Fiese Tricks von Polizei und Jostiz

DEN GENTECHNIKSUMPF TROCKENLEGEN!

Die Teile der Seilschaften


1. Einleitung
2. Die Teile der Seilschaften
3. Besondere Blicke auf das Geflecht
4. Überblicke
5. Rückblicke: Aktionstage an den Orten der deutschen Gentechnikseilschaften
6. Links
7. Buch und Broschüre

Eigentlich ist da nichts einzuteilen - es ist ein unglaublicher Nebel verschiedener Institutionen und Personen. Fast alles ist mit fast allem verbunden. Jeder Versuch, dass in ein Schema zu zeichnen, scheitert gnadenlos. Strich um Strich muss gezogen werden, bis das Blatt schwarz oder das Gewirr zumindest völlig unübersichtlich wird. Auch die Suche nach einem Zentrum des Ganzen scheitert: Es gibt sie nicht, die StrippenzieherInnen, die das alles lenken. Moderne Herrschaftsstrukturen bestehen aus einem Nebeneinander gleichzeitig konkurrierender und gemeinsame Interessen verfolgender Teile. Wer den Krieg um Marktanteile zwischen BASF und Monsanto in Europa oder zwischen Bayer und Monsanto in anderen Kontinenten verfolgt, wird erstaunt sein, wie schnell die wieder kooperieren, wenn es um gemeinsame Interessen geht. Aber so sind die Funktionseliten im verschleiernd als demokratisch konstruierten Rechtsstaat aufgestellt: "Eine Hand wäscht die andere" ist das zentrale Prinzip. Die Grenzen sind durchlässig - aber Personen und Institutionen als Akteure im Geflecht haben unterschiedliche Gestaltungsmacht. Sie nutzen die für sich und ihre Institutionen, aber sie wechseln zwischen diesen. Daher können die Teile kaum unterschieden werden. Um sich einen Überblick zu verschaffen, wer da eigentlich alles agiert, soll es hier aber dennoch geschehen. Aber Achtung: Das ist ein bisschen künstlich! Die Teile sind so nicht trennbar - und wenn dann noch Beispiele für die einzelnen Akteure genannt werden, darf nicht der Eindruck entstehen, es gäbe doch Zentren der Macht. Gibt es nicht. Alle Teile sind austauschbar. Aber sie sind vorhanden, d.h. die Player im Geflecht haben Namen und Adressen.

Player 1: Die Konzerne
Springen wir in die erste Akteursgruppe. Die überrascht nicht. Denn dass es Firmen gibt, die mit dem Ganzen Geld verdienen wollen, war klar. In einer Gesellschaft, in der Profitmaximierung ein Hauptantrieb ist, stecken sie überall. So auch in der Agro-Gentechnik. Allerdings gibt es dort eine Besonderheit. Denn die großen Konzerne wollen gar nicht so dabei gesehen werden, wenn sie mit gentechnisch veränderten Organismen im Freiland herummachen, Patente sammeln, der bäuerlichen Landwirtschaft und der Wahlfreiheit von VerbraucherInnen den Garaus machen. Daher verstecken sie sich ein bisschen hinter unbekannten Namen kleiner Firmen und Bioparks, die gegründet wurden, um die Versuchsfelder zu betreiben. Guckt mensch genauer hin, sind hinter den Fassaden aber doch die großen Konzerne zu sehen. Das Versteckspiel der Großen war sogar geplant: "Um die gewünschten Wirkungen hinsichtlich der öffentlichen Wahrnehmung und Meinungen zu erzeugen, müssen die Bioindustrien aufhören als ihre eigenen Fürsprecher aufzutreten." So stand es in einer 1997 zusammen mit der Kommunikationsagentur Burson-Marsteller entwickelten Marketingstrategie, mit dem im gentechnikkritischen Europa die Gentechnik propagandistisch und tatsächlich durchgesetzt werden sollte. Nicht nur selbst verstecken war angesagt, sondern auch propagandistische Spielchen mit Politik und Medien: So sollte Lob für die gentechnikfreundlichen Aufsichtsbehörden "von Akteuren stammen, die nicht von den Entscheidungen dieser Aufsichtsbehörden abhängig sind" - damit niemand merkt, wie verflochten die GentechnikerInnen untereinander sind. Schließlich, und das mag schon überraschen angesichts der penetranten Sachlichkeitspropaganda der GentechniklobbyistInnen, solle "eine Verlagerung von einer sachfragenorientierten Kommunikation hin zu einer auf 'Geschichten' gestützten Kommunikation stattfinden". Ganz offen freuen sich die Konzerne darüber, "die mit der Ökologiebewegung assozierte Vorsilbe 'Bio' erfolgreich gehijackt zu haben". Wie das nun alles in der Praxis aussieht, findet sich im Kapitel zu den Agro-Gentechnik-Konzernen.

