Abwehr der Ordnung

NGO - INTERNE STRUKTUREN UND STRATEGIEN

Verbände und Lobbyarbeit


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Zehn Tipps für Lobbyisten

Aus: GERMANWATCH-Lobbyhandbuch

  1. Detaillierte Sachkenntnis sowie sowie Kenntnisse über Inhalte, Zuständigkeiten und Verfahren sind die wichtigsten Voraussetzungen zur erfolgreichen Begründung eines Anliegens.
  2. Nur mit Ausdauer und personeller Konstanz können Sie ein Informanten- oder Kontaktnetz aufbauen, das ebenso dauerhaft gepflegt werden muß, dennnur dann können sich die Beziehungen zu einem gegenseitigen Geben und Nehmen entwickeln. Auch für ihren Gesprächspartner muß sich der Kontakt insoweit lohnen, als seine Informationslücken gefüllt werden, er einen Informationsvorsprung gewinnt oder seine Position in der Öffentlichkeit gestärkt wird.
  3. Bereiten Sie Ihr Anliegen gut vor, da daß Sie es präzise, glaubwürdig und klar vortragen können. Das Anliegen muß für beide Seiten überzeugend sein.
  4. Schlagen Sie glaubwürdige und realistische Alternativen vor.
  5. Es geht um kleine Schritte, nicht um endgültige Lösungen.
  6. Die Interessen des Partners und der Zielgruppe müssen bekannt sein, um daran anknüpfen zu können. Lobbyarbeit kann nur erfolgreich sein, wenn es Interessenüberschneidungen mit Partnern oder Zielgruppe gibt.
  7. Bringen Sie Konfliktbereitschaft mit, vermeiden Sie aber aufgeregte Vorwürfe an Ihre/n Gesprächspartner/in. Oft sind Sie besser informiert als Ihr Gegenüber, so daß auch Ängstlichkeit fehlt am Platze ist.
  8. Fixieren Sie sich nicht nur auf Politikerinnen und Politiker. Unternehmen, Geschäftsleute, Verbände und Verwaltung können auch Ziele von Lobbyarbeit (und gelegentlich Bündnispartner) sein.
  9. Die eigene Organisation darf nicht als verlängerter Arm der politischen Gegner der Zielgruppe auftreten oder so eingeschätzt werden.

Im Original: Weitere Zitate zu Lobbyarbeit
Aus dem Zwischenbericht der Zwischenbericht der Enquete-Kommission "Globalisierung der Weltwirtschaft – Herausforderungen und Antworten"
Bei den Vereinten Nationen können sich internationale NGOs über den Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC)für Verhandlungen akkreditieren, bei dem auch seit 1948 der Council for Non Governmental Organisations (CONGO)angesiedelt ist. Bei der Weltbank gibt es seit 1981 ein NGO-Komitee. Die reelle Bedeutung dieser Foren ist jedoch sehr unterschiedlich. Der Politikdialog mit NGOs kann für (zwischen-)staatliche Institutionen vielfältige Vorteile haben: die Abschöpfung von Expertise und Problemlösungskompetenz, die Legitimierung der eigenen Politik und die Stärkung der eigenen Position gegenüber anderen Regierungen oder zwischenstaatlichen Organisationen, sowie auch die Früherkennung von gesellschaftlichen Problemen und sozialem Protest. Eine aktuell diskutierte Idee, wie diese Konsultationsverfahren im Rahmen einer Global Governance ausgebaut werden könnten, bezieht sich auf Politiknetzwerke und Formen der Netzwerksteuerung (vgl. Reinicke u.a.2000).Globale Politiknetzwerke, von denen zur Zeit etwa 60 bis 70 existieren, sind eine noch junge institutionelle Innovation und zeichnen sich durch ihre offene und dynamische Form aus.
Ihr Zweck ist es, verschiedene Akteure zusammenzubringen und Brücken zwischen dem öffentlichen Sektor,der Zivilgesellschaft und der Privatwirtschaft zu bauen, oft unter Mithilfe von internationalen Organisationen. Gemeinsam erarbeiten diese Akteure dann an „Runden Tischen “Problemlösungen. Dabei handelt es sich um Vorschläge (im internationalen Recht spricht man von „soft law “oder „non-binding legal standards “), die dann ggf. national angenommen, parlamentarisch legitimiert und umgesetzt werden können. ...
Die NGOs selbst weisen allerdings darauf hin, dies könne und solle nur eine zeitlich befristete Rolle sein, bis das Nachwachsen der Legislative und demokratischer Kontrolle vollzogen sei ...

