Umwelt und Macht

GENTEC-FILZ IN BEHÖRDEN UND ÄMTERN
KOLLABORATION STATT KONTROLLE: BVL+ZKBS+EFSA ...

Weitere Bundesanstalten im Grenzbereich zwischen Anwendung und Kontrolle


1. 100*ig im Dienst der Agro-Gentechnik: BVL
2. Unheimliche Begegnung der dritten Art: BVL meets Verbraucher ... Akteneinsichts-Krampf
3. Kommissionen und Gremien rund um das BVL
4. Kern im Behördenfilz: Julius-Kühn-Institut (JKI, ehemals: BBA)
5. Weitere Bundesanstalten im Grenzbereich zwischen Anwendung und Kontrolle
6. Ministerien, Fachbehörden und Überwachungsstellen der Bundesländer
7. EU
8. Filz weltweit
9. Aufruf zum Protest an Universitäten, gegen Landesförderung und mehr
10. Aktionen gegen die verfilzten Behörden in Berlin 9.-15.9.2009)
11. Links und Materialien

vTI und der dortige Gentechnik-Versuchsleiter Christoph Tebbe
Das Johann Heinrich von Thünen-Institut ist - wie das JKI - ein Spaltprodukt der ehemaligen BBA. Hauptsitz des vTI ist aber Braunschweig geblieben - und hier führt es zusammen mit der RWTH Aachen und anderen Universitäten einen Freisetzungsversuch mit Kreuzungen unterschiedlich gentechnisch verändertem Mais durch, gefördert mit 400.000 Euro aus dem Biosicherheitsprogramm des BMBF. Versuchsleiter beim vTI ist Christoph Tebbe, der seinen Versuch vehement verteidigte. Tebbe ist einer der vier deutschen Vertreter in der GMO-Arbeitsgruppe der EFSA und winkt dort neue gentechnisch veränderte
Pflanzensorten durch. Zu dem inzwischen wegen unkalkulierbarer Umweltauswirkungen verbotenen MON810-Mais zeigte er im Interview auf www.biosicherheit.de am 21.11.2007 eine positive Grundeinstellung: "Im Vergleich zu herkömmlichen chemischen Insektiziden im Maisanbau kann man tatsächlich aufgrund der sehr guten Datenlage aus den vielen Sicherheitsforschungsprojekten die Frage für MON810 mit 'ja' beantworten. MON810 erscheint ökologisch sicherer als herkömmlicher Anbau mit chemischen Pestiziden." Nach eigenen Angaben ist er Mitglied bei der American Society of Microbiology, in der Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM) und beim VDI. 2007 bis 2009 forschte er für die BASF an gentechnisch veränderten Kartoffeln. Auffällig und ausfällig wurde Tebbe im Frühjahr 2009, als GentechnikgegnerInnen sein auf dem großen Ex-FAL-Gelände nordwestliche von Braunschweig eigentlich gut verstecktes Maisversuchsfeld besetzten. Gesprächen verweigerte er sich, verteilte aber persönlich vor dem Eingang zu einer gentechnik-kritischen Veranstaltung (13.5., Braunschweig) Flugblätter. Besuchen wollte er den Vortrag aber nicht und begründete das bereits mit Pöbeleien wie "das ist doch alles unwissenschaftlich" und "der Referent kommt gar nicht von hier". Ausfällig wurde er gegenüber einer Person, die ihn dort darauf ansprach, dass die gerne Akteneinsicht beim vTI hätte und nicht bekommen würde. Deren AugenzeugInnenbericht: "Es ging um 'die Imker' zu denen er meinte, Imker seien sehr anfällig für Falschinformationen. Da habe ich ihn darauf hingewiesen, dass es in diesem Falle hier aber einen Imker gab, der sich aus erster Hand selbst informieren wollte und darum Akteneinsicht beantragt hat. Herr Tebbe meinte, ja den kenne er und noch so eine Frau. Da sagte ich, ja das war ich und er antwortete, dass er nicht weiß, warum wir das anschauen wollten, weil wir das doch gar nicht verstehen könnten."
Im Juli 2011 wurde seitens der EU (EFSA) die Monsanto-Maissorte MON89034 x MON88017 als Futter- und Lebensmittel zugelassen. Das ist genau der Mais, der unter Leiter von Christoph Tebbe in den Freisetzungsversuchen in
Braunschweig 2008-2010
ausgebracht wurde. Christoph Tebbe sitzt seit 2009 im
GMO-Panel der EFSA, die den Mais durchwinkte. Ein Schelm, der Böses dabei denkt ...

