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JEDEN TAG AN JEDEM ORT

Juden in Osthessen


1. "Dramatisierung fehl am Platze ..."? - Zum Beispiel: Antisemitismus
2. Juden in Osthessen
3. Schändung jüdischer Einrichtungen
4. "Für Landfahrer verboten"- Zum Beispiel: Sinti/Roma in Bad Hersfeld
5. Die Geschichte des A. Sis - Zum Beispiel Abschiebung

Zunächst einmal einige allgemeine Worte über das jüdische Leben in der Region: In Bad Hersfeld und dem Kreis Hersfeld-Rotenburg gibt es seit dem Zweiten Weltkrieg kein jüdisches Leben mehr - einzig Gedenktafeln, Friedhöfe und ehemalige Synagogen legen sichtbare Zeugnisse jüdischer Geschichte ab.[4] In Fulda entwickelte sich nach dem Krieg ein neues Gemeindeleben, in erster Linie durch Überlebende der Konzentrationslager, die als sogenannte "Displaced Persons" auf Papiere zur Auswanderung warteten, jedoch nicht alle auswandern konnten. Heutiges Zentrum der Jüdischen Gemeinde ist eine ehemalige Jüdische Schule, die, zwischenzeitlich als Schule und später als Lagerraum benutzt, im Frühjahr 1987 restauriert wurde und im Beisein von mehr als 300 ehemaligen jüdischen und nichtjüdischen Bürgern und Bürgerinnen am 27. Mai 1987 als Jüdisches Kulturzentrum eingeweiht wurde.[5]

"Die heutige Jüdische Gemeinde in Fulda sieht sich als Nachfolgerin der zerstörten, sehr orthodoxen Jüdischen Gemeinde Fulda und kann deswegen als konservativ angesehen werden", erläutert Linde-Leah Weiland. "Im Umkreis von ca. 40 Kilometern leben ungefähr 250 Menschen jüdischen Glaubens". Zudem bestehe die Gemeinde fast ausschließlich aus ZuwanderInnen aus der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS), die "meist völlig areligiös aufgewachsen sind und hier erst wieder etwas über ihre Religion erfahren", erklärt sie. Deshalb seien sie auch besonders anfällig für Missionierungen aller Art. Sie könnten sich zudem nicht gegen antisemitische Äußerungen zur Wehr setzen, da sie eben noch zu wenig [über ihren Glauben] wüßten. Über antisemitische Vorfälle, die gegen sie persönlich gerichtet waren, erzählt die gläubige Jüdin, die als Historikerin arbeitet: "Die Vorurteile, die mir wegen meines Glaubens begegnen, sind so vielfältig und mittlerweile alltäglich, daß sie zu meinem Leben gehören. Größere Ausfälle antisemitischer Art sind, gegen mich persönlich gerichtet, seltener und subtiler, dann meist auch indirekt, was immer auf die Feigheit des Aggressors zurückzuführen ist. Verbale Anschuldigungen kommen meist 'gut verpackt' als angeblich prosemitische Äußerungen rüber. Wenn zum Beispiel jemand besonders nett zu mir sein will, kommt oft die Äußerung: 'Nicht wahr, die Juden sind ja so gescheit, alle sind mindestens Rechtsanwälte und Ärzte, nicht wahr?' Erst nach einem Nachhaken kommt dann die Entrüstung: 'Nein, in unserem Dorf waren alle Juden Handelsjuden, kleine Überlandhändler oder Viehhändler.' Mir begegnen Vorurteile sowohl im Privatleben wie auch im öffentlichen Bereich, wobei die antisemitischen Tendenzen in den Medien oft nur für 'Insider' bemerkbar sind." Als Beispiel führt sie die Berichterstattung in den deutschen Medien über den Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, an. Auch Wolfgang Benz, Leiter des "Zentrums für Antisemitismusforschung" an der Technische Universtiät Berlin greift dieses Beispiel in der Einleitung eines Buches über aktuellen Antisemitismus in Deutschland auf. [6] So schreibt er: "Der Vorschlag, Ignatz Bubis, den Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, zum Bundespräsidenten zu wählen, war journalistisches Feuerwerk, veranstaltet von einer Wochenzeitung mit dem Bemühen, sich beim Publikum durchzusetzen. Leser gingen mit großem Ernst und beträchtlicher Wut darauf ein. Manche versuchten sich in Ironie ('Es war jedesmal mit hohen Unkosten und Zahlungen verbunden, wenn führende Politiker zur Einholung von Direktiven nach Jerusalem reisen mußten'). Andere machten sich mit Schmähungen Luft (Ein Volk, das auftragsgemäß die Juden fast vernichtete, soll nun sein Glück durch einen fetten Geld-Juden finden)."

Andere Beispiele für Antisemitismus oder Vorurteile gegenüber Juden lassen sich überall finden: Da bezeichnet der Dominikaner-Pater Heinrich Basilius Streithofen zum Beispiel beim Neujahrsempfang der Bad Hersfelder CDU im Jahr 1991 Geldforderungen von Polen und Israel an Deutschland als "unverschämt". [7] 1994 wird gegen ihn wegen einer ähnlichen Aussage, nämlich daß Polen und Juden die "größten Ausbeuter des deutschen Steuerzahlers" wären, von der Staatsanwaltschaft Osnabrück Anklage wegen Beleidigung erhoben.[8]

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