Religionskritik

G8: VORBEREITUNG AUF DEN GIPFEL 2007 MIT KRITISCHEN BLICKEN AUF DIE ORGANISIERUNG

Welche Strukturen entstanden?


1. Die Lage zu Beginn
2. Strategietexte zu Beginn
3. Die Vorbereitung: Einheit, Zentralität, Geschlossenheit
4. Welche Strukturen entstanden?
5. Die "Choreografie des Widerstands": Zentral, groß, mediengerecht
6. Der Kampf um die Definitionsmacht in Sachen "Aktionsformen": Gewalt - Ja oder Nein?
7. Gesammelte Bewertungen
8. Weitere Texte, Analysen und Berichte

Spätestens Ende 2006 standen die Vorbereitungsstrukturen in ihren Konturen. Was war zu erkennen?
  • Es ist den Eliten aller Strömungen (die über sowas verfügen) gelungen, ein Bündnis über die Grenzen hinweg zu bilden. Das einzige gemeinsame Ziel ist die Hegemonie in der Mobilisierung. Gemeinsame Inhalte und Aktionsformen sind nicht erkennbar, wohl aber das Interesse, über die Köpfe der zu mobilisierenden Menschen hinweg Positionen zu vertreten, (ungefragt) in deren Namen zu reden und so für sich Vorteile zu erreichen.
  • Wegen der fehlenden (sonst immer üblichen) Graben- und Hahnenkämpfe zwischen den Eliten (nur solche gab es in der Vergangenheit, selbstorganisierte oder horizontale Ansätze sind nur Legende oder die Propaganda von Teilen der Elite, die mit anderen konkurrierend wollten, in dem sie sich selbst als Sprachrohr irgendeiner Basis inszenierten) gab es auch kaum Anknüpfungspunkte für kritische Intervention. Konferenzen und Vorbereitungstreffen waren derart glattgestrichen, dass alles ablief wie bei Parteitagen.
  • Besonders schockierend war, wie einfach es Einzelpersonen gelang, für radikalere Zusammenhänge aufzutreten und damit etwaige Einzelmeinungen zu kanalisieren oder unsichtbar zu machen. Das prägnanteste Beispiel war eine einzige Person, die sich als Teil mehrerer Organisierungen (Dissent, Rostockkreis, Hannoverkreis ...) inszeniert und unter mehreren Personen- und Gruppennamen auftrat, ständig Moderator und Hauptredner gleichzeitig war usw.
  • Der Aktionsfahrplan zum G8-Gipfel war ein reiner Zweckkompromiss der beteiligten hegemonialen Kräfte. Eine zentrale Organisierung wird die andere jagen - jedesmal dürfen sich andere Wichtigleute als FührerInnen darstellen. Der einzige Streit, der ausgetragen wird, ist der darum, dass der Hauptzeitkorridor nicht für alle reicht und daher wieder Konkurrenzen auftreten, weil alle bei 'ihrer' Aktion alle dabei haben wollen. Da wird dann schon zum Streit, wenn zwei Sachen gleichzeitig laufen (weil dann beide nicht im Namen aller auftreten können). Eine Organisierung von unten, wo hundert oder tausend Sachen gleichzeitig laufen, geht in die Köpfe der Wichtigleute gar nicht rein.

Beispiel: Zweite Aktionskonferenz
Es gab etliche Kritiken an der Vorbereitung und Organisierung. Völlig offensichtlich war, dass hier Eliten ihre Herden sammelten und Menschen nur die Masse sind, die sie brauchen, um sich als wichtig zu inszenieren. Allerdings - die, die das kritisierten, wollten keine andere Organisierung, sondern sich selbst an den Hebeln der Macht oder andere Mechanismen, wie die Eliten zustandekommen.

