Organisierung

ANDERE VERFOLGEN - JA!
IM EIGENEN LAGER AUFRÄUMEN - NEIN!

Die TäterInnen und Anzeigen


1. Einleitung
2. Rechtliche Bewertung und Straftaten
3. Die TäterInnen und Anzeigen
4. Weitere formale Anträge
5. Der schwere Start: Über ein Jahr blockten alle!
6. Die Retter in Robe: Justiz schützt die Mächtigen
7. Mehr Informationen

Die folgende Liste ist eine Auswertung der vorliegenden Akten zu den verschiedenen Verfahren und Geschehnissen rund um den14. Mai 2006. Es werde alle Personen namentlich und möglichst mit Funktion benannt, die an Straftaten wie falsche Verdächtigung, Verfolgung Unschuldiger, Freiheitsberaubung, Rechtsbeugung und Beihilfe zu diesen beteiligt waren. Für fast alle ist eine wissentliche Verstrickung nachweisbar. Es steht den wenigen weiteren und etwaigen noch zu ermittelnden Personen frei, klar auszusagen, falsch informiert oder zu ihrem Handeln gezwungen worden zu sein.

Klar aber dürfte auch sein: Angesichts der intensiven Verstrickung sämtlicher Polizei- und Justizstrukturen in Gießen kann eine Aufklärung und Aufarbeitung in dieser Stadt nicht erwartet werden. Daher muss geprüft werden, wieweit andere Institutionen wie etwas die hessische Generalstaatsanwaltschaft oder ein einzurichtender parlamentarischer Untersuchungsausschuss diese Aufgabe besser erfüllen können.

1. Aus der Polizei: Staatsschutz
Staatsschutzbeamte Mann, Broers und Lutz
Die Staatsschutzbeamten, die den Antrag auf Unterbindungsgewahrsam stellten und Richter Gotthardt zur Lüge aufforderten, sind fraglos der falschen Verdächtigung, der Verfolgung Unschuldiger und der Beihilfe zu Freiheitsberaubung und Rechtsbeugung schuldig geworden. Aus den Polizeiakten ersichtlich sind folgende Namen und Handlungen:
  • Reinhold Mann, Chef des Staatsschutzes, ist Unterzeichner des Antrages auf Unterbindungsgewahrsam, auf dem die Lügen über einen Tatverdacht zusammengetragen sind
  • Die Staatsschutzmitarbeiter Lutz und Broers haben den genannten Antrag zusammen mit dem Verhafteten zum Haftrichter geschleppt und dort den Antrag übergeben und unterstützt. Wieweit in direkten Gesprächen zwischen Richter und ihnen weitere falsche Beschuldigungen u.ä. ausgetauscht wurden, ist nicht bekannt. Die Anweisung, die Observation zu verschweigen ("Nicht sagen!"-Vermerk von Richter Gotthardt), kann nur von einem der beiden Personen gekommen sein. Ob beide darüber Bescheid wussten und diese Aufforderung und Beihilfe zu Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung mittrugen, ist unbekannt.
  • Beide genannten haben den Inhaftierten dann auch zur JVA Gießen abgeführt und dort übergeben.
  • Der Staatsschutzchef KHK Mann hat zudem mit dem LKA das Telefonat über die eilige DNA-Analyse geführt. Es ist daher naheliegend, dass er auch über das Ergebnis informiert wurde, dass zwecks Weiterführung der Inhaftierung nicht weiterbearbeitet wurde.

