Kritik der Konsumkritik

KAMPFMITTEL FÜR PROZESSE: OFFENSIV GEGEN ROBENTRÄGER*INNEN, GUTACHTEN, ZEUG*INNEN

Rechtsschutz


Einleitung · Ziele offensiver Verteidigung · Belege und Fristen · Anträge, die oft passen · Einzeltipps zu Verfahren · Schutz vor Willkürrichtis · Rechtsschutz · Beweisaufnahme · Öffentlichkeit · Kosten · Links

Gegen StaatsanwältInnen
Aus: BGH, Beschluss vom 15.08.2007 - 1 StR 341/07
Die Annahme, die Staatsanwaltschaft habe kein Interesse an einer sachgemäßen Verteidigung, geht im Ansatz fehl. Die Staatsanwaltschaft ist im Strafprozess nicht Partei (BGHSt 15, 155, 159; Pfeiffer in KK 5. Aufl. Einl. Rdn. 63; Bergmann in Anwaltskommentar, StPO § 141 GVG Rdn. 1 jew. m. w. N.), sondern ein der rechtsprechenden Gewalt zugeordnetes Organ (BGHSt 24, 170, 171; Pfeiffer aaO Rdn. 61), das, wie sich etwa aus § 160 Abs. 2 StPO ohne weiteres ergibt, der Objektivität verpflichtet ist (vgl. Pfeiffer aaO Rdn. 63 m. w. N.). Wenn sie nach ausdrücklichem Verzicht des Beschuldigten, selbst einen Verteidiger zu benennen, ihrerseits mit ihrem Antrag gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 StPO einen Rechtsanwalt namhaft macht (vgl. auch § 33 Abs. 2 StPO), so spricht allein dies nicht gegen dessen Bestellung.

Die Staatsanwaltschaft soll eigentlich neutral sein. Erzwingen lässt sich das aber nicht. Für eine Ausschließung aus dem Verfahren gibt es auch keine Rechtsgrundlagen, obwohl das Gesetz ja die Neutralität bei den Ermittlungen und Beweiserhebungen vorschreibt. Da es aber keine Sanktionsmöglichkeit gibt, ist diese Vorschrift schon formal zahnlos. Praktisch ist es ohnehin so, dass Staatsanwaltschaften - zumal weisungsabhängig von den Landesregierungen - die Interessen der Herrschenden ziemlich offen vertreten.

StPO § 160
(1) Sobald die Staatsanwaltschaft durch eine Anzeige oder auf anderem Wege von dem Verdacht einer Straftat Kenntnis erhält, hat sie zu ihrer Entschließung darüber, ob die öffentliche Klage zu erheben ist, den Sachverhalt zu erforschen.
(2) Die Staatsanwaltschaft hat nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln und für die Erhebung der Beweise Sorge zu tragen, deren Verlust zu besorgen ist.
(3) Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sollen sich auch auf die Umstände erstrecken, die für die Bestimmung der Rechtsfolgen der Tat von Bedeutung sind. ...


RiStBV
4 a
Der Staatsanwalt vermeidet alles, was zu einer nicht durch den Zweck des Ermittlungsverfahrens bedingten Bloßstellung des Beschuldigten führen kann. Das gilt insbesondere im Schriftverkehr mit anderen Behörden und Personen. Sollte die Bezeichnung des Beschuldigten oder der ihm zur Last gelegten Straftat nicht entbehrlich sein, ist deutlich zu machen, dass gegen den Beschuldigten lediglich der Verdacht einer Straftat besteht.


127
(1) Der Staatsanwalt wirkt darauf hin, dass das Gesetz beachtet wird. Er sorgt durch geeignete Anträge, Fragen oder Anregungen dafür, dass nicht nur die Tat in ihren Einzelheiten, sondern auch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten und alle Umstände erörtert werden, die für die Strafbemessung, die Strafaussetzung zur Bewährung, die Verwarnung mit Strafvorbehalt, das Absehen von Strafe, die Nebenstrafe und Nebenfolgen oder die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung, des Verfalls oder sonstiger Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) bedeutsam sein können. Nr. 4 c ist zu beachten.


Einseitige Ermittlungsarbeit ist normal
Der ehemalige Richter am Oberlandesgericht Köln Dr. Egon Schneider berichtet in „Recht und Gesetz Die Welt der Juristen" Goldmann TB 1967, Seite 105:
Als ich Referendar war, fragte ich einmal einen Staatsanwalt, ob er denn auch bemüht sei, die Entlastungstatsachen (Anmerkung: § 160 Abs. 2 StPO) zu ergründen, also auch der Unschuld des Täters nachzuforschen. Er erwiderte: mir: Das tun wir nur in ganz seltenen Fällen. Sicherlich war diese Einstellung nicht gesetzestreu; aber sie kennzeichnet die Situation!

