Religionskritik

VEREIN FÜR DAS DEUTSCHTUM IM AUSLAND II

Das Ende vom (Deutschland-)Lied?


1. Der Clou
2. Praktisches Wechselspiel
3. Zweifelhafte Bekanntschaften
4. Das Ende vom (Deutschland-)Lied?

Wilfried Böhm rühmte sich mit relativ trivialen Erfolgen als Bundestagsabgeordneter. Zum Beispiel ließ der damals 56jährige sich im rechtskonservativen ?Deutschlandmagazin" feiern, weil er sich mit seinem Vorschlag durchgesetzt hatte, zum 150. Jahrestag des Deutschlandliedes eine Sondermarke der Deutschen Bundespost herauszugeben.[29] Böhm war aber dennoch kein unbedeutender Mitläufer und Hinterbänkler. Er mischte stets vorne mit, wenn es um die Vertretung ?deutscher Interessen" im Ausland ging. So hatte es ihm die Pflege des Deutschtums in Südtirol angetan: Er gab beim Fachdienstes des Bundestages eine VDA-Broschüre mit dem Titel ?Die Auslandsdeutschen in aller Welt" in Auftrag. Darin wird zur ?Abwehr aller Assimilierungsversuche" aufgerufen. ?Die Bewahrung der biologischen Substanz" deutschstämmiger Bürger in Italien sei eine ?Lebensfrage für Südtirol".

In der Broschüre wird auch der ?aktive Widerstand der 60 Jahre" gewürdigt; daß dieser ?aktive Widerstand" zu einem nicht geringen Teil aus terroristischen Anschlägen bestand, schien jedoch den Finanziers der mit Steuergeldern bezahlten Broschüre nicht aufgestoßen zu sein. Eindeutige Indizien für die Intention dieser Broschüre sind auch unkommentierte Literaturverweise auf rechtsradikale Publikationen wie ?Nation Europa" und die "Eckart Schriften".[30]

Böhm nutzte den Werbe- und Vertriebsservice des VDA im Rahmen einer von ihm initiierten "Stiftung Deutschlandlied e.V." für die Verbreitung einer entsprechenden Schallplatte mit allen Strophen.[31] Böhm nutzte ebenso den Umstand, multifunktionale ?Person des öffentlichen Lebens" zu sein, um beispielsweise gegen den Heidelberger Grafiker Klaus Staeck eine Kampagne anzustoßen, dessen Plakate er als ?faschistisch" beschimpfte, und sich erfolgreich für ein Berufsverbot der antifaschistischen Lehrerin Silvia Gingold einzusetzen.[32] Gegen die Kritik des CDU-Generalsekretärs Hinze, die Gründung des "Deutschlandforums" bedeute ?Aufspaltungstendenzen", wetterte Böhm, Hinze möge sich lieber denen zuwenden, die mit dem ?ständigen Gerede" von der multikulturellen Gesellschaft ?erhebliche Unsicherheiten bei vielen Wählern und Mitgliedern der CDU auslösen".[33]

Zur Bundestagswahl am 16. Oktober 1994 trat Wilfried Böhm (siehe Foto) nicht mehr an. Das rechtsextremistische Blatt ?Nation und Europa" (näheres im Kapitel Hintergründe) würdigte ihn ausdrücklich und uneingeschränkt. ?Der konservative Politiker, der unlängst seinen 60. Geburtstag feierte, hat sich durch seinen Förderkreis Deutschlandlied verdient gemacht, daß die deutsche Nationalhymne nicht gänzlich den 68er Kulturrevolutionären zum Opfer fiel.

