Verkehrswende

OFFENE PLATTFORMEN

Das Beispiel „Offene Presseplattform“ - selbstorganisiert, kreativ, eine unter vielen


1. Einleitung
2. Schon wieder keine Spraydose da?
3. Beispiele aus den vergangenen Jahren
4. Das Beispiel „Offene Presseplattform“ - selbstorganisiert, kreativ, eine unter vielen

„Die “Offene Presseplattform“ ist eine Chance, daß JournalistInnen und Aktionsgruppen direkt in Kontakt kommen - ohne die Hierarchie von PressesprecherInnen oder Pressestellen, die alles kontrollieren. Hier läuft der Kontakt direkt, die Aktionsgruppen bestimmen selbst, wo sie mit wem kooperieren, Medien zu Aktionen einladen, Interviews geben usw. Eintragen können und sollten sich JournalistInnen, die Kontakte zu AktivistInnen suchen - und Aktionsgruppen, die Kontakt zu Medienleuten suchen oder zumindest zur Kooperation bereit sind (vermittelt Eure Ideen - und zwar selbst!!!).

Eine offene Presseplattform kann u.a. umfassen:
  • Handy-Nummern u.ä., die als Kontakttelefone von Aktionsgruppen und MedienvertreterInnen angerufen werden können - die eigenen, um Infos über ihre Aktionen bzw. inhaltliche Statements zu verbreiten, die anderen, um Infos abzufordern, sowie eine Liste von Menschen, die für Interviews u.ä. bereitständen, wenn sie denn in dem Moment erreichbar sind, wo jemand gesucht wird.
  • Listen von Menschen, die für Interviews u.ä. bereitständen, wenn sie denn in dem Moment erreichbar sind, wo jemand gesucht wird.
  • Listen von PresseansprechpartnerInnen zum Weitergeben an die, die aktive Pressearbeit machen wollen.
  • Offene Pressegespräche zur direkten, selbstbestimmten und unmoderierten Begegnung von AktivistInnen und JournalistInnen.
  • Suche/Finde-Listen an Schwarzen Bretten und im Internet, wo JournalistInnen ihre Adresse und Kontaktwünsche ebenso hinterlassen können wie Gruppen ihre Termine, Aktionsberichte und Kontakttelefonnummern. Außerdem können dort alle eingehenden Erklärungen und Presseinfos dokumentiert/angehängt werden.

Die Presseplattform betreibt keine eigene Pressearbeit und vertritt erst recht nicht irgendwelche anderen Menschen oder Gruppen gegenüber der Presse. Niemand redet im Namen der Presseplattform. Niemand ist die Presseplattform, es gibt sie nicht als eigenständig nach außen tretende Gruppe. Sie ist vielmehr ein Infokarrussel, das helfen kann, die Positionen und Berichte der Gruppen, die aktiv sind, so nach außen zu bringen, daß sie möglichst gut verbreitet werden.

Zum grundsätzlichen Rahmen
  • Die Presseplattform ist offen. Die bekanntgegebenen Handynummern können nicht nur für Anfragen von JournalistInnen und für Berichte, Fragen u.ä. von Aktionsgruppen genutzt werden, sondern auch von Menschen, die Lust haben, selbst mitzumachen. Meldet Euch also - Presseplattform organisieren und selbst Aktionen mitmachen schließt sich dabei nicht aus.
  • Die Idee der offenen Presseplattform kommt aus der Diskussion „Organisierung von unten“, d.h. sie richtet sich gegen Hierarchien und tritt für Selbstorganisation und die dafür notwendige Transparenz ein. Hierarchie entsteht auch durch unterschiedliche Möglichkeiten. Dem soll die Idee der offenen Presseplattform entgegensteuern, in dem zum einen „wir“ nur die Kontakte vermitteln, also nicht als Presseplattform selbst Statements abgeben. Gleichfalls sollen aber die Handynummern nicht an die BesitzerInnen der Handys gebunden sein. D.h. wer das Handy während der Aktionen bei sich hat, wird in der offenen Gruppe, die die Presseplattform organisiert, ständig neu festgelegt. Auch von daher verträgt sich ein Mitwirken an der Presseplattform auch mit eigenen Aktionen zu einer anderen Zeit.
  • Niemand ist dazu gezwungen, die Presseplattform zu nutzen. Damit das nicht nur ein hohles Wort ist, werden alle Daten veröffentlicht, die für unsere Arbeit nützlich sind. Im Internet finden sich die selbsteingegebenen Kontaktdaten der JournalistInnen und Medien, die Räume mit Listen und Infrastruktur sind unkontrolliert zugänglich. Wer also sich völlig selbstorganisieren will, nutzt dafür einfach die offenliegenden Daten und Infrastrukturen!
  • Frechheit, Kreativität und Selbstorganisation sind die „Waffe“ gegen Herrschaft, nicht Uniformität und militärische Logik. Darum denk Euch eigene Aktionen aus, nutzt alle Hilfsmittel wie Stadtpläne, Rechtshilfeinfos, Direct-Action-Fibeln, Presseplattform - und Euch als Quelle der guten Ideen. Kreative Aktion, dahinterstehende Positionen und Visionen (Inhalte!) sowie (ganz wichtig!) deren Vermittlung nach außen (die Menschen um Euch herum, die an den Fenster gucken, die Presse oder wer auch immer) ist zusammen die Chance, ein Stück zu Rütteln am unmöglich Erscheinenden ...