Staatsschutzbeamtin Cofsky
Sie ließ noch am 14.5.2006 per Boten die bei der Sprühschablone im Altenfeldsweg gefundenen Handschuhe zum LKA bringen zwecks DNA-Analyse. Als das Ergebnis den gewünschten Verdächtigen entlastete statt belastete, ließ sie am 16.5. das Ergebnis der DNA-Untersuchung unbearbeitet und reichte es nicht an die Verfolgungsbehörden weiter. Den Akten zufolge war das PP Mittelhessen ständig darüber informiert, dass der falsch Verdächtigte immer noch in Haft saß.
Da Cofsky sowohl zumindest am 14. und 16.5. im Dienst war und die zuständige Sachbearbeiterin für die Repression gegen Personen aus dem Umfeld der Projektwerkstatt war, muss davon ausgegangen werden, dass sie auch die Aktivitäten ihrer Kollegen Mann, Broers und Lutz kannte, d.h. die Lügen und Fälschungen mittrug. Sie erstellte die meisten der Sicherstellungslisten des 14.5.2006 und trug dort als Grund den Verdacht der Sachbeschädigung ein. Cofsky stellte ein Auskunftsersuchen wegen Telefondaten an Vodafone und vernahm die Verhafteten am Morgen des 14.5.2006. Sie regte zusätzlich einen richterlichen Beschluss zur telefonischen Überwachung an und behauptete nun sogar, dass der Verdacht auf schwerwiegende Straftaten, z.B. Anschläge auf den Innenminister, zu befürchten seien. Anhaltspunkte dafür gab sie nicht an.
Zudem regte KOKin Cofsky am 22.5.2006 die DNA-Entnahmen an, u.a. auch bei einer weiblichen Person, obwohl sie selbst seit dem 16.5.2006 das Ergebnis der DNA-Analyse an den Täterhandschuhen erhalten hatte, nach dem nur noch ein Mann als Täter in Frage kam.

Beteiligte der Hausdurchsuchung am 14.5.2006
Die Hausdurchsuchung in der Projektwerkstatt erfolgte aufgrund eines dem Staatsschutz als falsch bekannten Tatverdachts. Sie wurde zudem ohne Durchsuchungsanordnung, ohne Protokollierung und ohne Hinzuziehung oder Information der Betroffenen durchgeführt. Wie üblich durchsuchten die Beamten auch die presserechtlich gekennzeichneten und daher geschützten Räume.

An der Durchsuchung beteiligt waren u.a. (in den Akten namentlich aufgeführt):
  • Staatsschutzbeamter Broers (Unterzeichner Sicherstellungsliste)
  • Staatsschutzbeamtin Cofsky informierte die Bereitschaftsstaatsanwältin Fleischer über den Sachverhalt und entlockte ihr die Zustimmung zu einer Durchsuchung nach "Gefahr im Verzuge". Es ist zu klären, welchen Inhalt diese Mitteilung hatte und warum die Staatsanwältin der Durchsuchung zustimmte. Zudem ist zu klären, wieweit die Tatsache, dass Dinge, nach denen nicht gesucht werden sollte (Kalender, Adresslisten usw.), der Staatsanwältin anschließend mitgeteilt wurde und wie diese damit umging. Den Akten ist nicht zu entnehmen, ob die Staatsanwältin durchgehend belogen wurde oder - wie nachweislich Richter Gotthardt - selbst die Straftaten wissentlich beging.
    KOKin Cofsky wurde in der Niederschrift über die Durchsuchung als Sachbearbeiterin benannt.
  • KOK Lutz fertigte die Niederschrift über die Durchsuchung (die den Betroffenen aber nicht ausgehändigt wurde). Es ist daher anzunehmen, dass er anwesend war.
  • Nach dem Durchsuchungsbericht des KOK Broers waren folgende PolizeibeamtInnen anwesend: POKin Seifert und POK Planz (beide Polizeistation Grünberg), POK Landmesser, POK Fitzke und PK Kapaun (alle Polizeistation Marburg), KHK Mann und KOK Broers (Staatsschutz beim PP Mittelhessen). Bei den Genannten außer den Staatsschutzangehörigen ist unklar, wieweit sie über die Geschehnisse und damit die Rechtswidrigkeit ihres Handelns informiert waren.

Im Original: Der Verlauf der Ermittlungsverfahren
Die Anzeigen in der Zusammenfassung der Antirepressionsplattform K.O.B.R.A. am 30.6.2007

Erste Einstellung des Verfahrens gegen Staatsschutzchef Mann am 25.6.2009 durch die Staatsanwaltschaft Wiesbaden
Auszüge aus der Presseinformation dazu am 25. Juni 2009
Verfahren gegen Staatsschutzchef Mann wird eingestellt

