Martin Luther

UMWELT- UND MENSCHENFREUNDLICHE MOBILITÄT

Eine Antriebswende bringt nicht viel - Verkehrswende ist nötig!


1. Was nicht hilft: Elektroautos (E-Autos)
2. Eine Antriebswende bringt nicht viel - Verkehrswende ist nötig!
3. Manches wird sogar schlimmer: Negative Effekte der Antriebswende
4. Reboundeffekte: Die kleinen Vorteile werden wieder aufgefressen
5. Antriebssysteme im Vergleich
6. Ressourcen für Antriebswende fehlen der Verkehrswende
7. Jubelgruppen pro E-Autos
8. Die Autokonzerne und ihre Seilschaften

PKW- und LKW-Verkehr beeinträchtigen das Leben der Menschen und die Umwelt auf vielfältige Weise. Verkehrswende müsste folglich ein Wandel weg von all diesen negativen Wirkungen sein hin zu Verkehrssystemen, die weniger oder keine Schadstoffe ausstoßen, weniger oder keine Fläche verbrauchen, weniger oder keine Verletzten und Toten verursachen, weniger oder gar nicht das Klima belasten, viel leiser sind usw. Doch was passiert? Ständig wird nur über den Austausch der Motoren geredet mit dem Argument, Elektromotoren würden die CO2-Emissionen senken. Das stimmt: Wenn sie aus regenerativ gewonnenen Strom gespeist würden, wären ihre Werte etwas besser als bei Verbrennungsmotoren. Wegen Rebound- und anderen Effekten fällt aber selbst dieser eine Vorteil nur bescheiden aus (siehe nächster Absatz "CO2-Bilanzen - selbst hier gibt es Zweifel"). In allen anderen Punkten helten Elektroantriebe gar nicht. Dennoch sind sie für viele die einzige Stellschraube in der Verkehrswende. Antriebs- und Verkehrswende sind dann das gleiche.

Aus Maria Daskalakis u.a. (2019): "Ländliche Mobilität vernetzen" (S. 25)
Unter dem Begriff »Verkehrswende« werden deshalb derzeit neue Verkehrsdienstleistungen diskutiert, erprobt und umgesetzt. Dies umfasst insbesondere die Bereiche Sharing, Elektromobilität und autonomes Fahren.

Ein typisches Beispiel ist auch die Seite "Pro & Contra: Fakten zur Elektromobilität" des ADAC. Unter dem allgemein klingenden Titel geht es nur um Stromherkunft und Batterieproduktion. Gleiches gilt für den Podcast "Bringen E-Autos was fürs Klima?" der WirtschaftsWoche am 2.11.2021.

Auch die offizielle Politik agiert überwiegend so
Die von Klimaschutzprotesten gestressten Regierungen tricksen, indem sie die (ganz allmähliche) Verschrottung aller PKWs und LKWs mit Verbrennungsmotoren und den millionenfachen Neukauf von PKWs und LKWs mit Elektromotoren als Verkehrswende verkaufen. Die Autolobby und alle Konzerne sind, nach anfänglichem Zögern, inzwischen voll auf diese Linie eingeschwenkt. Und Grüne sowieso etliche NGOs geiern dem, auf der Suche nach einfachen Erfolgsmeldungen, zum Teil nach. Bezeichnend dafür war, dass die "Nationale Plattform Elektromobilität" einfach in "Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität" umbenannt wurde. Das es aber weiter nur um Elektroautos ging, zeigte Wirtschaftsminister Peter Altmaier in seiner Rede bei der Vorstellung der »Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität«

Peter Altmaier laut Presseerklärung der Bundesregierung vom 19. September 2018
Deutschland muss auch im nächsten Jahrzehnt die Zukunft der Mobilität mitgestalten, wenn nicht anführen. Batteriezellfertigung und autonomes Fahren sind hier zentral. Entscheidend wird sein, dass wir Innovationen in Deutschland nicht nur entwickeln. Wir müssen sie - im wahrsten Sinne des Wortes - auch hier auf die Straße bringen!