Gegen GutachterInnen

Gegen belastende Beweise oder Vorgänge
Verfahrenshemmnis
Das ist quasi die Steigerung des Beweisverwertungsverbotes. Gibt es so schwerwiegende Fehler im Verfahren, dass das ganze Verfahren in Frage steht, weil z.B. der Kern aller Beweismittel betroffen ist u.ä., so kann das ganze Verfahren gehemmt werden.
  • Zitierung: BVerfG, 2 BvR 1/01 vom 18.3.2003, Absatz-Nr. (1 - 154)
    Verfahrenshindernisse sind Umstände, die es ausschließen, dass über einen Verfahrensgegenstand mit dem Ziel einer Sachentscheidung verhandelt wird. Es muss sich dabei um derart schwerwiegende Mängel des Verfahrens handeln, dass sie dem Verfahren als solchem entgegenstehen. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Eröffnung oder die Fortsetzung eines gerichtlichen Verfahrens gemessen an seinen Zielen tatsächlich unmöglich ist oder in einem unerträglichen Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen steht. Sobald feststeht, dass ein solches nicht behebbares Hindernis besteht, ist das Verfahren ohne eine Sachaussage zum Prozessgegenstand einzustellen.
    Handelt es sich um weniger schwer wiegende oder auf andere Weise ausgleichbare Verfahrensmängel, verbietet sich eine Verfahrenseinstellung. Minder schwer wiegende Mängel können durch Rechtsfolgen ausgeglichen werden, die nicht das gesamte weitere Verfahren verhindern, wie etwa erhöhte Anforderungen an die Beweiswürdigung (vgl.BVerfGE 57, 250 (292 f.); 101, 106 (126)) oder Beweisverwertungsverbote (vgl. BVerfGE 44, 353 (383) ). Sind in den Fällen, in denen bestimmte Informationsbeschaffungsmaßnahmen zu beanstanden sind, nicht sämtliche Tatsachengrundlagen betroffen, verbietet sich eine Verfahrenseinstellung als prozessuale Rechtsfolge jedenfalls dann, wenn die restliche Tatsachengrundlage die Durchführung des Verfahrens zulässt.

Beweisverwertungsverbot
Wenn Beweismittel rechtswidrig erhoben wurden (z.B. Aussagen durch Folter oder Erpressung, Informationen durch illegale Überwachung, rechtswidrige Hausdurchsuchungen), kann die Verwendung im Gerichtsverfahren untersagt oder ausgeschlossen werden. Das ist natürlich nicht immer einfach, denn verurteilungswütige StaatsanwältInnen und RichterInnen werden Beweise ungern aus der Hand geben.