Aber die Einstellungsbegründung hat es in sich. Da wird ziemlich offen dargestellt, dass die Polizei blöd ist. Alles wird als große Aneinanderreihung von Pannen dargestellt. Auszüge: "Das Hessische Landeskriminalamt hat die in Zusammenhang mit dem Unterbindungsgewahrsam stehenden Vorgänge des Polizeipräsidiums Mittelhessen sowie des eingesetzten Einsatzkommandos einer genauen Überprüfung unterzogen. Dabei wurden insbesondere der zeitliche Ablauf des polizeilichen Gesamteinsatzes in der Nacht vom 13. auf den 14.05.2006 sowie die Einsatzplanung und -koordinierung nachgestellt.
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen kam es zu erheblichen Problemen bei den Einsatzmaßnahmen im Bereich der Kommunikation und der Informationsweitergabe zwischen den damals eingesetzten Polizeibeamten, die für den Anzeigeerstatter zwar höchst unangenehme Folgen nach sich zogen, strafrechtlich indes ohne Bedeutung sind.
Aufgrund zu bemängelnder Infonnationsflüsse innerhalb der Polizei lagen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Unterbindungsgewahrsam den Beschuldigten und anderen Entscheidungsträgem im Nachhinein als wichtig erkannte Informationen nicht vor. Den eingesetzen Beamten war die Bedeutung ihrer Wahrnehmung für die - auf einer anderen Ebene zeitgleich ablaufende Prüfung der Beantragung des Unterbindungsgewahrsams gegen den Anzeigeerstatter - teilweise nicht ldar. Handy- und Funkmeldungen gingen zudem nur unvollständig bei der zentralen Stelle, der Leitstelle des Polizeipräsidiums Mittelhessen, ein."


Da stellt sich die Frage: Kann Polizei so blöd sein? Reicht Blödheit als Erklärung aus?
Der Betroffene meinte: Nein - und legte Beschwerde ein. Der Text der Beschwerde mit umfangreichen Begründungen hier ...

Erste Einstellung des Verfahrens gegen StaatsschützerInnen Broer, Cofsky und andere am 25.6.2009 - und auch dagegen eine Beschwerde ...

Als Reaktion auf die Beschwerden nahm die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wieder auf - und stellte dann erneut ein.
- Zweite Einstellung des Verfahrens gegen Staatsschutzchef Mann am 25.8.2010 durch die Staatsanwaltschaft Wiesbaden
- Zweite Einstellung des Verfahrens gegen StaatsschützerInnen Broer, Cofsky und andere am 25.8.2010
- Und wieder Beschwerden: Verfahren gegen Mann ++ Verfahren gegen Broer, Cofsky & Co.

2. und auch aus der Polizei: Einsatzleitung und Polizeiführung
Einsatzzentrale
In den Vermerken etlicher PolizeibeamtInnen wurde die Informationsweitergabe an die "EZ" (Einsatzzentrale) dokumentiert. Daraus ergibt sich unzweifelhaft, dass der Einsatzzentrale alle Informationen vorlagen und daher dort bekannt war, dass ein Tatverdacht nicht bestand. Dennoch wurde der Befehl zur Festnahme von dort ausgegeben. Das erfüllt die einschlägigen Straftatbestände der Verfolgung Unschuldiger, der falschen Verdächtigung und der Freiheitsberaubung.
Namentlich ist in den Akten nur sehr wenig über die personelle Zusammensetzung der Einsatzzentrale in dieser Nacht zu erfahren. Hier wären die Dienstpläne zu prüfen. Benannt wird:
  • KOK Schust, u.a. als Befehlsgeber für die Festnahme und Unterzeichner der Strafanzeige mit der Falschbeschuldigung am 14.5.2006 um 5.13 Uhr (das Schust der Einsatzleiter in dieser Nacht war, schien aus den Akten hervorzugehen - es wurde in der späteren Einstellung durch den Generalstaatsanwalt allerdings dementiert)
  • KOK Haas als Unterzeichner einer weiteren Strafanzeige mit der Falschbeschuldigung am 14.5.2006 um 3.20 Uhr

Presseabteilung der Polizei
Am 15.5.2006 um 18.18 Uhr wurde eine Pressemitteilung verschickt, die den erfundenen Tatverdacht öffentlich machte. Abfassen und Verschicken dieser Information erfüllte den Tatbestand der üblen Nachrede und der falschen Verdächtigung.
Unterzeichner der Presseinformation: KHK Frost

Leitung des Polizeipräsidiums
Die Akten enthalten keinerlei Hinweise, wieweit die Leitung des PP Mittelhessen und eventuell der Polizeipräsident informiert oder beteiligt waren. Angesichts des Umfangs der polizeilichen Operation über mehrere Tage ist aber kaum denkbar, dass die Leitung des Polizeipräsidiums nicht umfassend in die Abläufe integriert war.

