Welt ohne Strafe

WAS DIE GENTECHNIK-BEFÜRWORTER*INNEN VERSPRECHEN UND WAS DAVON ZU HALTEN IST ...

Mythos 2: Gentechnik hilft den Landwirt_innen


1. Einleitung
2. Mythos 1: Gentechnik hilft gegen Hunger und Armut
3. Mythos 2: Gentechnik hilft den Landwirt_innen
4. Mythos 3: Gentechnik schützt die Umwelt
5. Mythos 4: Gentechnik fördert Nahrungsqualität und Gesundheit
6. Mythos 5: Fortschritt, Arbeitsplätze und die gerettete Nation
7. Mythos 6: Alles unter Kontrolle - noch keine Schäden oder Unfälle
8. Mythos 7: Alles normal - Gentechnik ist auch nur Züchtung
9. Schwätzer, Hetzer, Bauernfänger
10. Links und Materialien

Beliebt sind industrielle Landwirtschaft im Allgemeinen und die Gentechnik fast nirgends. Durchgesetzt wird sie mit viel Geld, den klassischen staatsautoritären Mitteln der Landumverteilung an große Konzerne und einem hochvermachteten und gesteuerten Wirtschaftskreislauf, genannt: Markt. Dass unter dieser ökonomischen Knute die Gentechnik voranschreitet, wird von der deutschen Genehmigungsbehörde, die laut ihrem Namen eigentlich Verbraucher_innen schützen soll, als Argument für die Beliebtheit der Gentechnik verdreht: "Die weltweite Zunahme des Anbaus dieser Pflanzen ist deshalb ein Hinweis darauf, dass diese zumindest für bestimmte Regionen ökonomische Vorteile bieten. Und kein Landwirt wird dieses Saatgut erneut kaufen, wenn er negative Erfahrungen damit gemacht hat."

Im Original: Höhere Ernten und Gewinne für Landwirt_innen!?
Aus der BVL-Broschüre "Die Grüne Gentechnik" (S. 15 f.)
Neue Pflanzensorten erlangen nur dann Bedeutung, wenn der erzielbare Nutzen größer als eventuelle Mehraufwendungen bei Anbau und Vermarktung ist. Die weltweite Zunahme des Anbaus dieser Pflanzen ist deshalb ein Hinweis darauf, dass diese zumindest für bestimmte Regionen ökonomische Vorteile bieten. Und kein Landwirt wird dieses Saatgut erneut kaufen, wenn er negative Erfahrungen damit gemacht hat.

Aus der Broschüre "Grüne Gentechnik" der KWS Saat AG
Aufgrund der weiter bestehenden Vorbehalte in Europa erfolgt hier ein Anbau gentechnisch veränderter Sorten bisher auf lediglich rund 100.000 Hektar (2008). Damit bleiben den europäischen Landwirten und letztlich auch den Verbrauchern die Vorteile dieser neuen Technologie weitgehend vorenthalten. ...
Gentechnisch veränderte Pflanzen ermöglichen Einkommenszuwächse bei Landwirten, erlauben einen verringerten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und wirken sich somit positiv auf die Umwelt aus.

  • Zeitungsartikel mit viel Herz-Schmerz: "Gentechnik hilft armen Bauern", in: Welt, 5.10.2009

Doch selbst in Deutschland lässt sich sehen, dass es gerade nicht die Landwirt_innen sind, die die gentechnisch veränderte Saat wollen. Bis auf wenige Bauern, die verwandtschaftlich mit Konzernen oder über Mitgliedschaften mit den Lobbyisten der Gentechnik verbunden sind (z.B. die Arbeitsgruppe AGIL innerhalb von InnoPlanta), sind die Landwirt_innen zurückhaltend oder ablehnend gegenüber dem Saatgut mit eingebautem Machtanspruch des Herstellers. Nur auf Teilflächen der Ex-DDR, wo die kapitalistische Übernahme des Jahres 1990 die bereits so vorgeformte DDR-Landwirtschaft mit ihren Großstrukturen erfreut übernommen hat, wurde und wird mehr gv-Saat angebaut. Der Grund ist einfach: Hier sind Traktorfahrer_innen Lohnabhängige - und singen des Lied, des Brot sie essen.