Ralf Fucks, Geschäftsführer der grünen Heinrich-Böll-Stiftung, in: Stiftungen und NGO's als Architekten des Wandels, Akademie Loccum 69/98 (S. 27f)
Da meldet sich die Sorge, ob mit einer solchen Ausrichtung nicht vielleicht doch am Ende nur kurzatmige internationale Konferenzdiplomatie gefördert wird ... bei denen man ... nicht genau weiß, was die eigentlich für eine nachhaltige Wirkung haben gegenüber dieser eher basisorientierten Arbeit, die sich auf Aufbau von zivilgesellschaftlichen Akteuren und Strukturen richtet.

Aus Volker Heins, 2001, „Wächst der Einfluß der NGOs aufdie Wirtschaft?“ in: Achim Brunnengräber u.a., „NGOs als Legitimationsressource“, Leske+ Budrich Opladen (S. 212)
In diesem Sinne kann festgestellt werden, dass innerhalb des Untersuchungszeitraums neue politische Organisationen tatsächlich Einfluss auf große transnationale Firmen wie Hoechst/Aventis, Bayer oder Novartis ausgeübt haben mit der Folge, dass sich diese Firmen 1. strikter an internationale Vereinbarungen wie die UN-Konvention über biologische Vielfalt halten, dass sie 2. ihre Praxis der Erschließung genetischer Ressourcen unauffälliger gestalten und dass sie schließlich 3. einen euphemistischen Diskurs über den Wert der biologischen Vielfalt für eine der Schlüsselindustrien des 21. Jahrhunderts eingeübt haben.

Aus Heike Walk/Achim Brunnengräber, "Ende der Supernova NGOs?" in: Ökologisches Wirtschaften Spezial 3-4/2002 (S. 12)
NGOs haben sich in der Vergangenheit zwar geschickt in Szene gesetzt und dadurch mediale Zustimmung und offizielle Aufmerksamkeit gewonnen. Einen stärkeren Einfluss, der über die abrufbare Beraterrolle hinausgeht, konnten sie sich aber nicht erkämpfen.

Andere Welt per Lobbyarbeit und alternativer Ökonomie?
Aus Altvater, Elmar (2004): "Auswege aus selbstverschuldeter Unmündigkeit", in: Gobal total, Papyrossa Verlag in Köln (S. 234)
Eine Strategie der Verwirklichung der anderen, möglichen Welt, kann nur erfolgreich sein, wenn die sozialen Akteure auf den drei Hochzeiten tanzen: in der alternativen Ökonomie, in den Bewegungen der Zivilgesellschaft, aber auch auf die Macht in Gesellschaft und Staat zielend.

Aus Uwe Hoering, „Der freundliche Overkill“ in der FR vom 9.7.2002 (S. 2)
Die Zivilgesellschaft ist gefragt im Rio-Prozess - und hat wenig zu melden ...
Wo sind die NGOs? "Verzweifelt suchten Journalisten bei der Internationalen Wasserkonferenz im Dezember in Bonn nach Ansprechpartnern, doch statt den Medien kritische Stellungnahmen, Orientierungshilfe im Verhandlungsgestrüpp oder wenigstens TV-gerechte Proteste zu liefern, "partizipierten" sie: Im Multi-Stakeholder-Dialog wurden in tagelangen Debatten Empfehlungen und Forderungen an den UN-Weltgipfel in Johannesburg formuliert. ...
Gleichzeitig bindet die Beteiligung "Kapazitäten und lässt zu wenig den visionären Blick über die Tagesaktualität hinaus zu", räumt DNR-Mann Röscheisen ein. Insbesondere für kleinere Organisationen hat sie sich zum "Partizipations-Overkill" mit nachfolgender Partizipations-Müdigkeit entwickelt, so dass meist nur die großen Organisationen Auftrittschancen nutzen. Nach Ansicht von Pat Mooney hat die Aufwertung zum Nebendarsteller auf der globalen Weltbühne zudem "den Protest gedämpft". Bei vielen NGOs diagnostiziert der Chef der kanadischen Forschungsorganisation ETC das "Stockholm-Syndrom", die Identifikation einer Geisel mit ihren Geiselnehmern.
"Wie andere Geiseln auch haben manche Organisationen sich durch das Weltgipfel-Schauspiel vereinnahmen lassen, in der Hoffnung, eines Tages wenn schon nicht wahre Liebe, so doch ein wenig Sicherheit zu finden." Umgekehrt können Regierungen ihre Entscheidungen mit Hinweis auf die Beteiligung der Zivilgesellschaft legitimieren. ...
Insbesondere Süd-NGOs kritisieren den "Mythos", alle Beteiligten hätten die gleichen Möglichkeiten, sich einzubringen, lokale Bürgergruppen ebenso wie Konzerne. Grundsätzliche Interessengegensätze würden durch die Konsenssuche leicht unter den Runden Tisch fallen. ...
Trotz Ernüchterung werden in Johannesburg bis zu 60 000 NGO-Vertreter erwartet. Die meisten von ihnen werden weit ab vom Sandton-Konferenzzentrum beim "Forum der Zivilgesellschaft" ein buntes Programm aus Diskussionen und der Suche nach gemeinsamen Perspektiven anbieten. Zwar sind die Erwartungen gering, dass der Gipfel konkrete Beschlüsse fassen wird. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt: Der Einigungsdruck, so einige NGO-Vertreter, wird schon etwas bewegen.

