Welt ohne Strafe

NAZI-JUSTIZ

Fallbeispiele: Bundesweite Justiz


1. Ohne Brüche aus dem Nazi-Regime in die BRD
2. Fallbeispiele: Bundesweite Justiz
3. Fallbeispiele: Hessen
4. Richter, Drittes Reich und BRD
5. Und heute?
6. Justiz heute: Antifa-Symbolik verbieten?
7. Mehr Nazi-Karrieren in der BRD
8. Buchvorstellungen zum Themenbereich

Allgemeine Vorbemerkungen
Aus dem "Braunbuch", Edition Ost im Verlag Das neue Berlin (S. 116 f.)
BONN SCHÜTZT DIE MÖRDER
Entgegen den offiziellen Verlautbarungen des Bundesjustizministeriums sind heute in Westdeutschland noch über 800 Juristen der nazistischen Ausnahmegerichte tätig. Nicht einer der zum Teil mit über 100 Bluturteilen belasteten Nazi-Juristen wurde vor Gericht gestellt. Diese Rechtsprecher', die ausnahmslos im Dienste der Unmenschlichkeit, des Unrechts und der Aggression standen, sind bis in die höchsten Positionen des westdeutschen Staats- und Justizapparates gelangt.
Westdeutsche Gerichte stellten sogar die Ermittlungsverfahren ein, die auf Grund von Strafanzeigen gegen Nazi-Juristen eingeleitet worden waren. Selbst von Staaten der Antihitlerkoalition rechtskräftig verurteilte Nazi- und Kriegsverbrecher wurden in voller Kenntnis ihrer Vergangenheit in Bonner Dienste übernommen. So wurde z. B. Dr. Leonhard Drach 1956 als Staatsanwalt in Frankenthal eingesetzt und später zum Oberstaatsanwalt befördert, obwohl er als Nazi-Staatsanwalt an Stand- und Sondergerichten im okkupierten Luxemburg zahlreiche Bluturteile beantragt hatte, denen auch entsprochen worden war. In Luxemburg wurde Drach nach 1945 wegen seiner Verbrechen zu 20 und 15 Jahren Zuchthaus verurteilt.
Der frühere Staatsanwalt beim Sondergericht in Luxemburg, Josef Wienecke - nach 1945 in Luxemburg in Abwesenheit (weil er von einem Urlaub auf ,Ehrenwort" nicht zurückkehrte) zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt -, wurde 1953 Staatsanwalt in Koblenz. Später wurde er, obwohl auch seine Vergangenheit bekannt war, zum Ersten Staatsanwalt befördert.
Auch dem nach der Befreiung Luxemburgs zu vier Jahren Gefängnis verurteilten ehemaligen Mitarbeiter der Nazi-Justizverwaltung Dr. Otto Bauknecht wurden in Westdeutschland 1956 Amt und Würden - zunächst als Landgerichtspräsident in Kreuznach - verliehen. Bis Ende 1967 hatte der Juristennachwuchs vor ihm als Präsident des Justizprüfungsamtes seine Befähigung für den westdeutschen Justizdienst in der 1. und 2. Staatsprüfung nachzuweisen.
Sogar der Vorsitzende des Sondergerichts in Luxemburg Adolf Raderschall - in Abwesenheit zum Tode verurteilt - fungierte in Rheinland-Pfalz als Landgerichtsdirektor a. D. auf einer Amtsgerichtsrats-Planstelle und ist jetzt Alterspensionär mit Bezügen, die die seiner Opfer um ein mehrfaches übersteigen. Drach, Wienecke und Bauknecht sind bis heute trotz luxemburgischer Proteste noch nicht zur Verantwortung gezogen worden. (Angaben aus: Der Spiegel, Hamburg, 5. Mai 1965 und 3. Febr. 1965, und Die Welt, Hamburg, 15. Juli 1965)
Der in der CSR zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilte und als Nichtamnestierter der Bundesrepublik übergebene Blutrichter von Prag, Dr. Kurt Bellmann, wurde Landgerichtsdirektor in Hannover. Bellmann hatte an 110 nachgewiesenen Todesurteilen gegen tschechoslowakische Bürger mitgewirkt. Heute bezieht er als Lohn seiner Morde über 2000 DM Monatspension.
Welche Auswirkungen die Bonner Politik des Schutzes und der Förderung der Nazi- und Kriegsverbrecher hat und wie sich Bonn mit dem Dritten Reich" identifiziert, spiegelt sich deutlich in der Familie Schlegelberger wider.
Der Vater, Dr. Franz Schlegelberger, war 1941/42 amtierender Justizminister der Hitlerregierung. Während seiner Amtszeit und mit seiner Zustimmung töteten die Justizorgane Tausende deutsche und ausländische Gegner des Hitlerkrieges. Juden, die von den Gerichten zu Gefängnis verurteilt worden waren, sind auf Anzeige Schlegelbergers hingerichtet worden. Der berüchtigte Nachtund Nebelerlaß", der die Einkerkerung aller Hitlergegner ohne Haftbefehl vorsah, wurde von ihm mit ausgearbeitet. In seine Amtszeit fällt die „Polen-Strafrechtsverordnung", die alle Sondergerichte anwies, für die geringsten Vergehen die Todesstrafe zu verhängen. Er persönlich machte den Vorschlag, die Halbjuden zu sterilisieren oder zu deportieren.
Für seine Verbrechen wurde Schlegelberger im Nürnberger Juristen-Proze4 zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch Bonn honoriert seine Blutschuld heute mit 1450 DM Monatspension.
Sein Sohn Hartwig verurteilte als Oberstabsrichter der Nazi-Marine deutsche Soldaten zum Tode und nahm an ihrer Hinrichtung im Zuchthaus Brandenburg teil. (Siehe Tafel 22)
Heute sorgt Dr. Hartwig Schlegelberger als Innenminister Schleswig-Holsteins dafür, da4 dieses Land ein Paradies für Kriegsverbrecher ist. Seine besondere Fürsorge gilt der Vorbereitung der Notstandsdiktatur. Anlä5lich eines offiziellen Besuchs des dänischen Ministerpräsidenten Krag versuchte Hartwig Schlegelberger in Faschisten-Manier, diesem die Einbeziehung Dänemarks in seine Notstandspläne zu oktroyieren. Ministerpräsident Krag quittierte diesen Eingriff in die Souveränität seines Landes, indem er die Darlegungen Schlegelbergers "nicht zur Kenntnis nahm". (Süddeutsche Zeitung, Stuttgart, 26./27. Juni 1965)
Der zweite Sohn des führenden Blutjuristen Hitlerdeutschlands, Günther Schlegelberger, diente früher dem Ribbentropschen Außenministerium Von der Erhard-Regierung wurde er ausgerechnet zum Botschafter in Saigon ernannt, wo er als offizieller Vertreter der Bundesrepublik einer der Drahtzieher für die Unterstützung und Ausweitung des barbarischen Invasionskrieges der USA war.