Bundesamt für Risikobewertung (BfR)

Im Original: Übersicht ...
Aus der Bundestagsdrucksache 17/10373 vom 23.7.2012

Das BfR lässt sich in seiner Arbeit durch externe Sachverständige in den Kommissionen des BfR beraten, um den in Deutschland verfügbaren wissenschaftlichen Sachverstand für die behördliche Politikberatung zu nutzen. Sämtliche Mitglieder der BfR-Kommissionen sind nach ihrer Berufung im Internet bekannt gegeben worden und ehrenamtlich tätig. Eine Liste der Mitglieder der BfR-Kommissionen für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel, für Pflanzenschutzmittel und ihre Rückstände und für Lebensmittelzusatzstoffe, Aromastoffe und Verarbeitungshilfsstoffe sind im Internet einsehbar unter ... (S. 3)

Zu möglichen Interessenkonflikten bei hauptamtlich am BfR beschäftigten Personen in der Risikobewertung gilt Folgendes:

Die Beschäftigten des BfR haben die im öffentlichen Dienst geltenden rechtlichen Vorschriften zur unparteiischen Amtsführung sowie zum Korruptionsschutz einzuhalten. Nebentätigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BfR sind grundsätzlich durch die Behörde genehmigungspflichtig (vgl. §§ 97 ff. BBG, § 3 Absatz 3 TVÖD). In diesem Rahmen werden mögliche Interessenkonflikte vorab geprüft und die Genehmigung gegebenenfalls versagt. ... (S. 5)

Sollten bei einem Beschäftigten des BfR Interessenkonflikte zur amtlichen Tätigkeit auftreten, würde dem im Rahmen der Dienstaufsicht konsequent nachgegangen und ein eventuell dienstpflichtwidriges Verhalten unterbunden.

Würden Interessenkonflikte bei BfR-Kommissionsmitgliedern bekannt werden, würde das BfR beim Vorsitzenden der Kommission darauf drängen, dass die betreffenden Kommissionsmitglieder nicht an Beratungen bzw. Abstimmungen teilnehmen. ... (S. 6)

Bei der Berufung der Kommissionen hat das BfR ausdrücklich auch die Mitarbeit von Wissenschaftlern aus der Industrie vorgesehen, soweit dies zur Exzellenz der wissenschaftlichen Beratungstätigkeit der Kommissionen beiträgt. Das BfR achtet aber darauf, dass entsprechende Interessen angegeben werden und gegebenenfalls bei Interessenkonflikten angemessen reagiert wird. ... (S. 7)

Aus "Möglicher Einfluss auf Bundesinstitute: Lobbywächter rügen Macht der Genfood-Industrie", Spiegel Online, 25.5.2012

Das Institut mit Sitz in Berlin berät die Bundesregierung bei Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien und Produktsicherheit. Als zentrale nationale Kontaktstelle koordiniert das BfR zudem den wissenschaftlichen Informationsaustausch zwischen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und den Behörden in Deutschland. Bei seiner Arbeit greift das BfR auf verschiedene Expertenkommissionen zurück, eine davon ist für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel zuständig.


Besonders problematisch findet Testbiotech-Mitarbeiter Then, dass viele der Kommissionsmitglieder ihre Verbindungen in die Industrie nicht offenlegen, obwohl die BfR sie dazu verpflichtet, einen Fragebogen über mögliche Interessenkonflikte auszufüllen. Die Antworten veröffentlicht das Institut auf seiner Internetseite.

So hat etwa die Vorsitzende der Kommission für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel, Inge Broer, verschwiegen, dass sie unter anderem an der Anmeldung von Patenten der Firma Bayer auf herbizidtolerante gentechnisch veränderte Pflanzen mitgewirkt habe und dass sie als Gesellschaftervorsitzende der Biovativ GmbH und Gesellschafterin der BioOK GmbH fungiert. Die beiden Unternehmen bieten ihre Dienstleistungen auch für Saatgutkonzerne wie Monsanto an. Außerdem sei sie Mitautorin einer Broschüre der Deutschen Forschungsgesellschaft, die einseitig die Vorteile der Agro-Gentechnik hervorhebe. ...