Player 2: Behörden und staatliche Institutionen
Die zweite Akteursgruppe sind die staatlichen Institutionen. Staatliche Institutionen, die in der Agro-Gentechnik sind die Genehmigungsbehörden, die Überwachungsstellen und Fachbehörden, die selbst zum Thema forschen. Genehmigungsbehörden sind die europäische EFSA und das deutsche BVL. Sie teilen sich die Arbeit. Ersteres ist für die kommerzielle Zulassung, dass sogenannte Inverkehrbringen (nach GenTG) zuständig. Ist ein GVO von der EFSA genehmigt, kann er - falls nicht andere europäische Gremien den Beschluss aufheben - überall in Europa angebaut werden. MON810, der gv-Mais von Monsanto, und seit 2009 die Amflora-Kartoffel von BASF sind die zur Zeit zum Freilandanbau zugelassenen Pflanzen - beide allerdings in einigen Ländern mit Sonderverordnungen wieder verboten. Weitere Zulassungen sind in Vorbereitung.
Alle anderen Felder müssen pro Einzelfall beantragt und genehmigt werden. Das macht dann die nationale Genehmigungsbehörde, in Deutschland das BVL. 2009 und 2010, wo kein Anbau kommerzieller Art in Deutschland zulässig war bzw. zu spät kam für die Anbausaison, waren alle Felder beim BVL angemeldet worden. Ist ein Feld dann genehmigt, gibt es Landesbehörden, die überwachen sollen, ob die Sicherheitsauflagen eingehalten werden, die Berichte sammeln usw. Das sind also mehrere im Land. Schließlich gibt es noch die Fachanstalten. Länder und die Bundesregierung betreiben eigene landwirtschaftliche Forschung. Ein Blick in die Innereien dieser Institute zeigt Bemerkenswertes: Ähnlich wie bei den Förderprogrammen wird die Agro-Gentechnik überproportional gefördert. So ist beim bundeseigenen Pflanzenforschungsinstitut JKI gut zu erkennen, wie die Agro-Gentechnikabteilungen gestärkt werden, während andere ausbluten. Genaueres dazu im Kapitel zu BLV, EFSA, JKI und anderen staatlichen Institutionen.

Player 3: Die sogenannte Forschung
Dann gibt es die Forschung und Lehre der Universitäten: Institute vor allem bei Biologie und Agrarwissenschaften, die sich des Thema annehmen. Allerdings ist es in Sachen Agro-Gentechnik oft mehr Schein als Sein, denn viele Forschungsfelder mit gv-Pflanzen, die draußen in der Landschaft stehen, sehen selten oder nie irgendwelche ForscherInnen. Die Felder stehen aus ganz anderen Gründen da - warum und was von den dahinterstehenden sogenannten WissenschaftlerInnen zu halten ist, ist im Kapitel zur Forschung in der Agro-Gentechnik zu lesen.