Eine Antriebswende ändert an fast allen Problemen nichts
Doch der CO2-Ausstoß ist nur ein kleiner Teil dessen, was der motorisierte Individualverkehr an Problemen bereitet. Es blieben selbst bei vollständigem Umbau auf E-Autos und dann, wenn der Strom aus Wind- und Sonnenenergie stammt:
  • 8-9 Tote und 1053 Verletzte pro Tag (allein in Deutschland, 3700 Tote weltweit täglich)
  • Riesiger Flächenverbrauch (innerorts bis zu 30 Prozent der Gesamtfläche)
  • Zerschneidungswirkung von Straßen (Ökosysteme werden getrennt, Häuser von Spielplätzen abgeschnitten, Spielplätze müssen eingezäunt werden)
  • Gerechte Mobilität braucht u.a. Barrierefreiheit - mit PKW nicht zu schaffen, aber gut mit ÖPNV sowie im Fußwegebereich und durch intelligente Kombinationen Rollstuhl-Fahrrad (Inklusionsräder usw.)
  • Lärm (ab 30km/h übertönt Reifenlärm den Verbrennermotor)
  • Luftverschmutzung, u.a. bis zu 85% des Feinstaubs durch Reifen- und Bremsenabrieb
  • Rohstoffverbrauch bei der Herstellung der Autos und der weiter notwendigen Infrastruktur (Straßen, Parkplätze, Ladestationen, Kabel, Ampeln usw.)
  • Riesige Geldmengen werden verschlungen für die Infrastruktur (149 Mrd. kostet der Autoverkehr, nur ca. ein Drittel kommt über die KfZ/Treibstoffsteuer rein - beide müssen E-Autos nicht zahlen, d.h. für die wird auf Kosten der Allgemeinheit der Weg freigemacht


Flächenverbrauch, Unfalltote und -verletzte, Rohstoffabbau und Energieeinsatz bei der Herstellung und vieles mehr lassen sich durch eine Veränderung der Antriebstechnik gar nicht verbessern. Selbst bei dem Emissionen ist der Gewinn gering. Die Schadstoffe entstehen bei der Rohstoff- und Energiegewinnung einerseits andernorts, andererseits entsteht die Feinstaubbelastung vor allem durch Reifen- und Bremsenabrieb. Fahren Teslas & Co. ohne Reifen und Bremsen? Wohl nicht ...
Schon von daher ist die Debatte um vermeintlich saubere Autos unsinnig. Wer nur eine Antriebswende will bzw. die Debatte ständig auf diese lenkt, will höchstens die Emissionen der Energieversorgung eben beim Antrieb – ansonsten aber ein Weiter so. Wer eine Verkehrswende will, will … Flächen umverteilen, Verkehrssysteme ändern, Tote und Verletzte vermeiden, effizientere Raum- und Materialnutzung, Gerechtigkeit = gleiche Mobilität für alle usw.

Aus einer Studie des Instituts für Wirtschaftsinformatik am Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT
Ein einfaches Ersetzen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor durch BEVs* ist allerdings zu kurz gedacht. Die Gründe hierfür sind vielfältig und umfassen insbesondere die Tatsache, dass auch die Anzahl an Personenkraftwägen (Pkws) deutlich sinken muss. Zum einen sind mit dem individuellen Fahrzeugbesitz hohe Ineffizienzen bei Standzeiten – ein durchschnittlicher Privat-Pkw wird 97 % des Tages nicht genutzt – und der Flächennutzung (z.B. für notwendige Parkplätze) verbunden.
* BEV = Batterie-Elektrischer Antrieb


CO2-Bilanzen - selbst hier gibt es Zweifel
Die E-Autos-Befürwortis versuchen, die Debatte auf den CO2-Ausstoß zu lenken und darauf zu begrenzen. Das ist klug von ihnen, denn zu allen anderen durch den PKW- und LKW-Verkehr verursachten Problemen bringen die E-Autos gar keinen Vorteil. Doch damit nicht genug. Selbst beim CO2-Ausstoß gibt es massive Zweifeln. Den einen geben die E-Auto-Fans sogar selbst zu, wenn sie sagen, dass der große Vorteil erst dann entsteht, wenn der Ladestrom ausschließlich aus regenerativen Quellen stammen würde. Das aber ist noch für lange Zeit nicht zu erwarten, denn Wind- und Sonnenstrom reichen zurzeit nicht einmal für den sonstigen Stromverbrauch (zumal der noch steigen würde, wenn in allen Häusern endlich CO2-neutrale Heizungen eingebaut würden). Es wird also zumindest noch lange dauern, bis die E-Autos überhaupt mit Ökostrom versorgt werden können.

