Aktionsraum Gießen

MON810 (BT-MAIS): VERSUCHSFELDER DER UNI GIESSEN UND ANBAU ÜBERALL

Trostlose Provinzpolitik: Schweigen, Vertuschen, Lügen


1. Gießener Versuchungen: Vertuschen, Streiten, unfreiwilliges Versuchsende
2. Trostlose Provinzpolitik: Schweigen, Vertuschen, Lügen
3. Der Standort des MON810-Feldes in Gießen (2007)
4. MON810-Feld der Uni Gießen bei Groß Gerau
5. Die Versuchsziele
6. Allgemeine Informationen zum MON810-Mais
7. Immer neue Skandale ...
8. Bergab mit MON810? Nein ... Regierungen und Propaganda retten die Profitpflanze

Der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung war schon grottenschlecht. Schließlich wurde nicht die Gentechnik im Agrarbereich insgesamt abgelehnt, sondern Sicherheitsforschung explizit für gut geheißen. Da machte die SPD, die den Antrag formulierte, Werbung für den ihr nahestehenden Elite-Uni-Befürworter Kogel. Nun aber will die CDU selbst diesen Beschluss einfach ignorieren. Insofern hat das Ganze schon jetzt etwas Gutes (wenn auch nichts Neues): Wer die Macht hat, interessiert sich für gar nichts, was seinen Interessen zuwiderläuft. Auch nicht für Parlamentsbeschlüsse ...


Aus dem Gießener Anzeiger vom 23.2.2007
CDU und Grüne werten Aussaat von Gen-Mais unterschiedlich
Möller: Kein kommerzieller Anbau - Deetjen: Stadt muss November-Beschluss umsetzen
GIESSEN (tt). In einem sind sich die im Stadtparlament vertretenen Parteien weitgehend einig: Juristisch lässt sich die von Wissenschaftlern des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung I der Justus-Liebig-Universität im Auftrag des Bundessortenamtes geplante Aussaat von MON 810 Mais des US-amerikanischen Gentechnikkonzerns Monsanto nicht verhindern. Denn: Bereits im Jahr 2005 hat das Bundessortenamt auf Geheiß von Verbraucherschutzminister Horst Seehofer Genmais dieses Typs für den unbegrenzten kommerziellen Anbau zugelassen. Unterschiedlich fällt jedoch die politische Bewertung der Sortenprüfung des gentechnisch veränderten Getreides aus. Für den CDU-Stadtverbands- und Fraktionsvorsitzenden Klaus Peter Möller handelt es sich "ganz klar um keinen kommerziellen Anbau" - und aus diesem Grund greife der am 16. November getroffene Beschluss zu Freilandversuchen mit gentechnisch veränderten Pflanzen auch nicht. In der Vorlage spricht sich die Stadtverordentenversammlung gegen Versuche außerhalb der Sicherheitsforschung aus. Weiterhin wird der Magistrat in dem Papier beauftragt, dafür Sorge zu tragen, dass ein Anbau transgener Pflanzen zu kommerziellen Zwecken auf dem Gebiet der Stadt nicht stattfindet. "Wenn es genehmigt ist, und klar ist, dass davon keine Gefährdung für Menschen ausgeht, stehe ich den Agrarwissenschaften doch nicht im Weg", so Möller. Zudem biete die Stadt ja gar keine Flächen an. Das rund 700 Quadratmeter große Areal im Westen Gießens an der "Weilburger Grenze" gehöre der Universität beziehungsweise dem Land. Weiter gibt der CDU-Politiker zu bedenken: "Wenn wir uns in Deutschland nicht beteiligen, geht die Forschung ins Ausland."
Völlig anders sieht der Fraktionsvorsitzende der Grünen - mit der FDP Koalitionspartner der CDU in Gießen -, Dr. Wolfgang Deetjen, das Vorhaben. Für ihn liegt auf der Hand, dass die Aussaat eindeutig kommerziellen Interessen dient. Vor diesem Hintergrund sei es mit Blick auf den Parlamentsbeschluss jetzt Aufgabe des Magistrats, "alles zu tun, damit es nicht zu einem Anbau kommt". Darüber hinaus müsse die Stadtregierung für eine angemessene Information der Bürger sorgen. "Im Grunde ist in dem Beschluss aus dem November das weitere Vorgehen klar geregelt." Jetzt gehe es darum, das auch umzusetzen.
Nach Ansicht des SPD-Stadtverbandsvorsitzenden Gerhard Merz zeigt sich jetzt, "wo es konkret wird, ob die politisch Verantwortlichen zu ihrer Entscheidung stehen, dass "wir dergleichen Versuche in Gießen nicht haben wollen". Es stelle sich ebenfalls die Frage, was die "Gesprächsfäden zwischen Stadt und Hochschule wert sind." Er hätte von Bürgermeisterin Gerda Weigel-Greilich (Grüne) erwartet, dass sie sich mit der Universität in Verbindung setzt und sich erkundigt, was in nächster Zeit in Sachen Gentechnik alles geplant sei. Im Gegenzug wäre es an der Hochschule gewesen, die Stadt in Kenntnis zu setzen. Zugleich kündigte Merz an, seine Fraktion werde die parlamentarische Initiative ergreifen.
Der Monsanto-Genmais MON 810 produziert einen Giftstoff, der den Maiszünsler tötet. Kritiker weisen daraufhin, dass neben dem Schädling auch nützliche Insekten dem Gift zum Opfer fallen können.



Gießener Allgemeine am 22.2.2007

Gießener Allgemeine, 23.7.2007Gießener Allgemeine vom gleichen Tag (im Internet) ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken!
Universität entscheidet über Versuch mit Genmais
Im Zusammenhang mit dem vom Bundessortenamt angekündigten Freilandversuch mit Genmais in der Versuchsstation der Justus-Liebig-Universität an der "Weilburger Grenze" hat die Opposition im Stadtparlament den Druck auf den Magistrat erhöht. "Wir erwarten, dass sich unsere grüne Bürgermeisterin um die Angelegenheit kümmert", sagte SPD-Fraktionsvorsitzende Dietlind Grabe-Bolz der AZ. Das tut Umweltdezernentin Gerda Weigel-Greilich (Grüne) nach eigenem Bekunden bereits. "Die Universität hat die Bereitschaft erklärt, Gespräche mit uns zu führen", sagte Weigel-Greilich. Ziel der Bürgermeisterin ist es, die Aussaat der Maiszüchtungen, die das Gen MON 810 des US-amerikanischen Saatgutherstellers Monsanto enthalten, zu verhindern. "Es ist klar, dass wir das nicht wollen", betonte die Bündnisgrüne. Weigel-Greilich bestätigte, dass die Stadt kein Widerspruchsrecht gegen den Versuch hat. Sie könne an die Universität nur appellieren, mehr nicht.

Frankfurter Rundschau, 23.2.2007 (S. 26), zum Vergrößern auf Ausschnitt klicken
FR-Artikel zum Gen-Maisfeld der Uni Gießen

Lahn-Dill-Zeitungsgruppe am 23.7.2007
Uni will Gen-Mais anpflanzen
Gießen. (ga). Wissenschaftler des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung I der Universität planen im Frühjahr die Aussaat von gentechnisch verändertem Mais. Dies hat der Leiter des Projekts, Professor Wolfgang Friedt, bestätigt. Gerda Weigel-Greilich (Grüne), Bürgermeisterin und Umweltdezernentin der Stadt Gießen, kündigte den Widerstand der Stadt gegen das Vorhaben an.
Das Institut plant, gentechnisch veränderten Mais des Typs MON 810 des US-amerikanischen Saatgutherstellers Monsanto auszusehen. Wie Friedt erklärte, handele es sich um eine "reguläre Sortenprüfung" im Auftrag des Bundessortenamtes. "Das gentechnische Ereignis ist genehmigt", betonte der Wissenschaftler mit Blick auf das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Das Amt hat die betreffende 700 Quadratmeter große Fläche im Westen der Stadt bereits in ihrem Standortregister für dieses Jahr aufgeführt.
Da das Bundessortenamt nicht alle Prüfungen selbst durchführen könne, habe es sich an das Gießener Institut gewandt, das nun im Auftrag tätig werde. Grundsätzlich müssten alle Züchter, darunter auch der amerikanische Konzern Monsanto, ihre Kandidaten beim Bundessortenamt für eine Prüfung anmelden, erläuterte Friedt das Verfahren.Gen-Mais produziert GiftDer Monsanto-Genmais MON 810 produziert einen Giftstoff, der den Maiszünsler tötet. Dabei räumte Friedt ein, es bestehe die Gefahr, dass neben dem Schädling auch nützliche Insekten dem Gift zum Opfer fallen können.
Bürgermeisterin Gerda Weigel-Greilich kündigte Widerstand an. Die Politikerin der Grünen stützt sich dabei auf einen Beschluss des Stadtparlaments. Darin heißt es unter anderem: "Die Stadtverordnetenversammlung spricht sich gegen Freilandversuche außerhalb der Sicherheitsforschung mit gentechnisch veränderten nicht selbstbestäubenden Pflanzen auf dem Gebiet der Stadt aus." Sofern es sich nicht um einen Versuch im Rahmen der Sicherheitsforschung handele, werde der Magistrat sich dafür einsetzen, die Aussaat von Genmais auf dem Gelände der Stadt zu verhindern.


Gießener Allgemeine, 24.2.2007 (Internet) ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken!
Genmais: Grüne wussten schon länger Bescheid
Die Gießener Grünen und Bürgermeisterin Gerda Weigel-Greilich wissen über den geplanten Freilandversuch mit Genmais auf der Versuchsstation der Justus-Liebig-Universität am Rande der Weststadt bereits seit einigen Wochen Bescheid. Wie der Grünen-Landtagsabgeordnete und agrarpolitische Experte Martin Häusling auf AZ-Anfrage bestätigte, habe er dem Gießener Kreisverband der Grünen vor geraumer Zeit eine entsprechende Mail übermittelt. Der Kreisverband wiederum verbreitete Häuslings Informationen umgehend in der Partei, wo sie den Stadtverband und auch Weigel-Greilich selbst erreichten. Weigel-Greilich indes sieht darin keinen Widerspruch zu ihrer Aussage in der AZ vom Mittwoch, wonach der Magistrat und das Umweltamt von dem Versuch mit den genveränderten Züchtungen erst in dieser Woche durch Zeitungsberichte erfahren hatten. Die Information der Landtagsfraktion habe dem "normalen Parteimitglied" Weigel-Greilich und nicht der Bürgermeisterin gegolten, betonte sie auf Anfrage.


In der gleichen Ausgabe fand sich noch ein zweiter Text aufgrund einer Presseinfo des NABU ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken!

