SUBVERSIV UND ZEILENSPRENGEND?   



Idealisierung der Jugend

Verschreckte Gestalten
Im Hauseingang kauernd
In eine Ecke gedrückt
Lauernd
Von der Last des Lebens einmal ruhend
Mit angstgeweiteten Augen
Ins Leere starrend
Harrend
Der Dinge die da kommen
Mit der glimmenden Zigarette in der Dunkelheit
(Wegweiser, Pünktchen, Glühwürmchen in der Nacht)
Und dem Stift in der Hand
Stumm die Missstände aufzeichnend
Kritzelnd, hastig, bevor die Gedanken dem aufspürenden Verleger anheimfallen
Die Schlechtigkeiten des Lebens
An die Wand
Oder auf Fetzen von weißem Papier, die der Wind, kaum dass sie vollgeschrieben, hinaus trägt
In die Straßen und auf Felder, wo er herniederfällt als Schnee... moment, nein warte, Filmriss –
Es ist da weiße Asche aus glühendem Vulkan, Asche, die herniederfällt,
Asche, auf die Häupter...
Oder aber diese Papierschnitzelchen sind nichts anderes als, nur das raschelnde Laub unter unseren Füßen, mit einem eleganten Schwenk der Schuhspitze aus dem Weg geräumt

Häuserzeile für Häuserzeile
In jedem Türbogen eine dünne zitternde Person
Spielend lose Steine aus dem Pflaster ziehend, zerrend, reißend, aus dem Spiel ernst geworden, ein Versuch uns den Boden unter den Füßen wegzunehmen, unsere Bequemlichkeit zu verunsichern...die Steine als Wurfgeschosse auf unsere Köpfe
An die Wand gerückt
An die Wand gedrückt
In die Ecke verkrochen
Platz gemacht für den Mieter des Hauses

Betreten tappe ich im Dunkeln die Treppe hoch zu meiner Wohnung
Wage nicht das Geschöpf mit dem grellen Neonlicht zu blenden
preisgeben
Und auch nur einen Laut mit meinem Schlüsselbund zu machen
Ich schäme mich
Für meine Wohnung mit den niedrigen Decken
Den Beruf der so langsam voranschreitet, so bedächtig mir immer wieder von neuem seine Schauplätze aufdrängt, die Werkbank, der Schreibtisch, hier mein Herr, alles was sie wollen, was auch immer sie sich vorstellen
Und mein Alter, das mich magerer und dicker und universell hässlich erscheinen lässt, vor meinem Innersten
Dort unten steht ein Richtengel, jung und schön, mit flammendem Schwert, er versteckt sich hinter der eingefallenen Gestalt die er sich angehungert
Er beschützt, verteidigt seinen wachen Geist, opfert ihm Armut und Einsamkeit, zieht ihn allein
der platten Befriedigung eines warmheimleuchtenden gefüllten Kühlschrankes und knisternden Stroms vor
Er und die anderen (nicht die wachen Geister, noch, die Körper, Richtengel, sind es von denen ich spreche)
Sind voreilig und ungestüm
Eignen sich eine Meinung an und behalten sie
Kämpfen dafür unerschütterlich
Ich bewundere sie, auch wenn sie mit ihrer Sturheit Fehler begehen
Zitternd im Dunkeln
lasse ich sie weiter die unsichtbaren Ungeheuer anstarren
mit glasigen, riesengroßen Augen

Die ich so gerne in die Hand nehmen und küssen würde
Die zarten
Ihnen zu essen geben würde, sie satt machen möchte,
nicht die Augen, denn sie haben genug gesehen,
sondern die weichen nassen Mäulchen, füttern, mit meinen eigenen Händen, seht sie an, die greisen!
Nein, ich will auch ihre Haut streicheln, das möchte ich mir nicht versagen
Ihre weiche, schmutzige junge Haut, schmutzig ist sie, und ich habe Reinigungsmittel, Seife, Liebe,
sie zu waschen
abzuwaschen.
Reinzuwaschen.
Weißzuwaschen.
Wie gern würde ich sie davon abbringen
Das zu sehen, was ich einst angestarrt, die unsichtbaren, die Unsichtbaren, die unsichtbaren Ungeheuer,

Die ja doch nichts zu sagen haben
Warum hört ihr sie an? Wendet den Blick ab,
wendet den Blick ab, wenigstens einer, und seht mich an,
zögerlich vielleicht, aber nur einmal, und es könnte etwas ändern

 

Es könnte etwas ändern,
Nicht wahr, ja?
Es könnte doch vielleicht.

  bea