Gentechnik verschärft die ökonomischen Zwänge. Sie vernichtet lokale Ökonomien und schafft neue Abhängigkeiten. Sie "kostet Arbeitsplätze, bringt Bauern um ihre Absatzmärkte und gefährdet den boomenden Ökolandbau massiv", sagt beispielsweise die ehemalige Landwirtschaftsministerin von Nordrhein-Westfalen, Bärbel Höhn. Eine Studie zur Ertragssituation von Landwirt_innen kommt zum "Fazit: durch den Einsatz von Gentechnik gelingt es nicht, oder nur unwesentlich, gesteigerte Erträge zu erwirtschaften." Als schwerwiegendes Problem "entwickeln sich vermehrt sogenannte Superunkräuter, was wiederum zu einen höheren Einsatz von Spritzmitteln führt." Das musste im Januar 2010 selbst eine Gentechnik-PR-Plattform der Bundesregierung zugeben: "Landwirte in den USA bekommen zunehmend Probleme mit Unkräutern, die gegen bestimmte Herbizide resistent geworden sind." Als dramatisch werden die Folgen für Landwirt_innen in Indien eingeschätzt. Hohe Selbstmordquoten prägen dort das landwirtschaftliche Geschehen. Zwar sind die Ursachen allgemein den Veränderungen der Agrarstruktur und den daraus resultierenden Abhängigkeiten zu sehen. "Viele von Indiens Baumwollbauern enden in einer tödlichen Schuldenspirale. Um Saatgut, Kunstdünger und Schädlingsbekämpfungsmittel kaufen zu können, nehmen sie Kredite auf - meist bei skrupellosen Geldhaien, die astronomische Wucherzinsen fordern." Doch beherrsche "gentechnisch veränderte Baumwolle längst den Markt." Nach einem Bericht der FR am 22.1.2010 "bewerben die Hersteller ihre Produkte als Wunder-Baumwolle, die nicht nur mehr Ertrag verspricht, sondern Schädlingen von alleine trotzt. Und damit den Bauern die Kosten für teure Pestizide spart. Die Bauern tappen damit oft in eine neue Falle. Kritiker monieren, dass die vermeintliche Wunder-Saat nicht nur sechs Mal so teuer ist, sondern auch oft nicht hält, was die Anbieter versprechen. Sie ist obendrein eine Einmalsaat. Jedes Jahr müssen die Bauern also neue Saat kaufen und brauchen wieder Geld." Zynisch erklärte Gentechnikbefürworter Joachim von Braun, Generaldirektor des International Food Policy Research Institute (IFPRI) in Washington, die Konzerne kümmerten sich um die Kleinbauer nicht, "solange die Kleinbauern nicht zahlungsfähig sind". Soll es schneller geht, wird neben der ökonomischen Knute die blanke Staatsgewalt ausgepackt - oder getrickst. So wurden mehrfach Lebensmittel- und Saatgutlieferungen, als Hilfe gegen Hunger und Missernten kaschiert, mit gv-Saat verschnitten, um deren Ausbreitung zu forcieren. Ganz platt machten es die USA nach dem Angriffskrieg auf den Irak. Per Siegererlass wurde "die seit Jahrtausenden gepflegte Tradition von Nachbau und Saatguttausch de facto für illegal" erklärt.

Im Original: Gentechnik schadet Landwirt_innen
Aus "Kein Beweis für Gentechnik-Vorteile", in: taz, 29.4.2008
Wenn Konzerne wie Monsanto, Bayer oder BASF ihr gentechnisch verändertes Saatgut verkaufen wollen, argumentieren sie vor allem mit Geld: Sie versprechen den Bauern eine höhere Produktivität und damit mehr Gewinn. Von der Industrie unabhängige Wissenschaftler aber bezweifeln die These von der Wirtschaftlichkeit transgener Pflanzen zunehmend. Nun sind auch Forscher des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) zu dem Schluss gekommen, dass ein Nutzen nicht erwiesen sei. Zuverlässige Daten fehlten, obwohl die Saaten schon seit 12 Jahren kommerziell genutzt werden.