NABU-Forderungen im Gießener Anzeiger vom 26.2.2007
Nabu verurteilt Ausbringung von Gen-Mais in Gießen
GIESSEN (rst). Nach dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), den Grünen sowie der SPD hat jetzt auch der Kreisverband Gießen des Naturschutzbundes (Nabu) den Anbau von gentechnisch verändertem MON-810-Mais der Firma Monsanto in Gießen verurteilt. Wissenschaftler des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung I planen im April im Auftrag des Bundessortenamtes die Aussaat auf einem 700 Quadratmeter großen Gebiet der Versuchsstation "Weilburger Grenze" im Westen der Stadt.
Es handele sich um eine Maissorte, die Gene eines Bakteriums enthält und dadurch einen Giftstoff produziert, der Maisschädlinge wie den Maiszünsler vom Fraß an der Pflanze abhalten soll. "Dieser so genannte Bt-Mais steht in der Kritik, nicht nur Maiszünsler, sondern auch andere Schmetterlinge und Insekten zu vergiften," erläuterte Dr. Achim Zedler. Im Gegensatz zu selbstbestäubenden Arten bestehe beim Mais die Gefahr einer Auskreuzung, so der Nabu-Kreisvorsitzende weiter. Pollen genetisch veränderter Maispflanzen könnten mit dem Wind verdriftet werden und so Pflanzen in anderen Maisfeldern befruchten. Die Freisetzung genetisch veränderter Organismen (GVO) berge ein nicht absehbares Risiko, kritisieren auch andere Naturschutzverbände.
Auskreuzung
Der Bt-Mais werde in Gießen im Rahmen einer Sortenprüfung angebaut. "Dabei handelt es sich nicht um Grundlagen- oder Risikoforschung, sondern es geht darum, die Sorte für den Anbau in Deutschland zuzulassen", erläuterte Zedler weiter. Auftraggeber sei das Bundessortenamt in Hannover. Gentechnisch veränderter Mais werde hauptsächlich in den neuen Bundesländern angebaut, wobei sich aber in zahlreichen Regionen Deutschlands Widerstand gegen den Freilandanbau solcher Pflanzen regt. Neben weiten Teilen der Bevölkerung sind auch viele Landwirte gegen den Anbau von GVO. Durch Auskreuzungen könnten gentechnik-freie Felder, beispielsweise von Öko-Betrieben, belastet werden. Wer in solchen Fällen hafte, sei noch immer ungeklärt. Allerdings distanziere sich der Nabu von gewalttätigen und zerstörerischen Protestaktionen. Zedler warb in diesem Zusammenhang für die Aktion "Bantam-Mais". Hier könne jeder einige Körner des frei erhältlichen Saatguts in seinem Garten aussäen und somit ein Zeichen gegen den Anbau von Bt-Mais und anderen GVO setzen.


Links: Gießener Allgemeine vom 27.2.2007 (S. 24) ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken!

HR4-Kurzbeitrag
Stadt soll Gen-Mais-Aussaat verhindern
Im Zusammenhang mit dem vom Bundessortenamt angekündigten Freilandversuch mit Genmais in der Versuchsstation der Justus-Liebig-Universität hat die Opposition im Gießener Stadtparlament am Donnerstag den Druck auf den Magistrat der Stadt erhöht.
Das berichtet am Freitag die Gießener Allgemeine. Die SPD-Fraktion erwarte, dass sich die grüne Bürgermeisterin um die Angelegenheit kümmere, sagte Fraktionsvorsitzende Dietlind Grabe-Bolz der Zeitung. Das tue Umweltdezernentin Gerda Weigel-Greilich von den Grünen nach eigenem Bekunden bereits. Ziel der Bürgermeisterin sei es, die Aussaat der Maiszüchtungen des US-amerikanischen Saatgutherstellers Monsanto zu verhindern. Die Stadt habe jedoch kein Widerspruchsrecht gegen den Versuch, sie könne nur an die Universität appellieren. Die Spitze der Justus-Liebig-Universität wolle in der kommenden Woche darüber beraten, ob der Versuch stattfindet.


Artikel im Gießener Anzeiger am 24.2.2007 (S. 13 und 14) ++ ganzer Artikel: Auf Bild links und rechts klicken!
FR-Artikel zur bevorstehenden Uni-Entscheidung, 26.2.2007

Gießener Anzeiger, 27.2.2007
Grüne gegen Versuch mit Gen-Mais
Vorstand und Fraktion einig - Deetjen: Stadtverordnetenbeschluss wird umgesetzt
GIESSEN (rsh). "Die SPD hat ein neues Thema zum Schaumschlagen gefunden", so Wolfgang Deetjen, Vorsitzender der Grünen Stadtfraktion, zu Berichten über den in Gießen geplanten Gen-Mais-Versuch. "Die Vermutung, die Grünen würden den Genversuch aus Rücksicht auf die Jamaika-Koalition unter der Decke halten wollen, ist vollkommen lächerlich und lässt wieder einmal den untauglichen Versuch erkennen, den politischen Gegner ohne inhaltliche Notwendigkeit zu diskreditieren", erklärte Deetjen. "Wir haben einen gemeinsamen Stadtverordnetenbeschluss, den der Magistrat jetzt umsetzt, dashaben wir bereits vor dem SPD-Sturm im Wasserglas öffentlich mitgeteilt." Ebenso habe die grüne Bürgermeisterin Gerda Weigel-Greilich bereits Stellung bezogen und umgehend entsprechend dem Stadtverordnetenbeschluss reagiert.
Dass wahrscheinlich in Gießen auf einem Gelände der Universität ein Freilandversuch mit genetisch verändertem Mais geplant ist, war frühzeitig über den E-Mail-Verteiler des Grünen-Kreisverbandes bekannt gemacht worden. "Die konkrete Fläche wurde jedoch erst vergangene Woche benannt", ergänzt Deetjen. "Wir sind sicher, dass die Landtagskontakte der SPD nicht schlechter sind als unsere eigenen und auch die Genossen ihre Informationen hatten."
Stadtvorstand und Stadtfraktion der Grünen seien sich einig in der Ablehnung der Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Organismen in der Landwirtschaft zu kommerziellen Zwecken. "Sollte sich die Universität entscheiden, den geplanten Sortenversuch mit dem Gen-Mais von Monsantodurchzuführen, wird es politische Proteste von Seiten vieler engagierter Gruppen einschließlich der Grünen geben", ist sich Deetjen sicher.
Widerstand hat bereits die Gruppe so genannter Feldbefreier angekündigt, die 2006 auch gegen den Versuch mit Gen-Gerste vorgegangen war.


Links: FR am 27.2.2007 (S. 27) ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken! ++ im Internet

Gießener Allgemeine am 28.2.2007 (Internet-Kurztexte)
Universität hält an Versuch mit Genmais fest
Die Justus-Liebig-Universität hält an dem geplanten Freilandversuch mit genveränderten Maissorten im Bereich der Versuchsstation "Weilburger Grenze" fest. Dies teilte die Pressestelle der JLU unter Bezugnahme auf das Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung mit. Betont wird, dass das Institut und Versuchsleiter Prof. Wolfgang Friedt im Auftrag des Bundessortenamts tätig werden. Insgesamt sollen 60 Maissorten geprüft werden, darunter acht genveränderte (GVO). Das Institut sichert zu, alle relevanten Sicherheitsstandards einzuhalten, um "Pollenflug und Auskreuzung" auszuschließen.


Magistrat äußert Bedauern – Grüne hatten konkrete Hinweise
Der Magistrat hat die Entscheidung der Justus-Liebig-Universität, den Freilandversuch mit genveränderten Maissorten am Rande der Weststadt durchzuführen, bedauert, "da sie nicht dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung entspricht", erklärten Oberbürgermeister Heinz-Peter Haumann (CDU) und Bürgermeisterin Gerda Weigel-Greilich (Grüne) in einer Pressemitteilung. Die Entscheidung über den umstrittenen Versuch habe gleichwohl nicht in der Hand der Stadt gelegen. Der angekündigte Versuch sorgt mittlerweile auch Grünen-intern für Diskussionen. Nach Informationen der AZ wissen die wichtigsten Vertreter der Partei in Gießen seit dem 1. Februar über das Vorhaben Bescheid.


Rechts: FR zum Beschluss der Uni, den Gen-Mais anzubauen, 28.2.2007 ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken!

Gießener Anzeiger am 28.2.2007
Universität gibt grünes Licht für Aussaat von Gen-Mais
Hormuth: Vorhaben zugelassen - Haumann und Weigel-Greilich bedauern Entscheidung
GIESSEN (tt). Der von Wissenschaftlern des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung I der Justus-Liebig-Universität (JLU) geplanten Aussaat von gentechnisch verändertem Mais auf einer 700 Quadratmeter großen Fläche an der "Weilburger Grenze" im Westen der Stadt steht nichts mehr im Wege: Die Hochschulleitung hat am Montagabend grünes Licht für das umstrittene Projekt erteilt. Wie JLU-Präsident Prof. Stefan Hormuth mitteilte, handele es sich um eine Prüfung von insgesamt 60 Maissorten, davon seien acht gentechnisch verändert. Darunter befinde sich auch Mais der Linie MON 810 des US-amerikanischen Gentechnikkonzerns Monsanto. Die Prüfung erfolge im Auftrag des Bundessortenamtes, mit dem die Universität seit mehr als 50 Jahren zusammenarbeite. Um diese "verlässliche Partnerschaft" nicht zu gefährden, könne die Hochschule nicht aus Gründen, "die nicht in Zusammenhang mit der Zulassung der Prüfung stehen", die Aussaat ablehnen. "Es ist wichtig, dass wir als einer der bedeutendsten Uni-Agrarstandorte ein verlässlicher Partner des Bundessortenamtes sind und auch bleiben", unterstrich Hormuth.
Der Uni-Präsident betonte, "dass die Aussaat auf jeder Ebene zugelassen ist". Neben der EU und dem Bund habe auch das hessische Landwirtschaftsministerium die Sortenprüfung genehmigt. Hormuth erläuterte, dass nicht die Firma Monsanto den Antrag beim Bundessortenamt gestellt habe, sondern deutsche Lizenznehmer des US-Unternehmens. Die Wissenschaftler um Prof. Wolfgang Friedt würden alles tun, "um die Sicherheit zu gewährleisten". Zur Frage, ob der Versuch kommerziellen Interessen diene, wie dies SPD und Grüne in Gießen geäußert haben, sagte der Präsident: "Agrarforschung ist immer auf Anwendung hin ausgerichtet. Das war schon zu Zeiten Liebigs so." Die Uni-Leitung habe vorab Oberbürgermeister Heinz-Peter Haumann (CDU) und Bürgermeisterin Gerda Weigel-Greilich (Grüne) über die Sortenprüfung informiert. Mit Blick auf möglichen Widerstand gegen die geplante Aussaat, formulierte Hormuth: "Wir sind in enger Abstimmung mit dem Bundessortenamt, wie die Sicherheit gewährleistet werden kann."
Unterdessen hat die SPD die Stadtverordnetenversammlung dazu aufgerufen, ihren Beschluss vom 16. November 2006 zu bekräftigen. In der Vorlage wird die Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen ablehnt, wenn dies aus kommerziellen Gründen unternommen wird und wenn sie das Risiko der Auskreuzung der gentechnisch veränderten Pflanzen in sich birgt. In Konkretisierung dieses Beschlusses soll das Parlament sich jetzt gegen die geplante Aussaat von Maissorten der Linie MON 810 aussprechen. Die verantwortlichen Stellen der Universität sollen laut SPD-Papier gebeten werden, von der Durchführung dieses Versuchs Abstand zu nehmen.
"Wir bedauern die Entscheidung, da sie nicht dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung entspricht." Mit diesen Worten haben Oberbürgermeister Haumann und Bürgermeisterin Weigel-Greilich auf die geplante Aussaat reagiert. Der Magistrat habe sich - in Umsetzung des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung vom November - gegen den Versuch ausgesprochen. Dies sei gleich mehrfach gegenüber der Leitung der Universität geschehen. "Die Entscheidung über den umstrittenen Freilandversuch lag gleichwohl nicht in unserer Hand, da weder das Gelände Eigentum der Stadt ist, noch der Magistrat Genehmigungsbehörde für den Freilandversuch ist. Die kommunale Ebene ist in einem solchen Verfahren nicht als Beteiligte vorgesehen", so Haumann und Weigel-Greilich.
Für Freitag sei ein Treffen zum Thema Gen-Mais zwischen Hochschule, Magistrat und den Vorsitzenden der im Parlament vertretenen Parteien und politischen Gruppierungen vorgesehen.


