Umwelt und Macht

ATTACKEN AUF DAS GEN-GERSTEFELD 2007

Einleitung


1. Einleitung
2. Ein mysteriöser Start ...
3. Attacke auf Journalisten
4. 13. Juni 2007: Das Gen-Gerstefeld wird trotz Sicherung zerstört
5. Verfälschende Berichterstattung in den Medien
6. Texte aus der Runde der "FeldbefreierInnen"
7. Links

Presseerklärung vom 25.2.2007
FeldbefreierInnen fordern: Alle Genfelder sofort schließen!
„Was uns 2006 noch niemand glauben wollte, wird jetzt offensichtlich: Alle Feldversuche dienen kommerziellen Interessen, die Bevölkerung wird erst informiert, wenn es gar nicht anders geht und selbst Beschlüsse nützen nichts“, kritisieren AktivistInnen aus der Runde der FeldbefreierInnen die aktuelle Diskussion um Genfelder in Gießen. Sie halten die Entscheidungsträger für schlicht „unseriös“ und fordern deshalb den sofortigen Abbruch aller Experimente mit gentechnischen Pflanzen in der Landwirtschaft. Ihr Argument: Gentechnik sei eine Risikotechnologie, die zusätzlich gefährlich wird, wenn wirtschaftliche oder Standortinteressen damit verbunden werden. So kritisieren die FeldbefreierInnen den CDU-Fraktionschef und Landtagsabgeordneten Klaus-Peter Möller für seine Behauptung, es ginge um den Hochschulstandort Gießen. Das angekündigte Maisfeld der Uni diene den kommerziellen Interessen des Konzerns Monsanto. Gleiches gilt für die schon seit 2006 laufende Sicherheitsforschung mit gentechnisch veränderter Gerste. Sie diene letztlich der Markteinführung. „Hier wird Akzeptanzforschung im Interesse von Firmen betrieben – aber mit Steuergeldern“, formulieren die FeldbefreierInnen ihre Kritik.
Noch deutlicher nehmen die GentechnikgegnerInnen gegen die handelnden Personen Stellung: „Was sich in den letzten Tagen in Gießen zeigte, ist das Waterloo aller Verantwortlichen: Lügen, Vertuschung und Verschleppung sind die Markenzeichen des Hochschulstandortes und der führenden Politik.“ Im besonderen kritisieren die FeldbefreierInnen den Gießener Uni-Vizepräsidenten und Leiter des Gengersteversuchs, Prof. Kogel, sowie die Umweltdezernentin Weigel-Greilich für ihre Behauptungen, erst aus der Presse von dem neuen Genfeld erfahren zu haben. „Beides war offensichtlich gelogen. Wer aber auf diese Weise die Öffentlichkeit hinters Licht führt, hat als Versuchsleiter bei Gen-Experimenten nichts zu suchen!“ Für die Umweltdezernentin sei zu hoffen, dass sie wenigstens jetzt eine engagierte Politik betreibt.
Als unverschämt empfinden die FeldbefreierInnen die Behauptung von CDU-Mann Möller, der Beschluss der Stadtverordneten über Gentechnik in Gießen würde nur städtische Flächen betreffen. „Es kotzt uns an, wie dreist diese Mächtigen lügen, wenn ihnen Sachen nicht in ihren Kram passen“, heißt es von den FeldbefreierInnen. Die offene Gruppe, die auch für dieses Jahr wieder nach AktivistInnen sucht, hat auf der Internetseite alle wichtigen Informationen zu den Genfeldern in Gießen zusammengetragen. Zudem kündigte sie an, die weiteren Tage aufmerksam zu beobachten. „Wenn die Mächtigen für Profite und Image Weniger wieder ihre Risikospielchen betreiben, werden wir Widerstand leisten. Vielleicht ist es dieses Jahr aber auch nicht nötig, weil sich viele andere wehren. Es wird Zeit!“ heißt es in ihrem Appell. (als PDF)


Im Original: Beschwerde an die Überwachungsbehörde
22.5.2007
An das
Staatliche Umweltamt Marburg
Abt. des Regierungspräsidiums Gießen
Robert-Koch-Str. 15-17
35 037 Marburg

