Fiese Tricks von Polizei und Jostiz

FAQ ZUR ANARCHIE: VIELE FRAGEN, EINIGE ANSÄTZE UND ÜBERLEGUNGEN

Häufig gestellte Fragen ... und kurze Antworten


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Gleiche Freiheit für alle?
Der Satz reicht nicht aus, denn er beschreibt nicht den Grad der Freiheit. Ein gleichgeschaltetes Land der Unterdrückten würde auch aus Menschen gleicher Freiheit bestehen - wenn auch, was allerdings wahrscheinlich diskursiv verschleiert würde, mit Ausnahme der relativ Herrschenden.

Die Freiheit des einen hört da auf, wo sie die Freiheit des anderen beschränkt
Das wäre ein starrer Rahmen, der keinerlei Umgangsform mit Konflikten beschreibt. Es wäre eher die Aussage, dass niemand mehr in den Wirkungsbereich anderer hineinwirken darf, weil jede Handlung immer auch eine Einschränkung bedeutet. Da menschliche Gesellschaft äußerst komplex ist, wäre sogar zu befürchten, dass eine solche Regel schlicht die komplette Handlungsunfähigkeit zur Folge hätte. In einer herrschaftsfreien Welt geht es aber nicht darum, Konflikte zu vermeiden, sondern horizontale Formen der Konfliktaustragung zu finden. Daher wäre der Satz passender: Die Freiheit des Einzelnen, einfach zu handeln, findet dort ihre Grenze, wo sich jemand anders einmischt. Transparenz und Kommunikation sind daher die Säulen horizontaler Interaktion.

Eine freie Gesellschaft muss auch möglich machen, ohne oder mit anderen Formen der Vereinbarung zu leben
Wer allein bleiben will, muss das können und dazu auch die Möglichkeiten haben, z.B. der autarken Reproduktion (Subsistenz). Wer mit anderen zusammen eine Kooperation oder Organisation bildet, innerhalb derer andere Prinzipien herrschen als in der herrschaftsfreien Welt drumherum, muss das ebenfalls können. Eine herrschaftsfreie Welt ist immer eine Welt, in der viele Welten Platz haben.

Gibt es einen individuellen Anarchismus?
Im Sinne einer völligen Losgelöstheit von der Gesellschaft gibt es ihn nicht. Kein Mensch existiert ohne die Gesellschaft. Selbst wenn er sich (ab einem bestimmten Lebensalter) offensiv um eine solche Isolierung bemühen würde, bliebe der Einfluss der frühen Prägung in ihm zurück. Der ist intensiv. Doch selbst später ist kaum möglich, sich der gesellschaftlichen Sphäre zu entziehen - sind doch die jeweiligen Bedingungen der Umwelt, die Verfügbarkeit natürlicher und kultureller Ressourcen, Wissen und Sprache sowie vieles mehr immer eine Folge der Handlungen der vielen. Es gibt keinen Punkt der Erde, an dem sie nicht mehr oder weniger intensiv wirken. Daher ist eine tatsächliche Loslösung nicht möglich. Sehr wohl ist aber die psychische Loslösung möglich im Sinne der eigenen Entscheidungskraft, gesellschaftliche Sphären und Kooperationen zu nutzen, zu unterstützen oder zu verweigern. Der Mensch hat in vielem eine Möglichkeitsbeziehung: Er kann natürliche oder gesellschaftliche Gegebenheiten nutzen oder beeinflussen - oder es sein lassen. Er kann aber nicht verhindern, dass die Möglichkeiten da sind.

Kann jedeR einfach alles machen?
Wo es keine Regeln in Form feststehender Normen und Gesetze gibt, kann alles verwirklicht werden, wo sich ausreichend Kräfte sammeln, um ein Ziel zu erreichen - und wo sich kein Widerstand regt bzw. das jeweilige Projekt so verändert wird, dass dieser befriedet wird. Der enscheidende Schlüssel sind auch hier Transparenz und Kommunikation. Ist der Widerstand hoch, muss auch der Wille und die Akzeptanz hoch sein. Ist der Widerstand schwach (d.h. nur wenige stören sich oder die Störung ist nur gering), so reicht die Kraft Einzelner.