Links: Gießener Allgemeine vom 1.3.2007 (Kommentar B. Möller) ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken!

Gießener Allgemeine, 1.3.2007 (Internet)
CDU-Fraktionschef Möller verteidigt Versuch mit Genmais
Die politische Diskussion um den vom Bundessortenamt und der Justus-Liebig-Universität geplanten Freilandversuch mit Genmais auf der Versuchsstation an der "Weilburger Grenze" wird zunehmend verwirrend. Nachdem am Mittwoch CDU-Oberbürgermeister Heinz-Peter Haumann und Bürgermeisterin Gerda Weigel-Greilich (Grüne) noch gemeinsam in einer Presseerklärung ihr Bedauern über das Festhalten der Universität an dem Versuch geäußert hatten, stellte sich CDU-Fraktionsvorsitzender Klaus Peter Möller jetzt hinter den Freilandversuch. Die CDU stehe auch vor dem Hintergrund der "erwartungsgemäß unsachlicher werdenden Debatte" auf der Seite der JLU. "Wer in einer Universitätsstadt der Hochschule vorschreiben möchte, was erforscht werden darf und was nicht, greift in die Freiheit von Forschung und Lehre ein", schreibt Möller. Genau dies hätte demnach die Stadtverordnetenversammlung im vergangenen November – damals mit Zustimmung der von Möller geführten CDU-Fraktion – getan, als sie in einer gemeinsamen Resolution jegliche Freilandversuche in Gießen mit genveränderten Pflanzen "außerhalb der Biosicherheitsforschung" ablehnte. Diesen Beschluss hatte der Magistrat zum Anlass genommen, die Universität von dem Vorhaben abbringen zu wollen.


Gießener Anzeiger, 2.3.2007 (S. 15)
Grüne machen gegen Gen-Mais-Aussaat mobil
Partei bekräftigt November-Beschluss - Haumann schweigt

GIESSEN (tt). Ungeachtet der jüngsten Äußerungen des CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Klaus Peter Möller, der den von Wissenschaftlern der Gießener Universität geplanten Freilandversuch mit gentechnisch verändertem MON-810-Mais der Firma Monsanto verteidigt hat, wollen die Grünen - in der Stadt Koalitionspartner von Union und FDP - an der Entscheidung des Parlaments vom November festhalten. "Dabei bleibt es. Wir machen das, was in dem Beschluss steht und was Oberbürgermeister Heinz-Peter Haumann (CDU) und Bürgermeisterin Gerda Weigel-Greilich (Grüne) bereits formuliert haben", unterstrich der Fraktionsvorsitzende Dr. Wolfgang Deetjen. Seine Fraktion werde auf politischem Wege versuchen, die Aussaat zu verhindern. Die Stadtverordneten hatten sich Ende des Jahres einstimmig gegen Freilandversuche außerhalb der Sicherheitsforschung auf dem Gebiet der Stadt ausgesprochen. Inzwischen hat die Grünen-Landtagsfraktion die Universität zu einem Verzicht der Sortenprüfung auf dem Gelände der Versuchsstation an der "Weilburger Grenze" aufgefordert.
Für den Grünen-Stadtverband kündigte Vorstandsmitglied Walter Bien eine Diskussionsrunde für Freitag, 9. März, an. Dabei suche die Partei den Schulterschluss mit dem BUND, Greenpeace, Nabu und weiteren Umweltorganisationen. FDP-Fraktionschef Harald Scherer will sich bei dem für heute vorgesehenen Treffen von Hochschulvertretern, Magistrat und Mandatsträgern zunächst ins Bild setzen lassen. "Der Resolution im November haben wir nur in dem Bewusstsein zugestimmt, dass wir als Stadt rechtlich beschränkte Möglichkeiten haben, Versuche, wie den jetzt geplanten zu verhindern." Oberbürgermeister Haumann ließ über seine Mitarbeiterin Franziska Ott erklären, dass er zu den Äußerungen seines Parteifreundes Möller keine Stellungnahme abgeben werde.


Gießener Anzeiger, 2.3.2007
Schäfer-Gümbel weist Vorwürfe Möllers zurück
Von Gentechnik-Versuch erst aus der Presse erfahren

GIESSEN (rsh). "Die Gießener SPD hat von dem geplanten Freisetzungsversuch von gentechnisch verändertem Mais erst durch die Presse Kenntnis erhalten", so der SPD-Landtagsabgeordete Thorsten Schäfer-Gümbel. "Andernfalls wäre sie damit anders umgegangen, als das bei den Grünen und insbesondere bei der grünen Bürgermeisterin und Umweltdezernentin der Fall war", heißt es in einer Pressemitteilung. Die Spekulationen des CDU-Lantagsabgeordneten Klaus Peter Möller darüber, dass auch die SPD Gießen über ihre Landtagsfraktion Hinweise auf den anstehenden Versuch gehabt habe, seien also völlig aus der Luft gegriffen. Es handele sich dabei um den untauglichen Versuch, vom Fehlverhalten der Umweltdezernentin abzulenken, das darin liege, dass diese ihre Informationen nicht genutzt habe, um die Öffentlichkeit zu informieren. Sich dabei hinter verschiedenen Rollen zu verstecken, sei eher peinlich.
Zudem sei das Verhalten von Möller ganz und gar widersprüchlich. In Gießen stimme er aus Rücksicht auf den grünen Koalitionspartner gegen Gentechnik-Versuche und in Wiesbaden beschimpfe er die Grünen. Die unwürdigen Rundumschläge von Möller gegen die Gießener SPD gingen an der Sache vorbei und richteten sich mindestens ebenso sehr gegen den Koalitionspartner und gegen den eigenen Oberbürgermeister.

Hinweis: Das ist definitiv gelogen - auch SPDler wussten früher vom Mais-Versuch. Per Mail aus der Projektwerkstatt. Aber Schäfer-Gümbel ist halt Polit-Profi. Wer gibt schon gern zu, auch versagt zu haben ... und dann noch ausgerechnet ein Mail der bösen Projektwerkstättler übersehen ...

Rechts: Gießener Allgemeine vom 3.3.2007 ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken!
Links: Kommentar in der Gießener Allgemeine vom 3.3.2007 ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken!

Gießener Anzeiger vom 3.3.2007
Grüne fordern Verzicht auf Gen-Mais-Tests
GIESSEN/WIESBADEN (lhe). Die Grünen im hessischen Landtag haben die Universität Gießen zu einem Verzicht auf die geplanten Tests mit genmanipulierten Maissorten aufgefordert. Uni-Präsident Stefan Hormuth missachte mit dem Beharren auf den Anbau zudem einen Beschluss des Gießener Stadtparlaments gegen den Gen-Mais-Versuch, sagte der Grünen-Agrarexperte Martin Häusling. Es bestehe für die Hochschule kein Grund, sich für die Interessen der Industrie herzugeben. An der Uni sollen in diesem Jahr Maissorten auf ihre Tauglichkeit getestet werden. Unter den 60 Maissorten, die in die Wertprüfung kommen, sind erstmals acht gentechnisch veränderte Sorten. Die Gießener Stadtverordnetenversammlung hatte sich gegen die Freilandversuche ausgesprochen. Die Risiken seien im Verhältnis zu möglichen Vorteilen zu groß und zum Teil unkalkulierbar, hieß es.


Gießener Allgemeine, 3.3.2007 (S. 29) ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken!

Gießener Anzeiger vom 3.3.2007
Gen-Mais: Grüne und SPD bleiben skeptisch
GIESSEN (tt). Im Zusammenhang mit der im Frühjahr geplanten Aussaat von gentechnisch verändertem Mais der Firma Monsanto, wollen Stadt und Universität die Bevölkerung in den nächsten Wochen umfassend informieren. Dies ist das Ergebnis eines Treffens am Freitagnachmittag, bei dem Vertreter der Hochschule die Vorsitzenden der im Stadtparlament vertretenen Fraktionen und politischen Gruppierungen über das Vorhaben in Kenntnis setzten. An der Gesprächsrunde nahmen außerdem Oberbürgermeister Heinz-Peter Haumann (CDU) und Bürgemeisterin Gerda Weigel-Greilich (Grüne) teil. Dietlind Grabe-Bolz (SPD) sagte, sie habe nach wie vor grundsätzliche Bedenken gegen die Ausbringung. Es sei erfreulich gewesen, dass das Treffen stattgefunden habe. Dennoch hätte sie sich einen früheren Zeitpunkt, bevor die Universität ihre Entscheidung getroffen habe, gewünscht. Gleichwohl hätten die beiden Wissenschaftler, Uni-Vizepräsident Prof. Karl-Heinz Kogel und der Leiter des Versuchs, Prof. Wolfgang Friedt, die Notwendigkeit der Aussaat "aus ihrer Sicht sehr schlüssig dargestellt". Für Grabe-Bolz ist klar, dass es sich um eine "Auftragsarbeit für die Firma Monsanto, und keine Sicherheitsforschung" handelt.
Von einem "sehr guten Gespräch, bei dem ich etwas dazu gelernt habe", sprach Dr. Wolfgang Deetjen, Vorsitzender der Grünen-Fraktion. Deetjen betonte, die Hochschule sei sehr bemüht, Öffentlichkeit herzustellen. Trotzdem habe die Zusammenkunft nicht dazu geführt, dass "wir unsere generelle Linie verlassen". Deetjen: "Wir sind nach wie vor skeptisch." Allerdings sei auch klar geworden, dass "in Gießen kein hochrisikobehafteter Versuch zum ersten Mal in Deutschland durchgeführt wird". Beim FDP-Fraktionsvorsitzenden Harald Scherer hat das Gespräch nach eigenen Angaben sämtliche Sicherheitsbedenken beseitigt.
Noch nicht entschieden hat die CDU/Grüne/FDP-Koalition, wie sie mit dem Antrag der SPD, den Parlamentsbeschluss vom November zu bekräftigen, umgehen will. Damals hatten die Stadtverordneten sich gegen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zu kommerziellen Zwecken im Stadtgebiet ausgesprochen.