Sehr geehrte Damen und Herren,
bezugnehmend auf den Bescheid zum Antrag der JLU Gießen vom 18.10.2005 auf Genehmigung zur Freisetzung von gentechnisch veränderter Gerste in den Jahren 2006-2008 am Standort Gießen (Az. 6786-01-0168) melde ich Ihnen folgende „Änderungen der Freisetzung, die Auswirkungen auf die Beurteilung der Voraussetzungen nach § 16 Abs. 1 des Gentechnik gesetzes haben können“, wie es im genannten Bescheid unter II.4 Nebenbestimmungen gefordert ist (S. 6).
Eine schon einmal von Jörg Bergstedt getätigte Eingabe an das BVL wurde abschlägig beschieden, mit der Begründung, die Einwändung sei nicht durch den Versuchsleiter selbst erfolgt. Dies halte ich für eine unhaltbare Praxis, da das hieße, dass die Versuche nicht von außen überprüfbar wären, was einem Missbrauch Tür und Tor öffnen würde. Im Interesse der BürgerInnen, VerbraucherInnen und KonsumentInnen, für die und mit deren Geld solche Versuche durchgeführt werden, bestehe ich darauf, dieses Schreiben ernst zu nehmen und seinen Inhalt zu überprüfen!

Unter Punkt I.1.3. Vorgehensweise ist zu lesen:
"Für die Versuchsdurchführung der Freisetzung am Standort Gießen sind die im Antrag und in den nachgeforderten Unterlagen gemachten Angaben verbindlich, soweit nicht in den nachfolgenden Nebenbestimmungen anders bestimmt. Abweichungen sind nur zulässig, soweit sie nicht sicherheitsrelevant sind." ( S. 4)
Im Folgenden werden Abweichungen von diesen Nebenbestimmungen aufgelistet, die nach Ansicht der Beschwerdeführerin sehr wohl sicherheitsrelevant sind. Als Kritikerin der Agro-Gentechnik beobachte ich dieses Projekt seit April 2006 und möchte folgende Kritikpunkte öffentlich machen, die meiner Meinung nach dazu führen müssen, den Versuch einzustellen. Die Kritikpunkte teilen sich in zwei Kategorien:
  1. Nicht-Einhaltung oder ungenügende Ausführung der Sicherheitsmaßnahmen
  2. In-Frage-Stellung der Zuverlässigkeit des Versuchsleiters
Die hier aufgeführten Kritikpunkte sind lediglich solche, wie sie sich von einer außen stehenden Beobachterin feststellen lassen. Ich halte es also für angebracht, nach dem hier vorgebrachten, eine gründliche Untersuchung sämtlicher übriger Genehmigungsvoraussetzungen wie Arbeitsgerätschaften, Ausführung der risikominimierenden Maßnahmen, Kontroll abstände, Befähigung, Zuverlässigkeit und Aufklärung der MitarbeiterInnen etc. folgen zu lassen und den Bericht darüber der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

1. Nicht-Einhaltung oder ungenügende Ausführung der Sicherheitsmaßnahmen
A) II.7 Vogelschutznetz, Wildschutzzaun
"Zur Abhaltung von Kleinsäugern sind die Versuchsparzellen mit einem engmaschigen Wildschutzzaun zu umgeben. Zusätzlich sind durch Auslegen eines Vogelnetzes über die Gerste der Parzellen der Versuchsfläche unmittelbar nach der Aussaat und ab Beginn des Ähren schiebens eine Verschleppung und ein Fraß durch Vögel zu vermeiden." (S. 6)
Durch regelmäßige Inaugenscheinnahme der Versuchsanlage wird offenbar:
  1. der "engmaschige Wildschutzzaun" umgibt nicht die Versuchsparzelle, sondern liegt lediglich entlang des Zauns, der das gesamte Institut am Alten Steinbacher Weg 44 umgibt. Dieser ist z.B. am Eingangstor des Instituts für eine Länge von ca. 3 m unterbrochen, die Gitterstäbe des Tors lassen ein Hindurchschlüpfen von z.B. Kaninchen, die es dort zuhauf gibt, problemlos zu, außerdem steht er tagsüber oft stundenlang offen.
    Nach der sogenannten "Feldbefreiung" zu Pfingsten 2006 standen die aufgeschnitten Zaunflächen ebenfalls mehrere Tage offen, danach wurden sie lose mit Draht geflickt. Erst dieses Jahr wurden diese Zaunstücke durch neue verstärkt.
    Außerdem bleibt der Versuchsleiter Sicherheitsmaßnahmen gegen z.B. Maulwürfe, Wühlmäuse, Ratten etc. schuldig, die sich nicht durch Zäune aufhalten lassen.
  2. das vorgeschriebene Vogelnetz bedeckt die Versuchsparzelle nur dürftig (s. Anhang 5). Das Netz endet teilweise mind. 50 cm oberhalb des Bodens. Da der Versuchsort am Campus des Philoso phikum I der Justus-Liebig-Universität jedoch von Krähen und Tauben stark frequentiert ist, die sich diverse Taktiken zugelegt haben, an die Essensreste von Studierenden selbst aus geschlossenen Müllbehältern heranzukommen, scheint die Ausführung dieser Vorsichts maßnahme unzureichend zu sein, und ein umsichtiger Versuchsleiter sollte dies erkennen.