Rechtsassessorin Nina Brecht: Falsche Verdächtigung
Die Bedienstete des PP Mittelhessen behauptete in einem Schreiben vom 26.5.2006 (Az. 10 E 1421/06) und in einer Stellungnahme am 20.7.2006 (Az. 10 E 1698/06) an das Verwaltungsgericht Gießen, dass ein Tatverdacht bestanden hätte. Als Angehörige des Polizeipräsidiums lagen ihr die Akten und Informationen aber von Anfang an vor.

Im Original: Der Verlauf der Ermittlungsverfahren
Die Anzeigen in der Zusammenfassung der Antirepressionsplattform K.O.B.R.A. am 30.6.2007

Einstellung des Verfahrens gegen Rechtsassesorin Brecht (neuer Name: Lauer) am 23.8.2009 durch die Staatsanwaltschaft Wiesbaden ... und Beschwerde dagegen

Zu den anderen benannten Angehörigen der Polizeiführung erging ein Sammel-Einstellungsbescheid - zusammen mit mehreren RichterInnen und anderen. Dagegen wurde am 18.9.2010 Beschwerde erhoben. In der späteren Einstellung auf der Beschwerdeebene des Generalstaatsanwaltes tauchen die Namen Frost, Haas und Schust auch wieder auf (Beschwerde).

3. Weitere PolizeibeamtInnen
PK Freitag
Bei der Festnahme sprang ein Polizist aus dem fahrenden Polizeiauto auf einen Radfahrer. Er war der Fahrer und das Auto fuhr entsprechend führerlos weiter - direkt auf eine zweite Person zu. Dieser konnte knapp ausweichen und prallte gegen die offene Fahrertür. Kurz danach krachte der Polizeiwagen in ein aus der anderen Richtung kommendes Polizeiauto. Der Radler, der gegen die Tür prallte, stellte Strafantrag wegen schwerem Eingriff in den Straßenverkehr gegen den Polizisten.
In ähnlichen Fällen, wenn nicht Polizisten die Täter sind, wird bei solchem Verhalten rigoros vorgegangen und das Verhalten als versuchter Mord gewertet. Aus der Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Mittelhessen vom 31.7.2006:
28-Jähriger fährt in Personengruppe - Haftbefehl wegen versuchten Mordes zu hies. Pressemeldung vom 30.7.06 Gießen: Gegen den 28-jährigen Mann, der am Sonntag, dem 30.7.06, gg. 05.45 Uhr, vor einem Lokal in der Grünberger Straße in eine Personengruppe fuhr, wurde auf Antrag des Staatsanwaltschaft Gießen vom Amtsgericht Haftbefehl wegen versuchten Mordes erlassen. Nach den bisherigen Ermittlungen dürfte es sich um einen Racheakt gehandelt haben, nachdem es dort zu einem Streit gekommen war. Die genauen Umstände sind bisher noch nicht geklärt. Der Tatverdächtige stand unter Alkoholeinwirkung, das Untersuchungsergebnis liegt noch nicht vor. (Az. bei StA Gießen: 501 UJs 49162/06).

Weitere PolizeibeamtInnen
An der Operation in der Nacht des 14.5.2006 waren sehr viele BeamtInnen beteiligt. Es ist unbekannt, wieviele von ihnen zum Zeitpunkt der Festnahme oder weiterer Aktivitäten wie ED-Behandlungen u.ä. wussten, dass ein Tatverdacht nicht vorlag. Hier sind zum einen die Personen zu prüfen, die direkt am Gerichtsgelände die federballspielende Gruppe beobachteten und folglich aus eigener Anschauung wussten, was diese Personen getan hatten. Zum zweiten sind alle Personen im Besitz dieses Wissens gewesen, die über Funksprüche und in der Leitzentrale informiert waren.
  • PK Freitag stellte in seinem Festnahmeprotokoll die Behauptung auf, es bestünde ein "dringender Tatverdacht". Eine Begründung dafür unterließ er.