Die verblüffende Parallele zu Deutschland: Der Vorgänger Broers als Vorsitzender der BfR-Kommission für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel war Gerhard Eisenbrand. Heute ist er einfaches Mitglied der Kommission, dazu Leiter der Senatskommission zur gesundheitlichen Bewertung von Lebensmitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Gleichzeitig ist er ehrenamtlicher Präsident von Ilsi Europe, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats und Mitglied im Verwaltungsrat der Organisation. Anders als Broer gibt Eisenbrand viele Interessenkonflikte an - auch wenn er dabei dem Bericht zufolge Lücken gelassen hat.

Das BfR gibt Stellungnahmen bei Freisetzungen von gv-Pflanzen ab. Die fallen regelmäßig recht kurz aus. So wurde z.B. in der Stellungnahme des Bundesinstitutes für Risikobewertung vom 21.3.2006 (Bl. 631 der Akte des BVL) zum Gießener Gengersteversuch festgestellt: "Das BfR hat keine Einwände gegen das o.g. Freisetzungsvorhaben." Auch die konkreten Formulierungen im Folgenden nichts anderes als die Wiedergabe der Inhalte des Antrags. Ergebnisse eigener Prüfungen sind nicht erkennbar. Pauschal wird abschließend behauptet: "Zwecks Verhinderung ihrer unkontrollierten Verbreitung
sind umfassende Schutzmaßnahmen vorgesehen.
"
Die Bearbeiterin und Autorin der Stellung, Marianna Schauzu, arbeitete vorher im BVL - ist es also gewöhnt, zur Begutachtung eingereichte Anträge schlicht

durchzuwinken.
Die Journalistin Heidrun Graupner verdächtigte Marianna Schauzu in der Süddeutsche Zeitung vom 6.12.2002, unter einem Pseudonym Propaganda-Artikel für die Agro-Gentechnik geschrieben zu haben.

Im Original: Von und über Marianna Schauzu
Marianna Schauzu auch bei früheren Anstellungen in Bundesbehörden immer abwiegelnd (GID, Febr. 2001)

Trotz Beschwerden vieler Verbraucher und Verbände angesichts des offensichtlichen Kennzeichnungsdschungels sieht Marianna Schauzu, Leiterin der Koordinationsstelle für neuartige Lebensmittel und Gentechnik am Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV), prinzipiell keine Lücken in der Novel Food-Verordnung.

Weiterer Fall: Wieder trat Marianna Schauzu als Verharmloserin auf (www.biosicherheit.de am 4.6.2007)

In der Fütterungsstudie, die mit den Antragsunterlagen für die Zulassung von MON863 vorgelegt wurde, waren statistisch signifikante Abweichungen in Blut und Urin der Versuchstiere bei Fütterung mit gv- Mais im Vergleich mit konventionellem Mais festgestellt worden. Im Gegensatz zu Séralini stufen Sie in ihrer Stellungnahme die Unterschiede als toxikologisch nicht relevant ein, sie lägen vielmehr im Bereich "natürlicher Schwankungsbreiten".

Aus Christoph Then/Andreas Bauer-Panskus (2012): "Schlecht beraten: Gentechnik-Lobbyisten
dominieren Expertengremium
"

Marianna Schauzu ist kein ehrenamtliches Mitglied der Kommission, sondern deren Geschäftsführerin und Mitarbeiterin des BfR. Schon in den den 90er-Jahren war sie in der Gentechnikabteilung des Robert Koch-Institutes (RKI) tätig. Sie war Leiterin der Zentralen Koordinationsstelle für Neuartige Lebensmittel und Gentechnik am Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz (BgVV) und ist seit 2002 am BfR.
Marianna Schauzu wird nachgesagt, schon vor einigen Jahren unter dem Pseudonym Marcella Sommer Propaganda-Artikel für die Agrogentechnik (u.a. „Hungertod durch Verbraucherschutz?“) geschrieben zu haben. Dies wird von ihr zwar bestritten, aber nach einer Berichterstattung in der Süddeutschen Zeitung erschienen von Marcella Sommer keine weiteren Artikel mehr. Zudem soll die Redaktion der Marxistischen Blätter, wo die Artikel erschienen waren, der Süddeutschen Zeitung auf Nachfrage bestätigt haben, dass sich hinter dem Pseudonym von Marcella Sommer tatsächlich Frau Schauzu verbirgt.
Inzwischen gibt es Artikel ähnlichen Inhalts, die Frau Schauzu unter ihrem eigenen Namen verfasst wie „Frage der Bedingungen – Burkina Faso zeigt, dass Zusammenarbeit mit Multis wie Monsanto möglich ist, ohne den eigenen Entwicklungsplan preisgeben zu müssen“.
Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass Frau Schauzu über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren von staatlicher Seite mit dem Thema Gentechnik betraut wurde, obwohl ihre Voreingenommenheit gegenüber dieser Technologie bekannt ist.