Player 4: Lobbyverbände
Als vierte und letzte Gruppe im Geflecht der Agro-Gentechnikseilschaften sind etliche Lobbyverbände die lautesten Marktschreier für die profitable Technik. Es gibt etliche Organisationen, die von morgens bis abends nichts anderes tun als PolitikerInnen belabern zwecks Durchsetzung der GVO und Werbung für ihre Sache. Die kann bunt und schrill ausfallen wie bei InnoPlanta und anderen, aber auch scheinneutral wie beim Forum Bio- und Gentechnologie. Beispielaktionen, Geflechte und Steckbriefe vieler Einzelorganisationen gibt es im Kapitel zu den Lobbyverbänden der Agro-Gentechnik.

Player 5: Regierungen und Parteien
Diese ganzen Verflechtungen in der Agro-Gentechnik und das völlig einseitige Wirken staatlicher Behörden würde viel Material für politischen Schlagabtausch bieten: Anfragen, Untersuchungsausschüsse, Wahlkämpfe und Aktionen. Doch wer soll die beantragen, wer den BeamtInnen auf die Finger hauen, wenn sie nur ihre Klientel bedienen? Die gentechnikkritischen Parteien? Denkbar - aber es gibt Gründe, warum von ihnen nicht viel zu erwarten ist. Sie sind schlicht und ergreifend selbst zu intensiv verbandelt - zumindest immer dann, wenn sie Teil der Regierungen oder Parlamentsopposition in den Gentechnikhochburgen Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt bzw. in der Bundesregierung waren. Ob die erschreckende Bilanz der Zeit von Renate Künast als Verbraucherministerin oder die Distanzierungen von offensiven Aktionen – viele Führungsapparate von Bündnis 90/Grüne gehören zu den UnterstützerInnen der Technik. Für die SPD gilt das sowieso: Sigmar Gabriel lobt die Gentechnik beim KWS-Besuch, Till Backhaus fördert das AgroBioTechnikum und die Ex-BASFlerin Doris Barnett mischt kräftig in den Seilschaften mit. Ebenso verfilzt: Linke in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Weitgehend klar pro Gentechnik: CDU und FDP – aber nicht ganz so einig, wie es scheint. Reine Machtpolitik zeigt die CSU: Nur unter dem Druck des Widerstandes agiert sie in Bayern gegen die Agro-Gentechnik. Außerhalb streitet sie dafür. Alle Parteien haben mitgemacht, den Durchmarsch der Agro-Gentechnik zu fördern. Die Unterschiedlichkeit ihrer Wahlprogramme wird in der Realpolitik zu einer großen Einheitssauce pro deutscher Agro-Gentechnik. Wer das genauer wissen will, findet ein Kapitel über die Parteien und ihre Positionen zur Agro-Gentechnik.

Die benannten vier Akteursgruppen bilden zusammen - und hochverflochten - die deutsche Agro-Gentechnik. Sie können jeweils für sich beschrieben werden. Dabei fällt aber immer auf, wie alles mit allem zusammenhängt und nur in dieser künstlichen Analyse getrennt ist. In den Kapiteln zu den vier Akteursgruppen werden jeweils ein oder wenige ausgewählte Fallbeispiele, sodann in kurzer Form weitere Organisationen, besonders hervorstechende Einzelpersonen und weitere interessante Einblicke präsentiert.

Gesteigert: Manche Personen sind gleichzeitig in allen Akteursgruppen gleichzeitig dabei!
Die Steigerung der miteinander verflochtenen Teilgruppen sind Personen, die es schaffen, in allen Bereichen gleichzeitig tätig zu sein: Durchführung von Versuchen, Finanzierung, Kontrolle/Genehmigung und Lobbyarbeit liegen bei ihnen in einer Person! Das sind perfekt kurze Dienstwege - von Synapse zu Synapse!