Aus der Kritik des Revolutionären Bündnisses, die selbst für eine Zentralisierung des Protestes mit Mehrheitsabstimmungen eintreten (Quelle)
Die gesamte Diskussion, ja die „Choreographie“ der Aktionskonferenz war von Beginn an so angelegt, dass am Ende die schon im Voraus geplante politische und zeitliche Choreographie dabei heraus kam. ... o bestand attac-Chef Peter Wahl darauf, dass der Gegengipfel unbedingt am Mittwochvormittag, also zur Zeit der zentralen Blockadeaktionen stattfinden müsse. Außerdem stellte er in der Arbeitsgruppe auf der Konferenz klar, dass sich die „Vorbereitungsgruppe zum Gegengipfel“ an Entscheidungen der Konferenz nicht halten werde, dass man Organisationen wie der IG Metall, die 2,5 Millionen Mitglieder repräsentiert, ja eine demokratische Beschlussfassung von 400 Leuten nicht „zumuten“ könne. ... Bei dieser Debatte zeigte sich auch beispielhaft, welche Rolle die „radikale Linke“ aus der „Interventionistischen Linken“ (IL) oder ein großer Teil des „Dissent“-Sprektrums politisch spielen. Moderiert wurde die Sache von einem Vertreter von „NoLager“, die als Mittler in der „offenen Vorbereitung“, in der IL und in Dissent vertreten ist. ...
Die „offene Vorbereitung“ und Koordinierung ist alles andere als „offen.“ Sie wird von einem Block dominiert, der vom politischen und gewerkschaftlichen Reformismus (PDS, linke Gewerkschaftsbürokratie), über die Kirchen, NGOs und attac reicht. Zentral sind hier natürlich die PDS und die Gewerkschaftsbürokratie und sowie die Kirchen und einige NGOs als „Teile der Zivilgesellschaft.“ ...
Diesem Block angelagert ist die Interventionstische Linke, die selbst keine eigene inhaltliche Ausrichtung einbringt, kein eigenes politisches Profil gegenüber dem führenden Block vertritt und im Austausch dafür Teilbereiche „mit“kontrollieren darf (Blockaden, Aktionstag zu Migration). Eine ähnliche Rolle spielen Linksruck und die isl. ...
Die Rostocker Aktionskonferenz brachte eine politische Konstellation zum Ausdruck, wie sie in der BRD - und in modifizierter Form - auch international, bei Aktionskonferenzen, in den sozialen Bewegungen, beim Sozialforum zu beobachten ist.


Wie peinlich neben dem Wunsch nach Zentralismus die eigenen Ziele des Revolutionären Bündnisses sein, zeigen die benannten eigenen Ziele - es ist nicht als die Aufwertung der eigenen Gruppen, ohne die bestehenden Aktionsformen anzutasten
Ziel soll es sein, einen gemeinsamen internationalistischen, anti-imperialistischen und anti-kapitalistischen Block auf der Großdemo, einen eigenen Raum im Rahmen des Camps sowie eigenständige Teile des Gegengipfels zu organisieren.:

Beispiel: Mehr Geschlossenheit und Stellvertretung für Gespräche mit Obrigkeit
Aus dem Protokoll des G8-Koordinierungskreises (Treffen am 15.1.2007)
Gespräch mit der Landesregierung
Zur Zeit laufen viele Gespräche auf lokale Ebene mit den zuständigen Behörden. Es wäre sehr sinnvoll, diese Fäden zu konzentrieren und ein überregionales Treffen mit ein höheres politisches Gewicht mit der Landesregierung zu haben, in dem über die Infrastruktur der Proteste verhandelt wird.
Ein Treffen wird für Mitte Februar anvisiert. Anschließend wird zu einer Pressekonferenz eingeladen, in dem wir vom Verlauf der Verhandlungen und unsere Agenda der Proteste berichten können.
Verantwortung für die Einberufung hat Attac. Mit dabei sind folgende Akteure:
  • Vertreter/in entwicklungspolitischer Organisationen
  • Vertreter/in umweltpolitischer Organisationen
  • Attac
  • Vertreter/in friedenspolitische Szene
  • 1-2 Rostocker/innen
  • 1-2 Vertreter/innen aus der bewegungslinken Szene

Selbstdefinition als "alle"
Aus einem Interview mit Lotta Kemper (vorauss. kein echter Name - klassisch im autonomen Spektrum: Für alle reden, aber nicht einmal erkennbar sind), in: Junge Welt, 9.2.2007 (S. 2)
Zu den zahlreichen Vorbereitungstreffen kommen Vertreter aus allen Gruppen zusammen.