So ließen sich noch mehr Stories aus den Tiefen bundesdeutscher Behörden erzählen. Im Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, umbenannt in Max-Rubner-Institut, BfEL (MRI), in Karlsruhe, war Vielfach-Funktionär Klaus-Dieter Jany Leiter des Molekularbiologischen Zentrums. Er trat unter seiner offiziellen Behördenfunktion auf den wichtigen Lobbytagungen, z.B. dem InnoPlantaforum 2006 in Magdeburg auf: "Prof. Dr. Klaus-Dieter Jany von der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel legte aus seiner Sicht die Erwartungshaltung der Verbraucher dar. Während es früher darum gegangen sei, den Hunger zu stillen, seien Lebensmittel heute ein Convenience-Produkt. Mit Blick auf aktuelle Fragen kam er zu dem Schluss: „Ein großer Teil der Verbraucher erwartet Lebensmittel mit gesundheitlichen Zusatznutzen und wird dann auch bereit sein Gentechnik zu akzeptieren.“ Vorbehalte gegen die Gentechnik verglich er mit Vorbehalten gegen die Pasteurisierung von Milch vor 100 Jahren. Damals seien die gleichen Argumente gefallen, wie man sie heute im Zusammenhang mit der Gentechnik höre." Da dürften sich VerbraucherInnen doch gut aufgehoben fühlen ...

Jany war und ist einer der lautesten Propagandisten der Agro-Gentechnik in Deutschland, u.a. als Vorsitzender des WGG. Solche einseitigen Protagonisten sind in den Aufsichtsbehörden offenbar heiß begehrt: Nach seiner Pensionierung aus dem Staatsdienst bot ihm die EFSA einen Posten an. Jany ist seitdem Leiter der Arbeitsgruppe für Zusatzstoffe in Lebensmitteln. Wie passend!
Im März 2011 kam das BfR mit einer überraschenden Aussage um die Ecke: Gentechnische Bestandteile in Futtermitteln können sehr wohl in den späteren tierischen Produkten, z.B. Milch, landen. Das war jahrelang bestritten worden - jetzt wird es lapidar mitgeteilt. Außerdem noch fantasiert das BfR, dass das ja alles schon lange bekannt sei ...
Aus dem Rundschreiben des Deutschen Raiffeisenverbandes vom 23.3.2011:

Die BfR-Stellungnahme untermauert noch einmal, dass der Übergang von DNA aus Futterpflanzen in Organe und Gewebe von Tieren ein natürlich und unbedenklicher Prozess ist. ... Obwohl bislang weltweit noch keine gentechnisch veränderte DNA aus Futterpflanzen in der Milch von Kühen nachgewiesen werden konte, sollte aufgrund der fortschreitenden Sensitivität der Analysemethoden für die Zukunft damit gerechnet werden.


Verantwortlich im BfR ist neben der Sachbearbeiterin Schauzu die Gentechnikkommission des Amtes. Schauzu führt deren Geschäfte. Vorsitzende ist die AgroBioTechnikums-Professorin Inge Broer. Weitere Mitglieder sind der JKI-Grenzwertforscher Joachim Schiemann (siehe oben) und der WGG-Lobbyist Klaus-Dieter Jany (Mitgliederliste). Mehrere der Mitglieder sind beim internationalen Lobbyverband ILSI, so dessen Präsident Gerhard Eisenbrand und der Leiter des Max-Rubner-Instituts, Gerhard Rechkemmer.

