Umwelt und Macht

ÖKOSTROM VON UNTEN: GENOSSENSCHAFTEN

Biomasseprojekt LIEBERHAUSEN


1. Emanzipatorischer Umweltschutz - umgesetzt im Energiebereich
2. Pro & Contra
3. Pro & Contra II
4. Pro & Contra IV
5. Kritik von Ilka Schröder (MdEP der Grünen), Antwort von Detlef Gebauer
6. sfv-rundmail: 15.12.00 ,Ökostromhandel' hält nicht was er verspricht
7. sfv-rundmail: 19.12.00 Persönlicher Atomausstieg - wirtschaftlich sinn- und folgenlos!
8. sfv-rundmail: 20.12.00 Rechthaberei beim Thema Ökostrom?
9. sfv-rundmail: 21.12.00 Schwarzes Schaf, Wolf im Schafspelz, harmloses Schaf im ,Ökostromhandel'
10. REINSTROM ArbeitsGemeinschaft: Grüner Strom für die Region Göttingen
11. Tradition mit Fortschritt - den Energiemarkt durch Kooperativen beleben
12. ALBWERK: Von der Strommuehle zur Dividendengemeinschaft
13. Kurzinterview "Wir haben guenstige Strukturen"
14. Heizwerk SIEDERLERSTRASSE, Nürnberg
15. Biomasseprojekt LIEBERHAUSEN
16. Energiegemeinschaft Windfang
17. Energiegemeinschaft Windfang: Windkraftanlage Hamburg-Ochsenwerder
18. Agrarenergie RODING
19. Windkraftgenossenschaft LÜBECK

Eine heisse Sache - Heizen mit Hackschnitzeln

"Traeumerischer Oekokram", meinten Skeptiker zunaechst, sobald sie von dem Genossenschaftsprojekt in Lieberhausen hoerten. Doch ihre Zweifel wurden rasch beseitigt. Ab kommenden November sollen zunaechst 68 Haeuser, eine Kirche, ein Kindergarten, eine Mehrzweckhalle und vier weitere Einrichtungen durch das Hackschnitzel-Heizkraftwerk versorgt werden.

Kirsten Woernle, Red. Genossenschaften - Wenn im nordrhein-westfaelischen Lieberhausen in diesem Herbst die Heizungen und Warmwasserhaehne aufgedreht werden, dann beziehen ueber zwei Drittel der 350 Einwohner Waerme aus einem nahegelegenen Holzhackschnitzel-Heizkraftwerk. In nur drei Jahren wurde die Idee einer Waermeselbstversorgung in die Tat umgesetzt. Das Biomasseprojekt Lieberhausen hat einen Grossteil seines Rohstoffes fast schon vor der Haustuer. In den angrenzenden Waeldern faellt durch Waldpflege viel Holz an. Die Genossenschaft laesst die Waelder durchforsten und verkauft das Holz, das weiterverarbeitet werden kann. Der Rest wird in den Sommermonaten getrocknet und anschliessend fuer das Heizkraftwerk gehaeckselt.

Anfaengliche Skepsis
Bernd Rosenbauer, Vorsitzender des Genossenschaftsvorstands, stiess mit seiner Idee anfangs auf viele Vorurteile. Die Vorteile des Primaerenergietraegers Holz sind oftmals nicht bekannt. Im Gegensatz zu Oel, Gas und Kohle faellt bei der Holzverbrennung kein zusaetzliches Kohlendioxid an. Das freigesetzte CO2 wird vom nachwachsenden Wald wieder aufgenommen und traegt so nicht zum Treibhauseffekt bei. Auch die Schwefeldioxidemissionen sind gering.
Spaetestens nach einer Informationsreise zu zwei Hackschnitzel-Heizkraftwerken war ein Grossteil der Buerger von der Idee ueberzeugt. "Das ging wie im Schneeballverfahren", berichtet Rosenbauer. "Innerhalb von 14 Tagen wuchs die Zahl der Anschlusswilligen auf 42 Haeuser." Inzwischen hat sich diese Zahl fast verdoppelt. Etwa 4.000 Ster Hackschnitzel werden pro Jahr benoetigt, um die Genossenschaftsmitglieder mit Waerme zu versorgen. Das entspricht etwa einer LkW-Ladung pro Woche. In Lieberhausen ist geplant, das Holz zur Haelfte aus Waeldern der Region und zur Haelfte aus der Saegeindustrie zu beziehen.

Vollautomatischer Holzofen
Aus einem 280 Kubikmeter fassenden Vorratssilo werden die Hackschnitzel vollautomatisch dem Holzofen (900 kW) des Heizkraftwerks zugefuehrt, der das Wasser fuer die Waermeversorgung auf 90 Grad Celsius erhitzt. Geplant ist der Einbau eines weiteren Holzofens mit einer Leistung von 400 kW fuer die Versorgung in den Sommermonaten und zur Spitzenlastabdeckung im Winter. Um fuer Stoerfaelle gewappnet zu sein, steht ein Oelkessel mit einer Waermeleistung von 1.400 kW zur Verfuegung.
Das Hackschnitzelkraftwerk laeuft weitgehend automatisch und braucht keine staendige personelle Besetzung. Zwei dreissigminuetige Kontrollgaenge am Tag reichen aus. Alle zehn bis zwoelf Wochen muss der Ofen geputzt werden. Diese Wartungs- und Kontrolltaetigkeiten koennen von Genossenschaftsmitgliedern uebernommen werden. "Wir wollten die Kosten und Gewinne im Dorf lassen", sagt Bernd Rosenbauer. Auch die Graeben fuer die Hausanschlussleitung und Wanddurchbrueche erstellen die Mitglieder selbst. Die Tiefbaukosten koennen gesenkt werden, da in Lieberhausen die Trinkwasserleitungen erneuert werden muessen und das Abwassernetz verlegt wird. So kann die Energiegenossenschaft die Graeben gleichzeitig zur Verlegung ihrer Fernwaermeleitung nutzen.

Ehrenamtlicher Einsatz

7,5 Pfennige zahlen die Mitglieder fuer die Kilowattstunde. Dazu kommen einmalig ein Genossenschaftsgrundbetrag und Gebuehren fuer die Hausanschlussleitung. Am Haus befindet sich neben der ueblichen Hausinstallation nur noch eine Uebergabestation. Technische Einrichtungen wie Kamin, Heizkessel, Heizraum, Gasanschluss oder Oeltank entfallen.
Dass das Biomasseprojekt jetzt auf grosse Akzeptanz stoesst, ist ueber 3.500 Stunden ehrenamtlicher Arbeit zu verdanken. Der persoenliche Einsatz fuer die Nutzung umweltfreundlicher Energie in Lieberhausen schweisst die Beteiligten zusammen. Laerm und Dreck durch die Grabungsarbeiten werden in Kauf genommen. "Es lohnt sich, an eine Sache zu glauben und Eigenverantwortung zu uebernehmen", sagt Rosenbauer, der sich freut, wie viel aus Buergerengagement entstehen kann. "Wo andere ihren Energietraeger aus Krisenregionen herbeitransportieren, werden wir unseren heimischen Rohstoff nutzen."

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