Außerdem sind Auto in jedem Fall gerade in der Energiefrage dem schienengebundenen ÖPNV völlig unterlegen, da ihr Rollwiderstand deutlich höher ist - vor allem pro Person.

Aus "Das Ende der Autobahn", in: Physik Journal Nr. 8-9/2021 (S. 68ff)
Solange es keinen überzeugenden Plan gibt, der überall auf der Welt für genügend erneuerbare Energien sorgt, sollten wir davon ausgehen, dass Energie künftig ein kostbares Gut sein wird. Daher brauchen wir eine Technologie, die minimale Energie pro Personenkilometer bzw. Tonnenkilometer benötigt. Aus rein physikalischen Überlegungen ist klar, dass der Individualverkehr dazu durch gemeinschaftlichen, elektrischen Transport auf der Schiene zu ersetzen ist. Bereits heute liegt die Energieeinsparung von Güterzügen im Vergleich zu LKWs bei einem Faktor 5 pro Tonnenkilometer, was durch vollständige Elektrifizierung und Rekuperierung weiter zu steigern ist.

Ein ganz verheerender Effekt ist die Verrechnung der (vermeintlichen) CO2-Einsparung bei E-Autos mit Verbrennern. Denn die Autokonzerne sind rechtlich gehalten, bestimmte Grenzwerte beim CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeuge einzuhalten - und zwar sowohl einzeln als auch als Gesamt-Flottenverbrauch. Viele Autotypen, gerade die großen SUVs halten diese Grenzwerte nicht ein. Als Trick können die Konzerne diese mit Autos verrechnen, die weniger als die Grenzwerte ausstoßen. E-Autos gelten, obwohl das offensichtlich unsinnig ist, als Nullemissions-Autos. Zwecks besonderer Förderung wird das sogar noch 1,5-fach gewertet, so dass für jedes E-Auto ein oder mehrere Verbrenner gebaut werden dürfen, die über dem Grenzwert liegen. In jedem E-Auto fahren also Verbrenner-SUVs mit. Das geht sogar über Konzerngrenzen hinweg, so dass auch jeder Tesla einen oder mehrere Verbrenner ermöglicht. Tesla zieht daraus einen erheblichen Teil seiner Gewinne. Es ist also gar nicht möglich, mit einem E-Autos CO2 einzusparen, weil jede Einsparung automatisch einen Mehrausstoß an einer anderen Stelle bewirkt - und das selbst dann, wenn das E-Autos mit dreckigem Kohlestrom betrieben wird. Dann ist es sogar doppelt dreckig!
Und noch mehr: Jeder E-Auto-Besitzer kann nochmal Geld bekommen über Vermittlungsagenturen, die damit Verschmutzungsrechte an CO2-Emittenten vermitteln. Die Betreiber von Ladesäulen bekommen auch nochmal Geld und geben damit Verschmutzungsrechte an. Bei allen ist es völlig egal, ob das Auto überhaupt wenigstens einigermaßen CO2-neutral, also mit Ökostrom betrieben wird. So kann also ein E-Auto gleichzeitg selbst dreckig fahren und dabei noch andere dreckige Industrien und Fahrzeuge möglich machen (siehe z.B. die Bewerbung auf eQuota und den Bericht "THG-Quote verspricht E-Auto-Haltern jährliche Barprämie".

Das reicht aber manchen Autolobbyist*innen noch nicht. Sie fordern noch mehr Greenwashing:
Matthias Wissmann, VDA-Präsident, laut SZ am 25.5.2013 in einem Brief an die Bundeskanzlerin
Liebe Angela …In China werden emissionsfreie Elektroautos mit dem Faktor 5 auf die Gesamtflotte der Hersteller angerechnet. In Europa hingegen sollen wir von 2020 an nur höchstens Faktor 1,3 oder 1,5 anrechnen dürfen. Das ist viel zu wenig. (Quelle)

Und woher kommt der viele Strom? Kohle, Atom ...
Im Herbst 2022 wurde mehrere Kohlekraftwerke, die schon stillgelegt waren, wieder zugeschaltet. Der Verkehrsminister will darüberhinaus auch Atomkraftwerke weiter laufen lassen - wegen der E-Autos.