Gerichtsurteile zum Beweisverwertungsverbot:
  • Aus dem Urteil des KG Berlin, Az: 1 Ss 406/04, Urteil vom 16.02.2005
    Die Wahrheit darf aber auch nicht um jeden Preis erforscht werden (BGHSt 14, 358, 365). Vielmehr sind dort Grenzen zu ziehen, wo höherrangige Rechtsgüter des Betroffenen und das allgemeine Interesse an der Wahrung der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens entgegenstehen. Dementsprechend hängt die Annahme eines Beweisverwertungsverbots von einer umfassenden Abwägung der an diesem Konflikt beteiligten Interessen ab (vgl. dazu und zu den im Folgenden angeführten Abwägungsgesichtspunkten BGHSt 38, 214, 219 ff., 372, 373 f.; 42, 170, 174 f.., 372, 377 f.; 47, 172, 179 f.; BGH NStZ 2004, 449, 450; Meyer-Goßner, a.a.O., Einl. Rdnr. 55; LR-Gössel, a.a.O., Einl. Abschn. K Rdnr. 25 f.). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit das Gewicht des zugrunde liegenden Verfahrensverstoßes und die Schwere des Tatvorwurfs. Das Gewicht des Verfahrensverstoßes bemißt sich insbesondere nach dem Ausmaß eines etwaigen Verschuldens der anordnenden oder ausführenden Personen und nach dem grundrechtlichen Bezug des Eingriffs sowie danach, ob das Beweismittel auch ohne Gesetzesverstoß hätte erlangt werden können und ob die verletzte Verfahrensvorschrift in erster Linie dem Schutz des Beschuldigten oder sonstigen Zwecken dient. Im Hinblick auf den Tatvorwurf ist zu bedenken, daß das Interesse an uneingeschränkter Aufklärung zunimmt, je gewichtiger die dem Beschuldigten angelastete Tat ist.
  • Auszug von www.lawww.de
    Die Verwertbarkeit eines Beweises (wichtig für die Revision!) ist davon abhängig, ob die "Verletzungen den Rechtskreis des Beschwerdeführers wesentlich berührt oder ob sie für ihn nur von untergeordneter Bedeutung ist. Bei dieser Untersuchung sind vor allem der Rechtfertigungsgrund der Bestimmung und die Frage, in wessen Interesse sie geschaffen ist zu berücksichtigen."
    Ein unzulässig erlangter Beweis kann aber trotzdem zulässig sein, wenn seine Erlangung auf andere Weise höchstwahrscheinlich erfolgt wäre.
    Bei besonders schwerwiegenden Verstößen sollte immer der Rechtsgedanke des § 338 (Revision) beachtet werden.
  • Beweisverwertungsverbot - Fernwirkungsproblematik (Quelle des Zitats)
    Problematisch ist, ob und inwieweit ein Beweisverwertungsverbot auch die Verwertung von mittelbar durch die rechtswidrige Beweiserhebung erlangter Beweismittel verbietet / Beispiel: aufgrund durch unzulässige Vernehmungsmethoden erlangter Aussagen des Beschuldigten findet die Polizei in dessen Wohnung die Beute / Die Rechtsprechung (BGHSt 34, 362) lehnt eine “Fernwirkung” von Beweisverwertungsverboten mit der Begründung ab, daß sich nie zuverlässig rekonstruieren lasse, ob Strafverfolgungsbehörden nur wegen der verbotenen Beweiserhebung auf das Beweismittel gekommen seien und daß deshalb durch Fernwirkung mehr oder weniger das ganze Verfahren lahmgelegt würde / Die Literatur ist gespalten, m.E. sollte man zumindest bei bewußten Rechtsverletzungen aus generalpräventiven Gründen eine Fernwirkung bejahen.
  • Beweisverwertungsverbot (Aus Wikipedia dazu)
    Das Beweisverwertungsverbot untersagt, dass ein Strafurteil auf fehlerhafte Beweise gestützt wird. Eine rechtswidrige Beweisgewinnung begründet aber nicht per se ein Verwertungsverbot, nur der Verstoß gegen ein Beweisthemaverbot begründet stets ein Verwertungsverbot. Im Übrigen gilt grundsätzlich, dass ein Verwertungsverbot gesetzlich explizit angeordnet sein muss oder sich aus einer Abwägung zwischen öffentlichem Verfolgungsinteresse und Rechtsgütern des Angeklagten ergeben muss, bei der Grundrechte und Verfassungsprinzipien verstärkt zu berücksichtigen sind. Die Verfassung ist daher selbständige Quelle für situative Beweisverwertungsverbote.
  • Aus : BVerfG, 2 BvR 954/02 vom 16.3.2006, Absatz-Nr. (1 - 32)
    Ebenfalls erfolglos bleibt die Verfassungsbeschwerde, soweit sie eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinen Grundrechten auf Unverletzlichkeit der Wohnung und auf informationelle Selbstbestimmung geltend macht. Zwar ist die gegen den Beschwerdeführer vollstreckte Durchsuchungsmaßnahme nicht mehr grundrechtskonform gewesen, da sie auf einem gerichtlichen Beschluss beruhte, der aufgrund des Zeitpunkts seines Erlasses einen Eingriff in die Grundrechte des Beschwerdeführers nicht mehr rechtfertigen konnte (vgl. BVerfGE 96, 44 (54) ). Auf dieser Grundrechtsverletzung beruht die strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers jedoch nicht. Die rechtswidrige Durchsuchungsmaßnahme zog kein Verwertungsverbot nach sich. Ein Beweisverwertungsverbot ist grundsätzlich nur dann Folge einer fehlerhaften Durchsuchung, wenn die zur Fehlerhaftigkeit der Ermittlungsmaßnahme führenden Verfahrensverstöße schwerwiegend waren oder bewusst bzw. willkürlich begangen wurden (vgl. BVerfG, NJW 2005, S. 1917 (1923)).
  • Hausdurchsuchung
    Aus : BVerfG, 2 BvR 1027/02 vom 12.4.2005, Absatz-Nr. (1 - 140)
    Die bisher in der Rechtsprechung entwickelten und anerkannten Beweisverwertungsverbote im Zusammenhang mit der Durchsuchung und Beschlagnahme schützen teilweise vor unerlaubten Eingriffen in Grundrechte. Zum wirksamen Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung jedenfalls Unbeteiligter und zur effektiven Wahrung des Vertrauensverhältnisses zum Berufsgeheimnisträger wird aber zu prüfen sein, ob ergänzend ein Beweisverwertungsverbot in Betracht zu ziehen ist. Dieses würde der Effektuierung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und des verfassungsrechtlich geschützten Vertrauensverhältnisses zum Rechtsberater dienen.
    Zumindest bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen, in denen die Beschränkung auf den Ermittlungszweck der Datenträgerbeschlagnahme planmäßig oder systematisch außer acht gelassen wird, ist ein Beweisverwertungsverbot als Folge einer fehlerhaften Durchsuchung und Beschlagnahme von Datenträgern und der darauf vorhandenen Daten geboten.
  • Auseinandersetzung zu Verwertungsverbot von Videofilm im Prozess gegen Projektwerkstättler (Sept.-Nov. 2006)
  • Seite zur Frage der Beweisverwertung nach Observationen und Hausdurchsuchungen

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