Im Original: Der Verlauf der Ermittlungsverfahren
Die Anzeigen in der Zusammenfassung der Antirepressionsplattform K.O.B.R.A. am 30.6.2007

Das Ermittlungsverfahrung zum gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr wurde eingestellt. Tenor: Es liegt keine Straftat vor, weil niemand überfahren wurde und das Springen aus fahrenden Autos auch nirgends verboten ist. Auszüge:




Zu den anderen benannten Angehörigen der Polizeiführung erging ein Sammel-Einstellungsbescheid - zusammen mit mehreren RichterInnen und anderen. Dagegen wurde am 18.9.2010 Beschwerde erhoben. In der späteren Einstellung auf der Beschwerdeebene des Generalstaatsanwaltes tauchen die Namen Frost, Haas und Schust auch wieder auf.

4. Aus den Justizapparaten: Staatsanwaltschaft
Staatsanwalt Vaupel
Er verfasste am 30.5.2006 den Antrag auf Entnahme von Speichelproben zur DNA-Analyse bei den Verhafteten des 14.5.2006. Zu diesem Zeitpunkt lag StA Vaupel die gesamte Akte nachweislich vor, d.h. er kannte sowohl das Ergebnis der LKA-Analyse vom 16.5.2006, nachdem mindestens die weibliche Festgenommene aus Täterin ausschied, als auch die Observationsvermerke der Polizei, wonach ein Tatverdacht auszuscheiden war. Der Antrag auf DNA-Entnahme erfüllt daher die Straftatbestände der Verfolgung Unschuldiger und der falschen Verdächtigung.
Zudem bejahte Staatsanwalt Vaupel in einer Stellungnahme zur Hausdurchsuchung an das Amtsgericht Gießen trotz Vorliegen der genannten Akte die "Gefahr im Verzuge" als "zutreffen". Das erfüllt die gleichen Straftatbestände.

Im Original: Der Verlauf der Ermittlungsverfahren
Die Anzeigen in der Zusammenfassung der Antirepressionsplattform K.O.B.R.A. am 30.6.2007. Außerdem gab es eine Anzeige wegen Strafvereitelung, die am Ende der Beschwerde nach der ersten Einstellung in Sachen Fahrzeugcrash angefügt war.

Das Ermittlungsverfahren wurde am 6.1.2009 eingestellt. Der Text aber hat es in sich - er klärt einiges auf oder behauptet zumindest einige Abläufe ...

Aus der Einstellung
Die Polizei soll die Staatsanwaltschaft in Bezug auf den Antrag zur DNA-Entnahme falsch informiert haben: "Der Antrag beruhte auf Anregung der sachbearbeitenden Polizeidienststelle vom 22.05.2006, die sich auf eine Mitteilung des Landeskriminalamts vom 16.05.2006 bezog, wonach neben einer DNA-Spur einer männlichen Person noch etwa 30 Mischspuren vorlagen, die noch weiter aufbereitet werden und dann mit Spuren von Tatverdächtigten verglichen werden sollten."
Dabei könnten die entlastenden Vermerke nicht vorlegt worden sein: "Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschuldigten zum Zeitpunkt der Antragstellung die Vermerke der verschiedenen am Einsatz vom 14.05.2006 beteiligten Polizeibeamten vom 19.05. und 22.05.2006, die möglicherweise einer Antragsstellung entgegen gestanden hätten, vorlagen. Aus den jeweiligen Daten der polizeilichen Vermerken kann nicht geschlossen werden, dass sie zu diesem Daten auch der Staatsanwaltschaft vorgelegt wurden. Im Gegenteil bestehen meist größere Zeitabstände zwischen der Fertigung eines polizeilichen Vermerks bis zur Vorlage bei dem zuständigen Dezernenten der Staatsanwaltschaft."
Das aber erscheint offenbar auch dem die Ermittlungen einstellenden Oberstaatsanwalt Böcher nicht wirklich überzeugend, weshalb er vorsichtshalber hinzufügt, dass für StaatsanwältInnen und RichterInnen ein Sonderrecht gilt: "Im übrigen - was für beide Vorwürfe Gültigkeit besitzt - stellt nicht jede unrichtige Rechtsanwendung sogleich eine strafbare Beugung des Rechts dar.Vielniehr wird nur der Rechtsbruch als elementarer, den Kernbereich des Rechts tangierender Verstoß gegen die Rechtspflege unter Strafe gestellt. Rechtsbeugung begeht daher nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allein derjenige Amtsträger, der sich bewußt in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt. In neueren Entscheidungen verlangt der Bundesgerichtshof, dass sich die mögliche unrichtige Entscheidung als objektiv unvertretbarer Willkürakt darstellt. Selbst die Unvertretbarkeit einer Entscheidung reicht für die Strafbarkeit einer strafrechtlich relevanten Rechtsbeugung nicht aus."