Fazit: Kaum Verbesserung für Mensch und Umwelt
Ein Irrweg, denn E-Autos ...
  • ... brauchen genauso viel Platz (Straßen, Parkplätze usw.) wie die bisherigen Autos
  • ... verbrauchen noch mehr Rohstoffe beim Bau, vor allem für die Akkus (Lithium)
  • ... werden wegen der Knappheit der Akku-Rohstoffe zu einem weltweiten Gefälle der Automobilität führen, da nur die reichen Industrienationen die Lithium-Vorräte ausbeuten und aufkaufen können.
  • ... fahren mit Strom, der irgendwo und irgendwie produziert und verteilt werden muss.

Aus Hanna Poddig (2019): "Klimakämpfe" (S. 16)
Es ist fraglos sinnvoll, wenn Kranken- und Feuerwehrwägen in Zukunft Elektroautos sind, aber den momentan bestehenden motorisierten Individualverkehr schlicht durch eine gigantische Menge an Akkus und neuen Autos auf den Betrieb mit Strom umzustellen ist keine großartige Utopie, sondern eine grausame Fortschreibung und Festlegung auf eine grundfalsche Vorstellung von Mobilität. Laut der Doku Kann das Elektro-Auto die Umwelt retten? verursacht die Herstellung eines 100-kWh-Akkus, notwendig für eine Reichweite von rund 400 Kilometer, eine Klimabelastung von 15 bis 20 Tonnen Kohlendioxid. Ein Wert, für den ein 6-Liter Mittelklassewagen mit Benzin- oder Dieselmotor bis zu 100.000 Kilometer weit fahren kann.

Aus "Der automobile Mensch ist ein Irrtum", auf: Spiegel online am 7.11.2019
Die Bundesregierung will den Absatz von Elektroautos ankurbeln, indem sie die vor drei Jahren eingeführte Kaufprämie verlängert und um eine Milliardensumme aufgestockt. ...
Klingt nachhaltig, ist jedoch ein Paradebeispiel dafür, wie fehlgeleitet die Diskussion über die Mobilität der Zukunft hierzulande geführt wird. Ja, klar: Es gibt Teile Deutschlands, in denen kein reichhaltiges alternatives Mobilitätsangebot zur Verfügung steht. Dort kann die Maßnahme einen guten Impuls für eine Minderung der CO2-Emissionen setzen. Aber in allen urbanen Verkehrsräumen ist die Förderung ein Irrweg.
Zwei Annahmen sollten Investitionen in Metropolregionen zugrunde liegen:
Wir kommen in der Frage, wie wir uns in der Stadt effektiv fortbewegen, nicht weiter, wenn wir uns auf Antriebsarten konzentrieren.
Jegliche Subventionierung des Individualverkehrs, der darauf ausgerichtet ist, leeren Raum durch die Stadt zu bewegen, ist falsch.
Mit der Kaufprämie wird wieder einmal am Konzept Auto festgehalten. Das ist keine Überraschung in einer motorisierten Gesellschaft, aber überraschend kurz gedacht. Irren ist zwar menschlich, der automobile Mensch jedoch ein einziger Irrtum. Schließlich wird zumindest im urbanen Raum der Grundgedanke von Mobilität beim kollektiven Stau-Erlebnis ad absurdum geführt. Während man durch die Windschutzscheibe mal wieder auf ein Standbild schaut, hat man Zeit, über Folgendes nachzudenken:
Wir haben ein Platzproblem. 68 Prozent der Berufspendler in Deutschland nehmen das Auto, um zur Arbeit zu kommen, das geht aus dem aktuellen Mikrozensus des Statistischen Bundesamts hervor, der alle vier Jahre veröffentlicht wird. Diese Zahl muss sinken. Dafür müssen wir in Fahrradinfrastruktur investieren. Wenn mehr Menschen Fahrrad fahren, wird die Luft in der Stadt besser. Zwar bringen E-Autos weniger Feinstaub mit sich als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor - immerhin will die Bundesregierung mit der Kaufprämie etwa 650.000 bis 700.000 Fahrzeuge fördern - jedoch ist damit kein Platz gewonnen. Vor allem nicht, wenn das E-Auto als Zweit- oder Drittwagen den Fuhrpark aufstockt.