Und wenn einfach wieder Leute die Macht an sich reißen?
Zunächst: Welche Macht? Die Reorganisierung zentraler Herrschaftsausübung bedarf entsprechender Abhängigkeitsverhältnisse und Durchsetzungsstrukturen. Solange sie da sind, können sie auch wieder zur Machtausübung benutzt werden. Daher sind alle Modelle, die Systeme wie Polizei, Justiz, Kapitaleigentum, Patente usw. belassen, grundsätzlich besonders anfällig. Kontrollsysteme helfen daher nie gegen eine Wiederaneignung zentraler Macht, sondern vereinfachen diese. Wo sie fehlen, ist der Aufbau zentraler Macht dagegen ein aufwändiger Prozess. Das garantiert nicht, dass herrschaftsfreie Gesellschaften wieder zu Herrschaftssystemen werden, aber es bietet den größtmöglichen Schutz - vor allem in Kombination mit hoher Transparenz, Kommunikation und Übung im Umgang mit Zentralisierungsprozessen.

Naja ... aber wer Waffen hat?
Die allein würden nicht reichen. Es wäre nötig, diese ständig bedrohend einzusetzen und einen großen Apparat aufzubauen, der den Missbrauch kontrolliert. Jede Einzelperson schläft irgendwann. Jede Gruppe kann zerfallen. Nur ein umfangreiches System von Abhängigkeiten auf Gegenseitigkeit (wie der heutige Staat) oder eine durch diskursive Macht (z.B. Religion) gefestigte Dynastie kann über lange Zeit stabil bleiben.

Sollen Vergewaltiger und Mörder denn frei rumlaufen?
Ja, aber nicht ungestört. Das Ziel jeglicher Reaktion auf gewalt- und machtförmiges Verhalten ist die Veränderung dieser Handlungsweise. Einsperren verschlimmert diese Lage immer, weil sie soziale Isolation und damit eine geringere Möglichkeit der Reflexion und Veränderungen schafft. Das belegen alle verfügbaren Studien zur Wirkung von Strafe und Knast.

Ist Freiheit messbar?
Nein. Es ist sogar noch schlimmer. Es gibt nur gefühlte Freiheit - und die unterliegt damit den diskursiven Zurichtungen in der Gesellschaft. Wenn erfolgreich vermittelt wird, dass Freiheit bedeutet, sich dieses oder jenes kaufen zu können, die Farbe des Handys mittels neuer Abdeckung zu wechseln oder auf dem Wahlzettel zwischen mehreren Namen von Fremdbestimmung aussuchen zu können, dann kann das auch so wahrgenommen werden. Freiheit ist nie objektiv, sondern immer subjektiv. Daher sind auch hier Transparenz und Kommunikation von besonderer Bedeutung - einschließlich der Frage, welche Unterschiede denn bestehen. Wenn Menschen unterschiedliche Möglichkeiten haben, beweist dieses bereits, dass einige eben selbst in Punkten nicht frei entscheiden können, wo dieses grundsätzlich möglich wäre.

Sind Egoismus und Gemeinnutz Gegensätze?
Nein. Ob sie sich ausschließen, gegeneinander wirken oder sogar zusammenpassen, wird durch die Rahmenbedingungen entschieden. Wenn in einer Gesellschaft die Möglichkeiten fehlen, durch formal abgesichtere Privilegien die eigenen Vorteile gegenüber anderen abzusichern, so dass diese dieselben nicht nutzen können, bedeutet egoistisches Verhalten, dass ich für mich oder mein Umfeld etwas zu erreichen versuche, was anderen dann nicht hilft - oder gar schadet. Wenn allerdings das, was mir hilft, anderen nicht vorenthalten werden kann, dient jede Aktivitäten, die ich zu meinem Nutzen vollziehe, auch anderen.

Ende der Textsammlung zum Buch "Anarchie. Träume, Kampf und Krampf im deutschen Anarchismus" (Gliederung)

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