Textvorschlag für eine Einladung zur offenen Pressekonferenz
Hiermit laden wir JournalistInnen und AkteurInnen aus Basisgruppen zu einer direkten Begegnung ein. Inhalt des Gesprächs können sein:
  • Basisgruppen stellen ihre Aktionen und/oder Beweggründe für den Protest gegen das Atomforum vorstellen wollen (nicht über geplante Aktionen reden zu wollen, ist kein Grund, nicht teilzunehmen und über eigene Ziele zu berichten)
  • JournalistInnen und AkteurInnen treffen weitere Vereinbarungen für Berichterstattung, Interviews usw.
  • Gegenseitiges Fragen und Antworten über Ziele, Strategien usw.

Wir würden uns freuen, wenn viele Menschen den Weg zu diesem Gespräch finden. Es handelt sich nicht um eine offizielle Pressekonferenz. Es wird keine irgendwie offizielle Meinung vertreten, sondern die anwesenden Personen sind selbst die Gestaltenden. Es gibt daher auch keine offiziellen Einladenden. Die „Offene Presseplattform“ ist der Versuch, direkte Kontakte zu ermöglichen - ohne einen Zwang dazu zu schaffen oder gar irgendeine Form der Vereinnahmung aufzubauen. Niemand spricht für andere, aber es wäre schön, wenn viele für sich, ihre Ideen, Ziele, Aktionen, Visionen, Kritiken, Positionen usw. sprechen.

Aktive der Offenen Presseplattform

Die Erfahrungen von München (2002 ... ab 2003 war die Presseplattform durch die linken Eliten verboten!)
Im Vorfeld trugen sich sowohl JournalistInnen wie auch Aktionsgruppen in die Liste ein. Die Liste der JournalistInnen war immer offen (Internet bzw. während der Aktionen am Infopunkt aktualisiert), so daß Gruppen ständig auch selbst Kontakte aufnehmen konnten. Außerdem war es bei Aktionen immer wieder möglich, AkteurInnen, die gerade nicht an der Aktion teilnahmen, aber am Infopunkt der Presseplattform waren, dafür zu gewinnen, die Liste durchzutelefonieren und die JournalistInnen zum Ort zu schicken. Das klappte gut - auch mit Menschen, die bisher der Idee gar nicht kannten - der Verzicht auf feste Presseleute war also kein Qualitätsverlust. Das Ergebnis konnte sich auch sehen lassen: Die JournalistInnen, die mit der Offenen Presseplattform kooperierten, waren bei mehreren Aktionen die Einzigen, die von Beginn an oder sehr schnell am Aktionsort waren. Das deutlichste Beispiel: Im Kessel des Samstagabend (Schillerstraße) waren alle Fernsehteam, die mit der Offenen Presseplattform kooperierten, im Kessel - aber auch kein anderes.
Etliche Aktionsgruppen konnten für ihre Aktionen direkt Kontakte aufnehmen.

Im Ergebnis
  • Es entstanden einige umfangreiche Texte, Dokumentationen usw. von kreativen Aktionen
  • In fast allen Beiträgen, die über die offene Presseplattform vermittelt wurden, konnten auch die Ziele und Motive der AkteurInnen vermittelt werden. Allerdings muß klar festgestellt werden, daß eine solche Form der Pressearbeit von unten nicht verhindern kann, daß JournalistInnen weiter an auflagefördernden und dann platten bis falschen Berichterstattungen orientiert sind.
  • Sämtliche Zeitungen, die keinen Kontakt zur Offenen Presseplattform aufnahmen, blieben weiterhin voll auf die Meldungen von Regierenen, Polizei und zentralistischen Anti-NATO-Gruppen orientiert. Sie berichteten von den verschiedenen direkten Aktionen außerhalb der zentralen Bündnis-Demonstrationen meist gar nicht.
  • Auffällig war, daß alle als eher links geltenden Zeitungen keinen Kontakt zur Offenen Presseplattform herstellten und daher ebenso nicht über Aktionen jenseits der zentralen Demonstrationen berichteten. Zudem fehlte gerade bei ihnen die Stimme der herrschaftsfeindlichen, grundlegend systemkritischen AkteurInnen. Das muß nach den Erfahrungen auch bei früheren Aktionen als Strategie gewertet werden - gerade die „linken“ Zeitungen sind bewegungsarrogant und AnhängerInnen von zentralistischen Politikkonzepten.
  • Die Verzahnung mit selbstorganisierten Medien wie Indymedia, freien Radiogruppen usw. lief nur sehr schlecht. Hier war auch im Rahmen der Offenen Presseplattform nur wenig Aktivität zu sehen, den Kontakt aktiv herzustellen.

Fazit
Die Idee ist gut, sie war wirksam dort, wo die Kontakte hergestellt waren. Es ist nötig, die zentralistischen Politikstrategien zu überwinden. Das Projekt ist aber noch in der Anfangsphase ... eine Weiterentwicklung ist nötig, aber möglich.

Beispiel: Direct-Action-Plattform auf dem "Think progressive (Burg Herzberg Festival) 2003"


Ein paar Fotos zeigen, was wir da hatten:
  • Ein Zelt mit Computer, Sprühmaterial usw.
  • Draußen und drinnen Ausstellungen wie die "Fakeparade" und Aktionsbeispiele
  • Ein Bücher- und Infotisch
  • Ein Bereich, um sich selbst T-Shirt zu gestalten.

Es fanden mehrfach Direct-Action-Workshops statt - einer davon englischsprachig.

 


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