Darüber hinaus setzte er sich stets für die Auslanddeutschen, insbesondere die Rußlanddeutschen, ein, deren Ansiedlung im Gebiet Königsberg er befürwortete." [34] Derartig freundliche Worte fand das nicht selten offen rassistische Blatt kaum für andere Angehöre etablierter Parteien. Derartige Lobhudeleien fanden sich sonst über die Auschwitz-Leugner David Irwing [35], und Fred Leuchter [36] sowie den russischen Rechtsradikalen Wladimir Schirinowskiy und die italienische Faschistin Alessandra Mussolini. [37] Im aufwendig gestalteten Hochglanzheft ?MUT" (näheres im Kapitel Hintergründe) des ehemaligen NPD-Bundestagskandidaten Bernhard C. Wintzek vom Oktober 1993 veröffentlichte Böhm direkt nach dem Inhaltsverzeichnis auf Seite 5 einen Text unter dem Titel ?3. Oktober 1989 - Der Sturm auf den Dresdner Bahnhof".
Böhm kritisiert unter anderem die, die deutsche Teilung ?als Strafgericht der Weltgeschichte für die Untaten der Nationalsozialisten" verstehen. Auch im Hünfelder Bürgermeister Bernhard Mihm (1971 - 78) hat der VDA einen einflußreichen Vertreter. Er ist weiterhin Mitglied des rechten Lebensschützer-Vereins ?Aktion Lebensrecht für Alle", im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, der deutsch-rußländischen Gesellschaft und nicht zu letzt des Verwaltungsrat des VDA. Mihm bekam es allerdings als frischgebackener CDU-Bildungsdezernent in Frankfurt mit der dortigen SPD-Opposition zu tun.[ 38 ]

Der Frankfurter SPD-Landtagsabgeordnete und spätere Kultusminister von Hessen, Hartmut Holzapfel, nannte den VDA einen Verein, der ?zu jener Grauzone" gehört, ?an der der deutschnationale Rand der CDU/CSU ununterscheidbar in den Rechtsextremismus übergeht". [39]

Holzapfel zufolge gehörte Mihm dem Verwaltungsrat des VDA an und kümmerte sich hier um dessen Finanzen und den Kontakt zu kommunalpolitischen Spitzenverbänden. Holzapfel legte gegenüber der Frankfurter Rundschau dar, daß auf Veranstaltungen des VDA der rassistische Herausgeber des ?Afrika-Spiegel", Helmut von Lichtenfeld (näheres im Kapitel Hintergründe), aus Kapstadt gastierte, daß in einer VDA Broschüre die Apartheidpolitik des damaligen Südafrikas als ?umsichtige Politik" bezeichnet werde und daß sich Beiträge sowohl des damaligen VDA-Vorsitzenden Rudolf Aschenauer ?als auch solchen von Lichtenfeld im rechtsextremistischen Blatt Nation Europa befänden." Desweiteren pflegt der VDA laut Holzapfel auch enge Kontakte mit dem ?Witiko-Bund". Mihm sei, so Holzapfel, damit Mitglied eines Vereins, ?der offene Kumpanei mit Neonazis und Rechtsextremisten betreibt"[40] Im Verlauf seiner Amtszeit ließ er als Schuldezernent die Frankfurter Kindertagesstätten von der Polizei besetzen, ließ 1979 kurzerhand 50 Demonstranten verhaften, die in seinem Büro gegen das Verbot einer antifaschistischen Veranstaltung mit einem Mitglied der Vereinigung Verfolgter des Naziregimes protestierten. Mihm wurde später Fraktionsvorsitzender der CDU im Frankfurter Römer und unterhielt Mitgliedschaften zum Witiko-Bund und zur Deutsch-Rußländischen Gesellschaft.[41]

In der osthessischen Presse gelang und gelingt es dem VDA sich als karitative Organisation darzustellen. Spendenaufrufe und Reiseberichte in ehemalige deutsche Ostgebiete wurden stets unkritisch bisweilen schwärmerisch abgedruckt. ?Der wegen rechtsextremistischer Beeinflussung und undurchsichtigen Finanzgebarens wiederholt ins Gerede gekommene Verein für das Deutschtum im Ausland (...)" [42]bleibt nicht zu letzt wegen mangelnder Information der Öffentlichkeit relativ unbeschadet.

