Verkehrswende

IST KOEXISTENZ MÖGLICH? DIE FALLBEISPIELE

Weitere Pflanzen und Organismen


1. Einleitung
2. Das Drama der Koexistenz: Gewollt, unmöglich, deshalb trickreich umschifft
3. Bienen und horizontaler Gentransfer: Einfach vergessen?
4. Schnell und unkaputtbar: Raps
5. Mais überall ...
6. Soja & Tierfutter
7. Baumwolle
8. Weitere Pflanzen und Organismen
9. 2006: Ein Selbstbestäuber verteilt sich weltweit - der Reis LL601
10. Honig, Bienen, Imkerei
11. Die unvermeidbare Folge: Gentechnik im Essen
12. "Ich frage mich, was eigentlich noch alles passieren muss"
13. Schlimmer: Auskreuzung ist einkalkuliert oder sogar gewollt!
14. Infoseiten zum Thema


Tomaten
USA: Manipulierte Tomaten manipulieren?
Wie weit die Kontamination selbst stark kontrollierter Pflanzenbestände fortgeschritten ist, zeigt wiederum das Beispiel USA. Ein Wissenschaftler, der Tomaten gentechnisch verändern wollte, wunderte sich, dass seine Bemühungen scheiterten. Eine Analyse des Tomatenerbguts zeigte, dass die Samen, die er aus einer Saatgutbank erhalten hatte, mit transgenen Konstrukten kontaminiert waren. (Quelle: Faltblatt "Gen-Pflanzen außer Kontrolle" des Umweltinstituts München)

Kartoffeln
Die Lobbyisten behaupten von Kartoffeln, z.B. der Amflora, "vom Anbau, über Ernte und Lagerung bis zur Anlieferung an die Stärkefabrik werden sie strikt von herkömmlichen Kartoffeln getrennt."
Doch tatsächlich rechnen selbst die Hersteller mit der Durchmischung. Hinsichtlich Einsatz als Futtermittel wollen sie es sogar absichtlich selbst tun: "Ein Teil der bei der Verarbeitung anfallenden Reststoffe (Pülpe) soll als Futtermittel verwertet werden." Wenn dann die ersten Proben bei Lebensmittel die Amflora-Bestandteile nachweisen, hat der BDP schon mal vorab feststellte: "Eine Verwendung als Lebensmittel ist nicht zulässig, jedoch sind 'zufällige, technisch unvermeidbare Beimischungen' erlaubt." Na, dann kann ja nichts mehr schiefgehen. Schließlich ist das Schiefgehen schon eingeplant ... So sieht es denn auch in der Praxis aus. Ein im Jahr 2008 angelegtes Kartoffelfeld der Firma BASF geriet außer Kontrolle. "Der Dezernatsleiter im Rostocker Landesamt für Landwirtschaft zeigt auf zwei vielleicht zwanzig Zentimeter hohe Pflanzen auf dem Boden und gräbt sie mit einer Hacke aus. 'Da sind Kartoffeln', sagt Erbe - gentechnisch veränderte Pflanzen der Sorte Amflora, die Hersteller BASF vergangenes Jahr auf dem Feld getestet hatte. Inzwischen ist der Anbauversuch beendet, aber die bisher nicht zugelassenen Kartoffeln sind immer noch da, wie Erbes Inspektion am Mittwoch zeigte." (taz vom 9.7.2008) Nach den Worten des zuständigen Ministeirums "bereitete ein hoher Anteil von Auflaufkartoffeln nach der Ernte 2007 und 2008 an einem Standort im Landkreis Müritz erhebliche Probleme. Wegen der Größe der genehmigten Fläche konnte eine vollständige Bekämpfung der Kartoffeln nicht gesichert werden" (Verbraucherinformation Mai 2009). Doch die Gentechniklobby reagierte in der üblichen Weise. Statt das Versagen zuzugeben, lautet es nach jeder der vielen Pannen nur "keine Gefahr", so wie von Prof. Inge Broer (Die Welt, 19.2.2008) zum Durchwuchs bei den gv-Kartoffeln.