Der Betroffene legte am 18.1.2009 Widerspruch ein.

5. Das Gießener Amtsgericht
Richter Gotthardt
Die zentrale Person des Geschehens ist Amtsrichter Gotthardt. Er fällte die formal prägende Entscheidung. Er ließ sich von der Polizei dazu bringen, den Verhafteten zu belügen und wider besseren Wissens dessen Inhaftierung zu verfügen. Er zeichnete in einem Vermerk die Anweisung der Polizei auf und schuf damit das zentrale Beweisstück dafür, dass hier nicht nur gefälscht, gelogen und manipuliert wurde, sondern dass dieses derart dreist erfolgte, dass Polizei und Gericht darüber sogar geredet und sich geeinigt haben, die rechtswidrige Inhaftierung zu vollziehen. Damit ist der für eine Rechtsbeugung im Amt notwendige Punkt erfüllt, dass ein Richter sich dieser auch bewusst sein muss (Versehen reicht nicht). Führt eine Rechtsbeugung zur Verhaftung, so ist der Richter auch immer wegen Freiheitsberaubung zu verurteilen, legte der Bundesgerichtshofe im "Fall Schill" fest. Bei Richter Gotthardt ist fraglos beides gegeben.
Am 26.8.2006 reichte der Betroffene Jörg B. dann bei der Staatsanwaltschaft Gießen eine umfangreiche und präzise begründete Strafanzeige gegen Amtsrichter Gotthardt wegen Freiheitsberaubung und Rechtsbeugung im Amt ein. Zudem zeigte er die beteiligten Staatsschutzbeamten wegen falscher Verdächtigung und Beihilfe zur Freiheitsberaubung an. Hoffnung machte er sich nicht – der zuständige Staatsanwalt Vaupel hatte in den vergangenen Jahren derart offensichtliche Straftaten von PolizeibeamtInnen, PolitikerInnen und RichterInnen mit allen Mitteln gedeckt, dass auch diesmal nicht mit einer Anklage zu rechnen sein würde. Dass er sich dadurch einmal mehr der Strafvereitelung im Amt schuldig machte, musste Vaupel nicht stören – schließlich war er selbst der Staatsanwalt ...
Am 1.9.2006 ergänzte der Anzeigensteller seinen Texte um die Aus den Akten, die bewiesen, dass die Polizei wusste, der er nicht tatverdächtigt war.

