Verkehrswende

EPR - EUROPAS NEUER AKW-TYP?

Mögliche Standorte in Deutschland


1. Wer mit Wem?
2. Mögliche Standorte in Deutschland
3. Kühlung der Kernschmelze und Verhinderung der Erosion des Bodenfundaments
4. Weitere Stellungnahme zum EPR-Konzept

Von den Betreibern wird ein standortunabhängiges Genehmigungsverfahren gefordert. Damit soll losgelöst von den speziellen örtlichen Gegebenheiten eine Art generelle Bauartzulassung erwirkt werden. Bei der konkreten Projektierung brauchen die Pläne dann nur noch bau- und wasserrechtlich vorgelegt, geprüft und genehmigt zu werden. Das läßt sich sehr viel schneller abwickeln als ein atomrechtliches Genehmigungsverfahren mit Beteiligung der öffentlichkeit. Die Wünsche von Seiten der Planer und Behörden - ein solches "standortunabhängiges Verfahren" ist bereits bei der letzten Novelle in das Atomgesetz aufgenomen worden - werden deutlich: der Bevölkerung soll nicht allzu viel Zeit bleiben, sich rechtlich gegen einen Neubau zur Wehr zu setzen. Trotz dieser Überrumpelungsversuche sind bereits einige Orte im Gespräch: Marienberg, Grafenrheinfeld, Viereth bei Bamberg, Pfaffenhofen an der Zusam, Pleinting bei Vilshofen, Greifswald

Technologie des EPR: Die elektrische Leistung liegt bei 1450 Megawatt pro Kraftwerksblock. Das entspricht einer thermischen Leistung des Kerns von 4250 Megawatt. Der Reaktorkern ist sowohl für eine Nutzung von klassischen Uranbrennelementen als auch für die Nutzung von Mischoxid-Brennelementen (=MOX-BE) ausgelegt. Der Reaktorkern ist mit 241 Brennelemente etwas größer, (im Vergleich zu den 205 im französischen N4 und 193 im deutschen Konvoi). Der Brennelementewechsel findet in einem Turnus von 18-24 Monaten statt. Die Lebensdauer des Reaktors ist auf 60 Jahre ausgelegt (alter Reaktortyp 30-40 Jahre).

Anlagenplanung: Das Reaktorgebäude soll sich in der Mitte der Anlage befinden. Es wird von den Sicherheitsgebäuden und dem Lagergebäude für Brennelemente umgeben sein. Alle Sicherheitssysteme sollen viersträngig aufgebaut und in räumlich voneinander getrennten "Einheiten" untergebracht werden. Jede dieser Einheiten soll ein Niederdruckeinspeisesystem mit dem dazugehörigen Zwischenkühlkreislauf, ein Mitteldruckeinspeisesystem und ein Notspeisesystem enthalten. Die dazugehörigen elektrischen Systeme und die Leittechnik sollen ebenfalls in diesen Einheiten angeordnet werden, und zwar in den oberen Stockwerken. Der innere Teil des Sicherheitsbehälters soll aus einem vorgespannten Betonzylinder und einer bewehrten Fundamentplatte bestehen. Der äußere Teil soll aus einem bewehrten Betonzylinder, der auf derselben Fundamentplatte ruht, bestehen. Er soll als Schutz vor Einwirkungen von außen dienen ( wie z.B. Erdbeben und Explosionsdruckwelle ). Die innere Struktur soll von der äußeren abgetrennt werden, um die Übertragung von Erschütterungen zu minimieren. Schutz gegen Flugzeugabsturz soll durch die Bunkerung der Sicherheitsgebäude 2 + 3, des Reaktorgebäudes und des Brennelementelagergebäudes erreicht werden. Die Sicherheitsgebäude 1 + 4 sollen nicht gebunkert werden, jedoch räumlich voneinander getrennt, so daß nur jeweils eine Einheit geschädigt werden könnte, die anderen jedoch betriebsbereit bleiben würden. Das Lager für abgebrannte Brennelemente soll sich außerhalb des Sicherheitsbehälters befinden. Die Brennelemente sollen durch eine Transfereinrichtung ein-bzw. ausgeschleust werden.