B) II.10 „Wechselwirkungen zwischen dem GVO und anderen Organismen, insbesondere Herbivoren“ (S. 6)
"Bei den Kontrollgängen ist auf Abweichungen von erwarteten biologischen Eigenschaften der gentechnisch veränderten Gerste und Störungen des Versuchs durch Wildtiere zu achten. Diese sind zu protokollieren und gegebenenfalls sind risikominimierende Maßnahmen zu ergreifen. Außerdem ist bei den regelmäßigen Kontrollgängen auf Auffälligkeiten bei Wechselwirkungen zwischen dem GVO und anderen Organismen, insbesondere Herbivoren, zu achten."
Meiner Ansicht nach, sind keinerlei Maßnahmen getroffen, um eine "Störung des Versuchs durch Wildtiere" (wenn man es nicht sogar umgekehrt formulieren müsste) überhaupt zu bemerken, geschweige denn "Auffälligkeiten bei Wechselwirkungen zwischen dem GVO und anderen Organismen, insbesondere Herbivoren". Denn dazu müsste nach einer Feststellung des Eindringens solcher Organismen (wobei schon eine Lücke in den Sicherheitsmaßnahmen konstatiert werden müsste), eine dauerhafte Beobachtung der "Organismen, insbesondere Herbivoren" möglich sein, zu der sich diese sicher nicht freiwillig bereithalten, sondern auf dem Weg, den sie gekommen sind, auch wieder verschwinden werden.
Dies stellt meiner Ansicht nach eine erhebliche Schwachstelle im Versuchsaufbau dar. Ich verlange nicht, dass dies in die Betrachtungen dieses Versuchs miteinbezogen werden muss, der sich hauptsächlich mit der "Interaktion mit symbiontischen Pilzen"(S. 23) beschäftigen will. Jedoch bemängele ich, dass in die Nebenbestimmungen Vorschriften aufgenommen werden, deren Umsetzung von vornherein unmöglich oder nicht vorgesehen ist, um den Anschein zu erwecken, der Sorgfalt genüge zu tun.

C) Beleuchtung
Seit der versuchten „Feldbefreiung“ Pfingsten 2006 wird das GV-Gerstenfeld als Sicher heitsmaßnahme nachts von einem starken Strahler beleuchtet. Es ist schwer vorstellbar, dass dieser Eingriff in die natürlichen Bedingungen keine verfälschende Wirkung auf das Pflanzenwachstum oder das der zu untersuchenden Bodenpilze hat. Tritt diese verfälschende Wirkung tatsächlich auf, hat der gesamte Versuch keine Aussagekraft mehr.

D) Auswirkung der sogenannten „Feldbefreiung“
Bei der sogenannten „Feldbefreiung“ Pfingsten 2006 befanden sich mehrere Personen (FeldbefreierInnen und Polizei) direkt auf der Versuchsfläche mitten unter den Pflanzen. Laut Versuchsleiter wurden dabei 20 % der Pflanzen beschädigt, durch Ausreißen, Darauf-Treten bzw. Darauf-Herumlaufen. Es ist schwer vorstellbar, dass dieser massive Eingriff keine schwerwiegenden Folgen für die übrigen Pflanzen und den Boden hatte. Es sollte nicht nur die Intaktheit der stehengebliebenen Pflanzen, sondern auch die allgemeine Auswirkung auf die Bodenkulturen durch die Erschütterung oder was sonst noch in Betracht kommt, überprüft werden. Es scheint unwahrscheinlich, dass mit dieser Beeinträchtigung aussagekräftige Ergebnisse erzielt werden können sollen.