E-Autos retten ... nein, nicht das Klima, sondern die Autoindustrie
Aus "Autoindustrie besser als ihr Ruf?", in: Gießener Anzeiger, 4.12.2019 (S. 9)
Dass Elektroautos das Klima retten werden, daran glaubt nicht einmal der Weihnachtsmann. ... die Elektrifizierung nimmt trotz weiter vorhandener Skepsis auf der Käuferseite zu vor allem durch immer mehr Hybridmodelle, die keine Reichweitenprobleme kennen. Sie sollen zusammen mit den reinen Batterieautos der deutschen Autoindustrie helfen, die ab 2020 geltenden deutlich strengeren EU-Vorgaben für den CO2-Ausstoß der Neuwagenflotte nicht allzu deutlich zu überschreiten.

Aus dem Gastkommentar "Der Schwindel mit dem E-Auto" des ultra-neoliberalen Ökonomen Hans-Werner Sinn, in: Handelsblatt am 23.12.2019
Noch im Jahr 2006 lag der Durchschnittswert aller in der EU zugelassenen Pkws bei 161 Gramm. Danach wurden die Autos kleiner und leichter, sodass der Ausstoß bis zum Jahr 2016 auf 118 Gramm fiel. Doch stieg der Wert wieder an, weil mehr Benzinmotoren gekauft wurden, die im Fahrbetrieb mehr CO2 ausstoßen als Dieselmotoren. Im Jahr 2018 lag der CO2-Wert der neu zugelassenen Autos wieder bei gut 120 Gramm, also dem Doppelten dessen, was langfristig erlaubt ist. ...
Die EU will, dass der Flottenausstoß von Kohlenstoff durch den Bau von Elektroautos gesenkt wird. Dazu unterstellt sie in einer rechtsverbindlichen Rechenformel für den Flottenausstoß, dass E-Autos keinerlei CO2 ausstoßen. Wenn also ein Unternehmen zur einen Hälfte Elektroautos produziert und zur anderen Hälfte Verbrenner, die dem derzeitigen Durchschnitt entsprechen, kann der Höchstwert von knapp 60 Gramm pro Kilometer erreicht werden. Kann das Unternehmen keine Elektroautos herstellen und verharrt es beim heutigen durchschnittlichen Energiemix, wird es pro Fahrzeug circa 6000 Euro Strafe zahlen oder sich mit einem Konkurrenten zusammenschließen müssen, der E-Autos bauen kann.
Die Formel der EU ist nichts als ein großer Schwindel, denn auch E-Autos emittieren in erheblichem Umfang CO2. Nur liegt der Auspuff ein bisschen weiter entfernt im Kraftwerk. Solange noch Kohle- oder Gaskraftwerke am Netz sind, fahren auch E-Autos mit Kohlenstoff. Das tun sie auch schon deshalb, weil bei der Batterieproduktion viel fossile Energie eingesetzt wird, was die CO2-Bilanz verhagelt. Insofern ist die Formel der EU eine Mogelpackung, die auch nicht viel besser ist als eine Abschaltvorrichtung.
Der Autor dieser Zeilen hat im Frühjahr mit dem Physikprofessor Christoph Buchal aus Jülich eine Studie veröffentlicht, nach der das E-Auto beim deutschen Energiemix etwas mehr CO2 ausstößt als ein moderner Diesel, obwohl seine Batterie kaum mehr als die Hälfte der Reichweite des Dieseltanks hat. Auch Volkswagen hat ermittelt, dass der E-Golf beim deutschen Energiemix einen etwas höheren CO2-Ausstoß als ein Diesel-Golf hat. Und nun hat das österreichische Forschungsinstitut Joanneum Research eine Studie vorgelegt, die das Ergebnis ebenfalls bestätigt.
Danach muss ein Elektro-Golf in Deutschland 219.000 km fahren, bis er trotz seines CO2-Rucksacks mit dem Diesel gleichzieht. Pkws halten aber im europäischen Durchschnitt nicht länger als 180.000 km. Auch halten die Batterien, wie Joanneum berichtet, nicht lange genug. Sie machen viel früher schlapp als vielfach angenommen, weil die Reichweitenangst die Fahrer veranlasst, ihre Batterien bei jeder Gelegenheit häufig und mit hohem Tempo vollzutanken. ...
Für die Parlamentarier gibt es nun nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie wussten nicht, was sie taten, oder sie haben die Völker Europas wissentlich an der Nase herumgeführt.