Aus "China, Klima, Gentechnik - drei Irrtümer der Hungerdebatte", in: Zeit online, 17.4.2008
Die Gentechnik wird alles richten! Reine Spekulation ... berichtet Christiane Grefe, Landwirtschaftsexpertin der ZEIT
Die vom Ehepaar Gates gesponserte Agricultural Alliance for Africa (AGRA) setzt daher zunächst auf konventionell gezüchtete Pflanzen und auf Strategien, die ausgelaugten afrikanischen Böden zu verbessern, Bewässerungssysteme und Märkte zu schaffen. "Afrikanische Bauern können sich auch ohne Gentechnik aus der Armut retten", sagte der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan, seit vergangenem Jahr AGRA-Präsident.
Auch Pedro Sanchez, ein Experte für Tropenlandbau an der New Yorker Columbia University, sieht "gezielte Investitionen in chemische Agrar-Inputs" als wichtigstes Element, Kleinbauern zu helfen. Das heißt, sie sollten mit Dünger und Pflanzenschutzmitteln versorgt werden.
Eric Holt-Gimenez ist aber skeptisch angesichts solcher Strategien. Der Forscher der kalifornischen Aktivistengruppe "Food First" glaubt nicht daran, dass man technokratische Lösungen von außen in die afrikanischen Gesellschaften hinein tragen sollte. Das sei wenig nachhaltig. "Wenn die Grüne Revolution in Afrika bisher gescheitert ist, wie soll dann mehr davon die Nahrungskrise lösen?" fragt er.
Holt-Giminez stellt sich eher eine große Vielfalt agroökologischer Systeme vor, die am jeweiligen Ort ganz unterschiedlich auf die Bedingungen der Landschaft, des Klimas und der Kultur reagieren. Darüber sollten die Kleinbauern alleine entscheiden können.

Augenzeugnisse des englischen Thronfolgers, Prinz Charles, zu Vorteilen hochtechnisierter Landwirtschaft
Aus einem Interview in der Telegraph, 12.8.2008
"Look at India's Green Revolution. It worked for a short time but now the price is being paid."
"I have been to the Punjab where you have seen the disasters that have taken place as result of the over demand on irrigation because of the hybrid seeds and grains that have been produced which demand huge amounts of water."
"[The] water table has disappeared. They have huge problems with water level, with pesticide problems, and complications which are now coming home to roost."
"Look at western Australia. Huge salinisation problems. I have been there. Seen it. Some of the excessive approaches to modern forms of agriculture."

Gentechnik vernichtet Arbeitsplätze
Aus einem Interview mit der ehemaligen NRW-Umweltministerin, Bärbel Höhn, in: FR, 19.8.2006, S. 12:
Die Agro-Gentechnik ist kein Innovationsmotor, sondern eine Risikotechnologie. Sie kostet Arbeitsplätze, bringt Bauern um ihre Absatzmärkte und gefährdet den boomenden Ökolandbau massiv.

Studie zu Schein-Vorteilen der Gentechnik für Landwirt_innen
Aus einem Bericht über eine Studie "Failure to Yield: Evaluating the Performance of Genetically Engineered Crops"
Das Fazit: durch den Einsatz von Gentechnik gelingt es nicht, oder nur unwesentlich, gesteigerte Erträge zu erwirtschaften. Vielmehr entwickeln sich vermehrt sogenannte Superunkräuter, was wiederum zu einen höheren Einsatz von Spritzmitteln führt. Durch herkömmlich gezüchtetes Saatgut hingegen, so die Ergebnisse der Studie, konnten Ernteerträge gesteigert werden. Dies gelang durch verbesserte Anbaumethoden und die Besinnung auf traditionelle landwirtschaftliche Praxis.

  • Eine weitere Studie zeigt, dass Gentechnik die Probleme sogar vergrößert.