Inge Broer, Prof. für Agrobiotechnologie der Uni Rostock

Eigene Felder und Konzernmitarbeit:
  • seit 1999 Gesellschafterin der Firmen BioOK und biovativ
  • Jedes Jahr Versuchsleiterin mehrerer Freisetzungen
  • seit 2000 Mitglied im Kuratoriums der KWS Saat AG
  • Neun Patente, davon mehrere mit der Firma Bayer

Sogenannte Forschung (sogenannt unabhängig):
  • seit 2003 Professur für Agrobiotechnologie Uni Rostock
  • seit 2004 Sprecherin des Clusters „Pflanzen mit neuen Eigenschaften“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften

Genehmigung und Überwachung:
  • seit 1999 Mitglied der AG ‚Anbaubegleitendes Monitoring’ im JKI
  • seit 2005 Expertin der European Food Safety Authority (EFSA)
  • in Gentechnikkommission beim Bundesinstitut für Risikobewertung


Typisch: Inge Broers Fragebogen zu ihrem BfR-Amt - alle Interessenkonflikte verschwiegen! Dabei berät sie dort ständig über eigene Felder.


Geldvergabe:
  • seit 1999 im wissenschaftlichen Beirat des Landwirtschafts- ministeriums M.-V., seit 2004 dortige Leiterin AG Gentechnik

Lobbyarbeit:
  • Vorsitzende beim meckl.-vorp. Lobbyverband FINAB
  • seit 1999 Mitglied im Informationskreis Gentechnik des BDP

Joachim Schiemann, Abteilungsleiter für Gentechnikforschung im Julius-Kühn-Institut

Eigene Versuche
  • Früher verschiedene eigene Versuche am IPK oder an JKI
  • 1996 bis 2000: Patent auf genmanipulierte Pflanzen
  • Aktuell: Grenzwertforschung am JKI

Zudem: Verbindungen zu Versuchsbetreibern
  • 1999 Mitbegründer des Vereins FINAB (Initiator von AgroBioTechnikum und biovativ)
  • Gemeinsame Veröffentlichungen mit biovativ-Geschäftsführerin Kerstin Schmidt
  • 2004 Treuhänder des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie & Angewandte Ökologie

Funktionen bei Geldgebern:
  • 2000 bis 2004 Experte beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

Lobbyismus:
  • Aktiv bei: WGG, ISBR (2004 Präsident), Plants for the future, GMO Kompass
  • 2005-2009: Management Boards & Executive Committee des EU-Projekts CO-EXTRA
  • Seit 2006 Koordination BIOSAFENET und Arbeitspaketleiter bei EUPRRI Science4BioReg
  • Redner auf Biotechmesse ABIC2004 2009: Hauptredner Biotech-Campus (Gatersleben)

Kontrolle:
  • Abteilungsleiter bei Benehmensbehörde JKI und Leiter AG Monitorin
  • 2003-2009 EFSA GMO-Panel

Uwe Sonnewald, Prof. für Biochemie an der Uni Erlangen

Eigene Felder und Konzernmitarbeit:
  • 1992-2004 Gruppenleiter für Molekularbiologie bei Pflanzen am IPK (ab 1998 Leiter)
  • 1998 Mitbegründer der Firma SunGene (IPK und BASF, später nur BASF)
  • 2006-2009 Versuchsleiter bei transgener Gerste (mit Uni Gießen)

Sogenannte Forschung (sogenannt unabhängig):
  • 1989-1992 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Genbiologische Forschung in Berlin
  • 1998-2004 Professor an der Universität Halle-Wittenberg (zeitgleich zum IPK, s.o.)
  • seit 2004 Professur für Biochemie der Uni Erlangen

Genehmigung und Überwachung:
  • Mitglied der ZKBS (stimmte über eigenes Feld mit ab)

Geldvergabe:
  • Mitglied der Senatskommission in der DFG; Mitautor der dort gefertigten Propagandabroschüre "Grüne Gentechnik"
  • Projektleiter bei FOR PLANTA (Bayrische Landesförderung)

Mehr Informationen auf den Seiten "Monsanto auf bayrisch" und zu Gatersleben.

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