Aus "Verbrechen und Gebrechen der Autoindustrie", in: Wildcat Frühjahr 2021
Ein Konzern, der viele auf dem Papier als »emissionsfrei« geltende Elektroautos verkauft, kann im Gegenzug mehr schmutzige Verbrenner (vor allem SUVs) absetzen; denn anstatt Grenzwerte für die CO2-Emissionen jedes Autos festzulegen, wird mit einer Durchschnittszahl gearbeitet. Zudem können Konzerne CO2-Emissionen kaufen – ein praktisch unreguliertes Schlupfloch. Volkswagen ging zum Beispiel mit verschiedenen Elektroautoherstellern in einen »Pool«. Mit den »Null-Emission«-Autos der anderen Hersteller wird dann der durchschnittliche Flottenverbrauch gedrückt. Die schmutzigsten fünf Prozent dürfen sie rausrechnen, in dem Fall waren das Bentley und Lamborghini. Volkswagen hatte Rückstellungen für CO2-Strafen von mehreren hundert Millionen Euro gebildet – durch »Pool« und Verrechnungen verfehlte man die Vorgaben nur um ein halbes Gramm, was nur 100 Millionen Euro Strafe bedeutete und sich in der Bilanz positiv bemerkbar macht (Auflösung der Rückstellungen). Greenpeace hat ausgerechnet, dass VW in Wirklichkeit 64 Prozent über dem Grenzwert liegt; BMW um 77 Prozent, Daimler um 84 Prozent. Somit müsste VW eigentlich 17 Milliarden Euro Strafe zahlen, BMW und Daimler 5,7 Milliarden. »Nicht geniale Ingenieurskunst hat die märchenhafte CO2-Reduktion ermöglicht, sondern harte Lobbyarbeit.«
FiatChrysler (FCA) ging mit Tesla in einen Pool, die »Null-Emission«-Teslas wurden mit der Flotte von FCA verrechnet. Somit kann FCA weiterhin straffrei Maseratis verkaufen. Im Gegenzug erhielt Tesla 2019 von FCA fast zwei Milliarden Euro. 2020 nahm Tesla 1,6 Milliarden Dollar aus dem CO2-Handel ein und konnte zum ersten Mal einen Jahresgewinn verbuchen – wenn auch nur von 721 Millionen Dollar. Der »Autokonzern«, dessen Börsenwert höher als der von Volkswagen, Daimler und BMW zusammen ist, macht mit Autos keinen Gewinn.


Aus "Ohne Strom geht gar nichts", in: Gießener Anzeiger, 28.7.2021 (S. 5)
Der Ausbau der E-Mobilität, die Umrüstung der Industrie auf grünen Wasserstoff, der Austausch von Gasheizungen durch Fernwärme und Wärmepumpen und vieles mehr – all das braucht Strom – und zwar riesige Mengen. Eine Studie der Akademien der Wissenschaften geht davon aus, dass im Jahr 2050 mehr als die doppelte Strommenge von heute erzeugt werden müsse, nämlich mehr als 1000 Terawattstunden (TWh). Um das zu stemmen, sei eine installierte Leistung von bis zu 500 Gigawatt (GW) Windkraft- und Photovoltaikanlagen notwendig – etwa das Fünf- bis Sechsfache dessen, was heute bereits vorhanden ist.


E-LKWs
Oberleitungen für LKW haben kaum Nutzen, aber hohe Kosten.

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