LOHN DES VERBRECHENS
Alle schwer belasteten Nazi-Juristen, die auf Grund der Enthüllungen der DDR, der CSSR, der Volksrepublik Polen, Frankreichs und der Proteste demokratischer Kräfte aus aller Welt ihre Versetzung in den Ruhestand beantragten, erhalten vom Tag ihres Ausscheidens an hohe Pensionen, die die Entschädigungen ihrer Opfer weit übertreffen.
Durch § 116 des westdeutschen Richtergesetzes vom 8. September 1961 wurde dieser Lohn des Verbrechens gesetzlich fixiert. Danach erhalten die Blutjuristen, die zurücktraten, die volle Pension, auch vor Erreichen ihrer Altersgrenze. Alle diejenigen, die ihren Machtbereich nicht freiwillig bis zum 30. Juni 1962 aufgaben, sollten auf Bundestagsbeschlu5 vom 14. Juni 1961 ohne Pensionszahlung ihrer Ämter enthoben werden. Doch bis heute wurde kein Fall bekannt, in dem einer der schwer belasteten Nazi-Juristen unbelohnt und zwangsweise aus seiner Position entfernt worden wäre. Das hei4t, in Bonn wurden selbst die eigenen milden Bestimmungen mi4achtet, um die Mörder in Richterroben zu schützen.


Gesamtzahlen für die Ministerien
Aus dem "Braunbuch", Edition Ost im Verlag Das neue Berlin (S. 359 f.)
BELASTETE NAZI IN BONNER MINISTERIEN KONZENTRIERT
Im Bereich der wichtigsten Bonner Ministerien, insbesondere auch derjenigen, die unter Führung sozialdemokratischer Minister stehen, hat sich die Zahl der Naziverbrecher und schuldbeladenen Gehilfen des Hitlerregimes, vor allem in den leitenden Positionen, weiter erhöht:
Botschafter 621
Mitarbeiter in Auslandsvertretungen 147

Bundesjustizministerium
Abteilungs- und Unterabteilungsleiter sowie andere leitende Beamte im Bundesministerium 18
Juristen an Bundesgerichten 119
Leitende Juristen in Länderjustizministerien 20
Juristen an Oberlandesgerichten 216
Juristen an Land- und Amtsgerichten 745

Bundesinnenministerium
Leitende Beamte im Bundesministerium 42
im Bundesgrenzschutz 9
im Verfassungsschutz 13

Bundesministerium für Verteidigung
Führungskräfte im Bundesministerium 17
Generalität der Bundeswehr 160
Mitarbeiter der westdeutschen Vertretung beim NATO-Oberkommando 12

Bundeswirtschaftsministerium 59
Bundesarbeitsministerium 21
Bundesverkehrsministerium 29
Bundesernährungsministerium 19
Bundesschatzministerium 15
Bundesfinanzministerium 54

Eine große Anzahl weiterer schwerbelasteter Personen ist in den Bereichen der übrigen Bundesministerien zu finden, so im Bundesministerium für ‚gesamtdeutsche Fragen', im Bundespresseamt, im sogenannten Vertriebenenministerium sowie in der Leitung der Bundesbank

Auch andere Quellen zeigen ähnliche Bilder, z.B. fürBaden-Württemberg (OMGUS Weekly Intelligence Report, Maiy1949): Anteil ehemaliger NSDAP-Mitglieder nahm sogar im Laufe der Zeit zu: Wahlbeamte am 1.4.1948 7.8%, am 33,4% ++ Höherer Dienst 47,9 auf 66,4% ++ Gehobener Dienst von 56 auf 63,2% ++ Mittlerer Dienst 29,4 auf 32,7% ++ Niederer Dienst von 30,4 auf 32,1 % und Arbeiter von 20,1 auf 20,4%. Insgesamt waren am 30.9.1948 von den Ministeriumsangehörigen Ex-NSDAPler: Kulturministerium 60%, Finanzministerium 65,1%, Justiz 54,3%, Inneres 22%, Wirtschaft 26,2%, Landwirtschaft 21,6%, Transport 35,5%, Arbeit 43,2%, Landeszentralbank 43,2% und Baden-Dep. für Kultur und Erziehung 60,4%. (Quelle: Junge Welt, 30.8.2008, S. 15)


Die Fallbeispiele













Quelle: Braunbuch (Seitenangabe siehe Bild-URL)

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