Verkehrswende

DIE ORGANISIERUNGS- UND FINANZIERUNGSFRAGE

Grundgedanken: Gleichberechtigung und Selbstorganisierung


1. Einleitung
2. Grundgedanken: Gleichberechtigung und Selbstorganisierung
3. Erfahrung aus bestehenden Projekten
4. Zusammenfassung und Perspektive

Grundgedanke 1: Horizontales Verhältnis aller Beteiligten
Es gibt eine Vielzahl von Einzelpersonen, Firmen, Vereinen und auch anderen Stiftungen, die über die nötigen Mittel und Voraussetzungen verfügen, Häuser, Grundstücke und Materialien zu beschaffen und für sich zu sichern. Viele von ihnen verfolgen ehrenwerte Ziele und eine Kooperation mit ihnen wäre nicht ausgeschlossen, wenn es um die Frage der Sicherung offener Räume oder Nutzung geh. Doch Gründung und Ziele der Stiftung FreiRäume entspringen einem weitergehenden Wunsch. Wir wollen Projekten zur Umsetzung helfen, die nicht schon von leistungsstarken, formalisierten Trägern initiiert oder gefördert werden, dafür aber die genannten, besonderen Qualitäten aufweisen.
Die Stiftung FreiRäume ist aus der Kooperation mehrerer kleiner Projekte heraus geschaffen worden. Ziel war, einen gemeinsamen Rechtsträger für Räume und gemeinsam nutzbare Gegenstände zu finden. Die Rechtsform der Stiftung ist mit Bedacht gewählt worden, denn während die einzelnen Projekte eine hohe Spontanität und Kreativität aufweisen, sollte für die materielle Grundlage eine besonders sichere und langlebige Sicherung gewährleistet sein. Dieses gewährleistet eine Stiftung am besten.
Um der Gefahr eines Machtgefälles zwischen Stiftung und den Gruppen zu begegnen, die in den per Stifungseigentum und/oder Vertrag gesicherten Räume aktiv sind, steht als zweite Säule neben der Sicherung des Eigentums durch die langlebige Stiftung der Abschluss eines Nutzungsvertrages. In diesem begegnen sich alle Beteiligten horizontal als gleichberechtigt Vertragsschließende. Der Vertrag sichert die Offenheit der Nutzung und die Autonomie der Nutzenden und heißt deshalb "Autonomievertrag". Die formalen Träger und Unterstützer der offen-kreativen Räume sollen nicht über ihre Apparate bestimmen, sondern die aktiven Menschen organisieren die notwendigen Prozesse.

Grundgedanke 2: Anregung zur Selbstorganisierung
Die zentralen Mittel der Stiftung sind ihre Handlungsfähigkeit durch die Rechtsfähigkeit des Treuhändervereins Tragwerk e.V. und damit das Eigentum an Räumen und Gegenständen. Deren Nutzung soll dann aber selbstorganisiert geschehen, d.h. die Stiftung sichert für ihre Ressourcen die unbeschränkte Zugänglichkeit und Nutzbarkeit. Sie inszeniert sich weder als Kontrollinstanz noch tritt sie wie eine Sponsorin in der Außendarstellung der durch sie geschaffenen Räume auf. Das würde nur Abhängigkeiten von den Mitteln der Stiftung produzieren, die nicht gewollt sind. Vielmehr ist es das Ziel der Stiftung, z.B. durch Beratung, Fortbildung und Vernetzung zur Selbstorganisierung der Nutzer*innen beizutragen.

