Umwelt und Macht

Ö-PUNKTE 1/1998

Fehlende Reaktion auf die Tatsachen


1. Die "Merkel-Truppen": Wer die Agenda unterstützt, stärkt die Herrschenden
2. Fehlende Reaktion auf die Tatsachen
3. Lokale Agenda als PR-Gag
4. Auch dicke dabei: Die Großkonzerne
5. Insgesamt: Politik ohne Inhalte

Die Politik in Bonn und in den Bundesländern ist alles andere als erfreulich. Umweltschutz- und Beteiligungsstandards werden abgebaut. Der Vollzug anderer Vorschriften wird ausgesetzt - wer investieren will, hat nicht nur Narrenfreiheit, sondern wird obendrein noch umworben von den Bundes-, Landes- und KommunalpolitikerInnen. Ob für große Industriehallen mit rationelleren Verfahren (was leider einige Arbeitsplätze kostet), Golfplätze oder Müllverbrennungsanlagen: Von den Grünen bis zur F.D.P. brechen alle in Jubel aus. Während die Menschen nur noch den Kopf darüber schütteln, daß weiter CASTORen durchs Land geprügelt werden sollen, denken die AtomstrategInnen in Bonn schon über ganz andere Sachen nach: Neue Reaktortypen sollen entwickelt und die Gesetze so geändert werden, daß sie später ohne aufwendige überall hingebaut werden können. Mit den Verantwortlichen, die solche Politik durchsetzen, wäre eigentlich eine harte Auseinandersetzung fällig. Wo Umweltgesetze massenweise abgebaut und Beteiligungsmöglichkeiten eingeschränkt werden, kann sich Umweltschutz nicht an Runden Tischen abspielen. Das Handeln von Konzernen und PolitikerInnen macht deutlich, daß sie Umweltschutz nicht wollen. Dennoch verhalten sich BUND, NABU und viele andere so, als gäbe es Anzeichen, daß mit gutem Zureden viel zu erreichen ist. Das stimmt aber nicht: Zum einen zeigt es die reale Entwicklung (im Umweltschutz geht nichts mehr voran, daß geben sogar die etablierten UmweltschützerInnen selbst zu), zum anderen läßt sich auch aus Erfahrung sagen, daß es zur Logik von Politik gehört, Verhandlungen nur sinnvoll führen zu können, wenn ein eigenes Druckpotential vorhanden ist. Nur in wenigen Fällen reichen dazu Drohgebärden, wenn z.B. eine Umweltschutzgruppe oder Einzelpersonen Klagerechte haben und damit Verfahren mindestens verzögern können. Das wirksamste Druckpotential der Umweltbewegung war der Kampf auf der Straße. Wo PolitikerInnen Massendemonstrationen, Blockaden und öffentliche Aktionen fürchten mußten, waren Verhandlungen möglich. Dieses Potential haben die etablierten Umweltverbände leichtfertig aufgegeben. Von dem Teil der Bewegung, die solche Aktionsformen noch ausüben (vor allem die Anti-Atom-Bewegung und Widerstandsprojekte), sind sie weit entfernt. In vielen Fällen distanzieren sie sich eher, um weiter als VerhandlungspartnerInnen akzeptiert zu werden - auch wenn ihnen dann jedes Durchsetzungsmittel fehlt.

Angesichts der massiven Umweltzerstörung und des Abbaus von Umweltschutzgesetzen wäre längst schon die Zeit angebrochen, wo der Kampf wieder auf der Straße stattfinden muß. Verhandlungen sind erst dann sinnvoll, wenn ein Druckpotential besteht. Aber die etablierten UmweltschützerInnen wollen das gar nicht mehr. Während Merkel & Co. Atomgesetze und Beschleunigungsparagraphen durchpeitschen, sitzen die UmweltschützerInnen brav an den Agendatischen, die unter der Kontrolle der perfekt geschulten ModeratorInnen gezielt heiße Luft produzieren.

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