E) Veränderte Versuchsanordnung
Bei Vergleich zwischen der diesjährigen räumlichen Anordnung des Versuchs und der des vergangenen Jahres fallen Unterschiede auf. 2006 waren die Pflanzen in mehreren gleich großen Quadranten gemeinsam mit der Mantelsaat unter dem Vogelschutznetz angeordnet. 2007 ist eine Aufteilung der Kulturen in drei langen Bahnen zu erkennen und die Mantelsaat befindet sich außerhalb des Netzes. Für einen Laien ist diese Änderung nicht erklärbar. Vor allem scheint fragwürdig, inwiefern vergleichbare Ergebnisse für die „gute wissenschaftliche Praxis“ erzielt werden können, wenn der Versuchsaufbau in aufeinanderfolgenden Jahren variiert. Auch die Frage nach einem erhöhten Risiko durch das Freistehen der Mantelsaat wäre zu klären.

2. In-Frage-Stellung der Zuverlässigkeit des Versuchsleiters
III.1.1 Zuverlässigkeit des Versuchsleiters (S. 7)
"Die gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GenTG geforderte Genehmigungsvoraussetzung der Zuverlässigkeit des Betreibers sowie des Projektleiters und des Beauftragten für die Biologische Sicherheit ist gegeben. Der Genehmigungsbehörde sind, auch im Wege der Nachfrage bei der zuständigen Landesbehörde, keine Tatsachen bekannt geworden, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Betreibers, des Projektleiters oder des Beauftragten für die Biologische Sicherheit ergeben, die einer Genehmigungserteilung entgegenstehen würden."
Die relevanten Gesetzesparagraphen werden im Anhang 1 noch einmal zur Vergegenwärtigung aufgeführt. § 13 ist laut Gesetzestext weggefallen, nach thematischer Relevanz ist wohl § 11 gemeint...
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sind die Genehmigungsvoraussetzungen gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Nr. 1-4 und § 6 Abs. 1 und 2, Satz 1 nicht mehr gegeben, und somit rät die Beschwerdeführerin dringend, das Versuchsprojekt in seiner aktuellen Durchführung abzubrechen. Die Abwendung "schädlicher Einwirkungen auf die in § 1 Nr. 1 bezeichneten Rechtsgüter" (§16 Abs. 1 Nr. 3) ist mit diesem Versuchsaufbau und unter diesem Versuchsleiter nicht zu gewährleisten.
Begründung:
  1. Nach der oben beschriebenen persönlichen Inaugenscheinnahme scheint mir die nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 erforderliche Sicherheitsprüfung nicht durchgeführt zu werden, wie oben dargelegt:
    "Wer [...] gentechnisch veränderte Organismen freisetzt [...], hat die damit verbun denen Risiken für die in § 1 Nr. 1 genannten Rechtsgüter [...] und die Sicherheitsmaßnahmen in regelmäßigen Abständen zu prüfen und, wenn es nach dem Prüfungsergebnis erforderlich ist, zu überarbeiten, jedoch unverzüglich, wenn 1. die angewandten Sicherheitsmaßnahmen nicht mehr angemessen sind [...] und 2. die begründete Annahme besteht, dass die Risikobewertung nicht mehr dem neuesten wissenschaftlichen und technischen Kenntnisstand entspricht.
    [...] (2) Der Betreiber hat entsprechend dem Ergebnis der Risikobewertung die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik notwendigen Vorkehrungen zu treffen und unverzüglich anzupassen, um die in § 1 Nr. 1 genannten Rechtsgüter vor möglichen Gefahren zu schützen und dem Entstehen solcher Gefahren vorzubeugen. [...]“
  2. Die "Zuverlässigkeit des Betreibers und der für die Errichtung sowie für die Leitung und die Beaufsichtigung des Betriebs der Anlage verantwortlichen Personen", wie in §11 Abs. 1 Nr. 1 gefordert, ist nicht gewährleistet, und es steht ebenfalls in Frage, ob "der Projektleiter [...] die [ihm] obliegenden Verpflichtungen ständig erfüllen" kann (§ 11 Abs. 1 Nr. 2).
    Neben den offensichtlichen Mängeln der Versuchsdurchführung, führt ebenfalls das Auftreten des Versuchsleiters in der Öffentlichkeit zu Unbehagen, was dessen Zuverlässigkeit angeht. Immer wieder kommt es bei Präsentationen und „Informations“-Veranstaltungen zu eklatanten Widersprüchen, und informierte KritikerInnen decken zurückgehaltene Informationen auf.

