der einigermaßen unszenige walter benjamin schon in den dreissigern?
„das kleinbürgerlichste aller phänomene, der klatsch, kommt nur zustande, weil die leute nicht missverstanden werden wollen.“
am ende fällt der vorhang, es bleibt offen, ob es opfer zu betrauern oder täterInnen auszuschließen gilt - das publikum geht nach hause und sägt weiter am ast.
...natürlich ist diese darstellung ungerecht und arrogant - für einen wütenden und verzweifelten artikel aber ausnahmsweise okay, finde ich.
verzweifelt deswegen, weil ich mich auch im publikum des theater-stücks wiederfinde und oft genug die kabel schleppe. weil ich mich auf den oben so grauenvoll beschriebenen demos wiederfinde, und für mich die minimalforderung das paradies bleibt, radikale kritik an dem, was uns um-gibt und in uns ist nicht aufgeben will - und ebensowenig alle noch so kleinen versuche, den widerwärtigkeiten neues und anderes, befreites und befreiendes entgegenzusetzen. weil es trotz allem diese menschen und diese ideen sind, die in die richtige richtung gehen, auch wenn ich den stechschritt zum kotzen finde - egal in welchen reihen.
ich will also dieses theaterstück - das nicht nur in sachen liebe und demo so läuft - nicht aufgeben, aber mit vielen anderen zusammen bedeutende teile umschreiben. im wahren sinne tragisch - unweigerlich auf das katastrophale ende zusteuernd - wird das stück „radikale linke“ da, wo es nicht um ernstgemeinte und sich reflexierende veränderung geht, die den sich verändernden menschen die existenz im falschen zugesteht und sich nicht wundert, wenn das falsche auf einmal im halluzinierten guten auftaucht.
dann verkommt der ansatz zum satz, der anspruch zum spruch. es bleibt eine mischung aus kindergarten und dorfgemeinschaft, die das eigene bedürfnis, aus der masse auszuscheren und sich eine eigene identi-tät am basteltisch zu schnippeln - wie immer die auch aussieht und auf wessen kosten sie auch geht - zum ziel erklärt. und nichtmal das wird erreicht - das ergebnis ist eine reproduktion jener kollektiven prozesse von gleichschaltung und überwachung, die im flyer und im aufnäher kritisiert werden. aber flyer und aufnäher sind nur hülle und ihre form spricht dem inhalt hohn - letztlich wird die selbst hergestellte eigene form kritisiert.
so quoll es aus meinem kopf. nicht mehr als fetzen, nicht mehr als klitzekleine puzzlestücke, nicht mehr als ein sich auskotzender moment, der versucht, strukturen zwischen den menschen, die ich mag und mit denen mich viel verbindet, zu formulieren und die gedanken zu teilen. es fehlt viel.
es fehlt auf diesen seiten vor allem eine positive formulierung des positiven. ich habe rumgemeckert, und das für mich wünschenswerte nur negativ am in der szene bestehenden ansatzweise beschrieben. nu können antworten und reaktionen (und meinetwegen auch konkret hände) diesen text zerreissen - das einzige, was ich am ende dieses kleinen schritts noch betonen möchte, ist, dass dies keine gedanken eineR beleidigten person sind, die sich zurückzieht. es geht um den schwierigen, fast schon sozial-demokratischen kampf innerhalb der menschen, die irgendwie emanzi-pativ verändernd unterwegs sind, den ich nicht aufgebe. aber was soll ein kampf, wenn unsere werkzeuge aus demselben material wie das bestehende, gegen das gekämpft werden soll, gemacht, und also stumpf sind?
und so bleibt, die hoffnung und die kraft nicht zu verlieren, nach einem wunderschönen weg zu suchen, die absurditäten der realität weiterhin zum kotzen zu finden ohne sich in der volkseigenen bäckerei eine neue ebenso verschwielte zu backen, quasi mit den worten eines polizisten beim grenzcamp in köln empört auszurufen: „jetz' is' hier aber mal schluss mit käppi!“
utopia is on the horizon: when I walk two steps, it takes two steps back. i walk ten steps and it is ten steps further away. what is utopia for? it is for walking.
Eduardo Galeano
Dieser Text erschien zuerst in dem empfehlenswerten Zine "Massenmörder Züchten Blumen" - genauer gesagt in mzb #5
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