Aus "Schlechtes Wetter, harte Zeiten! Für die Demokratie fighten?", auf: UntergrundBlättle am 29.4.2024 (Quellenangaben im Text)
Die Vehemenz und die Empörung, mit der nun darauf reagiert wird, muss allerdings angesichts der jüngsten Verschärfungen im Bereich der Migration irritieren. Letztes Jahr wurde mit der GEAS-Reform eine massive Verschärfung des europäischen Asylrechts beschlossen – ohne dass es zu grossen Protesten gekommen wäre. Olaf Scholz erklärte vom Titelblatt des Spiegels, dass endlich in grossen Stil abgeschoben werden muss. Erst vor ein paar Tagen wurde in Deutschland das Rückführungsverbesserungsgesetz beschlossen, mit dem Abschiebungen weiter erleichtert werden sollen. Die deutsche Innenministerin Faeser blickt mit Interesse nach Italien, das im Meer aufgegriffene Migrant*innen nach Albanien bringen will, um Asylverfahren dort durchführen zu lassen. Die CDU fordert in ihren Grundsatzprogramm-Entwurf, dass jede Person, die in Europa Asyl beantragen will, in ein Drittland gebracht werden soll und dort Asylverfahren durchlaufen und ggf. Asyl erhalten soll. Dieser Vorschlag unterscheidet sich kein bisschen vom AfD-Programm. Auch die ÖVP fordert Abschiebe-, Verfahrens- und sogar Strafzentren im Ausland. ...
Es gilt das alte Lied: Während man sich vor den FaschistInnen, die allerdings noch gar nicht an der Macht sind, und deren Plänen fürchtet – was ja durchaus berechtigt ist – sind es die regierenden Demokrat*innen, die fleissig die Festung Europa ausbauen, Menschen auf der Flucht in Lagern pferchen oder sie ins Meer stossen lassen, die Gesetze verschärfen und Abschiebungen organisieren. Vor diesem Hintergrund spielt das demokratische Aufstehen gegen die rechten Plänen, die plötzlich erwachte Angst vor dem Faschismus eine ganz bestimmte Rolle. Natürlich gibt es gute Gründe, die faschistische Gefahr ernst zu nehmen und dagegen zu demonstrieren. Leute gehen durchaus aus Angst um Freund*innen, die von solchen Plänen betroffen sind, um sich selbst, um andere Menschen auf die Strasse. Und doch sorgt die plötzliche Fokussierung auf den Faschismus dafür, einen einschneidenden Unterschied zwischen demokratischen und faschistischen Abschiebungen aufzumachen. Die „Brandmauer gegen Faschismus und Rassismus“ (FFF Wien) wird gerade so errichtet, dass die ganzen jetzt schon stattfindenden rassistischen Praktiken, die Abschiebungsmaschinerie innerhalb der Mauern liegen.