Unglaubwürdige Aussagen des Versuchsleiters Prof. Kogel in der Öffentlichkeit:
Bei Bekanntwerden des geplanten Projektes wurde Prof. Kogel immer wieder mit der Kritik konfrontiert, mindestens unbeabsichtigt Türöffner für die kommerzielle Nutzung von Gerste zu werden. Immerhin ist dies der allererste Freisetzung gentechnisch veränderter Gerste in der BRD überhaupt. Ein Gentechnik-Befürworter wäre für unabhängige Bio-Sicherheitsforschung ungeeignet. Kogel wies dies weit von sich und behauptete 2006 vor allem in persönlichen Gesprächen, es ginge ihm lediglich um Bio-Sicherheitsforschung. Kommerzielle Zwecke, die aufgrund der gentechnischen Veränderungen der Gerstenpflanzen theoretisch auch möglich wären, seien nicht beabsichtigt. Die "zusätzlichen" gentechnischen Veränderungen für verbesserte Futter- und Braueigenschaften seien lediglich deshalb vorhanden, weil das Gießener Saatgut von der US-amerikanischen Washington State University übernommen worden sei, die es zu anderen Zwecken gezüchtet habe. Kogel behauptete ein Gentechnik-Kritiker zu sein, und deshalb Bio-Sicherheitsforschung zu betreiben, weil als Ergebnis seines Versuchs durchaus stehen könnte, dass die GV-Gerste schädliche Auswirkungen auf den Boden habe. Diverse Zeugen für diese Aussagen können benannt werden.
Inzwischen scheint klar, dass Prof. Kogel kein Gentechnik-Gegner ist, was verschiedene Aussagen in der Öffentlichkeit belegen (s. u.) und außerdem ein Beitrag von ihm in den Gießener Uni-Blättern 34/35 2002:

A) Negative Folgen für die Umwelt ausgeschlossen
In der Gießener Allgemeinen vom 29.03.2007 (Anhang 2) ist von Kogel zu lesen, "Negative Folgen für die Umwelt seien nie zu erwarten gewesen." Solch eine "hellseherische Veranlagung" erwartet man bei einem seriösen Wissenschaftler nicht. Es spricht gegen die Vertrauens würdigkeit des Versuchsleiters, wenn er, der als unabhängiger Wissenschaftler arbeiten sollte, schon vor Abschluss des Projekts das Ergebnis kennt.
Auch in einem Artikel des Gießener Anzeiger vom 27.3.2007 (Anhang 3) verkündet Prof. Kogel: „,So wissen wir mittlerweile, dass es keine negativen Nebeneffekte für die Umwelt gibt.’ Jedoch verlange die ,gute landwirtschaftliche Praxis’ eine Versuchsdauer von drei Jahren, ,um die Erkenntnisse auch wissenschaftlich abzusichern’.“ (Wahrscheinlich muss es ‚gute wissen schaftliche Praxis’ heißen). Der Freisetzungsversuch ist jedoch auch laut Genehmigungsbescheid auf drei Jahre angelegt. Das ist „gute wissenschaftliche Praxis“. Das Ergebnis schon nach dem ersten Jahr zu verkünden, ist es nicht. Denn gerade bei natürlichen Abläufen sind Langzeit wirkungen, die sich möglicherweise erst nach Jahren oder sogar Jahrzehnten zeigen, keine Seltenheit.

B) Selbstbestäubungsrate der Gerste
Ebenfalls wiederholt Prof. Kogel im Allgemeine-Artikel seine oft getätigte unsachliche Aussage, eine Auskreuzung der Gerste sei " nicht möglich". „Gerste ist in diesem Zusammenhang eine sichere Pflanze, da sie zu 99% Selbstbestäuber ist.“ (Anzeiger, 27.3.) Im Genehmigungsbescheid wird von einer Rate von kleiner 2 % gesprochen, „bei trockener und warmer Witterung kann die Fremdbefruchtung bei manchen Genotypen auch höher sein.“ (S. 15/16). Ist sie also nicht sonderlich hoch, ist sie doch nicht „unmöglich“. Während also Prof. Kogel bei diversen Gelegenheiten Gentechnik-KritikerInnen vorwirft, lediglich Emotionen und Ängste zu schüren, tut er genau das Gegenteil: Er spielt mögliche Risiken herunter. Dabei spielt es keine Rolle, wie groß das Risiko der Auskreuzung in diesem Fall tatsächlich ist – es geht darum, dass Prof. Kogel als Versuchleiter nicht sachlich und ehrlich argumentiert.

