Verkehrswende

REVISIONSSCHRIFT DES ANGEKLAGTEN P.N.

Verletzung des § 275 und § 338 Abs. 7 (Verfahrensrüge)


1. Revisionsschrift des Angeklagten P.N.
2. Verletzung des § 275 und § 338 Abs. 7 (Verfahrensrüge)
3. Verletzung des § 260. Abs. 1 (Verfahrensrüge)
4. Verletzung des § 147, Abs. 7 StPO (Verfahrensrüge)
5. Gewalttätiges Auftreten an der Eingangskontrolle
6. Entfernung von Personen mit abweichender Kleidung
7. Verletzung des § 261 II StPO (Verfahrensrüge)
8. Verletzung des § 261 im Urteil zu den Anklagepunkten 1-8 (Verfahrensrüge)
9. Verletzung StPO § 24, Abs. 2 und Verletzung des Gesetzes nach StPO § 338, Satz (Verfahrensrüge)
10. Ablehnung der Beiordnungsanträge (Verfahrensrüge)
11. Bruch von Vereinbarungen bei Terminplanung u.a. (Verfahrenrüge)
12. Sachrüge
13. Sachliche Fehler zum Anklagepunkt 9 (Hausfriedensbruch am 27 März 2003)
14. Links 

Gerügt wird die Verletzung des § 275, Abs. 1, der die Frist der Urteilsniederschrift regelt.

Im § 275, Abs. 1 heißt es: "Ist das Urteil mit den Gründen nicht bereits vollständig in das Protokoll aufgenommen worden, so ist es unverzüglich zu den Akten zu bringen. Dies muß spätestens fünf Wochen nach der Verhandlung geschehen; diese Frist verlängert sich um zwei Wochen, wenn die Hauptverhandlung länger als drei Tage gedauert hat, für jeden begonnenen Abschnitt von zehn Verhandlungstagen um weitere zwei Wochen." Am letzten Verhandlungstag, dem 3. Mai 2005, wurden das Urteil und die wesentlichen Gründe nur mündlich ausgeführt. Die Urteilsbegründung wurde nicht zu Protokoll gegeben. Daher greifen im vorliegenden Fall die zitierten Fristvorgaben des § 275 § Abs. 1.

Das Berufungsverfahren vor dem Landgericht Giessen umfasste zwölf Verhandlungstage. Aus den Ausführungen des § 275, Abs. 1 ergibt sich vor diesem Hintergrund, dass die 3. kleine Strafkammer am Landgericht nach der Verkündung des mündlichen Urteils neun Wochen Zeit hatte, um das Urteil zu den Akten zu bringen. Das Urteil wurde am 3. Mai 2005 verkündet. Somit war der spätest mögliche Abgabezeitpunkt für die Urteilsniederschrift der 5. Juli 2005.

Das schriftliche Urteil mit den Gründen in der Akte (Band V) weist als Ausfertigungs-Datum den 22. Juli 2005 auf, unterzeichnet von der Justizhauptsekretärin Kern. Eine Bestätigung über den Eingang des begründeten Urteils gibt es nicht. Die gemachten Termin-Angaben liegt weit jenseits der vorgeschriebenen Frist. Ein handschriftliches Urteil ist in den Akten nicht enthalten, so dass auch ein solches nicht vorher und damit möglicherweise rechtzeitig eingegangen sein kann. Es finden sich auch keine Angaben dazu, ob das Gericht aus einem unvorhersehbaren Umstand daran gehindert worden sein könnte, die Urteilsniederschrift fristgerecht zu den Akten zu bringen.

Wie ein Besuch des Angeklagten Jörg Bergstedt nach Auflauf dieser Frist zeigte, waren die Akten noch bei der Richterin und niemand in der Geschäftsstelle hatte eine Erinnerung, dass die Akte und das Urteil dort schon eingegangen sein könnte. Der Angeklagte hatte noch während des Aufenthaltes im Gericht handschriftlich einen Gedächtnisbericht festgehalten, der anschließend im Internet veröffentlicht wurde.