Im Original: Kartoffeln außer Kontrolle
Aus der BDP-Pressemappe "Pflanzenbiotechnologie und ihre Anwendung in der Praxis" (S. 9 f.)
Amflora -Kartoffeln werden ausschließlich unter bestimmten, vertraglich vereinbarten Bedingungen angebaut: Die Pflanzkartoffeln werden direkt an den Landwirt geliefert. Vom Anbau, über Ernte und Lagerung bis zur Anlieferung an die Stärkefabrik werden sie strikt von herkömmlichen Kartoffeln getrennt. ...
Obwohl Amflora eine reine Industriekartoffel ist, wurde sie auch als Futtermittel zugelassen. Ein Teil der bei der Verarbeitung anfallenden Reststoffe (Pülpe) soll als Futtermittel verwertet werden. Eine Verwendung als Lebensmittel ist nicht zulässig, jedoch sind „zufällige, technisch unvermeidbare Beimischungen“ erlaubt.


Aus "Bürgerinitiative: Anbau von Gen-Kartoffeln außer Kontrolle geraten" (Quelle: Ad-hoc-News)
Ein Jahr nach den Versuchspflanzungen von gentechnisch veränderten Kartoffeln in den Landkreisen Demmin und Müritz schlagen Umweltaktivisten erneut Alarm. Die Bürgerinitiative "Müritzkreis - gentechnikfrei" befürchtet nach eigenen Angaben, dass der 2007 erfolgte Anbau der "Amflora"-Kartoffel außer Kontrolle geraten sei. So sei auf einem mittlerweile mit Mais bepflanzten Versuchsfeld bei Zepkow auch in diesem Jahr wieder ungewollt eine "große Menge" dieser gentechnisch veränderten Kartoffeln nachgewachsen.

Aus "Amflora wächst und gedeiht" in: taz vom 9.7.2008
Nach wenigen Schritten auf dem Maisfeld in der Nähe des südmecklenburgischen Dorfs Zepkow wird Günther Erbe fündig: Der Dezernatsleiter im Rostocker Landesamt für Landwirtschaft zeigt auf zwei vielleicht zwanzig Zentimeter hohe Pflanzen auf dem Boden und gräbt sie mit einer Hacke aus. "Da sind Kartoffeln", sagt Erbe - gentechnisch veränderte Pflanzen der Sorte Amflora, die Hersteller BASF vergangenes Jahr auf dem Feld getestet hatte. Inzwischen ist der Anbauversuch beendet, aber die bisher nicht zugelassenen Kartoffeln sind immer noch da, wie Erbes Inspektion am Mittwoch zeigte. Für Umweltschützer ist das ein Skandal.

Aus "Die Büchse der Amflora", in: Junge Welt, 23.7.2008 (S. 9)
Nach wie vor sind gentechnisch manipulierte Kartoffeln der Sorte Amflora in Zepkow (Landkreis Müritz) im und auf dem Acker. Darauf wies am Montag die Bürgerinitiative "Müritzregion – gentechnikfrei" hin. Trotz mehrerer Pestizidspritzungen und der Neubepflanzug des Ackers mit Mais wurde bei Begehungen noch vor wenigen Tagen ein kräftiger Durchwuchs festgestellt. Ob und wie dieser noch beseitigt werden kann, ist unklar. Zu befürchten ist jedenfalls, daß sich die noch nicht für den kommerziellen Anbau zugelassene Sorte der Firma BASF Plant Science im wahrsten Sinne des Wortes festgesetzt hat, befürchtet die Initiative.
Und das nicht nur wegen der im Boden verbliebenen Amflora-Pflanzen. Nach der Ernte im vergangenen Herbst hätten sogenannte Stoppler, die von den Maschinen nicht erfaßte Kartoffeln aufsammeln, auch reichlich Amfloraknollen mitgenommen, berichtet die Biologin Ilse Lass auf jW-Nachfrage. Warnhinweise gab es an den Feldern zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Erfahrungsgemäß werden derart gesammelte Kartoffeln sowohl zum Eigenverzehr als auch zur Aussaat in Kleingartenanlagen und zur Verfütterung an Schweine benutzt und gelangen auf diese Weise in die Nahrungskette. Auch Wildschweine bedienten sich nach Beobachtungen der Bürgerinitiative reichlich am Genfood.