C) Keine Auskreuzungspartner?
Im schon genannten Artikel der Gießener Allgemeinen behauptet Kogel ebenfalls: „Außerdem gibt es für sie [die Gerste] in Mitteleuropa keinen Kreuzungspartner.“ Im Genehmigungsbescheid sind jedoch sieben potentielle Kreuzungspartner genannt, die „vor und während der Blühzeit der Gerste in einem Umkreis von 35 m zu entfernen [sind], wie z.B. Jubatum L. (Mähnen-Gerste), H. Murinum L (Mäuse-Gerste), H. Murinum subsp.Ieporinum Arcang. (Braunrote Mäuse-Gerste), H. Secalinum Schreb. (Roggen-Gerste) und H. Marinum Huds. (Strand-Gerste), Hordelymus europaeus (Wald-Gerste), Elymus spec. (Quecke), und Getreidearten“(S. 6), wobei die gemeine Gartenquecke keine seltene Pflanze in unseren Breiten darstellt. Wiederum verschweigt Prof. Kogel wichtige Details, um seine KritikerInnen zu beschwichtigen und eine kritische Auseinandersetzung unmöglich zu machen.

D) Zukünftige Verwendung der Gerste
Außerdem wirbt Prof. Kogel schon jetzt öffentlich für die Verwendung der von ihm gerade noch zu erforschenden Gerste: "Sollte sich die Gießener Gerste tatsächlich 'biologisch sicher' anbauen lassen, wie Kogel vermutet, böte sie der Landwirtschaft große Chancen. Wenn weniger Pestizide und Düngemittel notwendig seien, schone das die Böden und sei gut für die Ökobilanz. Außerdem helfe es, Kosten zu sparen. Wirtschaftlich und ökologisch interessant sei es zudem, wenn Gerste - wie bisher Mais - als Tierfutter verwendet werden könne." (Gießener Allgemeine, 29.03.2007)
Da im Genehmigungsbescheid zu lesen ist, dass „Eine Verwendung von Produkten des Versuchs für die menschliche Ernährung oder zur Verfütterung nicht vorgesehen [ist]“ (S. 14) verwundert es, dass der Versuchsleiter sich schon vorab für eine mögliche Verwendung ausspricht. Lobbyarbeit für die Gentechnik-Industrie ist nicht die Aufgabe der Bio-Sicherheitsforschung.

E) Gentechnik absolut sicher?
Bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung im November 2006, behauptete Prof. Kogel, Agro-Gentechnik sei „absolut sicher“. Auf Nachfrage verschiedener Anwesender wieder holte er diese Aussage mehrere Male, auch als er explizit auf die Unwissenschaftlichkeit dieser Aussage hingewiesen wurde. Man kann ihm nun zugute halten, dass er aufgrund seiner Rolle als Vortragender unkonzentriert war, jedoch sollte er auf sachliche Einwände z.B. zur Unwissen schaftlichkeit eingehen können.

F) Sabotage des Versuchs?
Ebenfalls am 29.3 ist in der Gießener Allgemeinen zu lesen, dass am 28.3. „ein anonymes Schreiben [in der Redaktion] ein[ging], in dem es hieß, dass Feld sei nicht mehr brauchbar.“ Kogel soll sich daraufhin durch reine Inaugenscheinnahme davon überzeugt haben, dass mit dem Feld alles in Ordnung ist und ließ noch am folgenden Tag aussäen, was am 27.3. noch für „in wenigen Tagen“ angekündigt war. Eine reine Inaugenscheinnahme entspricht nicht „guter wissenschaftlicher Praxis“. Zur Feststellung, ob am Versuchsaufbau manipuliert worden sein sollte, ist der Versuchsleiter zu einer sorgfältigen Kontrolle verpflichtet. Sollte er dies unterlassen haben, hätten die Forschungsergebnisse keine Aussagekraft.

G) Gentechnik nur noch am Rande
Die Beschwerdeführerin stand mit Prof. Kogel in Mailkontakt, weil er sie und andere zu einem Gespräch in seinem Institut eingeladen hatte. In einer Mail an sie vom 2. Mai teilt Prof. Kogel mit, dass er derzeit das Thema "Auswirkungen des Klimawandels auf gesellschaftliche Veränderungen" wichtiger fände und "die Gentechnik am Rande" laufe (s. Anhang 4).
Diese Art von Forschung kann nicht so „nebenbei“ betrieben werden, wie § 11 Abs. 1 Nr. 2 vorschreibt: „(1) Die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer gentechnischen Anlage ist zu erteilen, wenn […] 2. gewährleistet ist, dass der Projektleiter […] die [ihm] obliegenden Verpflichtungen ständig erfüllen [kann]…“ Ist Prof. Kogel nicht willens dies zu beachten, kommt er als Versuchsleiter nicht mehr in Betracht.
Aus den vorgenannten Gründen fordere ich, den Versuch abzubrechen, da weder durch die Person des Versuchsleiters noch durch nicht eingehaltene Sicherheitsvorkehrungen eine gefahr lose Durchführung gewährleistet werden kann.