Der Wortlaut:

"Die neunwöchige Urteilsfrist ist seit sechs Tagen vorbei. Darum bin ich heute in Gießen überraschend, d.h. unangemeldet, zu den Geschäftszeiten des Landgerichtes Gießen dort hineingegangen, um meine Akte einzusehen. Darauf habe ich ein Anrecht - und ich war gespannt, ob das Urteil da drin sein würde. Wenn nicht: Revisionsgrund, weil die Frist nicht eingehalten. Darum habe ich mich auch nicht angemeldet, dann an Gerichten wird Recht gebeugt bis zum Abwinken. Um 15.20 Uhr ging ich in das Landgericht. Der Sicherheitsbeamte durchsuchte mich und ließ mich dann durch. Ich ging ins Geschäftszimmer und bat den dort diensthabenden Herrn T. um meine Akten. "Muss gucken, ob das Urteil schon da ist", sagte er. Nach kurzer Suche und etwas Verwirrung, warum ich da so plötzlich käme, bemerkte er wohl selbst, warum ich das so tat und rechnete auf seinem an der Wand hängenden Kalender nach, ob die neun Wochen tatsächlich rum seien. Das bestätigte sich und er sagte: "Dann müsste es auch da sein". Er wusste aber von der Akte nichts und hatte deshalb zunächst angenommen, dass sie noch in Bearbeitung sei. "Sie müsste noch bei Frau Brühl sein", sagte er (Brühl ist die Richterin). Ich machte ihn darauf aufmerksam, dass dieses nach Strafprozessordnung nicht mehr zulässig sei und ich ja deshalb auch gekommen wäre, um selbst zu gucken, was Sachlage ist - schließlich würde ich diesem Gerichte jede Form von Fälschung zutrauen. "Wir machen uns nicht strafbar", meinte er zum Verdacht, der Eingangsstempel könnte nachträglich manipuliert werden. Es könne ja sein, überlegte er dann auf der verzweifelten Suche (wobei er immer sehr nett und hilfsbereit war) nach Gründen, die vom Recht gedeckt würden, dass das Urteil handschriftlich abgegeben worden sei und deshalb in der Schreibstelle sei. Ich bat ihn, dort nachzufragen. Das tat er dann auch, bat mich aber für die Zeit nach draußen auf den Gang. Dort wartete ich ca. 20 min - derweil gingen mehrere Personen, z.B. der Fuck-the-police-Skandalrichter Pfister und der Eingangskontrollchef Weber, an mir vorbei - genügend Leute also, die bestätigen könnten (so sie nicht, wie in diesem Gericht ja leider üblich, lügen würden), dass ich da war und dort wartete. Schließlich kam auch Herr T. wieder und berichtete den Stand der Dinge. Die Richterin Brühl sei in Urlaub und hätte die Akte mitgenommen. Sie sei per Telefon erreicht worden und hätte versichert, dass sie das Urteil fristgemäß in der Geschäftsstelle abgegeben hätte und danach die Akten in den Urlaub mitgenommen hätte (komisch, dass in der Geschäftsstelle davon niemand wusste ...). Nun - die Version wird wohl halten, denn über Rechtsbeugung durch RichterInnen urteilen ... na, wer wohl ... richtig: RichterInnen. Um 15.50 Uhr verließ ich das Gerichtsgebäude wieder."
Der Text ist nachlesbar unter archive.ph/http://de.indymedia.org/2005/07/122969.shtml.

Die Tatsachen zeigen, dass die vom § 275, Abs. 1 vorgeschriebene Frist nicht eingehalten worden ist. Damit liegt nach § 338, Abs. 7 ein absoluter Revisionsgrund vor. Zur Glaubhaftmachung wird eine dienstliche Erklärung der Vorsitzende n Richterin der 3. kleinen Strafkammer am Landgericht beantragt.

Das Überschreiten der Frist ist nach § 338 Abs. 7 ist ein absoluter Revisionsgrund. Daher ist davon auszugehen, dass das Urteil auf einer Gesetzesverletzung beruht.

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