Rechts: Übersicht über relevante Kontakte und Interessen von Mitgliedern der BfR-Expertenkommission

für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel (aus Christoph Then/Andreas Bauer-Panskus (2012): "Schlecht beraten: Gentechnik-Lobbyisten dominieren Expertengremium", S. 27)
Graue Färbung: Relevant für Bewertung von Interessenkonflikten; BfR: Bundesinstitut für Risikobewertung; BLL: Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde; EFSA: Europäische Lebensmittelbehörde; FINAB: Verein zur Förderung Innovativer und Nachhaltiger AgroBiotechnologie Mecklenburg-Vorpommern e.V.; FLI: Friedrich-Loeffler-Institut; FPQS: Food Production Quality Service; ILSI: International Life Science Institute; ISIC: Institute for Scientific Information on Coffee; JKI: Julius Kühn-Institut; KWS: Kleinwanzlebener Saatzucht GmbH; MIV: Milchindustrieverband; MRI: Max Rubner-Institut; PRRI: Public Research and Regulation Initiative; WGG: Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik (Bei den Angaben zum WGG ist zu beachten, dass es keine offizielle Mitgliederliste gibt, und nicht bekannt ist, ob die Mitgliedschaft noch besteht.)

Auch inhaltlich zeigte das BfR politische Interessen. Bei der Frage, ob gentechnik veränderte Bestandteile in Fleisch oder Milch übergehen können, vertrat das Institut lange die Position, dass das unmöglich wäre. Als es geschah, änderten sie geräuschlos ihre Meinung, ohne darauf einzugehen, woher sie die ursprüngliche, offen rein propagandistische Auffassung bezogen hätten.

