Verkehrsplanung hieß bislang: Auf die prognostizierten Anforderungen des Autoverkehrs und seine rasante Zunahme mit quantitativen Mitteln reagieren:
Straßenverbreiterungen, zusätzliche Straßen, Verflüssigung durch Grüne Wellen, Straßenbegradigungen usw. Die Folgen: Die Prognosen erfüllten sich selbst. Die Untauglichkeit dieses rein verkehrstechnischen Ansatzes zeigt sich spätestens seit den zunehmenden Staus und täglichen Infarkten der Kommunen: Ein aussichtsloser Wettlauf wie zwischen Hase und Igel.
Allmählich scheint sich ein neuer Ansatz durchzusetzen: Den immensen Verkehrsproblemen mit qualitativen Maßnahmen zu begegnen. Die Aufgabenstellung lautet nun, in jedem Einzelfall zu klären, welche Verkehrsarten, welcher Verkehrsträger und welche Verkehrsmittel können welche Verkehrsbedürfnisse jeweils am umwelt- und sozialverträglichsten abwickeln. Und: Kann ein Transport nicht unterbleiben oder durch weniger aufwendige Kommunikation ersetzt werden - Intelligenz statt PS, Regeln statt Bauen.
Verkehrsplanung geht bislang durchweg eindimensional und schematisch vor: Unter Ausblendung der vielfältigen Wechselbezüge wird versucht, Verkehrsproblemen mittels einer Generallösung beizukommen. Folgerichtig wurde jeweils ein einziges Verkehrssystem geplant, gefördert, finanziert, optimiert und gebaut - selbstverständlich war dies überwiegend das Auto. Doch auch der Öffentlichen Nahverkehr wurde so behandelt - einseitig wurden hochtechnisierte und extrem teure Stadtbahnsysteme auf Kosten der Bedienung der Fläche gefördert. Diesen Ansatz versuchen Verkehrspolitiker (Bundesverkehrswegeplan) und Automobilhersteller (Leitsysteme) unverändert beizubehalten. Doch immer mehr setzt sich die Erkenntnis durch, daß die sich als Verkehrsbedürfnisse darstellenden Probleme außerordentlich komplex sind und entsprechend differenziert angegangen werden müssen. Nicht die Entwicklung neuer und teurer Technik ist gefragt, sondern die kurzfristige und situationsangepaßte Umsetzung der breiten Skala bekannter Verbesserungsmöglichkeiten. Motto: Viele kleine einzelne Maßnahmen wirken zusammen. Dabei Einbeziehung auch von Bereichen außerhalb des Verkehrssektors, die Verkehrsmenge und Verkehrsart beeinflussen: Siedlungsstruktur, Produktionsweisen, Steuergesetzgebung, Ordnungsrecht usw.
Neue Kriterien: Wieviel Autos braucht und verkraftet die Stadt
Wenn sich die Stadtentwicklung nicht länger an der Entwicklung des Kraftfahrzeugverkehrs orientiert, könnte der bisherige Grundsatz von der Priorität des Autoverkehrs aufgehoben werden. Neue Kriterien für eine städtebaulich verträgliche Verkehrsbelastung als künftige Standards der Stadtverkehrsplanung: Wieviel Autos verkraftet eine Stadt, eine Straße, ein Quartier. Also Anpassung des Verkehrs nach Art und Umfang an die Städte, ihre Straßen- und Platzräume und die Bedürfnisse der dort lebenden und arbeitenden Menschen.