Anhang 1
Dies sind die relevanten Artikel aus dem Gentechnikgesetz, Textnachweis ab: 24. 6.1990
Änderungen aufgrund EinigVtr vgl. § 41a (Stand: Neugefasst durch Bek. v. 16.12.1993 I 2066; zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 17.3.2006 I 534), also die am 3.4.2006, an dem der Genehmigungsbescheid erstellt wurde, gültige Fassung.
(bundesrecht.juris.de/gentg/index.html am 5.5.2007)
§ 16 Genehmigung bei Freisetzung und Inverkehrbringen
(1) Die Genehmigung für eine Freisetzung ist zu erteilen, wenn
  1. die Voraussetzungen entsprechend § 11 Abs. 1 Nr. 1 und 2 vorliegen,
  2. gewährleistet ist, daß alle nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden,
  3. nach dem Stand der Wissenschaft im Verhältnis zum Zweck der Freisetzung unvertretbare schädliche Einwirkungen auf die in § 1 Nr. 1 bezeichneten Rechtsgüter nicht zu erwarten sind.
§ 11 Genehmigungsvoraussetzungen (für Gentechnische Arbeiten in gentechnischen Anlagen)
(1) Die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer gentechnischen Anlage ist zu erteilen, wenn
  • keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Betreibers und der für die Errichtung sowie für die Leitung und die Beaufsichtigung des Betriebs der Anlage verantwortlichen Personen ergeben,
  • gewährleistet ist, daß der Projektleiter sowie der oder die Beauftragten für die Biologische Sicherheit die für ihre Aufgaben erforderliche Sachkunde besitzen und die ihnen obliegenden Verpflichtungen ständig erfüllen können,
  • sichergestellt ist, daß vom Antragsteller die sich aus § 6 Abs. 1 und 2 und den Rechtsverordnungen nach § 30 Abs. 2 Nr. 2, 4, 5, 6 und 9 ergebenden Pflichten für die Durchführung der vorgesehenen gentechnischen Arbeiten erfüllt werden,
  • gewährleistet ist, daß für die erforderliche Sicherheitsstufe die nach dem Stand der Wissenschaft und Technik notwendigen Vorkehrungen getroffen sind und deshalb schädliche Einwirkungen auf die in § 1 Nr. 1 bezeichneten Rechtsgüter nicht zu erwarten sind,
§ 6 Allgemeine Sorgfalts- und Aufzeichnungspflichten, Gefahrenvorsorge
(1) Wer gentechnische Anlagen errichtet oder betreibt, gentechnische Arbeiten durchführt, gentechnisch veränderte Organismen freisetzt oder Produkte, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, als Betreiber in Verkehr bringt, hat die damit verbundenen Risiken für die in § 1 Nr. 1 genannten Rechtsgüter vorher umfassend zu bewerten (Risikobewertung) und diese Risikobewertung und die Sicherheitsmaßnahmen in regelmäßigen Abständen zu prüfen und, wenn es nach dem Prüfungsergebnis erforderlich ist, zu überarbeiten, jedoch unverzüglich, wenn
  1. die angewandten Sicherheitsmaßnahmen nicht mehr angemessen sind oder die der gentechnischen Arbeit zugewiesene Sicherheitsstufe nicht mehr zutreffend ist oder
  2. die begründete Annahme besteht, dass die Risikobewertung nicht mehr dem neuesten wissenschaftlichen und technischen Kenntnisstand entspricht.
    [...]
(2) Der Betreiber hat entsprechend dem Ergebnis der Risikobewertung die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik notwendigen Vorkehrungen zu treffen und unverzüglich anzupassen, um die in § 1 Nr. 1 genannten Rechtsgüter vor möglichen Gefahren zu schützen und dem Entstehen solcher Gefahren vorzubeugen. Der Betreiber hat sicherzustellen, daß auch nach einer Betriebseinstellung von der Anlage keine Gefahren für die in § 1 Nr. 1 genannten Rechtsgüter ausgehen können.
(3) Über die Durchführung gentechnischer Arbeiten und von Freisetzungen hat der Betreiber Aufzeichnungen zu führen und der zuständigen Behörde auf ihr Ersuchen vorzulegen. Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nach Anhörung der Ausschüsse nach § 5 und § 5a die Einzelheiten über Form und Inhalt der Aufzeichnungen und die Aufbewahrungs- und Vorlagepflichten.
(4) Wer gentechnische Arbeiten oder Freisetzungen durchführt, ist verpflichtet, Projektleiter sowie Beauftragte oder Ausschüsse für Biologische Sicherheit zu bestellen.

