Gender-Trouble

WAS GING AB BEIM ATOMFORUM IN STUTTGART?

Situation im UWZ, Direct-Action-Vorbereitung


1. Planung, Aktionsideen, Info-Übersicht
2. Bericht von den Aktionen
3. Proteste zur Eröffnung des Atomforums
4. Reclaim the streets
5. Versuch einer ersten Einschätzung
6. Auswertung der Aktionstagen vom 14. bis 16. Mai 02
7. Weiterer Auswertungstext: 1. Inhaltliche Vermittlung, Medien und Öffentlichkeit
8. Widerstand, Direkte Aktionen
9. Situation im UWZ, Direct-Action-Vorbereitung
10. Strafprozess gegen Aktivist*innen auf dem Hochhausdach

Ab Samstag Nachmittag startete das "Direct-Action-Training" im UWZ. Nur sehr wenige Menschen nahmen an den Vorbereitungen teil, wobei dies nicht auf die Spaltung und Nicht-Information zurück zu führen ist. Der Eindruck von mir und anderen war, dass einfach kaum Basiszusammenhänge in Stuttgart waren.
Insgesamt fand ich die Stimmund im UWZ gut. Gefallen hat mir Sponanität und Kreativität der Beteiligten: Es war immer möglich, jemenschen zu finden, um ein Plakat zu entwerfen usw.

3.1 Plattform für kreativen Widerstand
Ab Montag stand die offene Plattform für kreativen Widerstand: Es gab einen großen Raum mit Büchertisch, Pink-Silver-Ecke (mit Klamotten, Schminke & Spiegel) und Infopoint, ausgestattet mit Pinnwand, Termin- und Stadtplänen und Plakaten zur Kommunikation. Weiterhin gab es einen Raum mit den zusammen getragenen Materialien, mehrere Computer, Telefon & ein offener Faxverteiler. Für mich gehört eindeutig zu den positivsten Aspekten des Antiatomforums, dass wir es geschafft haben, eine offene Struktur aufzubauen. Richtig cool wäre gewesen, wenn viel mehr Menschen darauf zurück gegriffen hätten!

3.2 Kollektive Strukturen und gebündelte Kreativität
Ein Punkt, der mir sehr gefallen hat: Am Direct-Action Training nahmen zwar nie mehr als 15 Leute teil, alle brachten jedoch unterschiedlichste Materialien mit ein. So entstand ein sehr gut ausgestattetes Materiallager: Megaphon, weiße Anzüge für 40 Personen (sic!), ein duzend Transparente und Transpistoff, Farben, Aufklebis, Plakate für S-Bahnen, verschiedene Flugblätter und weitere Utensilien zur Vermittlung. Ich war richtig erstaunt über diesen Pool von Möglichkeiten, der nicht einmal ansatzweise ausgereizt wurde (weil wir viel zu wenig waren).
Dazu kam dann noch die vorhandene Infrastruktur des UWZ, die intensiv für das Erstellen, Drucken und Kopieren von Plakaten, Flugblättern genutzt wurde. All das macht eine Qualität aus, die ich nicht missen möchte - und spricht für den Ausbau kollektiver Strukturen ... nicht nur während Aktionen! Deutlich mehr Synergien hätten entstehen können, wenn es eine Kooperation zwischen "uns" und dem Bündnis gegeben hätte.

3.3. Selbstorganisierung
Aufgrund der geringen Anzahl von Leuten hing die Selbstorganisierung wirklich von den einzelnen ab. So war es kaum möglich, sich mal zurück zu lehnen: Wenn einzelne sich nicht einbrachten, wurde die Struktur instabil - z.B. scheiterte die Vorbereitung zum versteckten Theater, weil Leute nicht zum vereinbarten Zeitpunkt aufstanden oder plötzlich wieder entschwanden. Damit standen alle sehr stark in einer Checkerrolle, die es erschwerte, dass Menschen sich die Zeit nehmen, sich neuen Leute zu widmen usw.
Frustig waren längere Plenaphasen an den ersten Tagen, die sehr zäh verliefen. Später klappte es in Kleingruppen, die sich informell verabredeten, sehr gut, wobei ich es schade fand, dass es Ende so gar keinen gemeinsamen Prozess gab, z.B. konnten wir die Auswertung nur anreißen.

Eine Frage ist, wie verhindert werden kann, dass neue Leute untergehen, wenn sich alles Open Space organisiert. Verbesserungsvorschläge: Infoplenas, ansonsten darauf hin wirken, dass sich alle verantwortlich fühlen, immer jemensch auf Neuankömmlinge zugeht. Wenn alle gerade total stark in ihre Projekten eingebunden sind, kann diese Aufgabe auch phasenweise delegiert werden.

3.4 Atmosphäre, Umgang mit neuen Leuten, Ängste und Befindlichkeiten
Ein deutliches Problem war das Cliquenverhalten, in Verbindung mit "Checkerigkeit". Unsensibel war z.B., auch nach Eintreffen neuer Leute ständig Insiderjokes zu reißen, dadurch auszuschließen, anstatt beim Ankommen zu helfen. Am Anfang fiel es z.B. vielen scheinbar schwer, sich zu konzentrieren und auf den ein oder anderen Klamauk zu verzichten. Checkerigkeit zeigte sich für mich darin, dass für uns scheinbar Selbstverständliches (z.B. Konfrontation mit PolizistInnen, in Gewahrsam zu kommen) nicht mehr angesprochen wurde. Dazu gehört die Aufklärung und gemeinsame Diskussion über die Folgen von Aktionen. Auch wurden Begrifflichkeiten auf Nachfragen nicht richtig erklärt. Das schließt Leute aus und konstruiert "uns" als Checkerrunde, so als hätten wir keine Ängste usw.
Mehrere Menschen formulierten, dass das Thematisieren und Reden über Ängste, Bedürfnisse und Befindlichkeiten in der Vorbereitung kaum eine Rolle spielte. Das persönliche Kennenlernen hätte aus meiner Sicht mehr Raum einnehmen können. Auch hier spielte sicher die starke Eingebundenheit aller in die Selbstorganisierung eine Rolle.

Wichtig ist es, sich und anderen aktiv bewusst zu machen, dass Hemmschwellen bei allen unterschiedlich gelagert sind und viele z.B. nicht so selbstverständlich mit Polizei umgehen. Mehr Einfühlungsvermögen und Sensibilität wünsche ich mir von allen. Es geht aber nicht um eine abstrakte Forderung: Gemeint ist die direkte Intervention, wenn Situationen falsch laufen, Menschen unsensibel handeln usw.

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