Gentechnik und Landwirtselend in Indien
Aus Christine Möhlhoff, "Tödliche Felder", in: FR am 22.1.2010
Baumwolle braucht große Mengen an Düngemitteln und an Pestiziden. Viele von Indiens Baumwollbauern enden in einer tödlichen Schuldenspirale. Um Saatgut, Kunstdünger und Schädlingsbekämpfungsmittel kaufen zu können, nehmen sie Kredite auf - meist bei skrupellosen Geldhaien, die astronomische Wucherzinsen fordern.
Am Ende sehen viele überschuldete Bauern keinen anderen Ausweg mehr, als sich das Leben zu nehmen, um der Schande und der Schuldenfalle zu entkommen. Jedes Jahr berichten Indiens Zeitungen über neue Selbsttötungen. Nach Angaben der Regierung sollen allein zwischen 1997 und 2007 fast 183.000 Bauern in den Freitod gegangen sein. Andere Quellen schätzen die Zahl noch höher. Die meisten schlucken Pestizide, weil ihnen anderes fehlt - ein grausamer Tod. Zurück bleiben meist hilflose Mütter mit ihren Kindern. ...
Tatsächlich beherrscht gentechnisch veränderte Baumwolle längst den Markt. Seit 2002 ist sie in Indien zugelassen, heute wächst sie auf über 66 Prozent der Anbaufläche. Fünf Millionen indische Bauern sollen 2008 bereits die Hightech-Saat ausgesät haben.
Hochaggressiv bewerben die Hersteller ihre Produkte als Wunder-Baumwolle, die nicht nur mehr Ertrag verspricht, sondern Schädlingen von alleine trotzt. Und damit den Bauern die Kosten für teure Pestizide spart.
Die Bauern tappen damit oft in eine neue Falle. Kritiker monieren, dass die vermeintliche Wunder-Saat nicht nur sechs Mal so teuer ist, sondern auch oft nicht hält, was die Anbieter versprechen. Sie ist obendrein eine Einmalsaat. Jedes Jahr müssen die Bauern also neue Saat kaufen und brauchen wieder Geld.
Dennoch sind die verzweifelten Bauern leichte Beute für die schönen Versprechungen. Auch ein Bewusstsein für die möglichen Risiken solcher Gentech-Produkte gibt es kaum. Anders als im Westen wird über gentechnisch veränderte Produkte in den Medien und in der Öffentlichkeit wenig diskutiert.


Aus der BfN-Studie "Welternährung, Biodiversität und Gentechnik" (S. 2 f.)
Welche Auswirkungen die Intensivierung der Landwirtschaft im globalen Maßstab hat, zeigen die Folgen der „Grünen Revolution“, also des Versuchs der Armuts- und Hungerbekämpfung in Schwellen- und Entwicklungsländern seit den 1960ern durch den Einsatz damals als „modern“ geltender Landwirtschaft.
Zwar konnten Ertragssteigerungen durch die Umstellung auf Monokulturen und gezielte Kreuzungszüchtung (Hybridisierung) verschiedener Getreidearten realisiert werden. Dies führte allerdings zu einem höheren Inputbedarf an Dünger, Wasser und Pflanzenschutzmitteln. Die Zahl der angebauten Sorten ging stark zurück. So sank z.B. in Indien die Zahl der Reissorten von etwa 50.000 in den 60er Jahren auf etwa 50 gegen Ende der 90er Jahre (GÖRG 1998).
Auch aus ökologischer Sicht hatte die Grüne Revolution negative Auswirkungen. Der verbreitete Einsatz von Monokulturen weniger Sorten gefährdete die Biodiversität. Die Anfälligkeit für Schädlinge und Krankheiten erhöhte sich drastisch. Die angewandten Methoden belasteten Natur und Umwelt und zerstörten ökologische Abläufe, die z.B. zukünftige Bodenfruchtbarkeit und nachhaltige Nahrungsproduktion garantieren. Es kam zu einem enormen Anstieg des Wasserbedarfs, so dass sich innerhalb weniger Jahre u.a. wasser- und bodenrelevante Probleme einstellten (Süßwasserverknappung, Grundwasserabsenkung, Versalzung, Wasserver-schmutzung, Erosion).
Die eingesetzten Methoden waren für Kleinbauern häufig zu teuer und zu aufwändig und deshalb war der Einsatz nur in größeren wirtschaftlichen Einheiten möglich. Zudem gerieten die Kleinbauern in eine finanzielle Abhängigkeit von multinationalen Chemie- und Agrarkonzernen.



Gentechnikbefürworter Joachim von Braun, Generaldirektor des International Food Policy Research Institute (IFPRI) in Washington; in: Zeit 23/2008
Zeit: Wollen Sie ernsthaft behaupten, die Gentech-Konzerne kümmerten sich um die Probleme der Kleinbauern im Süden?
Von Braun: Nicht, solange die Kleinbauern nicht zahlungsfähig sind.