§ 30 Erlaß von Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften
(1) [...]
(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der Ausschüsse nach den §§ 5 und 5a durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Erreichung der in § 1 Nr. 1 genannten Zwecke zu bestimmen,
  1. wie die Arbeitsstätte, die Betriebsanlagen und die technischen Arbeitsmittel bei den einzelnen Sicherheitsstufen beschaffen, eingerichtet und betrieben werden müssen, damit sie den gesicherten sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen, hygienischen und sonstigen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen, die zum Schutz der Beschäftigten zu beachten und zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit erforderlich sind;
  2. die erforderlichen betrieblichen Maßnahmen, insbesondere
    a) wie das Arbeitsverfahren gestaltet sein muß, damit die Beschäftigten durch gentechnische Arbeiten oder eine Freisetzung nicht gefährdet werden,
    b) wie die Arbeitsbereiche überwacht werden müssen, um eine Kontamination durch gentechnisch veränderte Organismen festzustellen,
    c) wie gentechnisch veränderte Organismen innerbetrieblich aufbewahrt werden müssen und auf welche Gefahren hingewiesen werden muß, damit die Beschäftigten durch eine ungeeignete Aufbewahrung nicht gefährdet und durch Gefahrenhinweise über die von diesen Organismen ausgehenden Gefahren unterrichtet werden,
    d) welche Vorkehrungen getroffen werden müssen, damit gentechnisch veränderte Organismen nicht in die Hände Unbefugter gelangen oder sonst abhanden kommen,
    e) welche persönlichen Schutzausrüstungen zur Verfügung gestellt und von den Beschäftigten bestimmungsgemäß benutzt werden müssen,
    f) daß die Zahl der Beschäftigten, die mit gentechnisch veränderten Organismen umgehen, beschränkt und daß die Dauer einer solchen Beschäftigung begrenzt werden kann,
    g) wie sich die Beschäftigten verhalten müssen, damit sie sich selbst und andere nicht gefährden, und welche Maßnahmen zu treffen sind,
    h) unter welchen Umständen Zugangsbeschränkungen zum Schutz der Beschäftigten vorgesehen werden müssen;
  3. [...]
  4. welche Kenntnisse und Fähigkeiten die mit gentechnischen Arbeiten oder einer Freisetzung Beschäftigten haben müssen und welche Nachweise hierüber zu erbringen sind;
  5. wie und in welchen Zeitabständen die Beschäftigten über die Gefahren und Maßnahmen zu ihrer Abwendung zu unterweisen sind und wie den Beschäftigten der Inhalt der im Betrieb anzuwendenden Vorschriften in einer tätigkeitsbezogenen Betriebsanweisung unter Berücksichtigung von Sicherheitsratschlägen zur Kenntnis zu bringen ist;
  6. welche Vorkehrungen zur Verhinderung von Betriebsunfällen und Betriebsstörungen sowie zur Begrenzung ihrer Auswirkungen für die Beschäftigten und welche Maßnahmen zur Organisation der Ersten Hilfe zu treffen sind;
  7. [...]
  8. [...]
  9. daß die Beschäftigten arbeitsmedizinisch zu betreuen und hierüber Aufzeichnungen zu führen sind sowie zu diesem Zweck
    a) der Betreiber verpflichtet werden kann, die mit gentechnischen Arbeiten oder einer Freisetzung Beschäftigten ärztlich untersuchen zu lassen,
    b) der Arzt, der mit einer Vorsorgeuntersuchung beauftragt ist, im Zusammenhang mit dem Untersuchungsbefund bestimmte Pflichten zu erfüllen hat, insbesondere hinsichtlich des Inhalts einer von ihm auszustellenden Bescheinigung und der Unterrichtung und Beratung über das Ergebnis der Untersuchung,
    c) die zuständige Behörde entscheidet, wenn Feststellungen des Arztes für unzutreffend gehalten werden,
    d) die in die Aufzeichnung aufzunehmenden Daten den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung oder einer von ihnen beauftragten Stelle zum Zweck der Ermittlung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren oder Berufskrankheiten übermittelt werden

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