Verbraucherinformation Mai 2009 (Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern, S. 4)
Nach einem abgestimmten Plan erfolgen in allen Bundesländern Untersuchungen, deren Ergebnisse ausgetauscht und im Vollzug im eigenen Bundesland genutzt werden. So mussten beispielsweise 2007 wegen einer Verunreinigung von Winterraps mit nicht zugelassenem GVO 840 Hektar Winterraps vernichtet werden. 2008 war dies bei 130 Hektar Mais notwendig. ...
Bei genehmigten Freisetzungen von gentechnisch veränderten Pflanzen erfolgen Kontrollen während der gesamten Vegetationsperiode von der Aussaat bis zur Ernte sowie mindestens ein Jahr nach der Ernte, bis keine der freigesetzten Pflanzen mehr auf der Versuchsfläche vorzufinden sind. So bereitete ein hoher Anteil von Auflaufkartoffeln nach der Ernte 2007 und 2008 an einem Standort im Landkreis Müritz erhebliche Probleme. Wegen der Größe der genehmigten Fläche konnte eine vollständige Bekämpfung der Kartoffeln nicht gesichert werden.


Typische Reaktion ... Gentech-ForscherInnen beruhigen mit platten Sprüchen (Aus: Die Welt, 19.2.2008)
Von den gentechnisch veränderten Kartoffeln auf einem Acker in Hohenmocker (Kreis Demmin) geht nach Ansicht der Gentechnikerin Inge Broer (Uni Rostock) keine Gefahr aus. "Nach den Frösten sind die Zellen der Kartoffeln kaputt, die DNA ist weitgehend abgebaut", sagte Broer. Selbst wenn ein Tier Reste der DNA fressen sollte, würde diese in den Verdauungsorganen zerstört. Im Kot von Tieren oder gar in Keimzellen sei noch nie die Fremd-DNA nachgewiesen worden.


Kaum war die Amflora mit deutscher Hilfe EU-weit durch, kündigte BASF an, lieber gleich eine neuere Kartoffelsorte in den kommerziellen Anbau bringen zu wollen. Amadea hieß diese und tauchte in der Öffentlichkeit standesgemäß auf: Sie wurde illegal als versehentliche Durchmischung auf Feldern gefunden. „Wenn nicht einmal bei einem so gut überwachten und von den Medien kritisch begleiteten Anbau die Reinheit des Pflanzgutes von den Konzernen sichergestellt werden kann, wie sieht es dann erst bei der Verwendung von Gen-Saatgut im großen Stil mit der Qualitätssicherung aus?“ fragte völlig zu RechtUlrike Müller, agrarpolitische Sprecherin der Freie Wähler Landtagsfraktion in Bayern. Die maschinelle Durchmischung in der Saatgutproduktion, in Sortierungsanlagen und beim Transport war von Beginn an als unmöglich angesehen worden.

Im Original: Amadea: Neue Sorte, alte Probleme
Aus dem Informationsdienst Gentechnik am 7.9.2010
In Schweden entdeckte ein BASF-Mitarbeiter auf einem Feld der gentechnisch veränderten Sorte Amflora, Pflanzen der Sorte Amadea, eine Gentechnik-Kartoffel ohne Zulassung. Bei einem Kontrollgang fand er weiß blühende zwischen den sonst violett blühenden Amflora-Pflanzen. Der Vorfall liegt nun der EU-Kommission vor. Am Mittwoch muss die BASF, Entwickler beider Kartoffelsorten, sich wegen des illegalen Anbaus von Amadea in Brüssel verantworten. Der Konzern möchte die Vermischung durch die "geringe" Verunreinigung unter 0,01 Prozent kleinreden und über die Tatsache hinwegtäuschen, dass sich Verunreinigungen nicht ausschließen lassen, selbst von einem Qualitätsmanagement der größten Konzerne der Welt nicht. Die SPD-Fraktion fordert daher einen Anbaustopp für Gentechnik-Pflanzen. Gentechnikkritiker befürchten eine vom Konzern gewünschte Verunreinigung, und wittern hier Bestrebungen des Konzerns den Zulassungsprozess der Gentechnik-Kartoffel Amadea zu beschleunigen.

Aus dem Statement der BASF am Vortag:
BASF Plant Science hat im Zuge der eigenen Qualitätskontrollen sehr geringe Mengen von Amadea-Kartoffeln in Amflora-Feldern im Norden von Schweden entdeckt. ...
Die Ursache der geringfügigen Vermischung in Schweden wird zurzeit eingehend untersucht. Entdeckt wurden die Amadea-Kartoffeln, da sie weiß blühen, Amflora hingegen bildet nur wenige violette Blüten.