Der VDA-Landesvorsitzende Carl Treppmacher-Schwanke äußerte unlängst gegenüber einer Reporterin des Hessischen Rundfunks, daß man im VDA die Zuständigkeiten aufgeteilt habe und daß der VDA Hessen für die Slowakei und für Namibia zuständig sei. Desweiteren habe man lange im Verein darüber diskutiert, ob er sich in ?Verein für die Deutschen im Ausland" umbenennen soll, sich letztlich jedoch der alte Name - trotz der anhaltenden Kritik - durchgesetzt habe, schließlich spreche man ja auch vom ?Christentum".

Weiter zu Hintergründe zum "Verein für das Deutschtum im Ausland"

Anmerkungen
1 Frankfurter Rundschau (FR) v. 6. 2.1997, ?Bonn bittet VDA zur Kasse - Zwielichterverein kann Auslandsinvestitionen nicht belegen"
2 Der Rechte Rand, Nr. 45, v. März/April 1997
3 von Goldendach, W. / Minow, H.R.: ?Deutschtum Erwache - Aus dem Innenleben staatlichen Pangermanismus", Dietz-Verlag Berlin, 1994
4 Verein für das Deutschtum im Ausland (Hrsg.): Jahrbuch 1922, Berlin 1922
5 von Goldendach, W. / Minow, H.R.: ?Deutschtum Erwache - Aus dem Innenleben staatlichen Pangermanismus", Dietz-Verlag Berlin, 1994
6 Verein für das Deutschtum im Ausland (Hrsg.): Jahresbericht für 1927, Berlin 1927
7 ?Die Tat" v. 9. 10.1981
8 ?Die Welt" v. 13.7.1959
9 ?Deutscher Ostdienst" v. 20.4.1967: ?Hilfe zur Selbsthilfe - VDA-Aufgaben und Heimatvertriebene" von Friedrich Carl Badendieck
10 ?Landsmannschaft der Deutschen aus Rußland" v. Oktober 1981
11 Fuldaer Zeitung (FZ) v. 22.9.1981
12 Aschenauer, R.: ?Die Auslandsdeutschen - 100 Jahre Volkstumsarbeit", Türmer-Verlag, Berg, 81
13 Sieber, Ursula u.a.: ?Deutsche Demokraten - wie rechtsradikal sind CDU & CSU?", Verlag die Werkstatt, Göttingen, 1994
14 von Goldendach, W. / Minow, H.R.: ?Deutschtum Erwache - Aus dem Innenleben staatlichen Pangermanismus", Dietz-Verlag Berlin, 1994 und FR v. 6.2.1997
15 von Goldendach, W. / Minow, H.R.: ?Deutschtum Erwache - Aus dem Innenleben staatlichen Pangermanismus", Dietz-Verlag Berlin, 1994
16 FR v. 19.1.1994: ?Zwischen militärischem Vorposten und Schaufenster zum Westen" von Wil fried Böhm, Friedbert Pflüger und Christian Schmidt
17 Junge Freiheit (JF) v. Juli/August 1992: ?Königsberg braucht ein deutsches Konsulat", Interview mit Wilfried Böhm
18 ?Helft uns helfen", Flugblatt des VDA Arbeitskreis Osthessen
19 von Goldendach, W. / Minow, H.R.: ?Deutschtum Erwache - Aus dem Innenleben staatlichen Pangermanismus", Dietz-Verlag Berlin, 1994
20 ebenda
21 Sozialdemokratische Zeitung ?Vorwärts", v. 15.9.1977
22 von Goldendach, W. / Minow, H.R.: ?Deutschtum Erwache - Aus dem Innenleben staatlichen Pangermanismus", Dietz-Verlag Berlin, 1994