Links: Kommentar im Gießener Anzeiger, 3.3.2007 ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken!

Gießener Anzeiger, Leserbrief vom 3.3.2007
Landstrich wird in Geiselhaft genommen
Zu: "Universität gibt grünes Licht für Aussaat von Gen-Mais", Bericht vom 28. 2.:
Ist sie nicht schön, die Argumentation des Uni-Präsidenten Hormuth: Er möchte die verlässliche Partnerschaft mit dem Bundessortenamt nicht gefährden. Mit der gleichen Argumentation wären wir mit einer anderen Regierung vor ein paar Jahren in den Irak-Krieg gezogen. Und es gab schon andere Zeiten, in denen auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft die verlässliche Zusammenarbeit mit der Regierung nicht stören wollte, bis ins Lager Auschwitz. Ein Unipräsident, der so argumentiert, steht mit dem Rücken an der Wand und macht sich lächerlich. So ist denn auch davon auszugehen, dass diverse Gutachten, die zur aktuellen Rechtslage bei den Genehmigungsverfahren für Gen-Experimente führten, darauf basieren, dass man die bisher "gute Zusammenarbeit" mit fördermittelvergebenden Institutionen und ihrem Umfeld nicht gefährden wollte.
Die immer zu stellende Frage, "wem nützt das Ganze eigentlich", führt also nicht nur zu Monsanto und seinem Unternehmensziel, die Produktion elementarer Lebensmittel weltweit zu beherrschen. Sie führt auch zur Frage nach der Finanzierung von Forschung.
Der Kampf um Drittmittel, um die goldenen Töpfe für angebliche Elite-Universitäten führt zu Bestechlichkeit und Prostitution auf allen Ebenen des Wissenschaftsbetriebs.
In Zeiten, in denen Landwirte Sonderprämien bekommen, damit sie ihre Felder nicht bestellen, in denen wir im Durchschnitt kaum 20 Prozent unseres Einkommens für Nahrung aufwenden, wo die Europäische Gemeinschaft aus unseren Steuergeldern Milliarden dafür verschwendet, die zu viel und zu teuer produzierten Nahrungsmittel zu exportieren und damit andere Volkswirtschaften zu schädigen, in solchen Zeiten braucht hier kein Mensch noch effektivere Sorten. Die brauchen nur Saatgut-Monopolisten wie Monsanto, um ihren Reichtum zu mehren und jene, die davon ein paar Krümel abhaben wollen.
Und dafür wird jetzt ein Landstrich bei Gießen in Geiselhaft genommen. Ganz legal, natürlich - und auf dem neuesten Stand der Forschung.
Dr. Gerhard Weissler, Hungen

Dieser und weiterer Leserbrief als Scan: Auf Bild klicken!

Gießener Anzeiger, 5.3.2007
Gen-Mais: FDP respektiert JLU-Entscheidung
GIESSEN (rso). "Die Gründe, die uns von der Hochschulleitung und den verantwortlichen Professoren für ihre Entscheidung zugunsten der Wertprüfung von neuen genmanipulierten Maissorten genannt wurden, sind für uns nachvollziehbar", schreibt der Vorsitzende der FDP-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung, Harald Scherer, in einer Presseerklärung. Deshalb werde die FDP-Fraktion die Entscheidung der Justus-Liebig-Universität akzeptieren.
In einem Informationsgespräch wurde den Fraktionsspitzen der Stadtverordnetenversammlung von der Hochschulleitung dargelegt, aus welchen Gründen sich die Uni zur Durchführung der Sortenprü-fung entschieden hatte. Dabei wurde von dem verantwortlichen Versuchsleiter, Prof. Friedt, versichert, dass dem zur Aussaat gebrachten genmanipulierten Mais die männlichen Blütenstände vor dem Pollenflug entfernt werden. Damit sei Pollenflug und Auskreuzung der genmanipulierten Maissorten ausgeschlossen. Das potenzielle Risiko der Auskreuzung genveränderter Pflanzen, denen eine staatliche Zulassung fehle, sei für die FDP-Fraktion wesentlicher Grund für den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung im November gewesen. Diese Gefahr bestehe mit der "Entmannung" der genveränderten Maissorten und der zusätzlichen Anlage einer Mantelanpflanzung nicht mehr, weshalb die FDP-Fraktion keine Sicherheitsbedenken gegen die Wertprüfung hat, schreibt Scherer.
"Nachdem die Entscheidung der Hochschule für die Wertprüfung gefallen ist, muss unser Augenmerk nun darauf gerichtet sein, dass es zu einer größtmöglichen Transparenz des Verfahrens kommt", meint Scherer. Für ihn ist die grundsätzliche Kritik der Fraktionen von SPD und Linken an der geplanten Wertprüfung in Gießen nicht nachvollziehbar. Gerade diese beiden Parteien hätten vor allem in den neuen Bundesländern umfangreiche großflächige Freilandversuche mit genverän-derten Pflanzen ermöglicht. So sei die Maislinie MON810, um die es auch bei der Wertprüfung in Gießen gehe, im vergangenen Jahr bereits auf einer Fläche von 947 Hektar in Deutschland angebaut worden.


Gießener Anzeiger, 6.3.2007
Asta fordert sofortigen Stopp der Gen-Mais-Versuche
GIESSEN (rst). Der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) der Gießener Justus-Liebig-Universität (JLU) hat einen sofortigen Stopp der Versuche mit gentechnisch verändertem MON-810-Mais der Firma Monsanto gefordert. "Hier geht es nur um die Interessen eines Großkonzerns", heißt es in einer Mitteilung der Studierendenvertretung. "Wir halten es für hochkritisch, dass sich die JLU Gießen mit ihrem naturwissenschaftlichen Renommee ausgerechnet in Forschungsarbeiten engagiert, die letztlich den Interessen eines Großkonzerns dienlich sind, das in seiner Unternehmenspolitik skrupellos vorgeht", sagte Umut Sönmez, Referent für Hochschulpolitik. Zudem kritisierte Sönmez die Risikoabschätzungen im Zusammenhang mit MON 810: "Die Tatsache, dass in einigen EU- Staaten der Anbau dieser Maissorte nicht erlaubt ist, weist unserem Erachten nach daraufhin hin, dass für das gesamte Ökosystem ein Risiko besteht, zumal die EU auf eigene Risikoanalysen hinsichtlich der Auswirkungen von Mon 810 verzichtet hat. Zudem wird in Studien darauf hingewiesen, dass die allergologische sowie toxikologische Sicherheitsbewertung des MON 810 zu Wünschen übrig ließ."
GesundheitsinteressenAnna Halbe, Ökologiereferentin, warf zudem einige der vielen offenen Fragen im Zusammenhang mit der geplanten Aussaat auf: "Was passiert mit dem freigesetzten Bt- Toxin? Bleibt es in der Erde erhalten? Wie sieht es mit der Gefahr aus, dass sich gentechnisch manipulierte Maispollen auf Wohngebiete ausweiten könnten? Diese und weitere offene Fragen bergen unserer Meinung nach ein unkalkulierbares Risiko in sich." Im Hinblick auf die Wirtschaftsethik von Monsanto ergänzte sie: "Wie gleichgültig sich Monsanto gegenüber den Gesundheitsinteressen der Menschen verhält, lässt sich am folgenden Beispiel ablesen: So schlägt das Bundesministerium für Landwirtschaft vor, dass der Sicherheitsabstand zwischen gentechnisch veränderten sowie konventionellen Maisfeldern 150 Meter betragen sollte, während Monsanto einen Sicherheitsabstand von 20 Metern, also ungefähr einem Achtel des Ministeriumsvorschlags, für angemessen hält. Offensichtlich spielen hier knallharte wirtschaftliche Interessen eine größere Rolle als die Gesundheit der Menschen."
Besonders problematisch sei das Interessengemenge zwischen Monsanto, den Lizenznehmern desselben, dem Bundessortenamt und der Universität: "Da ist es leicht, Verantwortlichkeiten von sich zu weisen und anderen Akteuren zuzuschieben. Gerade deshalb fordern wir die Universität dazu auf, Verantwortung zu übernehmen und sich nicht hinter vermeintliche Sachzwänge zurückzuziehen", sagte Ole Snoeijer, Referent für Hochschulpolitik.


Gießener Allgemeine, Internetfassung am 6.3.2007
Genversuche: Auch Landtags-SPD hatte frühzeitig konkrete Hinweise
Nicht nur die Grünen in Gießen, sondern auch die SPD im Hessischen Landtag hatte frühzeitig konkrete Hinweise, dass auf Flächen der Justus-Liebig-Universität Freilandversuche mit Genmais geplant sind. Bereits am 26. Januar war in einer Sitzung des Landtagsausschusses für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz durch eine Nachfrage der Grünen an die Landesregierung deutlich geworden, dass Genversuche auf Landesdomänen, darunter Flächen der JLU, stattfinden sollen. Der SPD-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Schäfer-Gümbel, der selbst nicht Mitglied im Landwirtschaftsausschuss des Landtags ist, bestätigte die Darstellung. Die Information zu den Versuchen durch die Justus-Liebig-Universität sei seinen Kollegen "in der Gesamtdebatte über Monsanto offenbar durchgerutscht", gab sich Schäfer-Gümbel zerknirscht.


HR-Online, 7.3.2007
Imker gegen Genmais-Anbau
Im Streit um den am Stadtrand von Gießen geplanten Versuch mit gentechnisch verändertem Mais haben mehrere Imker jetzt rechtliche Schritte angekündigt, wenn es zur Aussaat kommen sollte. Die Bienenzüchter befürchten vor allem finanzielle Einbußen für ihren Bio-Honig. Bei einer unerwünschten Ausbreitung der gentechnisch veränderten Pflanzen könnten Pollen im Honig nachgewiesen werden.
Die Bienenstöcke der betroffenen Imker liegen nur etwa 500 Meter von der Anbaufläche der Universität entfernt. Bei dem Versuch soll gentechnische veränderter Mais der amerikanischen Firma Monsanto unter anderem auf Ertrag und Qualität untersucht werden.