Politbosse führen AkteurInnen vor
Pressemitteilung: Treffen mit ATTAC im Vorfeld des G8-Gipfels
Einladung zum Pressestatement Nr.: 76/2007 22.03.2007
Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff hat den Bundessprecher von ATTAC, Peter Wahl, im Vorfeld des G8-Gipfels zu einem Gespräch eingeladen. Das Gespräch findet am Montag, 26. März 2007, 14.00 Uhr in der Staatskanzlei statt. Daran teil nehmen auch Martin Scriba für die Evangelische Kirche und den Evangelischen Entwicklungsdienst und Sibylle Gundert-Hock vom Eine-Welt-Forum MV in Rostock. Im Anschluss an das Gespräch geben der Ministerpräsident und Peter Wahl ca. gegen 15.00 Uhr im Teppichzimmer der Staatskanzlei ein Statement ab. An diesem Termin interessierte Journalisten sind herzlich eingeladen und werden gebeten, sich in der Pressestelle der Staatskanzlei bis Freitag, 23.3.2007, 16.00 Uhr anzumelden. Mit freundlichen Grüßen Marion Zinke Regierungssprecherin

  • Peter Wahl ist kein Unbekannter - schon beim G8-Gipfel in Köln 1999 war er als selbsternannter Führer mit widerlichen Kungeleien (z.B. mit dem grünen Kriegstreiber Füchs) prägend. Dass so jemand immer wieder derart dominant werden kann, sagt auch einiges über den Rest und die seilschaftorientierten Strukturen in sozialer Bewegung aus. Download eines Auswertungsreader von Köln '99 ...

Gejammere, wenn nicht alle vertreten werden wollen
Aus einer Mail einer BUKO-Funktionärin und ständigen Vertreterin irgendwelcher Basiszusammenhänge (natürlich ohne die zu fragen ...) auf der Mailingliste des Zusammenhangs "Dissent!" am 11.3.2007:
auf der BUKO-Vorbereitungsliste, auf der ich bin, ohne involviert zu sein, ging das neue Konzept für Eröffnung und Abschluss des BUKO 30 in Leipzig über Ostern rum (s. Textfragment II) - eine Podiumsdiskussion mit SprektrenvertreterInnen, aber ohne dissent, weil von uns auf die offizielle Anfrage hin (s. Textfragment III.) wohl nur Reaktionen dahingehend kamen, dass dissent! sich nicht vertreten ließe (s. Textfragment I). Das sehe ich zwar im Grunde genauso, andererseits weiß ich, dass ich mich auf dem BUKO zweimal total ärgern werde, wenn da vorne alle möglichen Spektren vertreten sein werden, und im Publikum zwar überwiegend dissent!-Menschen, aber auf dem Podium unsichtbar gemacht. Darum frage ich noch mal rum. Dabei möchte ich selber nicht diejenige sein, die sich da hinsetzt, aus vielen guten Gründen (weil ich selber genauso BUKO wie dissent bin, weil viele wesentlich aktiver in dissent waren als ich in den letzten Monaten, weil ich bereits auf dem Camp diese R olle eingenommen hatte, ...), und ich fände es supertoll, wenn sich eineR andereR findet; aber mich nervt das Unsichtbarmachen von dissent! durch manche Seite (teilweise z.b. attac) maßlos, und frage mich, ob wir da wirklich zu unserem Unsichtbarsein auch noch beitragen sollten.

Der äußere Feind baut am 'Wir' mit

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