SPD zum Vorfall mit Forderung nach kompletten Aus der Agro-Gentechnik
Und wieder zeigt sich: Die Gruene Gentechnik ist nicht kontrollierbar. Verunreinigungsfaelle treten inzwischen mit hartnaeckiger Regelmaessigkeit auf, und genauso regelmaessig werden sie heruntergespielt.
Wir brauchen einen Anbaustopp fuer gentechnisch veraenderte Pflanzen.

Papaya
Thailand: Gen-Papaya breiten sich aus 2004 brachten Recherchen von Greenpeace ans Licht, dass ein staatliches thailändisches Forschungsinstitut illegal genmanipuliertes Papaya-Saatgut an Bauern verteilt hatte. Zudem kam es zu Auskreuzungen durch die Freisetzungsversuche des Instituts. Obwohl alle verdächtigen Papaya-Bäume zerstört worden waren, enthält nach einer aktuellen Studie nach wie vor jeder dritte Papaya-Baum im untersuchten Gebiet das transgene Konstrukt.
Auch in Hawaii gibt es weitreichende Kontaminationen biologischer und konventioneller Papaya-Bäume durch (zugelassene) Gen-Papaya. (Quelle: Faltblatt "Gen-Pflanzen außer Kontrolle" des Umweltinstituts München)

Rüben
Aus der Broschüre "Grüne Gentechnik" der KWS Saat AG
Wie auch bei allen konventionell gezüchteten Zuckerrüben ist eine Auskreuzung einzelner Merkmale möglich.

Leinsaat
Sie ist nie irgendwo angebaut worden, sondern stammt aus kleinsten Verunreinigungen von Laboren und Blumentöpfen. Einige Jahre nach diesen Auspflanzungen trat das Genkonstrukt weltweit auf.


Obst

Petunien
2017 tauchten plötzlich Petunien tauchen auf, die nie zugelassen waren. Entdeckt wurden sie nur seeeehr zufällig, sonst wären sie weiter überall verbreitet worden!

Aus "Verbotene Gentechnik führt zu massenhafter Blumenvernichtung", in SZ, 29.5.2017
Als der Biologe Teemu Teeri vor zwei Jahren an einer Bahnstation in Helsinki vorbeilief, fielen ihm ein paar orange blühende Petunien auf. Deren Blüten erinnerten ihn an Gewächse, die rund 30 Jahre zuvor im Rahmen eines bahnbrechenden Gentechnik-Experiment erschaffen worden waren. Soweit er wusste, haben es diese Blumen niemals auf den Markt geschafft. Aber er war neugierig, pflückte eine Blume und steckte sie in seinen Rucksack, um sie später im Labor zu untersuchen.
Die Zufallsbegegnung hat mittlerweile dazu geführt, dass Blumenhändler in den USA und Europa einen Teil ihrer Waren vernichten mussten. Denn Teeri führte den Beweis, dass die orangefarbenen Petunien aus Helsinki artfremdes Erbgut enthielten und gab den Behörden den entscheidenden Hinweis. In der Folge wurden weitere gentechnisch veränderte Blumen im freien Handel entdeckt.

  • Artikel "Petunien in orange: Verbotene Gentechnik aus Deutschland?", in: SZ, 4.5.2017

Und viel mehr ...

Tiere
Aus ""Gene drive" - ein Eingriff in das Erbgut frei lebender Organismen", auf: telepolis am 04.08.2014
Forscher stoßen die Diskussion um eine potenziell folgenschwere Methode an, die schon bald ganze Populationen verändern könnte ...
Die Idee ist jetzt etwas mehr als 10 Jahre alt. Der britische Forscher Austin Burt veröffentlichte 2003 einen Fachartikel, in dem er einen möglichen Ansatz für die genetische Manipulation von wild lebenden Populationen beschrieb. Das Verfahren - unter dem Begriff "gene drive" bekannt geworden - setzt auf die Eigenschaften von sogenannten egoistischen genetischen Elementen. Diese können gewünschte Eigenschaften - etwa Resistenzen gegen Krankheitserreger - in frei lebende Organismen einbringen und schnell in der gesamten Population verbreiten.


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