Gießener Allgemeine, Internetfassung am 8.3.2007
Imker drohen der Universität mit Schadenersatzklagen
Gegen den von der Justus-Liebig-Universität im Auftrag des Bundessortenamts geplanten Freilandversuch mit Genmais formiert sich immer mehr Widerstand. Drei Imker aus Wettenberg, deren Völker in Nähe der Versuchsstation der JLU an der "Weilburger Grenze" stehen, wo auf 700 Quadratmeter acht gentechnisch veränderte Maissorten im Laufe des Jahres getestet werden sollen, drohen der JLU mit Schadenersatzklagen. Dies teilte Imker Wulf Feinhals vor Journalisten mit. Ein entsprechendes Schreiben habe Uni-Präsident Prof. Stefan Hormuth gestern erhalten. "Da ich ein ›Bioland-Umstellungsbetrieb‹ bin, ist für mich mit Genmais-Pollen belasteter Honig nicht vermarktbar", sagte Feinhals. Er warf der Universität "Versagen" bei der Informationspolitik vor. Die betroffenen Nachbarn der JLU-Station – Landwirte und Imker – hätten von dem Genversuch erst aus der Zeitung erfahren. Feinhals: "Das ist ein großes Versäumnis der Universität."

Koalition will über Gen-Versuch nicht im Parlament sprechen
Die "Jamaika"-Koalition will keine neuerliche parlamentarische Debatte über Freilandversuche mit genveränderten Nutzpflanzen auf dem Gebiet der Stadt Gießen. Ein Antrag der SPD, mit dem die Genossen das einstimmige November-Votum des Parlaments gegen solche Genversuche bekräftigen wollten, wurde am Dienstagabend von der Koalition im Ausschuss für Bauen, Planen, Umwelt und Verkehr einfach von der Tagesordnung genommen. Die Vertreter von CDU, Grünen und FDP stimmten zu Beginn der Beratungen für eine "Nichtbefassung", weil der Antrag der SPD nichts Neues enthalte. Ob dieses Vorgehen der Mehrheit rechtlich haltbar ist, soll eine Prüfung durch das Rechtsamt der Stadt zeigen.


Links: Gießener Allgemeine vom 10.3.2007 (S. 28) ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken!
Rechts: dito (S. 28) ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken!
Links weiter unten: dito (S. 26), Kommentar Guido Tamme ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken!

Gießener Anzeiger am 8.3.2007
Imker fürchtet Nachteile durch Gen-Mais
Universität aufgefordert, geplante Ausbringung zu unterlassen - Honig nicht zu vermarkten - Aufregung im Bauausschuss
Erhard GoltzeGIESSEN. "Ich fordere die Justus-Liebig-Universität auf, Gen-Mais-Versuche im Fluggebiet meiner Bienen zu unterlassen. Zuwiderhandlungen würden Schadensersatzforderungen nach sich ziehen." In einem Brief droht Hobby-Imker Wulf Feinhals aus Wettenberg Uni-Präsident Professor Stefan Hormuth mit einer Klage, sollte auf dem Versuchsfeld im Lahntal Gen-Mais ausgebracht werden. Zu einem Eklat kam es unterdessen am Vorabend in der Sitzung des Bauausschusses, als die Koalition einen Antrag der SPD, den Anbau gentechnisch veränderten Mais im Stadtgebiet nicht zuzulassen, mit ihrer Mehrheit von der Tagesordnung strich, und so eine Debatte darüber verhinderte. "Hier wird die Meinungsäußerung der Minderheit im Parlament beschnitten", schimpfte Mehmet Tanriverdi.
Auf vielen Ebenen bewegt sich momentan der Streit um den Gen-Mais, der im Frühjahr auf dem Feld an der "Weilburger Grenze" ausgebracht werden soll. Die Imker laufen deutschlandweit Sturm gegen die Aussaat genmanipulierter Pflanzen. So berichtet Feinhals in seinem Brief von einer großen Anzahl wissenschaftlicher Untersuchungen, in denen belegt ist, dass Gen-Mais-Pollen im Honig nachgewiesen wurden. "Da ich ein Bioland-Umstellungsbetrieb bin, ist für mich ein solcher Honig nicht mehr zu vermarkten", stellt Feinhals in einem Pressegespräch fest. Eine Belastung der Bienenvölker sei ebenfalls nicht auszuschließen, dies hätten Untersuchungen ergeben.
Seine Jungvölker stünden in nur 300, andere Völker in 1500 Metern Entfernung vom künftigen Gen-Mais. Da nachgewiesenermaßen Bienenvölker in einem Umkreis von 3000 Metern von ihrem Stock Nektar und Pollen einsammelten, sei er direkt betroffen. Das gelte insbesondere für die Maislinie MON 810 der Firma Monsanto, die neben anderen auf dem Feld getestet werden sollen.
In der Nähe eines solchen Feldes seien sofort gentechnisch veränderte Pollen im Honig nachzuweisen. In der Nähe von Versuchsfeldern seien in Deutschland schon Werte bis zu 4,4 Prozent gentechnisch veränderter Bestandteile im Honig nachgewiesen worden. Für MON 810 liege keine EU-Zulassung vor, also dürfe diese Maislinie nicht Bestandteil von Lebensmitteln sein. Für Feinhals ist völlig klar, dass es hier einzig um eine gewerbliche Nutzung geht. Und er gebrauchte ein böses Wort, das in Fachkreisen für Forschungseinrichtungen üblich sei, die sich bei solchen Tests "für Geld missbrauchen" ließen: "Agrar-Huren."
Der Aufreger in der Bauausschusssitzung war die Entscheidung der Jamaika-Koalition, eine Debatte um die Aussaat von Gen-Mais gar nicht erst zuzulassen, indem der entsprechende Antrag der SPD mit Mehrheit von der Tagesordnung genommen wurde. Der Grund dafür war klar, sollte doch vermieden werden, dass CDU und Grüne unterschiedliche Positionen zum Gen-Mais öffentlich vertreten mussten. Dr. Wolfgang Deetjen, Fraktionschef der Grünen, verwies auf einen einmütigen Beschluss der Stadtverordneten vom 16. November 2006, in dem die Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen im Stadtgebiet abgelehnt worden war. Diese Entscheidung wollte die SPD allerdings bekräftigt sehen.
Tanreverdi stellte in Frage, ob eine Mehrheit derartige Debatten überhaupt "unterdrücken" dürfe. Wie das genau juristisch aussieht, das war in diesem Moment auch der Vorsitzenden Dorothé Küster nicht ganz klar. Deshalb verständigte man sich darauf, diese Frage zunächst einmal beim Rechtsamt der Stadt klären zu lassen.
"Jeder Ausschuss, auch im Stadtparlament, bestimmt seine Tagesordnung selbst. Bei der Vorlage der Vorsitzenden in der Einladung handelt es sich nur um einen Vorschlag", erklärte gestern auf Anfrage der Sprecher des Regierungspräsidiums Manfred Kersten. Zu Beginn jeder Sitzung müsse deshalb gefragt werden, ob die Fraktionen mit dieser Tagesordnung einverstanden seien. Änderungen würden mit Mehrheit beschlossen. Deshalb sei aus Sicht der Kommunalaufsicht die Entscheidung der Koalition, den Antrag der SPD zum Gen-Mais nicht zu behandeln, juristisch korrekt.


Rechts: Gießener Allgemeine, 10.3.2007 (S. 52) ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken!

Kommentar zur Lage Anfang März 2007: Lügen und versagen hier alle?
  • Prof. Kogel, Uni-Vizepräsident und Chef des "anderen" Genversuchs der Uni (Gerste, seit 2006) behauptete, nicht genau über alles Bescheid zu wissen. Aber jemand anderes sagt aus, mit ihm direkt gesprochen zu haben (siehe FR vom 22.7.2007). Kurz danach macht er sich zum Pressesprecher des neuerlichen Genanbaus
  • Die Grüne Umweltdezernentin und Bürgermeisterin behauptete, nichts gewusst zu haben. Ihre eigenen Parteikollegen korrigieren sie (siehe Gießener Allgemeine, 24.2.2007). Schließlich muss sie einräumen, dass sie Bescheid wusste und stammelt den Blödsinn, sie hätte nur privat alles gewusst, aber nicht dienstlich.
  • CDU-Hardliner Klaus-Peter Möller mit seiner Behauptung sowieso, es ginge bei dem Stadtverordnetenbeschluss vom letzten Jahr nur um städtische Flächen und nicht das Stadtgebiet.
  • Die FDP stellt sich auch hinter den Genmais-Anbau und will vom Beschluss aus 2006 nichts mehr wissen.
  • Schließlich stellt sich auch bei der SPD, die 2006 mit ihrem Liebling Kogel einen besonderen Eiertanz aufführte und die einzig mit klarer Kritik auftretenden "FeldbefreierInnen" wüst beschimpfte, heraus, dass sie früher Bescheid wusste.
  • Was alle verschwiegen: Aus dem Kreis der "FeldbefreierInnen" wurden alle, d.h. auch Linkspartei und SPD in Gießen, frühzeitig informiert. Aber für Menschen der Tat interessiert sich die politische Elite ohnehin nicht ...

Kann mensch solchen Leuten überhaupt Kontrolle, politische Begleitung oder sogar die Durchführung von Genversuchen (wie bei Prof. Kogel) zubilligen? Leute, die offenbar mit Lügen die Dinge zu klären versuchen? Über PolitikerInnen werden irgendwann die WählerInnen zu entscheiden haben - da besteht wenig Hoffnung, denn die Lügner Gail und Haumann erzielten hohe Stimmanteile. Aber kann einem Lügner wie Kogel ein solche riskanter Genversuch anvertraut werden?

Protest auch in Wettenberg: Gießener Anzeiger, 10.3.2007
Über Gentechnik breit informieren
WETTENBERG (hks). Die von der Justus-Liebig-Universität Gießen beabsichtigte Aussaat von Gen-Mais in unmittelbarer Nachbarschaft zum Wettenberger Gemeindegebiet mit den Naturschutzflächen "Kanonenbahn" und "Holzwäldchen" wird nun auch die Gemeindevertretung beschäftigen. Für die Sitzung am kommenden Donnerstag hat der Gemeindevorstand eine Vorlage auf die Tagesordnung gebracht. Folgt das Parlament dem Beschlussvorschlag, dann soll der Gemeindevorstand beauftragt werden, eine Informationsveranstaltung zum Thema Gentechnik in der Landwirtschaft unter besonderer Berücksichtigung des angekündigten Versuchs in Gießen-West (an der Weilburger Grenze) gemeinsam mit Vertretern der Uni Gießen, den Wettenberger Landwirten und Organisationen (zum Beispiel dem Nabu Wettenberg) zu organisieren, "um eine sachliche Information der Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen."
Die Gemeinde Wettenberg hat - auch als Eigentümer benachbarter Flächen - kein Anhörungsrecht. Umso mehr komme es darauf an, dass sie ihrer Verantwortung gerecht wird und umfassend zu diesem Thema informiert, sagte Bürgermeister Gerhard Schmidt im Gespräch mit dem Anzeiger.
Die Gemeindevertretung und der Umweltausschuss hatten bereits im Juni 2006 die Fragen der Ausbringung gentechnisch veränderter Pflanzen auf kommunalen Flächen sowie die Verwendung gentechnisch veränderter Nahrungsmittel in den kommunalen Kindergärten behandelt. Die Gemeindevertretung hatte mehrheitlich beschlossen, in den Pachtverträgen für kommunale Ackerflächen einen Verzicht auf die Aussaat gentechnisch veränderten Saatgutes aufzunehmen.


