Martin Luther

BOLO'BOLO (AUSZÜGE)

Substruktion


1. Der grosse Kater
2. Die drei Grundbestandteile der Maschine
3. Drei Deals in Krise
4. Der A-Deal: enttäuscht vom Konsum
5. Der B-Deal: frustriert vom Sozialismus
6. Der C-Deal: genug von der Entwicklung des Elends
7. Der Bankrott der Realpolitik
8. Die Schattenwirklichkeit
9. Substruktion
10. Dysko
11. Triko ... und: bolo'bolo - Grundrisse für ein Projekt
12. Fahrplan
13. ibu
14. bolo
15. sila
16. taku
17. kana
18. nima
19. kodu
20. yalu
21. sibi
22. pali
23. sufu
24. gano
25. bete
26. nugo
27. pili
28. kene
29. tega
30. fudo
31. sumi
32. asa
33. buni
34. mafa
35. feno
36. sadi
37. fasi
38. yaka
39. Anmerkungen
40. Sechs Jahre bolo'bolo
41. Abfahrt

Wie kann sich die Schattenwirklichkeit gegen die Maschine durchsetzen? Wie können wir die Maschine lähmen, demontieren und gleichzeitig eine neue Wirklichkeit schaffen? Wie müssen Kämpfe beschaffen sein, die nicht einfach wieder zu Antriebskräften der Maschine selbst werden? Ihren negativen Aspekt können wir als Subversion bezeichnen. Das bedeutet, dass wir die Maschine von innen heraus zerstören. Subversion allein fällt jedoch immer wieder in sich zusammen, wenn nicht zugleich die neuen Lebensformen praktisch entwickelt werden. Der Raum, den die Subversion schafft, muss von unseren Konstruktionen sofort besetzt werden. Zerstörung und Kreativität müssen im selben Prozess vereinigt werden, den wir Substruktion nennen können. Wo die Wirklichkeit der Maschine zerbricht, muss die Schattenwirklichkeit durchschlüpfen.

Was die Subversion betrifft, so können wir aus den reichen Erfahrungen der Kämpfe gegen die Maschine schöpfen. Jede Funktion, jeder Arbeitertyp, jeder Weltteil, hat besondere Subversionsformen. Ein planetares Subversions-Menu sähe dann etwa so aus:

A.) Dysinformation: Sabotage (Hardware oder Programme), Maschinenzeitdiebstahl (Spiele, eigene Interessen), absichtliche Fehlplanung, Konstruktionsfehler, Indiskretionen (z.B. Ellsberg, der den Watergate-Skandal auslöste), Absprünge (Wissen schaftler, Beamte, Manager), Verrat, Verweigerung der Selektion oder Überwachung (Lehrer, Offiziere), Missmanagement, ideo logische Dissidenz, Fälschungen usw. Die unmittelbare Wirkung kann Sekunden oder Jahre betragen.

B.) Dysproduktion: Leistungszurückhaltung, Qualitätssabotage, Maschinensabotage, Krankfeiern, Diebstahl von Material oder Werkzeugen, Benutzung von Anlagen für eigene Zwecke, Streiks, Arbeitsplatzwechsel, Betriebsversammlungen, Besetzungen, Arbeit nach Vorschrift (z.B. die polnischen Arbeiter und ihre "Schildkrötenstreiks"). Unmittelbare Wirkung: Wochen, Monate.

C.) Ehestreitigkeiten, Scheidungen, Flucht, Gewaltakte, Kra walle, Plünderungen, Strassenblockaden, Haus- und Land be setzungen, Brandstiftungen, Gebärstreik (oder Abtreibungen), Guerillaaktionen usw. (z.B. Sao Paolo Miami, Soweto, El Salvador, Amsterdam/Berlin/Zürich/Brixton) Wirkung kurzfristig: Stunden, Tage (pro "Vorkommnis").

All diese Aktionsformen umfassen destruktive und konstruktive Elemente. A-Sabotage kann ein Programm zerstören; gestohlene Computer oder Programme können wir vielleicht für uns selber konstruktiv benützen. In besetzten Fabriken können gratis Produkte hergestellt werden. Brandstiftungen richten Schaden an, während Plünderungen der Versorgung dienen.

Natürlich haben alle oben aufgezählten Aktionen langfristige Auswirkungen, die über die unmittelbare Dauer ihres Einwirkens hinaus gehen. Jede dieser Subversionsformen kann der Maschine schaden und sie vielleicht vorübergehend erschüttern. Doch jeder Subversionstyp kann neutralisiert werden, wenn die anderen beiden Funktionen weiter bestehen. Ihre Wirkungsweise ist je verschieden, nach Ort und Zeitdauer. Wenn z.B. die Produktion weiter funktioniert, können Schäden, die durch Dysruption entstanden sind, sofort wieder behoben werden. Die Bautrupps rollen an und räumen auf, Scheiben werden ersetzt, Elektrizitätsmasten wieder aufgerichtet, neue Autos produziert. Die Maschine hat sich gegen Dysruption mit Versicherungen, Polizei usw. abgesichert. Umgekehrt sind Streiks schnell niedergeschlagen, wenn keine Strassenblockaden die Streikbrecher oder Polizisten am Anrücken hindern. Ein A-Dissidenter kann noch so viele Programme klauen, es nützt ihm nichts, wenn nicht jemand sie für konkrete Dysruption oder Dysproduktion benützt.

Isolierte Subversionsaktionen sind nicht nur machtlos, die Maschine kann solche Kämpfe geradezu gegeneinander ausspielen, indem sie versucht, sie nach Ort und Zeit zu staffeln. Die B-Arbeiter, die gerade einen Streik mit mässigem Erfolg abgeschlossen haben, fluchen dann z.B. über arbeitslose C-Randalierer, die sie mit einer Strassenblockade daran hindern, wieder pünktlich zur Arbeit zu kommen. Den C-Randalierern geht es vielleicht darum, gegen den Pendlerverkehr zu demonstrieren, der das Leben in ihrem Quartier kaputt macht. Die B-Arbeiter wohnen aber ausserhalb. Oder eine Rüstungsfirma macht Konkurs und muss Arbeiter entlassen, weil A-Arbeiter absichtlich Fehler in die Steuerungsprogramme eingebaut haben. Die Entlassenen demonstrieren dann für ihre Arbeitsplätze ... usw. usf. Die Maschine lässt die Einzelkämpfe der drei Sektoren ins Leere laufen, indem sie richtig dosiert Konzessionen macht oder "überraschend" hart bleibt.

Die partiellen Rebellionen sind das Kontrollmittel und Fieberthermometer der Maschine. Sie zwingen die einzelnen Maschinenfunktionäre zu Phantasie und Dynamik. Sie geben wertvolle Aufschlüsse über Schwachstellen der Maschine, über die Stimmung der Arbeiter und helfen der Maschine, ihren Mechanismus neu einzustellen. Nötigenfalls provoziert sie sogar Konflikte, um herauszufinden, wo sie ihre Kontrolle verbessern muss. Obwohl die Maschinenpolitiker "Ruhe und Ordnung" propagieren, brauchen sie in Wahrheit den permanenten, kontrollierten Konflikt, um ihre Herrschaft zu erhalten.

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