Aus "Patente statt Bomben: USA veranlassen Gesetz zur Kontrolle von Saatgut und Ernte im Irak" von Andreas Bauer in: Umweltnachrichten, Ausgabe 101 / Mai 2005
Nach den Plänen von US-Regierung und Agro-Industrie sollen jedoch traditionelle Sorten, freier Saatguttausch und Sortenvielfalt im Irak schon bald der Vergangenheit angehören. Ein Erlass des ehemaligen Zivilverwalters für den Irak, Paul Bremer, könnte die (Ernährungs)Souveränität des Landes so nachhaltig beeinträchtigen wie keine andere politische Intervention aus Washington. Denn dieses Gesetz, von der Besatzungsmacht erlassen und Anfang März vom irakischen Parlament ratifiziert, erklärt die seit Jahrtausenden gepflegte Tradition von Nachbau und Saatguttausch de facto für illegal und forciert das Eindringen der Saatgutkonzerne in den Irak. Als Bremer Ende Juni 2004 Bagdad verließ, hinterließ er der irakischen Übergangsregierung eine Reihe neuer Verordnungen und Gesetzesentwürfe. Unter diesen Gesetzen befindet sich der Erlass 81, der das irakische Patentrecht von 1970 ersetzt. Dieser Erlass über „Patente, Industriemuster, unveröffentlichte Informationen, integrierte Schaltkreise und Pflanzensorten“ stellt gültiges und bindendes Recht dar. ...
Erlass 81 hält fest, dass die darin enthaltenen Vorschriften von großer Bedeutung sind für den Übergang des Irak „von einer intransparenten Planwirtschaft zu einer freien Marktwirtschaft, die gekennzeichnet ist von nachhaltigem Wirtschaftswachstum durch die Errichtung eines dynamischen privatwirtschaftlichen Sektors und vom Bedarf an institutionellen und rechtlichen Reformen, die diesen Übergang wirksam werden lassen.“ Die ‚Reform’ der Landwirtschaft wird vor allem von der US Agentur für internationale Entwicklung (USAID) vorangetrieben, die seit Oktober 2003 ein ‚Landwirtschaftliches Wiederaufbau- und Entwicklungsprogramm für den Irak’ (ARDI) leitet. Ziel von ARDI ist, die Geschäftsbedingungen für Unternehmen im Agrarbereich zu verbessern und so Märkte für Agrarprodukte und entsprechende Dienstleistungen aus Übersee zu schaffen. ...
Welche Möglichkeit haben Iraks Bauern, mit dieser Situation umzugehen? Sie können zum einen versuchen, weiterhin ihr im Verlauf der jahrelangen Kriege rar gewordenes traditionelles Saatgut zu verwenden, oder sie können die teuren, „neuen“ Sorten der Konzerne Monsanto, Syngenta, Dow und Bayer auf Kredit kaufen, sich damit in die Schuldenspirale begeben, die auch Bauern in Ländern wie Indien ruiniert hat, und zusätzlich das Recht auf Nachbau verlieren. Doch auch die Bauern, die sich für die erste Option entscheiden, werden sich wie ihre Kollegen aus Kanada oder Mexiko nicht vor der Kontamination ihrer Felder durch GVO und andere geschützte Sorten der Großkonzerne schützen können.


Aus "Bt-Baumwolle: Schlechte Wahl für Bauern in Süd-Indien", in: Pestizid-Brief Juli/August 2010 (S. 5)
Die Kosten für den Anbau sind für die Bt-Bauern fast doppelt so hoch wie für die Bio-Bauern. Gleichzeitig gibt es keine signifikanten Unterschiede bei den Ernteerträgen. .. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Bauern, die in ökologisch und in ökonomisch effiziente, diversifizierte Anbausysteme investieren und mehr auf ihre Dorfgemeinschaft setzen, bessere Ergebnisse erzielen.

Aus "Mehr Gift, weniger Ertrag", in: SZ, 23.1.2014
... Studie der University of Canterbury in Neuseeland. Das Team von Professor Jack Heinemann verglich Ernteerträge, Pestizideinsatz und Sortenvielfalt von gentechnisch verändertem Mais, Raps und Soja mit konventionellen Sorten. Sie kamen dabei zu dem Ergebnis, dass die Kombination von herkömmlichem Saatgut und guter Feldpflege, wie sie in Westeuropa praktiziert wird, die Ernteerträge schneller wachsen lässt, als die in den USA praktizierten Gentechnik-Anbaumethoden.
Auffällig sei dabei, dass bei Gentechnik-Saatgut am Anfang durchaus ein guter Zuwachs zu verzeichnen sei, der aber schon nach wenigen Jahren seinen Höhepunkt erreicht. Danach sinken die Erträge sogar zum Teil wieder, so die Beobachtung. Was jedoch weiterhin hoch bleibt, ist der Einsatz an Pestiziden, und das erhöht die Kosten.