Rechts: FR, 13.3.2007 (S. 27) ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken!

Gießener Anzeiger, 13.3.2007
Imkerei-AG: Anbau von Gen-Mais unterbinden
Gesamtschule Gießen Ost sorgt sich um Honig - Produkt laut Analyse sehr schmackhaft und bisher ohne Verunreinigungen
GIESSEN (rsh). Seit nunmehr sieben Jahren betreibt die Gesamtschule Gießen-Ost (GGO) eine Arbeitsgemeinschaft Schulimkerei und pflegt seit dieser Zeit jährlich vier Bienenvölker. Erfreulichen Rückenwind bekam die Bienen-AG kürzlich, als die Ergebnisse der amtlichen Analyse des Ostschul-Honigs bekannt wurden. Das Landesinstitut für Bienenforschung bescheinigte der GGO im Januar 2007 die Produktion eines sehr schmackhaften Honigs, frei von Verunreinigungen, mit niedrigstem Wassergehalt und einer außergewöhnlich hohen Konzentration an Invertase-Enzym, was für eine besondere Frische und Naturbelassenheit spricht. Besonders erstaunt hat die Schul-Imkerei, die vom Bieneninstitut festgestellte Sortenvielfalt an Pollen in ihrem Honig. Daran zeige sich, dass die Bienen teilweise Pollen von Pflanzen aus Entfernungen von bis über drei Kilometer eintragen.
"Umso mehr sind wir als Bienenhalter wegen der jüngsten Entwicklung um den geplanten Anbau von genveränderten Maispflanzen auf einem Versuchsfeld der Uni-Gießen sowohl besorgt als auch verärgert", heißt es in einer Stellungnahme. Der gentechnisch veränderte Mais MON810 sei lediglich als Futtermittel für Tiere gesetzlich zugelassen aber nicht zur menschlichen Ernährung.
Beim Anbau bestehe jedoch die Möglichkeit, dass das von den Maispflanzen erzeugte Toxin nicht zur gegen den Maiszünsler sondern auch gegen andere Lebewesen wirksam ist. Eine ungewollte Gen-Übertragung durch Wind und Insekten auf konventionelle Maispflanzen sei nicht zu verhindern und werde mit Sicherheit eintreten. Ein "Sicherheitsabstand" von 200 Metern sei nicht mehr als ein schlechter Witz.
Vom Standpunkt des Imkers aus gesehen bestehe zusätzlich das Problem, dass Honigbienen auch Maispollen eintragen. So sei zu erwarten, dass künftig in Gießen produzierter Honig mit Genpollen kontaminiert sei. Imker und ihre Kunden seien jedoch an einem naturbelassenen Honig interessiert, was jedoch beim Anbau von transgenen Pflanzen in einem Abstand von drei und mehr Kilometern zum Bienenvolk künftig nicht mehr zu garantieren sei. Man empfinde es daher als Arroganz und Willkür, dass das Gießener Stadtparlament sowie die Leitung der JLU "nicht zu ihrem Versprechen stehen, solche Feldversuche in Gießen zu unterbinden".


Abb.: Gießener Allgemeine, 17.3.2007 (S. 26) ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken, für Kommentar links hier!

FAZ, 13.3.2007
Gießen: Bio-Honig kontra Hi-Tech-Getreide
Protest gegen Gen-Mais ist in Hessen nichts Neues, wie das Bild aus Riedstadt (1999) zeigt
Auf die Spezialisten für Pflanzenbau an der Universität Gießen ist Wulf Feinhals nicht gut zu sprechen. Der Grund: Das Institut will unter der Leitung von Wolfgang Friedt noch im Frühjahr am westlichen Stadtrand mehr als 60 Maissorten ausbringen, darunter acht gentechnisch veränderte Varianten des amerikanischen Herstellers Monsanto. Dies schmeckt Hobby-Imker Feinhals nicht, da seine Bienen auch Pollen von Gen-Maispflanzen sammeln werden - und den Honig verderben, wie er meint. Vorsorglich droht er der Universität, die im Auftrag des Bundessortenamtes in Hannover wesentliche Abbau- und Verwertungseigenschaften des Korns feststelen soll, mit einer Schadenersatzklage. Auch andere Kritiker der geplanten Freilandtests auf einer Fläche von rund 700 Quadratmetern erheben ihre Stimme.
Feinhals nennt acht Bienenvölker sein Eigen. Die Jungvölker stehen nach seinen Angaben nur 300 Meter vom Versuchsfeld entfernt, andere Bienenstöcke gut anderthalb Kilometer. Da die Insekten im Umkreis von rund drei Kilometern unterwegs sind, werden sie auch auf dem Gen-Maisfeld nach Nektar und Pollen suchen. Genau das kann Feinhals aber nicht gebrauchen. Denn er stellt Honig nach den Richtlinien von Bioland her. Der Verband wiederum zieht regelmäßig Proben und prüft, ob die angelieferte Ware seinen Vorgaben entspricht. Sobald Bioland Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen findet, wird der Honig unverkäuflich, wie der Hobby-Imker zu bedenken gibt. Bioland steht schließlich für gentechnikfreie Landwirtschaft, wie auf der Internetseite des Verbandes nachzulesen ist.

Pflanzen resistent gegen Schädling
Nun wäre der wirtschaftliche Schaden, den Feinhals zu tragen hätte, überschaubar. Auf rund 500 Euro im Jahr beziffert der Zahnarzt aus der Gießener Kreisgemeinde Wettenberg die Erlöse mit Honig. Doch steht er nicht einsam dar. Alleine in Wettenberg müssten acht Imker befürchten, dass sich Gen-Maispollen in ihrem Honig wiederfinden werden. Angesichts dessen hat die Kreisimkerschaft am Sonntag eine Resolution gegen die Versuche mit diesen Pflanzen verabschiedet, wie er berichtete. Zudem verweist Feinhals auf mögliche Nachteile zu Lasten von Maisbauern. Es sei nicht auszuschließen, dass sich Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen mit herkömmlichem Mais kreuzen und neue Mischformen entstehen werden.
Nun haben sich die Gießener Pflanzenbauexperten um Friedt nach Angaben der Universität mit dem Bundessortenamt geeinigt, die mänlichen Blütenstände der gentechnisch veränderten Pflanzen zu entfernen - ein Vorgang, der in der Fachsprache „Kastration“ genannt wird. Doch das genügt Kritikern wie Feinhals nicht. Denn sie glauben nicht, dass im Zuge dessen ungewollte Auskreuzungen tatsächlich wirksam unterbunden werden könnten. Außerdem sei unklar, inwieweit Bienen unter dem Gen-Mais der Variante Mon 810 von Monsanto leiden werden. Diese Variante ist aufgrund eines giftigen Stoffes, die der Mais erzeugt, gegen den Schädling Maiszünsler resistent. Diese nach Angaben der Universität Gießen von der Europäischen Union schon genehmigte Eigenschaft erlaubt es, auf chemischen Pflanzenschutz zu verzichten.

„Sie sollen die Versuche in der Halle machen“
Gegner führen eine Studie aus den Vereinigten Staaten an, nach der außer dem Maiszünsler auch andere Insekten geschädigt würden. Im Gegensatz zur Medizin, in der Gentechnik ihre Bedeutung habe und in der entsprechende Versuche im Zweifelsfall abgebrochen werden könnten, kann der Flug von Gen-Maispollen nicht rückgängig gemacht werden, wie der Hobby-Imker meint. Er fordert deshalb von Pflanzenbauexperte Friedt und dessen Forscherkollegen: „Sie sollen die Versuche in der Halle machen.“
Solche Vorschläge weist Friedt jedoch zurück. „Das ist völliger Unsinn, denn wir müssen ja unter Freilandbedingungen prüfen.“ Aus seiner Sicht kommen die Uni-Forscher den Kritikern schon durch die „Kastration“ der männlichen Blütenstände entgegen. „Dadurch wird auf jeden Fall sichergestellt, dass kein Pollen mehr freigegeben wird“, hebt Friedt hervor. Doch ist er sich bewusst, eingefleischte Gegner der sogenannten grünen Gentechnik mit solchen Hinweisen nicht zu überzeugen: „Einer hat mir gesagt: Das ist der Einstieg in die industrielle Landwirtschaft, und das muss verhindert werden.“Wie weit der Protest gehen kann, hat Friedt in den neunziger Jahren gemerkt. Seinerzeit versuchte er im Auftrag der EU auf einem Gut der Universität gentechnisch veränderten Raps anzubauen und den Bürgern näherzubringen - drei Jahre hintereinander wurde das Feld zerstört. Erst im Juli 2006 wurde auf einem Gelände der Universität ein Feld mit genmanipulierter Gerste verwüstet. Auch beim neuen Feldversuch, für den das Amt rund 10 000 Euro zahlt, rechnet Friedt mit Übergriffen.


Aus dem Gießener Anzeiger vom 23.3.2007 (rechts: Anzeiger 24.3.2007 zum gleichen Thema)
Wie bereits im Bauausschuss kam es zu keiner Aussprache über die Vorlage der SPD in Zusammenhang mit der von Wissenschaftlern der Universität geplanten Aussaat gentechnisch veränderter Pflanzen. In dem Antrag sollte das Parlament aufgefordert werden, seinen einstimmig gefassten Beschluss vom 16. November 2006 gegen die Freisetzung gentechnisch manipulierter Pflanzen aus kommerziellen Gründen zu bekräftigen. Dr. Wolfgang Deetjen (Grüne) beantragte für die Koalition die "Nichtbefasssung" des Antrags. "Der Antrag ist überflüssig. Außerdem ist er nicht so umfassend wie der Antrag vom November", erklärte der Grünen-Fraktionsvorsitzende. Nach einer von Dietlind Grabe-Bolz beantragten Einberufung des Ältestensrats, verkündete Stadtverordnetenvorsteher Dieter Gail (CDU), dass es sich bei dem Antrag von Deetjen um einen "Antrag im Rahmen der Geschäftsordnung handelt und von daher eine Aussprache zur Sache nicht vorgesehen ist". Ein sichtlich verärgerter Gerhard Merz (SPD) sprach angesichts der "sang- und klanglosen Absetzung eines von der Opposition ordnungsgemäß beantragten Tagesordnungspunktes" von einem "politisch einzigartigen Vorgang". Der Koalition warf Merz vor, das Mittel der Absetzung aus sehr durchsichtigen Gründen zu wählen. "Sie wählen es, weil sie sonst die zahllosen und brisanten politischen Widersprüche in der Frage der Gentechnik allgemein und in der Frage des konkreten Gentechnik-Versuchs hier in Gießen in ihren eigenen Reihen nicht mehr unter Kontrolle bekommen würden."
Kommentar: Diese Grünen sind Teil des Bündenisses gegen Gentechnik - kein Wunder, dass da außer sehr soften Aktiönchen nichts rauskommt. Widerständigkeit gibt es dort nicht.

