Verkehrswende

ALL THAT GENDER TROUBLE ... HERRSCHAFT UND GESCHLECHTERVERHÄLTNISSE

Scharfe Zungen und funkelnde Augen im Krieg der Wörter


1. Scharfe Zungen und funkelnde Augen im Krieg der Wörter
2. Mit den Waffen eines Mannes...

Hirnstupser - politische Analyse und Nachdenktexte
Hirnstupser am 4.3.2020: Zum blinden Fleck "Sexismus" in der Debatte um Dietmar Hopp
Mensch kann über Dietmar Hopp vieles denken. Mensch kann ihn zum Symbol für die Käuflichkeit sportlicher Erfolge, für die immer krassere Kommerzialisierung des Leistungssports und für kapitalistische Gesellschaftsordnung insgesamt kreieren. Ob das gerecht ist angesichts dessen, wie wenig kritisiert wird, wenn führende Fußballvereine zu Aktiengesellschaften werden (BVB) oder per millionengetriebenem Talentkauf den Wettbewerb verzerren (FC Bayern und andere), wäre eine Frage wert. Aber bereits die wird selten bis nie gestellt. Auffälliger ist etwas ganz anderes. Wer Hopp als Hurensohn bezeichnet, beleidigt vielleicht auch Hopp – aber nur, wenn die viel größere Beleidigung vorausgesetzt wird. „Hurensohn“ ist ein übler Sexismus. Mensch stelle sich vor, auf den Transparenten und in den Sprechchören hätte es gehießen, Hopp sei ein Negersohn. Völlig zu Recht wäre die ganze Debatte anders abgelaufen und hätte den Rassismus in diesen Sprüchen gebrandmarkt. Sexarbeiterinnen zu beleidigen, scheint aber gesellschaftsfähig. Sport ist immer auch nur ein Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse und bestehender Diskurse. Dass „Hurensohn“ ein Schimpfwort ist und das (fast) niemensch auffällt, sollte mehr zu denken geben als das Mitleid mit einem auf Millionen gebetteten Firmenchef.



Neomackertum und Verbalmilitarismus im linken Dialog
Auch wenn Gangsterkids gerne Pink tragen und der Hardcoremacho, neuerdings auch mit Schleifchen im Haar, in der Normalgesellschaft eine Renaissance erfährt, so ist der krasse Macho in der linksradikalen Szene doch selten geworden. Allerdings wurde Männlichkeit nicht zu Ende reflektiert und abgewickelt, sondern leider nur von einer neuen Variante des Männlichkeitswahns ersetzt, im Folgenden Neomackertum genannt. Der Neomacker kommt als der nette Junge von nebenan daher, zunächst wirkt er dank seines vordergründig leisen Auftretens schüchtern, und trägt dabei seine vermeintliche Reflektiertheit und radikales Bewusstsein wie einen Heiligenschein mit sich herum. Diese Sorte Männlichkeit wird frau –vermutlich – nicht angrapschen, keine allzu stumpfen Sprüche klopfen, wird von Emanzipation faseln, auf theoretischer Ebene Heterosexismus genauso verdammenswert finden wie Homophobie und alles in allem einen ziemlich aufgeklärten Eindruck machen. Soweit zu den Plattitüden.

Dass dieser Eindruck nicht bedeutet, dass patriarchal-männliches Verhalten tatsächlich reflektiert und abgebaut wird, beweist der Debattenstil, der derzeit innerhalb der Antifa- und "antideutschen" Szene gepflegt wird.

Anlass für diesen Text sind Erlebnisse mit "antideutschen" Antifaschisten im Zusammenhang mit der Gedenkdemonstration zum 9. November in Köln. Erfahrungen und Beobachtungen der letzten Jahre bilden den Hintergrund. Der Verbalmilitarismus mancher antideutscher (Antifa-)Männer ist unerträglich geworden.

Wir haben es nicht mit einem Einzelfall zu tun. Schon seit Längerem feiern Menschen in der antideutschen Szene Polemik als Kommunikationsmittel ab, ihre Texte und Diskussionsveranstaltungen bieten eine breite Fläche für feministische Kritik. Dabei geht es nicht nur um manche Inhalte (Vergewaltigungsverharmlosung, Befürwortung der Verstümmelung intersexueller Menschen, Leugnung der Existenz patriarchaler Herrschaft, Negieren des Definitionsrechts der Überlebenden sexualisierter Gewalt, etc. - siehe * unten) oder um das konkrete Auftreten, das mit Hasstiraden, Ins-Wort-fallen, Lautwerden und Kampfreden daherkommt, sondern auch um Denkschemata und Streitkultur.
Der Verdacht drängt sich auf, dass mit diesem Redestil ein Nichtauslebendürfen dominanter, (über-)sexualisierter Männlichkeit kompensiert wird, weil die Dekonstruktion des Machismo sich nicht zu eigen gemacht, sondern nur als Szenecode angenommen wurde. Dass auch in "leisem" Redestil patriarchale Strukturen ausgedrückt werden können, ist einigen entweder noch nie in den Sinn gekommen oder es wird schlicht als vernachlässigbar angesehen.

Der Zusammenhang zwischen patriarchalen Formen und Inhalten scheint völlig unhinterfragt zu bleiben: Die Denkform, in der mensch verhaftet ist, hat unmittelbar mit den inhaltlichen Ideen, die mensch vertritt und nach der mensch handelt, zu tun. Sprich eine aus Dualismen und Bellizismen bestehende Denkstruktur führt unweigerlich zu einer Ideologie, welche diese Denkform reproduziert. Denkform beeinflusst Denkinhalt beeinflusst Denkform. Krieg als Denkform führt zu kriegerischen Positionen und Aktionsformen, welche militaristisches Denken bestätigen, woraus sich wiederum entsprechende Ideen legitimieren…

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