Richterin Kaufmann: Mehrfache falsche Beschlüsse, falsche Verdächtigung, Rechtsbeugung
Diese Person war schon vor dem Geschehen als völlig willenlose Vollstreckerin der Wünsche von Polizei- und Verfolgungsbehörden bekannt. Im Rahmen etlicher Beschwerden lehnte sie ständig alles ab und beschloss mehrfach, dass ein Tatverdacht vorlag. Richterin Kaufmann lagen sowohl der handschriftliche Vermerk "Nicht sagen!" von Richter Gotthardt wie auch die die umfangreichen Observationsakten vor. Ihr war also bekannt, dass ihre Ausführungen nicht mit der Wahrheit übereinstimmten. Das erfüllt neben der falschen Verdächtigung auch den Tatbestand der Rechtsbeugung im Amt.
Von besonderer Bedeutung sind einige Fälle, die nicht nur eine Bestätigung des Tatverdachts bedeuteten, sondern bei denen Richterin Kaufmann mit eigener krimineller Energie falsche Verdächtigungen erfand oder über die Straftaten von Vorinstanzen oder ermittelner Polizei hinausging.
  • In den Beschlüssen von Richterin Kaufmann (z.B. am 9.6.2006, Az. 5610 Gs - 501 Js 12450/06) werden nicht nur von der Polizei erfundenen oder falsch zugeordneten Straftaten aufgezählt, sondern aus eigener Phantasie auch Graffitis in der Weserstraße. Diese sind außer in ihren Vermerken an keiner Stelle der Akten zu finden. Als Motiv der Nennung könnte in Frage kommen, dass Richterin Kaufmann durch Benennung solcher Graffitis eine mögliche politische Orientierung der völlig unpolitischen "AV GCE"-Tags in das Geschehen hineindichten und so vielleicht doch noch einen Tatverdacht erzeugen wollte.
  • Richterin Kaufmann entschied auch über die Beschwerden zu den DNA-Analysen. Sie bestätigte in ihrer Anordnung zur DNA-Entnahme am 31.5.2006 den Tatverdacht und die Erforderlichkeit einer DNA-Analyse auch bei einer am Federballspiel beteiligten Frau, obwohl das LKA-Gutachten zur DNA an den Täterhandschuhen schon am 16.5.2006 eine männliche Person als Täter ergab. Dieses Ergebnis war in Akten enthalten, als Richterin Kaufmann die DNA-Entnahmen anordnete.
  • Richterin Kaufmann lagen zum Zeitpunkt ihrer Beschlüsse die Akten vor einschließlich des handschriftlichen Vermerks "Nicht sagen!" von Richter Gotthardt wie auch der Vermerke der Polizei hinsichtlich der Observation in der fraglichen Nacht. Zudem wurde ihr bei den später abgeschlossenen Verfahren die Existenz dieser Unterlagen und der Ablauf des Geschehens mitgeteilt. Diese Fakten waren ihr also bekannt. Dennoch behauptete sie in ihrem Beschluss (Az. Ws 275/06), dass ein Tatverdacht bestanden hätte und weiter besteht. Das erfüllt neben der falschen Verdächtigung auch den Tatbestand der Rechtsbeugung im Amt.

Richter Helbing: Beihilfe zur Freiheitsberaubung durch Verschleppung
Zum Zwecke der Verschleppung des Beschwerdeverfahrens erfand das Landgericht Gießen einen Befangenheitsantrag bzw. übernahm eine entsprechende Erfindung des Richters Gotthardt. In der Beschwerdebegründung war aber eine handschriftliche Aussage des vermeintlichen Antragsstellers enthalten, dass er nie einen solchen Antrag gestellt hatte, weil er ihn nicht stellen durfte. Diese handschriftliche Äußerung geschah vor Beginn der Verschleppungsstrategie, war also keine etwa als taktisch einzuordnende Reaktion auf dieselbe. Richter Helbing lag diese Beschreibung vor. Er behauptete in seinem Beschluss trotzdem, dass ein Befangenheitsantrag gestellt worden sei - obwohl auch die Notizen von Richter Gotthardt zum Beispiel keinerlei Hinweis enthielten, warum dieser gestellt worden sein sollte.
Die von der 7. Zivilkammer des Landgerichts organisierte Verschleppung diente der Fortdauer der rechtswidrigen Freiheitsentziehung, daher hat sich Richter Helbing der Beihilfe zur Freiheitsberaubung strafbar gemacht.

Im Original: Der Verlauf der Ermittlungsverfahren
Die Anzeigen in der Zusammenfassung der Antirepressionsplattform K.O.B.R.A. am 30.6.2007. Zudem hab es eine gesonderte Anzeige zum einen gegen den Amtsrichter Gotthardt (letzte, ergänzte Fasssung vom 26.8.2006)

Die Verfahren gegen die RichterInnen wurden am 17.10.2008 aber eingestellt, mit gesondertem Einstellungsbescheid am 25.8.2010 auch gegen den hauptverantwortlichen Amtsrichter Gotthardt. Auszug aus ersterem:


Doch der Betroffene legte wiederum Beschwerde ein gegen einen Teil der RichterInnen - und zwar in einer Sammelbeschwerde am 18.9.2010 - einige Namen gingen ihm dabei aber durch die Lappen, weshalb formal deren Verfahren beendet waren. Denn von sich aus machte die Staatsanwaltschaft keinen Finger krumm.
Eine gesonderte Beschwerde richtete sich gegen die Einstellung des Verfahrens über den Amtsrichter Gotthardt (18.9.2010).

