Theoriedebatte

VISIONEN

Einleitung


1. Einleitung
2. Freie Menschen in Freien Vereinbarungen
3. Visionslosigkeit: TINA ... There is no alternative?
4. Sinn und Unsinn von Utopien und Utopiedebatten
5. Seid utopisch: Macht, was ihr wollt!
6. Links

Peter Kropotkin, 1985: Gesetz und Autorität (S. 12)
Der Mensch, besonders wenn er abergläubisch ist, hat immer Furcht, etwas Bestehendes zu verändern und verehrt allgemein, was alt ist. ... Das Unbekannt setzt sie in Schrecken; sie ziehen vor , sich an die Vergangenheit zu klammern, wenn auch diese Vergangenheit Elend, Unterdrückung und Knechtschaft war. Man kann sogar sagen: Je unglücklicher der Mensch ist, desto größer ist seine Furcht vor einer Änderung, befürchtend, er könne noch unglücklicher werden. Ein Hoffnungstrahl, eine Spanne Wohlsein müssen seine Hütte erwärmen, damit er anfängt, es besser haben zu wollen, seine alten Lebensgewohnheiten zu kritisieren und dieselben zu verändern.

P.M., 2001: Subcoma, Paranoia City Verlag in Zürich (S. 10)
Selbstverständlich gibt es eine Alternative, aber nicht mehr unter den Bedingungen des Business as usual. Eigentlich kennen wir alle sie auch schon, seit Tausenden von Jahren. Sie entspricht einem globalen Jubiläum (im bliblischen Sinne): Streichung aller Schulden, Annullierung aller Guthaben, gleichberechtigter Zugang zu allen Ressourcen und allem Wissen, Ende der Marktregeln, voller Lebensgenuss statt Arbeitssklaverei, Abbruch der Wachstumsspirale, Schluss mit dem Zwangsfortschritt.

Aus: autonome stadt, Entwurfsarbeit von Tomislav Knaffl im Wintersemester 2000/01 an der Uni Stuttgart
der gegenwärtige lokale materielle Wohlstand durch die zur zeit herrschende soziale organisationsform des parlamentarismus und wirtschaftliche organisationsform der hierarchischen weisungsstruktur würde von den wenigsten menschen freiwillig aufgegeben, wenn nicht möglichkeiten aufgezeigt werden, wie eine herrschaftsfreue neuorganisation einen zufriedenstellenden ausblick auf die lebensqualität hinsichtlich der eigenen bedarfe, bedürfnisse und wünsche gewährt.
... badarfe, bedürfnisse und wünsche haben schon immer menschen zu kreativen noch nie dagewesenen lösungen angeregt.


Aus Wilk, Michael (1999): "Macht, Herrschaft, Emanzipation", Trotzdem Verlag in Grafenau (S. 45 f.)
Es geht darum, nicht nur „die Emanzipation von", sondern ebenso die „Emanzipation zu“ einer herrschaftskritischen Wertung zu unterziehen ...
Klarer wird die Schwierigkeit, emanzipative Prozesse zu definieren, wenn es darum geht, nicht nur die Auseinandersetzung mit dem Ist-Zustand zu beschreiben, als viel mehr eine Zielbestimmung vorzunehmen, die quasi eine gedankliche Vorwegnahme des angestrebten gesellschaftlich sozialen Zustands beschreibt. Die Frage: "Nicht nur wogegen, sondern wofür setzen wir uns ein", ist explosiv, wenn sie echte Grenzüberschreitung meint, und nicht ein Weitermarschieren auf altem Weg unter lediglicher Auswechselung des Kapellmeisters oder der Melodie".
Dieses "Denken einer Utopie", die ja zumindest laut Lexikon als "unerfüllbar, unwirklich und wirklichkeitsfremd" definiert ist, ist elementarer Bestandteil eines emanzipativen Prozesses, da er letztlich die faktische Bedingung für die mögliche, vorerst gedankliche, Überschreitung der realen Gegebenheiten darstellt. Die Diskriminierung eines Ziels als utopisch, von wem auch immer, sollte mißtrauisch machen, die damit verbundene „Schere im Kopf“ kommt einem selbst auferlegten Denkverbot gleich, das eine Auseinandersetzung mit Gegebenem immer wieder auf die allen Werte und Maßstäbe, auf die alten Lösungswege zurückwirft. Hiermit ist nicht gemeint, daß nicht auch die berühmt berüchtigten "immanenten Lösungen" wichtige und richtige Schritte in einem emanzipativen Prozess sein könnten. Aber schon die Urteilsfähigkeit, sie als immanent und nicht den eigentlichen gesellschaftlichen Rahmen in Frage stellend zuerkennen, setzt die Kenntnis einer weiteren Dimension voraus. Die gedankliche Reichweite bemißt sich am „undenkbaren“ und nicht am existierenden.


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