Was soll den europäischen Druckwasserreaktor angeblich von anderen DWRen unterscheiden? Dieser Reaktortyp soll angeblich so ausgelegt sein, daß er einen Kernschmelzunfall standhält. Nach Ansicht von NPI (Siemens u. Framatome) sind Maßnahmen ergriffen worden, um die Integrität des Sicherheitsbehälters sicherzustellen, so daß die Auswirkungen schwerer Störfälle auf die unmittelbare Anlagenumgebung beschränkt bleiben. "Die Aktivitätsfreisetzungen werden derart begrenzt, daß einschneidende Gegenmaßnahmen, wie eine Evakuierung oder Umsiedlung der Bevölkerung nicht mehr nötig sind. Die Einschränkung bezüglich der Nutzbarkeit von Lebensmitteln bleiben auf die erste Ernte beschränkt." (Aussagen von den Betreibern!!!!!!!!! )

Allgemein zu Kernschmelzunfällen, um zu verdeutlichen, was sich die Atomindustrie anmaßt, beherrschen zu können: Für Druckwasserreaktoren liegen umfangreiche Untersuchungen zur Sicherheitsproblematik und zum Gefährdungspotential vor. Dominierend für die Freisetzung radioaktiver Stoffe sind Unfälle mit einem Schmelzen des Reaktorkerns. Der Ablauf eines Kernschmelzunfalls wird unter anderem durch die Höhe des Primärkreisdrucks zum Versagezeitpunkt des Reaktordruckbehälters ( RDB ) bestimmt. Man/Frau unterscheidet daher zwischen einem Kernschmelzen unter hohen Druck (HD-Kernschmelzen) und einem Kernschmelzen unter niedrigem Druck (=ND-Kernschmelzen). In der Deutschen Risikostudie Kernkraftwerke (DRS) werden die Unfallabläufe in deutschen DWR beschrieben. Gemäß DRS Phase B, findet bei 97% aller Kernschmelzunfälle ein HD-Kernschmelzen statt. Im Verlauf eines HD-Kernschmelzen wird der Reaktordruckbehälter-Boden von der Schmelze durchdrungen, während der Primärkreis unter hohem oder dem vollen Primärkreisdruck steht. Durch die Druckentlastung entstehen dabei starke Belastungen der Einbauten und Gebäudestrukturen. Nach dem Durchschmelzen des Reaktordruckbehälter-Bodens fällt die Kernschmelze auf das Betonfundament in der Reaktorgrube. Die Metalle und Metalloxide der heißen Schmelze reagieren thermisch und chemisch mit dem Beton. Die Nachzerfallswärme bewirkt zusammen mit chemischen Reaktionen eine allmähliche Abtragung (Erosion) des Betonfundaments. Während des Aufschmelzens werden auch gasförmige Substanzen frei. Innerhalb einiger Tage kann die Schmelze das gesamte Fundament durchdrungen haben und mit Grundwasser in Berührung kommen. Die weiteren Folgen wären die Auslaugung der Spaltprodukte aus dem Schmelze-Beton-Gemisch und der Weitertransport der radioaktiven Stoffe mit dem Grundwasser.

Auswirkungen auf die Umwelt: Bei einem frühen Versagen des Containments nach dem Durchschmelzen des Reaktordruckbehälters treten infolge Verwirbelungen und Überdruck zum Zeitpunkt des Versagens die radioaktiven Aerosole und Gase in der Containmentatmosphäre ungehindert ins Freie aus und führen einen großen Anteil des Inventars an radioaktiven Substanzen mit sich. Sofern keine Katastrophenschutzmaßnahmen erfolgen (laut Siemens u. CO nicht erforderlich beim EPR), sind als Folge der hohen Strahlenbelastungen Hunderttausende bis einer Million Todesfälle zu erwarten. Flächen in einer Größe bis zu 10.000 km² müßten evakuiert werden. Langfristig muß sogar damit gerechnet werden, die Bevölkerung aus Gebieten mit einer Fläche von bis zu 100.000 km² umzusiedeln.

Zurück zum europäischen Druckwasserreaktor: Hier nun einige Details, wie Siemens und Framatome eine Kernschmelze in den Griff bekommen wollen: ( Diese Erläuterungen habe ich aus einer Pressemappe zum EPR ( Straßburg - 13.11.1995 ) entnommen. Sie sind weitestgehend wörtlich übernommen worden, da ich in der Technik-Materie nicht genügend versiert bin.)

Das Reaktorgebäude mit seinen zwei Hüllen stellt in zweierlei Hinsicht einen verstärkten Schutz dar, nämlich den der Umgebung und den des Reaktors: - Die innen vorgebaute Betonmauer mit einer Druckauffangleistung bis zu 6,5 bar, ist dazu bestimmt, den Dampf aus dem Primärkreislauf aufzuhalten, nach den Szenarien der schwersten Unfälle, mit einem Austritt unterhalb eines Prozents pro Tag der gesamten radioaktiven Masse. - die äußere, armierte Betonmauer ist auf Gewalteinwirkung von außen (Absturz von Militärmaschinen) ausgelegt. - mögliche Entweichung aus dem inneren Mauergürtel wird zwischen beiden Gürteln aufgefangen und gefiltert.