23 ?Die Tat" v. 3.3.1978. Dort steht: ?Auch im rechtsextremistischen Witiko-Bund sind Christdemokraten stark vertreten: z.B. durch die CSU-Bundestagsabgeordneten Siegfried Zoglmann, früher Gebietsführer der Hitlerjugend, Walter Becher, früher Schriftleiter der amtli chen Tageszeitung der NSDAP ?Die Zeit" und Erich Meier, früher Mitarbeiter in der Redaktions- und Verlagsleitung desselben NS-Organs."
24 ?Vorwärts" v. 15.9.1977
25 ?Die Tat" v. 9.10.1981 und von Goldendach, W. / Minow, H.R.: ?Deutschtum Erwache - Aus dem Innenleben staatlichen Pangermanismus", Dietz-Verlag Berlin, 1994, Seite 351
26 Sieber, Ursula u.a.: ?Deutsche Demokraten - wie rechtsradikal sind CDU & CSU?", Verlag die Werkstatt, Göttingen, 1994
27 ebenda
28 ?Vorwärts" v. 22.9.1977
29 ?Deutschlandmagazin" v. April 1990
30 von Goldendach, W. / Minow, H.R.: ?Deutschtum Erwache - Aus dem Innenleben staatlichen Pangermanismus", Dietz-Verlag Berlin, 1994, Seite 351 und Böhm,
Wilfried: ?Die Auslandsdeutschen in aller Welt", Bonn 1976
31 Protokollauszug einer VDA-Verwaltungsratssitzung, vorliegend beim Amtsgericht München: ?Verwaltungsrat und Vorstand teilen nicht die Auffassung (...), daß dem VDA durch diese Werbung und den Vertrieb Schaden zugefügt wird."
32 ?Vorwärts" v. 15.9.1977 und ?Die Tat" v. 9.10.1981
33 Sieber, Ursula u.a.: ?Deutsche Demokraten - wie rechtsradikal sind CDU & CSU?", Verlag die Werkstatt, Göttingen, 1994
34 ?Nation Europa" v. März 1994, Coburg
35 ?Nation und Europa" v. Oktober 1990
36 ?Nation und Europa" v. Juli/August 1991
37 ?Nation und Europa" v. Januar 1994
38 Sieber, Ursula u.a.: ?Deutsche Demokraten - wie rechtsradikal sind CDU & CSU?", Verlag die Werkstatt, Göttingen, 1994, Seite 192-193
39 von Goldendach, W. / Minow, H.R.: ?Deutschtum Erwache - Aus dem Innenleben staalichen Pangermanismus", Dietz-Verlag Berlin, 1994, Seite 350
40 FR v. 1.3.1978
41 Sieber, Ursula u.a.: ?Deutsche Demokraten - wie rechtsradikal sind CDU & CSU?", Verlag die Werkstatt, Göttingen, 1994
42 FR v. 6.2.1997
43 FR v. 5.6.1959 und ?Die Welt" v. 13.7.1959
44 ?Neue Kommentare" Nr. 16, 1959
45 Ein weder adressiertes noch datiertes Papier, welches dem Autor dieses Beitrages vom Landesvorsitzenden des VDA Carl Treppmacher-Schwanke, aus Bad Hersfeld, nach einer Berichterstattung im osthessischen Regionalmagazin ?Projektor" Ende 1994, als Entgegnung für den erhobenen Vorwurf, der ?VDA ist rechtsradikal" zugestellt wurde
46 ?Der rechte Rand", Nr. 45 v, März/April 1997
47 Mecklenburg, Jens (Hrsg.): ?Handbuch Deutscher Rechtsextremismus", Elefanten Press, Berlin, 1996
48 Sieber, Ursula u.a.: ?Deutsche Demokraten - wie rechtsradikal sind CDU & CSU?", Verlag die Werkstatt, Göttingen, 1994
49 Mecklenburg, Jens (Hrsg.): ?Antifa-Reader", Elefanten Press, Berlin, 1996
50 ?MUT" v. Februar 1988
51 Mecklenburg, Jens (Hrsg.): ?Handbuch Deutscher Rechtsextremismus", Elefanten Press, Berlin, 1996, Seite 420

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