Grundgedanke 3: Selbstorganisierung in zwei Richtungen
Die Stiftung unterstützt Selbstorganisierungsprozesse nicht nur durch die Bereitstellung von Ressourcen, sondern versucht durch die entsprechende Verankerung in den Nutzungsverträgen („Autonomieverträge“) die wachsende Selbstorganisierungsfähigkeit auch in eine unhintergehbare Form zu gießen. Mit dem Verzicht auf Kontrolle ist die Übertragung aller Zuständigkeiten an die am Ort Aktiven verbunden. Ausbau, Renovierungen, Erweiterungen und mehr liegen in der Hand der Nutzer*innen, die so das Eigentum der Stiftung erhalten oder - besser - erweitern. Da alles, was in den Räumen der Stiftung geschaffen wird, wiederum allen zugänglich ist, entsteht so ein sich selbst stärkender Prozess.
Ebenso soll die Stiftung von der wachsenden Selbstorganisierung der Projekte gestützt werden. Ziel ist, dass die Handlungsfähigkeit der Projekte und Nutzer*innen zu einer vermehrten Mitwirkung an den Aufgaben der Stiftung führt, die Aktiven in den Räumen der Stiftung wiederum auch die Ressourcen und Handlungsfähigkeit der Stiftung mit entwickeln - zum eigenen Vorteil und zur Unterstützung neuer Projekte. Die "Autonomieverträge" sollen dieses auch formal festhalten.

Grundgedanke 4: Formale Sicherung von Häusern und Ressourcen
Das Ziel der Sicherung von Eigentum durch die Stiftung dient dazu, Räume und Infrastruktur für eine offene Nutzung bereitzustellen. Die Rechtsform Stiftung garantiert die Langfristigkeit dieser offenen Nutzbarkeit. Das geschieht einerseits durch den langen Bestand, den eine Stiftung samt ihrem Kapital (also die Räume!) hat, andererseits durch die Festigkeit der Organisierungsstruktur, die gegenüber spontanen Interessenswechseln weitgehend stabil ist.
Es ist die Überzeugung derer, die mit der Idee der Stiftung eine Rechtsplattform für offene Räume und Ressourcen schaffen wollten, dass dieser Rechtsträger gegenüber den in Vereinen möglichen inneren Veränderungen eine bessere Absicherung bietet. Für die konkreten Aktivitäten in den Räumen wäre eine Stiftung als Träger hingegen genau falsch, denn diese sollen sich wandeln, neue Aktive sollen neue Impulse einbringen können ohne formale Hürden. Diese Offenheit garantiert der "Autonomievertrag", d.h. wir schaffen eine Kombination mit fester Sicherungsstruktur für die Räume plus einer maximal offenen, kreativen und dynamischen Praxis in ihnen.

Wer mit dem Stiftungswesen nicht ständig konfrontiert ist, kann mit der Konstruktion schon Schwierigkeiten haben. Allerdings ist sie im Stiftungswesen recht weit verbreitet und anerkannt.
Eine Stiftung kann selbständig sein. Dann ist sie nicht nur als gemeinnützig anerkannt, sondern auch rechtsfähig. Dafür gibt es ein Anerkennungsverfahren bei der Stiftungsaufsicht (in Hessen ist die z.B. beim RP Kassel). Die Stiftungsaufsichten verlangen in der Regel eine Kapitalhöhe, die eine professionelle Verwaltung ermöglicht. Kleineren Stiftungen ist die Erlangung eigener Rechtsfähigkeit in der Regel folglich verwehrt. Sie werden dann zwar von einem Finanzamt in die Gemeinnützigkeit übernommen und von dort hinsichtlich der Finanzen auch kontrolliert (genauso wie eine rechtsfähige Stiftung), aber sie kann keine eigenen Rechtsgeschäfte tätigen. Dafür braucht sie rechtsfähige Organisationen, die die Rechtsgeschäfte in ihrem Auftrag und für sie tätigen. Der Gesetzgeber nennt das "treuhänderisch".
So wirkt der Förderverein für die Stiftung. Er hat Konten eingerichtet für die Stiftung, die aber ausschließlich von der Stiftung für deren gemeinnützige Zwecke genutzt werden. Sie dortigen Umsätze werden auch ausschließlich von der Stiftung in ihren Abrechnungen geführt und z.B. dem Finanzamt für die Prüfung der Gemeinnützigkeit vorgelegt. Das heißt, dass zwar der Förderverein formal das Konto eröffnet hat, aber nur treuhänderisch für die Stiftung. Folglich sind die Umsätze der entsprechenden Konten der Stiftung zuzurechnen, werden tatsächlich und nur von dieser verwaltet. Daher kann die Stiftung für entsprechende Geldeingänge auch Spendenquittungen ausstellen.

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