Fiese Tricks von Polizei und Jostiz

STRAFBEFEHLE

Verfahrensvorschriften


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StPO § 407
(1) Im Verfahren vor dem Strafrichter und im Verfahren, das zur Zuständigkeit des Schöffengerichts gehört, können bei Vergehen auf schriftlichen Antrag der Staatsanwaltschaft die Rechtsfolgen der Tat durch schriftlichen Strafbefehl ohne Hauptverhandlung festgesetzt werden. Die Staatsanwaltschaft stellt diesen Antrag, wenn sie nach dem Ergebnis der Ermittlungen eine Hauptverhandlung nicht für erforderlich erachtet. Der Antrag ist auf bestimmte Rechtsfolgen zu richten. Durch ihn wird die öffentliche Klage erhoben.
(2) Durch Strafbefehl dürfen nur die folgenden Rechtsfolgen der Tat, allein oder nebeneinander, festgesetzt werden:
1. Geldstrafe, Verwarnung mit Strafvorbehalt, Fahrverbot, Verfall, Einziehung, Vernichtung, Unbrauchbarmachung, Bekanntgabe der Verurteilung und Geldbuße gegen eine juristische Person oder Personenvereinigung,
2. Entziehung der Fahrerlaubnis, bei der die Sperre nicht mehr als zwei Jahre beträgt, sowie
3. Absehen von Strafe.
Hat der Angeschuldigte einen Verteidiger, so kann auch Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr festgesetzt werden, wenn deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
(3) Der vorherigen Anhörung des Angeschuldigten durch das Gericht (§ 33 Abs. 3) bedarf es nicht.


Antreiber bei dem Ganzen ist die Staatsanwaltschaft. Die RichterInnen unterschreiben dann oft blind, was beantragt wird - wobei das auch ein Problem ist, denn eigentlich sollen sie nur Strafbefehle verhängen, wenn sie keinen Zweifel an der Schuld haben. Das stellt später ein Problem dar, wenn nach einem Widerspruch das Verfahren beim gleichen RichterIn anläuft.

Aus den Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) zu Strafbefehlen (nicht alles zitiert!)
175: Allgemeines

(1) Erwägt der Staatsanwalt, den Erlass eines Strafbefehls zu beantragen, so vermerkt er den Abschluss der Ermittlungen in den Akten (vgl. Nr. 109).
(2) Der Erlass eines Strafbefehls soll nur beantragt werden, wenn der Aufenthalt des Beschuldigten bekannt ist, so dass in der regelmäßigen Form zugestellt werden kann. Sonst ist das Verfahren vorläufig einzustellen oder, wenn sich die Abwesenheit des Beschuldigten erst nach dem Antrag auf Erlass des Strafbefehls herausgestellt hat, die vorläufige Einstellung des Verfahrens (§ 205 StPO) zu beantragen.
(3) Im Übrigen soll von dem Antrag auf Erlass eines Strafbefehls nur abgesehen werden, wenn die vollständige Aufklärung aller für die Rechtsfolgenbestimmung wesentlichen Umstände oder Gründe der Spezial- oder Generalprävention die Durchführung einer Hauptverhandlung geboten erscheinen lassen. Auf einen Strafbefehlsantrag ist nicht schon deswegen zu verzichten, weil ein Einspruch des Angeschuldigten zu erwarten ist.
(4) Bei verhafteten oder vorläufig festgenommenen Personen ist zu prüfen, ob das beschleunigte Verfahren nach § 417 StPO eine raschere Erledigung ermöglicht.


176: Anträge
(1) Zur Vereinfachung und Beschleunigung des Geschäftsgangs hat der Staatsanwalt, wenn nicht besondere Umstände ein abweichendes Verfahren rechtfertigen, den Strafbefehlsantrag so zu stellen, dass er einen Strafbefehlsentwurf einreicht und beantragt, einen Strafbefehl dieses Inhalts zu erlassen. In den Fällen des § 444 StPO in Verbindung mit § 30 OWiG ist im Strafbefehlsentwurf die Anordnung der Beteiligung der juristischen Person oder Personenvereinigung und die Festsetzung einer konkreten Geldbuße aufzunehmen. In den Fällen des § 407 Abs. 2 Satz 2 StPO schlägt er gegebenenfalls zugleich geeignete Auflagen und Weisungen vor; für Auflagen gelten Nr. 93 Abs. 3, 4 und Nr. 93a sinngemäß. ...

178: Prüfung durch den Richter
(1) Hat der Richter Bedenken, ohne Hauptverhandlung zu entscheiden, oder will er von der rechtlichen Beurteilung im Strafbefehlsantrag abweichen oder eine andere als die beantragte Rechtsfolge festsetzen (§ 408 Abs. 3 Satz 2 StPO), so teilt er vor einer Entscheidung über die Anberaumung der Hauptverhandlung seine Auffassung dem Staatsanwalt mit und bittet ihn um Äußerung. ...

179: Zustellung
(1) Der Strafbefehl muss dem Angeklagten förmlich zustellt werden, wenn er ihm nicht von dem Richter bekannt gemacht worden ist (§§ 35, 409 StPO). Es genügt nicht, dass ein Beamter der Geschäftsstelle dem Angeklagten den Strafbefehl eröffnet.

Hintergrund
Der Strafbefehl ist ein Versuch von Verfahrensbeschleunigungen. Praktisch führt er aber immer wieder dazu, Menschen rechtskräftig zu verurteilen, ohne dass diese jemals irgendwann etwas zu ihrer Verteidigung aussagen konnten. Denn der Strafbefehl kann ohne vorherige Vernehmung zugesandt werden, auf jeden Fall gibt es kein Gerichtsverfahren.

Wer Widerspruch einlegt (der nicht begründet werden muss), bekommt dann ein Gerichtsverfahren. Das verläuft ganz normal (also wie ein Verfahren ohne vorherigen Strafbefehl) mit einer Ausnahme: Kommt die angeklagte Person nicht, so wird einfach der Widerspruch verworfen.

Die Vorverurteilung ergibt sich auch aus dem Gesetzestext, denn einE RichterIn hat zu prüfen, ob die Beweislage einigermaßen eindeutig ist. Wenn ein Strafbefehl erlassen wird, heißt das, dass die/der RichterIn schon eine Vormeinung gebildet hat. Denn im Gesetz steht (StPO § 408):

(2) Erachtet der Richter den Angeschuldigten nicht für hinreichend verdächtig, so lehnt er den Erlaß eines Strafbefehls ab. Die Entscheidung steht dem Beschluß gleich, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt worden ist (§§ 204, 210 Abs. 2,§ 211).
(3) Der Richter hat dem Antrag der Staatsanwaltschaft zu entsprechen, wenn dem Erlaß des Strafbefehls keine Bedenken entgegenstehen. Er beraumt Hauptverhandlung an, wenn er Bedenken hat, ohne eine solche zu entscheiden, oder wenn er von der rechtlichen Beurteilung im Strafbefehlsantrag abweichen oder eine andere als die beantragte Rechtsfolge festsetzen will und die Staatsanwaltschaft bei ihrem Antrag beharrt. Mit der Ladung ist dem Angeklagten eine Abschrift des Strafbefehlsantrags ohne die beantragte Rechtsfolge mitzuteilen.


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