Aus "Doch kein Allheilmittel", in: FR, 14.3.2014
Die Gentechnik auf dem Acker hat deutliche Schattenseiten. Kritiker, die das schon lange anprangern, fühlen sich nun ausgerechnet durch eine staatliche Studie aus dem Erfinderland der Gentechnik bestätigt. Demnach haben US-Farmer, die gentechnisch verändertes Saatgut verwenden, zwar oft mehr im Portemonnaie als ihre Kollegen, die ohne Laborsaaten arbeiten. Doch die Studie „Genetically Engineered Crops in the United States“ des US-Landwirtschaftsministeriums USDA zeigt auch auf: Ein Weiter-so funktioniert nicht.
So appellieren die Experten an die Farmer, sich nicht allein auf Gentechnik zu verlassen und raten sogar dazu, zur Schädlingsbekämpfung wieder traditionellere Landbau-Methoden ins Auge zu fassen. Die Farmer sollten etwa den Fruchtwechsel beherzigen, statt auf Monokulturen zu setzen. ...
So hat der vermehrte Anbau von Gentech-Pflanzen, die gegen das Totalherbizid Glyphosat resistent sind (alle Kräuter werden getötet, nur die genmodifizierte Pflanze nicht), das Entstehen von Super-Unkräutern beschleunigt. Eine Folge der jahrelangen und einseitig auf dieses Mittel abgestellten Unkraut-Strategie. Die Farmer, heißt es in dem Bericht, hätten Glyphosat „blind vertraut“ und damit das Entstehen resistenter Wildpflanzen gefördert.
Heute trotzen, so die offiziellen Zahlen, in den USA 14 Unkräuter der Giftdusche Glyphosat. Die Folge: Der von der Industrie versprochene Rückgang des Herbizid-Einsatzes trat nur in den Anfangsjahren nach der Einführung der Gentechnik ein. Seit 2001 aber steigt er wieder an. Dabei versprühen die US-Farmer nicht nur größere Glyphosatmengen, sie sind auch gezwungen, auf ältere Mittel wie die erheblich giftigeren Stoffe Dicamba und 2,4-D zurückzugreifen.
Überdies, vermerkt die USDA-Studie, spielt der Verbraucher in den Industrieländern nicht so recht mit. Er sei bereit, für Produkte, die ohne Gentechnik hergestellt werden, sogar mehr zu zahlen. Vor allem in der EU. Doch auch in den USA dreht sich der Wind. Die Supermarktkette Whole Foods kündigte bereits vor einem Jahr an, Lebensmittel, die gentechnisch veränderte Zutaten aufweisen, zu kennzeichnen. Der vor der Genehmigung stehende Gen-Lachs soll in verschiedenen Ketten, darunter Whole Foods, Trader Joe’s, Kroger, Safeway und Aldi, nicht verkauft werden.


Den Gentechnik-Protagonist_innen sind die Probleme bekannt. Im Januar 2010 musste die Propagandaplattform zur deutschen Sicherheitsforschung selbst über "Probleme mit Unkräutern, die gegen bestimmte Herbizide resistent geworden sind" berichten. Im August 2010 wurde bekannt, dass in China eine Wanzenart die Fraßnische eines durch das Bt-Toxin verdrängten anderen Insektes einnahm: "Werden künftig jedoch mehr Bt-Pflanzen angebaut, könnten sie sich - ebenso wie andere, zuvor wenig beachtete Insekten - zu einer Plage entwickeln." Die DFG fördert zwar die Gentechnik mit Millionen, weiß aber auch, dass Patente "das Saatgut verteuern und den Zugang der Landwirte zu neuen Technologien erschweren würden". Das findet die Geldvergabestelle der Bundesförderung, das PTJ in Jülich, aber ganz normal. Es fände "ein internationaler Konkurrenzkampf um die Aufklärung wirtschaftlich bedeutsamer Pflanzengenome, die patentrechtliche Absicherung der Ergebnisse und die dadurch mögliche Verbesserung der Marktposition für neue Pflanzensorten mit spezifischen Eigenschaften" statt - von Vorteilen für Umwelt oder Landwirt_innen ist da nirgends mehr die Rede. Statt nun das kritisch zu hinterfragen, will Deutschland beim ökomomischen Kampfsport einfach nur vorne dabei sein: "Um die Chancen, die sich daraus ergeben, für Deutschland intensiver nutzen zu können und einen Beitrag zur Standortsicherung zu leisten, hat das BMBF die Initiative „Genomanalyse im biologischen System Pflanze – GABI“ ins Leben gerufen." Ein klares Ziel sind Patente, die Geldquellen der Zukunft: "Unbestritten sollte sein, dass Erfinder das Recht haben, wirtschaftlichen Nutzen aus ihrem Patent zu ziehen", forderte FDP-MdB Happach-Kasan im deutschen Bundestag.