Im Original: Übertritt von DNA
Aus Christoph Then/Andreas Bauer-Panskus (2012): "Schlecht beraten: Gentechnik-Lobbyisten dominieren Expertengremium"
Das Thema, mit dem sich die Kommission bisher am gründlichsten befasst hat, ist die Frage, ob DNA-Bestandteile von gentechnisch veränderten Pflanzen in tierisches Gewebe übergehen können. Dieses Thema ist unter anderem von Relevanz für die Verbraucher und Verbraucherinnen, da es die Frage nach der Kennzeichnungspflicht von mit Gentechnik hergestellten tierischen Produkten neu aufrollt.
Mit dem Thema befassten sich drei Experten der Kommission (Jany, Flachowsky und Heller) bereits 2004. In einer Stellungnahme heißt es u.a.: „Kein Übergang von gentechnisch veränderten Komponenten aus Tierfutter in Milch. DNA ist Bestandteil der täglichen Nahrung. Gentechnisch veränderte DNA verhält sich im Verdauungsprozess der Milchkuh genauso wie nicht gentechnisch veränderte Pflanzen-DNA. Es ist in der Wissenschaft gesichert und unstreitig, dass die Verfütterung gentechnisch veränderter Futtermittel an Kühe nicht dazu führt, dass sich die Milch dieser Kühe von der Milch solcher Kühe unterscheidet, die mit entsprechenden nicht gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden. Anders lautende Studien liegen nicht vor. In wissenschaftlichen Fütterungsstudien, die nach international anerkanntem Standard durchgeführt wurden, konnten in der Milch keine Komponenten (weder als gentechnisch veränderte DNA noch als resultierendes Protein) aus der gentechnischen Veränderung der Futtermittel nachgewiesen werden. (…) Die heutigen Untersuchungsmethoden für genetisches Material sind in der Lage, kleine Fragmente auch in sehr geringen Mengen zuverlässig nachzuweisen.“
Unterschrieben wurde dieses Statement von Ralf Einspanier (Universität Berlin), Knut J. Heller,
Klaus-Dieter Jany, Gerhard Flachowsky, Gerhard Jahreis (Universität Jena) und Heinrich H. D.
Meyer (TU München). Die Stellungnahme war eine Reaktion auf einen Bericht von Greenpeace. Die Organisation hatte sich auf eine Studie der Universität München im Auftrag der hessischen Milchwirtschaft berufen, bei der DNA-Abschnitte von gentechnisch veränderten Sojabohnen in entsprechenden Milchproben gefunden worden waren (Greenpeace, 2004).
Auch in den folgenden Jahren blieben Flachowsky, Heller, Jany bei ihrer Einschätzung. So kam auch die EFSA, nach Beratung durch Gerhard Flachowsky, zu dem Schluss, dass man keine DNA, wie sie für gentechnisch veränderte Pflanzen spezifisch ist, in tierischem Gewebe gefunden habe (EFSA, 2007). Flachowsky selbst veröffentlichte noch 2007 einen Artikel, in dem er behauptet, dass bis dahin noch keine DNA-Abschnitte aus gentechnisch veränderten Pflanzen in tierischem Gewebe gefunden worden seinen (Flachowsky, 2007). Dabei war man zu diesem Zeitpunkt längst schlauer: Mazza et al. (2005) fanden DNA-Abschnitte von MON810 im Gewebe von Schweinen, die wohl über das Blut aus dem Darm übertragen worden waren. Sharma et al (2006) entdeckten ebenfalls DNA aus gentechnisch veränderter Soja im Darmgewebe von Schweinen. Agodi et al. (2006) berichteten über DNA aus gentechnisch veränderten Pflanzen in der Kuhmilch. Diese könnte allerdings auch von einer Kontamination der Proben herrühren.
Weitere Befunde folgten: Chainark (2008) und Ran et al. (2009) fanden DNA-Abschnitte, die spezifisch für gentechnisch veränderte Soja sind, im Gewebe verschiedener Fischarten. 2010 wiesen Wissenschaftler aus Italien die relevanten DNA-Abschnitte in der Milch von Ziegen nach und konnten sie sogar im Blut und Gewebe von Zicklein finden, die mit der Milch gefüttert worden waren (Tudisco et al., 2010). Dabei konnten die Wissenschaftler Verunreinigungen weitestgehend ausschließen. Die Genbausteine hatten also ihren Weg über den Verdauungstrakt ins Blut gefunden und waren so ins Gewebe und in die Milch der Tiere gelangt.
Diese Publikation nahm die Kommission des BfR erneut zum Anlass, sich mit der Thematik zu befassen. Dazu wurde auch Ralf Einspanier von der Universität Berlin eingeladen, der die Erklärung von 2004 ebenfalls unterschrieben hatte. Damit waren vier der sechs Personen versammelt, die die Stellungnahme von 2004 veröffentlicht hatten. Als Ergebnis veröffentlichte die BfR-Kommission im März 2011 ihre erste und bislang einzige offizielle Stellungnahme. Darin kommen sie zu einem überraschenden Ergebnis: „Die Kommission kam nach kritischer Prüfung der Veröffentlichung von Tudisco et al. (2010) zu der Einschätzung, dass sich aus der Studie keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich eines Transfers rekombinanter DNA aus gentechnisch veränderten Pflanzen auf höhere Tiere und dessen potentielle Auswirkungen ableiten lassen. Der Übergang und der vorübergehende Verbleib von mit der Nahrung aufgenommenen DNA-Fragmenten in Gewebe von Tieren ist ein natürlicher Vorgang. (...)“
Lediglich in einem Satz räumen die Experten des BFR in ihrer fünfseitigen Stellungnahme ein, dass es gegenüber 2004 tatsächlich eine neue Sachlage gibt: „Neu an der Studie von Tudisco et al. (2010) ist der Nachweis rekombinanter Genfragmente aus gentechnisch verändertem Pflanzenmaterial in der Milch und in Geweben der damit gesäugten Nachkommen.“
Mit keinem Wort gehen die Experten auf die Stellungnahme von 2004 oder den Bericht der EFSA on 2007 ein, die als deutlich interessengeleitet erkennbar sind und an deren Entstehung sie zum Teil selbst mitgewirkt hatten.

Max-Rubner-Institut (MRI, vorheriger Name: BfEL)
Klaus-Dieter Jany war dort lange Zeit leitender Lebensmittelprüfer - und gleichzeitig in etlichen Lobbyvereinen pro Gentechnik (z.B. Gründer, Vorsitzender und später Ehrenvorsitzender des WGG). Nach seiner Pensionierung bekam er einen vermeintlich ehrenamtlichen Job bei der EFSA und wurde Vizepräsident für Forschung und Lehre an der Wadi- International University, Hwash-Homs (Syrien).
Aber Jany ist nicht die einzige dubiose Person. Der Chef der Behörde, Gerhard Rechkemmer, scheint auch ein doppeltes Spiel zu verfolgen. Er sitzt gleichzeitig im Direktionsteam der Industrievereinigung ILSI (Spiegel, 2.3.2012). Knut Heller, Leiter des Instituts für Mikrobiologie und Biotechnologie ist beim WGG Mitglied (Quelle: Testbiotech).

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