Aus "Good Governance" durch NGO-Beteiligung, in: Umwelt 10/2002 (S. 647, der Text berichtet über eine Studie des Umweltbundesamtes zur Zusammenarbeit von Regierung und NGOs)
In diesem Zusammenhang weisen die Verfasser auf ein starkes Nord-Süd-Gefälle bei der Teilnahme von NGO an internationalen Prozessen hin und unterstreichen die Notwendigkeit, Finanzmittel für den Kapazitätsaufbau in unterrepräsentierten Regionen bereitzustellen. ... Inhaltlich sprechen sich die Verfasser dafür aus, den Zugang von NGO und der breiten Öffentlichkeit zu Informationen zu verbessern und NGO den Zugang zu allen relevanten Treffen im Rahmen der maßgeblichen internationalen Institutionen zu gewähren. Sie sollten berechtigt sein, Stellungnahmen zu verteilen und in den offiziellen Diskussionen zu intervenieren. "Logistische Gesichtspunkte" (Beschränkungen des Platzes und der Zeit) können auf der Grundlage eines Systems von gleichgerichteten NGO-Gruppierungen gemanagt werden, in der jede NGO-Gruppierung eine begrenzte Anzahl von Vertretern schickt, denen eine bestimmte Redezeit zugewiesen wird. Zur Überprüfung der ordnungsgemäßen Anwendung dieser Regeln wird vorgeschlagen, einen Überprüfungsmenschanismus, z.B. in Form eines unabhängigen Ombudsmanns für NGO oder eines Überprüfungsausschusses einzurichten.

Horst-Eberhard Richter in einer Rede auf dem Antikriegstag des DGB in Frankfurt, dokumentiert in der FR am 3.9.2003 (S. 7)
Wenn man die eigenen Abgeordneten damit in Ruhe läßt, dass sie nur Fraktionsgehorsam üben und sich lediglich in Wahlkampfzeiten der Wählerschaft zur Diskussion stellen, dann erfüllt man nicht den Sinn der Verfassung, wonach alle Staatsgewalt vom Volke auszugehen habe. ... Da muss die Friedensbewegung ähnlich wie andere NGOs entschieden mehr Lobby-Arbeit machen.

Aus "Gekämpft wird diesmal anders - auf beiden Seiten" zum Ausbau des Frankfurter Flughafens, in: FR, 17.12.2003 (S. 35)
Früher, sagt der hessische Geschäftsführer des Naturschutzbund Nabu, Hartmut Mai, "war unsere Kriegskasse gefüllt". 50000 bis 100000 Mark hatte der Nabu jedes Jahr für Gerichtsverfahren vorsorglich beiseite gelegt, und zwar "schon als Drohfaktor". Heute, wo es dem Nabu wirtschaftliche viel besser geht und eine Rücklage in ähnlicher Größenrodnung überhaupt nicht schwer fallen würde, gibt es im Etat des Nabu zwar den Titel Verbandsklage zwar noch. Doch dahinter steht eine Null.
Die Zeiten ändern sich: Die Verbandsklage, das mögen zumal konservative Politiker gerne hören, "bringt uns gesellschaftlich nicht weiter", sagt Mai zu einem Strategiewandel im Natur.

Aus einem Interview mit Ulrich Beck zum G8-Protest in Heiligendamm 2007, in: FR, 9.6.2007 (S. 4)
In den Protesten artikuliert sich neben allem Abstrusen und Widersprüchlichen die Forderung nach einem Paradigmawechsel der Politik. Den Demonstranten steht vor Augen, dass wir die globalen Fragen in einem neuen Bündnis mit zivilgesellschaftlichen Netzwerken lösen müssen. Insofern könnte man sagen: Attac gehört an den Verhandlungstisch.


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