Im Original: Befürworter_innen kennen Probleme
Die DFG, die Agro-Gentechnik befürwortet und finanziell erheblich fördert, warnt vor Patenten (DFG-Broschüre, S. 80)
Die ärmsten Länder wären schlecht beraten, starke Patente auf Pflanzentechnologien zuzulassen, weil diese die Möglichkeit des Nachbaus unterbinden, das Saatgut verteuern und den Zugang der Landwirte zu neuen Technologien erschweren würden.

Aus Bericht auf der Internetseite von BioSicherheit am 11.1.2010:
Landwirte in den USA bekommen zunehmend Probleme mit Unkräutern, die gegen bestimmte Herbizide resistent geworden sind. Eine aktuelle Studie sieht den großflächigen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen als Ursache. ... Bislang treten Unkräuter, die gegen Glyphosat und weitere Herbizide resistent sind, nur punktuell auf - mit einer Ausnahme: In Missouri gibt es größere Populationen des Fuchsschwanzgewächses Amaranthus rudis, die gegen Glyphosat, ALS-Inhibitoren und eine weitere Wirkstoffgruppe resistent sind.

Aus "Bt-Toxin begünstig neue Schädlinge", in: Spektum der Wissenschaft, Aug. 2010
Bei bestimmten Kulturpflanzen wie Mais oder Baumwolle wurde das Bt-Gen ins Erbgut eingefügt. Der eingebaute Fraßschutz macht chemische Schädlingsbekämpfungsmittel überflüssig. Doch was das Insekt tötet, verschafft anderen einen Vorteil. Forscher ... fanden nun heraus, dass auf Feldern mit Bt-Baumwolle in China Weichwanzen, die das Gift tolerieren, den Platz der Baumwolleule einnehmen. ... Bisher galten sie in China als unbedeutende Schädlinge. Werden künftig jedoch mehr Bt-Pflanzen angebaut, könnten sie sich - ebenso wie andere, zuvor wenig beachtete Insekten - zu einer Plage entwickeln.

Aus der Selbstdarstellung des PTJ, Redakteurin: Claudia Möhring (FAZ, Beirat JKI)
Die so genannte „grüne Gentechnik“, die Anwendung der Gen-Technologie auf Pflanzen und ihre Kompartimente, birgt große Chancen – auch für die Wirtschaft. Mit ihrer Hilfe will man die Versorgung mit Nahrungsmitteln verbessern und interessante Rohstoffe für chemische Prozesse heranwachsen lassen. Längst hat freilich auch ein internationaler Konkurrenzkampf um die Aufklärung wirtschaftlich bedeutsamer Pflanzengenome, die patentrechtliche Absicherung der Ergebnisse und die dadurch mögliche Verbesserung der Marktposition für neue Pflanzensorten mit spezifischen Eigenschaften begonnen. Um die Chancen, die sich daraus ergeben, für Deutschland intensiver nutzen zu können und einen Beitrag zur Standortsicherung zu leisten, hat das BMBF die Initiative „Genomanalyse im biologischen System Pflanze – GABI“ ins Leben gerufen. ... (S. 19)

Für Patente: Mehr Geld für Saatgutkonzerne, weniger für Landwirt_innen
Aus dem Positionspapier "Patente in der Biotechnologie" des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter (BDP)
Der Patentschutz stellt eine unbedingte Voraussetzung für Innovation im Bereich der sog. grünen Biotechnologie dar. Denn durch das Patent wird forschenden Unternehmen zeitlich begrenzt das alleinige Recht zur Benutzung der eigenen Innovationen gewährt. Erst dadurch können die investierten Forschungs- und Entwicklungskosten der Unternehmen wieder eingespielt werden. Innovation im Bereich der grünen Biotechnologie trägt zu Innovation in der Pflanzenzüchtung bei.