Die Uni-Leitung verweigerte sich öffentlichen Veranstaltungen, die nicht von Stadt/Uni selbst veranstaltet und dann einseitig nur mit BefürworterInnen besetzt werden ... Aus dem Gießener Anzeiger, 24.3.2007
Linke: Uni nicht gesprächsbereit
GIESSEN (rsh). Die Fraktion der Linken wirft der Universitätsleitung fehlende Gesprächsbereitschaft über den geplanten Anbau von Gen-Mais vor. Ausschlaggebend für die scharfe Kritik der Linken sei die Weigerung der Universitätsleitung die Anfrage für eine Podiumsdiskussion Ende März überhaupt zu beantworten, heißt es in einer Pressemitteilung. "Weder Uni-Präsident Prof. Stefan Hormuth noch sein Vize Prof. Karl-Heinz Kogel sind bereit, sich in einer für die nächste Woche geplanten Veranstaltung der Kritik an dem geplanten Anbau von Gen-Mais zu stellen", erklärte Michael Janitzki, Fraktionsvorsitzender der Linken im Stadtparlament. Seit Freitag voriger Woche liege dem Präsidium eine schriftliche Einladung vor, doch halte man es dort offensichtlich nicht einmal für nötig, zu reagieren. Der Trägerkreis der Podiumsdiskussion sei ein Bündnis aus studentischen Gruppen, der Bürgerliste, der Linken, den Grünen und dem BUND.

Da ist ein doppelter Kommentar naheliegend. Der erste geht Richtung Uni. Deren Spiel ist schlicht widerlich. Während vor allem die Kommunikationexperten wie Kogel oder Hormuth Offenheit heucheln, wird hinter dem Rücken gemauschelt, was das Zeug hält. Nun verweigern sie sich auch offiziell - immerhin ehrlicher. Zum zweiten ist auch das Verhalten des genkritischen Bündnisses peinlich. Wenn der Gegner den offenen Kampf scheut, diesen auch selbst einzustellen, ist eher eine Lehrstunde für die Uni-Chefs, dass ein solches Bündnis nicht ernstzunehmen ist. Das aber ist ohnehin schon länger zweifelhaft. Linke, BUND, studentische Gruppen & Co. stehen der Stadtregierung viel näher als Anti-Gentechnik-Gruppen. Alle im Bündnis benannten Gruppen geben z.B. diese Internetseiten nicht an andere weiter - weil sie die dahinter vermuteten Personen zu radikal finden. Da es aber keine andere Internetseite gibt, handeln sie nach der Devise: Lieber keine Infos weitergeben und die Menschen vom Wissen abschneiden als irgendwelche Links angeben, die mensch nicht selbst kontrolliert. Emanzipatorisch ist das nicht. Dass das Bündnis sich einerseits von den einzigen Gruppen distanziert, die seit Beginn der seltsamen Versuche 2006 konsequent gegen diese agiert, andererseits aber mit höchst zwielichtigen Teilen der Stadtregierung wie den Grünen zusammenhängt, lässt deutliche Zweifel aufkommen, ob diese Runde überhaupt gewillt ist, Widerstand zu entwickeln. In der Lage ist sie auf keinen Fall. Wer nicht will, dass Gießen zu einer der Hauptstädte des Gentechnik-Profitwahns in der Republik will, sollte selbst handeln. Weder auf Uni noch auf die Stadt noch auf dieses seltsam regierungsnahe Pseudo-Protestbündnis kann mensch sich verlassen, wenn es um konkrete Veränderung geht. Das gilt sicherlich nicht nur für das Thema Gentechnik ...

Am 27.3.2007 veröffentliche der Gießener Anzeiger die Ankündigung von Prof. Kogel, das Gengerste-Feld wieder anlegen zu wollen. Siehe auf der Seite zum Gengerstefeld ...

Links: Gießener Allgemeine zur Aussaat auf dem Gengerstefeld am 29.3.2007 (S. 25) ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken

Gießener Anzeiger, 2.4.2007
Aussaat von Gen-Mais steht kurz bevor
Etwa 20 Mitglieder des Aktionsbündnisses gegen Gentechnik besuchen Versuchsfeld
GIESSEN (fod). Trotz herrlichstem Frühlingswetter hatten die etwa 20 Mitglieder des Gießener Aktionsbündnisses gegen Gentechnik, die gestern einen Spaziergang rund um das Versuchsfeld der Justus-Liebig-Universität (JLU) an der Weilburger Grenze unternahmen, weniger die Schönheiten der Natur im Sinn. Wie an den drei vorhergehenden Sonntagen, die man gemeinsam hierher kam, interessierte vielmehr die Frage, wie weit die Vorbereitungen der Agrarwissenschaftler der JLU vorangeschritten sind, die in diesem Gebiet im Zeitraum Mitte April bis Anfang Mai auf einer 700 Quadratmeter großen Fläche gentechnisch vorbehandelten Mais aussäen wollen. Die Protestler waren dabei nicht alleine, denn während ihres fast zweistündigen Rundgangs wurden sie von zwei Polizeibeamten beobachtet, wenn auch letztere trotz mehrfachen Standortwechsels mit ihrem Wagen immer in diskreter Entfernung blieben. Das Bild spiegelte sehr gut die Situation wider, in der sich Versuchsbefürworter und -gegner gegenseitig belauern, auch wenn die Ordnungshüter hier nur ihren Dienst versahen.
Dazu passte auch der Wunsch der Spaziergänger, nicht namentlich genannt zu werden. "Wenn man sich zum Sprecher macht, wird man gleich kriminalisiert", begründete ein junger Mann die Entscheidung. Was die bevorstehende Aussaat des Genmaises anging, hielt man sich jedoch mit Kritik nicht zurück. So machte ein Aktivist darauf aufmerksam, dass laut einer Umfrage 80 Prozent aller Bundesbürger genmanipulierte Nahrungsmittel ablehnen, zwei Drittel aller europäischen Landwirte seien zudem gegen solche Feldversuche. "Das hier ist Monopolwirtschaft", lautete sein Vorwurf, womit er den Weltkonzern Monsanto meinte, der den Mais liefern wird. Einen wirklichen Nutzen für die Bevölkerung sah dagegen keiner der Gentechnik-Gegner. Stattdessen nannte man Beispiele aus anderen Ländern, wo Saatgut dieses Konzerns zu Missernten geführt oder Bauern in die Abhängigkeit getrieben hätte.
Auch in Sachen Sicherheit misstraute man den Wissenschaftlern und empfand die vorgesehenen Schutzmaßnahmen für umliegende Acker- und Wohnflächen - die Weststadt ist nur rund 200 Meter vom Versuchsfeld entfernt - als zu lasch. "Ein unabhängiges Labor sollte beauftragt werden, regelmäßig Bodenproben zu nehmen", schlug eine junge Frau daher vor.


Presseartikel zur Veranstaltung der Uni Gießen im Wilhelm-Liebknecht-Haus am 17.04.2007 (Internet-Versionen)
Gießener Anzeiger 19.04.2007
Über Versuch mit Gen-Mais
Unverständnis in eigenen Reihen

Agrarwissenschaftler Leitholt bezweifelt bei Info-Veranstaltung wissenschaftlichen Nutzen
GIESSEN (tt). Die Kritik kam aus den eigenen Reihen. „Mir erschließt sich einfach der wissenschaftliche Nutzen nicht“, formulierte Günter Leitholt, Professor für Organischen Landbau am Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung II der Justus-Liebig-Universität (JLU), an die Adresse seines Kollegen Prof. Wolfgang Friedt im überfüllten Wilhelm-Liebknecht-Haus. Dorthin hatten Stadt und Hochschule eingeladen, um unter der Leitung des Wissenschaftsjournalisten Utz Thimm über den in wenigen Tagen geplanten Freilandversuch mit gentechnisch veränderten MON-810-Mais des US-amerikanischen Saatgutherstellers Monsanto an der Weilburger Grenze im Westen der Stadt zu informieren. Wie Friedt, der die wissenschaftliche Leitung des Projekts inne hat, erläuterte, nehme sein Institut die Aussaat im Auftrag des Bundessortenamtes vor. Bei dem Projekt gehe es darum, festzustellen, ob gentechnisch veränderter Mais ertragreicher als die herkömmlichen Sorten sei. Dazu wird dem Mais ein spezielles Gen übertragen, das wiederum einen Wirkstoff freisetzt und gezielt die Larven des Maiszünslers tötet. Dieser Schmetterling kommt nach Friedts Angaben auch zunehmend in Hessen vor. Friedt weiter: „Es gibt Ziele, die lassen sich auf herkömmlichem Wege nicht erreichen.“ Bereits heute komme man in der Forschung ohne Gentechnik nicht weiter. Mit deren Einsatz lasse sich die Nahrungsqualität verbessern. JLU-Präsident Prof. Stefan Hormuth verteidigte die Genehmigung des Versuchs. „Sortenprüfungen spielen seit Jahrzehnten eine wichtige Rolle für den Fachbereich.“ Großen Wert legte er auf die Feststellung, dass das Projekt in der Verantwortung des Bundessortenamtes liege. „Die Sortenprüfung ist ein wichtiger Bestandteil der Lehre.“ Hätte die Universität die Durchführung abgelehnt, „hätten wir eine Bundesbehörde an der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Aufgabe gehindert“. Bei der Abwägung der Hochschulleitung habe der Beschluss des Stadtparlaments vom 16. November 2006, in dem die Mandatsträger sich gegen einem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen aus kommerziellen Gründen auf dem Gebiet der Stadt ausgesprochen hatten, sehr wohl eine Rolle gespielt. „Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht“, wies Hormuth den Vorwürfe zurück, die Universität setze den Versuch gegen den Willen der Bevölkerung durch. Dr. Ralph Büchler vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen fasste die Sorgen der Imker zusammen. Diese gelten vor allem der Wertigkeit des Honigs aus Verbrauchersicht. Auch, wenn es bisher keine wissenschaftlich haltbaren Belege gebe, nach denen es durch den Einsatz von Gentechnik zu negativen Veränderungen bei Bienenvölkern gekommen sei, wollte Büchler nicht gänzlich ausschließen, dass Maispollen in den Honig gelangen können. Nach Aussage von Dr. Jörg Romeis von der Forschungsanstalt Reckenholz (Schweiz) zielt die von Friedt und seinem Team angewendete Technik ausschließlich auf Schmetterlinge ab. Er wolle einen Gegenpol bilden zu einer mehrheitlich positiven Sichtweise, verkündete Michael Rothkegel, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) Hessen, in Anspielung auf die Besetzung des Podiums. Die Aussage, das gegen den Maiszünsler eingesetzte Gift wirke nur gegen Schmetterlinge, sei nachweislich falsch. Es gebe durchaus Möglichkeiten, den Schädling mit Maßnahmen des Pflanzenbaus zu bekämpfen. Auch hätte die Hochschule den Versuch ablehnen können. Rothkegel beklagte darüber hinaus eine Monopolsituation. „90 Prozent des gesamten gentechnisch hergestellten Saatguts stammt von Monsanto.“ Scharfe Kritik übte Michael Janitzki, Stadtverordneter der Linken, an der Haltung der Hochschule. Es sei seines Wissens das erste Mal, dass ein Stadtparlament gesagt habe, „wir wollen diesen Versuch nicht“. Janitzki: „Man muss respektieren, dass diese Ängste da sind.“ Doch die JLU habe sich einfach darüber hinweggesetzt. Prof. Günter Leitholt bekräftigte derweil sein Unverständnis über das Vorhaben: „Ich kann nicht verstehen, warum wir uns zum 400. Geburtstag der Universität diese Aufgabe aufladen.“