Das Auffangbecken unter der Reaktorhülle: Eine wesentliche Randbedingung für die Beherrschung schwerer Störfälle ist es, daß eine Schmelze-Beton-Wechselwirkung und damit die Möglichkeit des Durchschmelzens der Fundamentplatte verhindert sowie die Wasserstoffentstehung begrenzt wird. Die bevorzugte Lösung für dieses Problem ist : ? die Kernschmelze auf eine hinreichend große Fläche von 150m² auszubreiten, ? eine keramische Schutzschicht vorzusehen, die sicherstellt, daß es zu keiner Schmelze-Beton-Wechselwirkung kommt und die Betontemperaturen begrenzt bleiben und ? die Kernschmelze allein durch Wasser von oben zu kühlen.

- Die Wasserreserve im Primärkreislauf, die normalerweise zum Nachfüllen dient, wird im Reaktorgebäude zurückgehalten und dient zur Kühlung des geschmolzenen Kerns. - Der durch das Zersetzen des Wassers auf der Zirkaloy-Ummantelung der Brennelemente entstehende Wasserstoff wird mit einer Rückreaktion unschädlich gemacht, um so jedes Explosionsrisiko zu vermeiden.

Aus der Sicherheitstechnischen Bewertung des derzeitigen Siemens-Framatome-Konzepts für einen weiterentwickelten Druckwasserreaktor

- Eine Bewertung vom öKO-Institut in Darmstadt im Auftrag von Greenpeace " Oktober93'-

Die wesentliche sicherheitsgerichtete Zielsetzung des EPR-Konzepts ist die Entwicklung eines neuen Reaktors mit einer reduzierten Eintrittswahrscheinlichkeit von Kernschmelzunfällen und vor allem mit einer Begrenzung der Freisetzungen bei Kernschmelzunfällen. Die Eintrittswahrscheinlichkeit von Kernschmelzunfällen zu reduzieren, ist eigentlich nichts neues und wurde schon in der Vergangenheit durch Nachrüstung bestehender Reaktoren und durch Verbesserung der Reaktorkonzepte angestrebt. Die im EPR-Konzept angestrebte Kernschmelzwahrscheinlichkeit liegt in einer Größenordnung, die bereits für derzeitige Konvoianlagen angegeben wird und deshalb kaum als wesentliche Verbesserung betrachtet werden kann. Wesentlich größere Bedeutung hat das Ziel der Begrenzung von Freisetzung radioaktiver Stoffe bei Kernschmelzunfällen.

Hierzu wurden in den letzten Jahren zahlreiche Untersuchungen insbesondere vom Kernforschungszentrum Karlsruhe (KfK) durchgeführt. Obwohl mit den Ergebnissen des KfK konkrete Vorgaben zur Auslegung des Containments zur Verhinderung massiver Freisetzungen vorliegen, wurden diese im EPR-Konzept nur in geringem Umfang berücksichtigt. Die Wirksamkeit der Druckentlastung des Primärkreises zur Überführung von HD-Fällen in ND*-Fällen nicht gesichert. (ND*-Fälle Kernschmelzen unter abgesenktem Druck im Primärkreislauf). Es sind auch keine Maßnahmen zum Abfangen der Kräfte vorgesehen, die beim Durchschmelzen des Reaktordruckbehälters (RDB) bei einem HD-Kernschmelzen auftreten. Deshalb muß beim EPR mit einem frühen Versagen des Containments aufgrund eines HD-Kernschmelzens gerechnet werden. Aber auch wenn kein HD-Kernschmelzen eintritt, besteht die Gefahr einer Wasserstoff- oder einer Dampfexplosion mit frühem Containmentversagen.

Die Vorschläge des EPR-Konzepts, durch den Einbau von Zündern und Katalysatoren Wasserstoffexplosionen zu verhindern, unterscheidet sich nicht von den Vorschlägen zur Verbesserung der bisherigen Reaktoren. Diese Maßnahmen tragen eher zur Herbeiführung einer Wasserstoffexplosion als zu deren Verhinderung bei. Zur Reduzierung der Auswirkung von Dampfexplosionen sind im EPR-Konzept keine Maßnahmen vorgesehen, obwohl Dampfexplosionen als Folge von Kernschmelzen nach vorherrschender Expertenmeinung möglich sind. Die Maßnahmen zur Verhinderung von Freisetzungen als Folge eines langsamen Druckaufbaus im Containment stellen keine Verbesserungen gegenüber bestehender DWR dar. Auch die Wirksamkeit der Vorschläge zur Kühlung der Schmelze und der Verhinderung der Bodenerosion ist zweifelhaft.

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