Aus einer Bundestagsrede der FDP-Abgeordneten Happach-Kasan am 2009:
Biopatente sind eine besondere Form des Schutzes geistigen Eigentums. Sie schützen biotechnologische Erfindungen. Es ist völlig unbestritten, dass Autoren das Recht der wirtschaftlichen Verwertung ihrer schriftstellerischen Arbeit haben. Genauso unbestritten sollte sein, dass Erfinder das Recht haben, wirtschaftlichen Nutzen aus ihrem Patent zu ziehen. ...
Der Schutz von Erfindungen ist auch in der Biotechnologie ein entscheidender Motor für wissenschaftlichen Fortschritt. Voraussetzung für die Erteilung eines Patents sind die Kriterien der Neuheit der Erfindung, der Erfindungshöhe, der Reproduzierbarkeit. Nur Erfindungen nicht aber Entdeckungen werden patentiert. Die Anwendung der Vorschriften der Biopatentrichtlinie muss sicherstellen, dass Zugang zu den genetischen Ressourcen offen bleibt. Die Herausforderungen des Klimawandels, die Sicherung der Welternährung, die energetische Nutzung von Biomasse stellen hohe Anforderungen an den züchterischen Fortschritt, denen nur durch Einbeziehung biotechnologischer Züchtungsverfahren begegnet werden kann. ... Es gibt kein Patent auf Leben.
Anmerkung: Statt Argumenten stellt Happach-Kasan etwas als "unbestritten" hin. Zwar ist der Hang nach wirtschaftlicher Verwertung in dieser Gesellschaft (leider) dominant, aber dass es niemanden gibt, der das nicht gut findet, ist frei erfunden. Typischer Fall ideologischer Argumentation!

Doch der Lobby ist das egal. Sie glaubt sogar, dass die Menschen selbst in den vom Soja-Krieg der Industrienationen ausgebeuteten Brasilien den Segen der Agrarkonzerne bejubeln:

Aus der Broschüre der FNL "Moderne Pflanzenzüchtung und Gentechnik" (S. 32):
In den USA, in Brasilien und Argentinien sowie in weiteren Anbauländern werden heute bereits über 125 Millionen Hektar mit Pfl anzen bestellt, die mithilfe der Gentechnik verbessert worden sind. Die Menschen dieser Länder haben diese Entwicklung akzeptiert.

Worte und Tagen zeigen: Es interessiert nur Geld und Macht. Die Landwirt_innen kommen im Weltbild der Saatgut- und Agrarkonzerne nur als Geldquelle vor, geworben über bunte Broschüren und gefesselt über Abhängigkeiten. Forschungsmillionen werden investiert, um Techniken zu entwickeln, die Landwirt_innen knechten sollen - so die oben beschriebene Terminatortechnologie. Angesichts der bereits offen sichtbaren Ziele und Praktiken der Agrarkonzerne kann nur spekuliert werden, wie hinter den verschlossenen Türen der Konzernzentralen über die geredet und gedacht wird, deren Geld den Profit bringt. Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) deutete diese Denke am 20. Juli 2007 in Ehingen an: "Es darf doch in Deutschland nicht so weit kommen, dass man einem Landwirt mehr glaubt als einem Forscher." (Quelle)
Schlimmer trifft es da nur noch die Sparte der Landwirtschaft, die fast immer vergessen wird: Imker_innen, selbstverständlich auch Landwirt_innen mit ihrer Nutztierhaltung, sind in den Strategien der Konzerne schon tot oder zumindest machtlos ausgeliefert der Ausbreitung von Pestiziden und gv-Pollen. "Ob da ein bisschen was vom Bt-Mais dabei ist, ist völlig egal", zeigte Christel Happach-Kasan, FDP-Bundestagsabgeordnete ihre Missachtung vor dem Lebensmittel Honig.


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