Gießener Allgemeine Zeitung/Stadt Gießen 19.4.2007 ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken
Uni hält an umstrittenem Feldversuch mit Genmais fest
Die Justus-Liebig-Universität steht nach wie vor hinter dem Freilandversuch mit gentechnisch verändertem Mais, den das Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung im Auftrag des Bundessortenamtes auf einem Feld in der äußersten Weststadt durchführt. Die Entscheidung sei nach sorgfältiger Prüfung gerade der Sicherheitsfragen getroffen worden. Sie habe die Belange von Forschung und Lehre, aber auch die langjährige gute Zusammenarbeit mit der Bundesbehörde berücksichtigt, sagte JLU-Präsident Prof. Stefan Hormuth am Dienstagabend bei einer von Hochschule und Stadt ausgerichteten Podiumsdiskussion, die wegen der Nähe zum Versuchsfeld im Wilhelm-Liebknecht-Haus im Leimenkauter Weg stattfand. Rund 100 Zuhörer verfolgten die zweistündige Veranstaltung, etliche beteiligten sich mit sachkundigen Beiträgen. Bis zum Schluss blieb das Niveau beachtlich, obwohl sich Befürworter und Gegner in bekannten Fronten gegenüberstanden.
  • Weiterer Text in Gießener Allgemeine zu kritischer Podiumsdiskussion (siehe rechts) 20.4.2007 ++ ganzer Artikel: Auf Bild klicken

Text in Neues Deutschland, 23.04.07
Die Scheuklappen des Markts
Genmaisversuch an der Universität Gießen stößt auf breiten Protest Von Birgit von Criegern In Gießen soll in diesen Tagen ein Freilandversuch der Justus-Liebig-Universität mit Gentech-Mais beginnen. Seit seiner Ankündigung im Februar ruft das Projekt bei Landwirten und Naturschutzverbänden Protest hervor. Das rot-grüne Stadtparlament lehnte in einer entsprechenden Erklärung den Versuchsanbau ab.
Im Rahmen regelmäßig durchgeführter Wertprüfung, die vom Bundessortenamt in Auftrag gegeben wird, sollen vom Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Universität Gießen acht genmanipulierte Maissorten ausgepflanzt werden. Diese sind so verändert, dass sie das Gift der Mikrobe Bacillus thuringiensis (BT) produzieren. Zu den Anbietern der entsprechenden Sorten gehört der Weltkonzern Monsanto. Die Umweltverbände BUND und NABU haben große Bedenken wegen möglicher negativer Wirkungen des ständig von der Pflanze produzierten Gifts auf die Umwelt.
Bei einem Podiumsgespräch in Gießen sollte dieser Tage von Uni-Seite öffentlich über den anstehenden Versuch informiert werden. Rund 60 BürgerInnen fanden sich ein. Deutlich wurde in dem Gespräch, an dem auch der Landesvorsitzende des BUND, Michael Rothkegel, teilnahm, die Uneinigkeit der Beteiligten. Landwirte kritisierten die ungeklärten Risiken der Pollenverbreitung auf Nachbarfelder. Diese Bedenken teilte der betreuende Versuchsleiter vom Institut für Pflanzenzüchtung, Wolfgang Friedt, nicht. Denn bei dem Versuch sollen die männlichen Blütenstände der Pflanzen entfernt werden, um eine Pollenverbreitung zu verhindern. Gentechnik-Gegnerin Simone Ott ist dennoch skeptisch: "Im Wesen des Versuchs liegt die Prüfung der Maissorten für spätere Züchtung. Im zukünftigen Gebrauch der Firmen wird dann von einer Kastration der Pflanzen nicht mehr die Rede sein." Die Aktivistin nimmt an "Protestspaziergängen" teil, die seit März jeden Sonntag am Versuchsfeld entlang geführt werden. BUND-Vertreter Rothkegel kritisierte überdies den Versuchsaufbau: Der von Friedt als ausreichend bezeichnete Sicherheitsabstand der Felder von 50 Metern biete keine sichere Gewähr gegen Kontamination. Rothkegels Eindruck von der Info-Veranstaltung: "Man erteilt den BürgerInnen hier bewusst Falschinformationen." Eine Koexistenz von Gen-Feldern und naturbelassenen Feldern könne es nicht geben. Mittelfristig sei eine "schleichende Kontamination" herkömmlicher Saaten absehbar. Zudem bemängelte Rothkegel: "Die Auswirkung (des BT-Gifts) auf Boden und Tiere ist noch ungeklärt ebenso wie die Verträglichkeit für den Verbraucher. Hierzu müssten erst noch Langzeitstudien erfolgen. Die sind allerdings nicht Teil des geplanten Versuchs." Der Uni-Leitung überreichte der Naturschützer 700 Unterschriften gegen einen geplanten zweiten Versuch mit Gen-Mais.
Institutsvertreter Friedt wiederum kritisierte gegenüber ND das klare Nein des Stadtparlaments zu den Versuchen: "Es ist bedauerlich, dass Parteipolitik sich hinderlich auf unsere Wissenschaftstätigkeit auswirkt." Der Pflanzenzüchter verwies auf seine langjährige Verpflichtung gegenüber dem Bundessortenamt. Die Fälle von Pollenverbreitung genveränderter Rapspflanzen, die aus den USA und Kanada dokumentiert sind – bekannt wurde z.B. der Fall des Landwirts Percy Schmeiser, der zu Zahlungen an Monsanto verpflichtet wurde, nachdem Gentech-Pollen von Feldern mit Monsanto-Raps auf sein eigenes Feld gerieten – weist Friedt als "zweifelhaft" zurück. Maßgeblich sei, so Friedt, im Gegenteil die marktbeherrschende Rolle des Monsanto-Konzerns, insbesondere nach der Fusion mit BASF – ein standortwirtschaftliches Denken, das ihm die scharfe Kritik des Uni-Asta sicherte.

  • Dramatische Entwicklung: Am 27.4.2007 wird der Firma Monsanto mitgeteilt, dass der MON810-Mais verboten worden ist. Das Verbot stammt aber schon vom 17.10.2006, weil dort die vorläufige Genehmigung ablief. Das Ministerium zögerte aber alles bis nach der Aussaat heraus. Die Uni Gießen ließ am 23.4. aussäen. Zufall?
    Alle Infos zu dem Skandal und Presseveröffentlichungen zu diesem Thema auf der Spezialseite zum Maisfeld ...

Landwirt scheitert mit Klage, Konzerne haften für Schäden ihrer Produkte nur, wenn ihnen Fehler auch nachgewiesen werden können ...
Bericht im Gießener Anzeiger, 15.5.2007
Zunächst sei eine Haftung auf Grund des Gentechnikgesetzes schon deswegen ausgeschlossen gewesen, weil das Inverkehrbringen des gentechnisch veränderten Saatgutes rechtmäßig erfolgt sei. Für eine Haftung habe es nach Auffassung der Kammer an der erforderlichen Pflichtverletzung durch die Beklagte gefehlt. Dafür, dass der Firma bei der Entwicklung des Saatgutes ein Fehler unterlaufen sei, habe der Landwirt nichts Belastbares vorgetragen. Die Dritte Zivilkammer habe klargestellt, dass entscheidender Maßstab der Stand von Wissenschaft und Technik zum Zeitpunkt der Entwicklung des Produkts sei, nicht aber die heutige Perspektive.

Die Grüne Jugend (die Partei ist in Gießen selbst an der Regierung, aber da völlig untätig) schreiben einen Brief an den Uni-Präsidenten und flehen ihn an, doch freiwillig aufzuhören mit dem Maisversuch (der Gersteversuch ist längst vergessen ...), siehe u.a. Gießener Anzeiger vom 19.5.2007 (ähnliche Texte in FR und Gießener Allgemeine am 16.5.2007, S. 31 siehe links). Auszüge:
Wenn eine Studie des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zum Ergebnis komme, dass der Anbau von MON-810 eine Gefahr für die Umwelt sein könne und damit die weitere Verwendung dieser Maissorte im regulären Anbau nicht mehr in Frage komme, könne die JLU dies nicht ignorieren.
Erstens sei die Fortsetzung der Wertprüfungen auf dem Versuchsfeld an der Weilburger Grenze im Westen der Stadt sinnlos, da sie ihren entscheidenden Zweck, - "die Feststellung der wesentlichen Anbau- und Verwertungseigenschaften" - verloren habe. Zweitens ist der weitere Versuchsanbau nach Biens Aussage gefährlich, da der zu prüfende Gen-Mais die gleichen umweltgefährdenden Eigenschaften aufweist, wie das von Minister Seehofer aus dem Verkehr gezogene Getreide. Drittens könne die Universität ihrer wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Verantwortung nur gerecht werden, wenn sie die von Kritikerseite schon lange vorgebrachten und durch die neue Studie des Bundesamtes für Verbraucherschutz bestätigten Argumente für die Gefährlichkeit gentechnisch veränderter Maissorten jetzt in ihre Überlegungen ernsthaft einbeziehe.
Bereits Anfang der Woche hatte jedoch JLU-Präsident Hormuth einen Abbruch des Versuchs abgelehnt, weil die Universität keinen Grund sehe, die Sortenwertprüfung von gentechnisch verändertem Mais im Westen der Stadt nicht fortzuführen. "Die von der Universität getroffenen Sicherheitsmaßnahmen befinden sich in völliger Übereinstimmung mit den Erkenntnissen der Studie", sagte Hormuth mit Blick auf ein Papier aus dem Ministerium. Danach gäben neue wissenschaftliche Erkenntnisse "berechtigten Grund zu der Annahme geben, dass der Anbau von MON-810 eine Gefahr für die Umwelt darstellt". Bereits ausgebrachtes Saatgut sei von der von Seehofer verhängten Regelung zudem nicht betroffen.

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