6. Das Landgericht Gießen
Falsche Verdächtigung und Verschleppungstaktik von RichterInnen vom 15. bis 18. Mai 2006
Die sofortige Beschwerde gegen den Unterbindungsgewahrsam wurde von der 7. Zivilkammer mehrere Tage nicht behandelt. Durch einen üblen Trick verschleppte vor allem eine Kammer des Landgerichts die Entscheidung - der Verhaftete musste derweil weiter schmoren. Das war wohl auch das Ziel der RichterInnen. Auf Aufforderungen des Rechtsanwaltes des Betroffenen, die "sofortige" Beschwerde zu entscheiden, reagierte die Kammer den Akten zufolge gar nicht. Der Tatbestand der Freiheitsberaubung ist damit gegeben. Ob es auch Rechtsbeugung war, wäre zu klären. Es kommt dabei auf die Frage an, ob die RichterInnen ihre Fehler gezielt machten (z.B. um die Haft zu verlängern).
Der vom 14. bis 18.5.2006 Inhaftierte stellte Strafanzeige gegen die das Beschwerdeverfahren verschleppenden RichterInnen des Landgerichtes Gießen (Az. bei der StA Gießen: 501 Js 16177/06).
Im Beschluss der Kammer ist zudem die Behauptung erneuert, dass ein Tatverdacht gegeben gewesen sei. Das Landgericht hat diesbezüglich allerdings keinerlei Überprüfungen durchgeführt, wie auch das diesen Beschluss aufhebende OLG-Urteil vom 18.6.2007 ausführt. Wer aber einen Tatverdacht äußert, ohne dafür Anhaltspunkte zu haben, begeht die Straftat der falschen Verdächtigung - hier verbunden mit der oben schon benannten Freiheitsberaubung.
Mit der Behauptung, die Sachbeschädigungen an der Kanzlei des hessischen und des thüringischen Innenministers seien eine Reaktion auf die Ladung zum Haftantritt des in Gewahrsam Genommenen gewesen, fügen die RichterInnen den bestehenden Falschbeschuldigungen eine eigene an, denn ihnen war bekannt, dass die Sachbeschädigungen am 3./4. und 8. Mai erfolgen, die Ladung zum Haftantritt aber erst am 10. Mai in der Staatsanwaltschaft Gießen geschrieben wurde - letztere also nicht der Auslöser von zeitlich vorher liegenden Taten gewesen sein kann.

Die Namen der an der Freiheitsberaubung und falschen Verdächtigung beteiligten RichterInnen des Landgerichts:
  • Vors. Richter Geilfus
  • Richterin Dr. Berledt
  • Richter Schnabel
  • Richterin Krampe-Bender

Falsche Verdächtigung in weiteren Beschwerdeverfahren
Am 1.8.2006 (Az. Qs 135/06) und 5.1.2007 (Az. Ws 275/06) erging ein Beschluss der 7. Strafkammer des Landgerichtes Gießen zur Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung am 14.5.2007. Zudem wurden vom Landgericht am 17.7.2006 (Az. Qs 134/06) die Anordnungen zur DNA-Analyse bestätigt. Den insgesamt beteiligten sechs RichterInnen lagen zu diesem Zeitpunkt die Akten vor einschließlich des handschriftlichen Vermerks "Nicht sagen!" von Richter Gotthardt wie auch der Vermerke der Polizei hinsichtlich der Observation in der fraglichen Nacht. Zudem wurde ihnen die Existenz dieser Unterlagen und der Ablauf des Geschehens mitgeteilt. Diese Fakten waren ihnen also bekannt. Dennoch behaupteten sie in ihrem Beschluss , dass ein Tatverdacht bestanden hätte. Das erfüllt neben der falschen Verdächtigung auch den Tatbestand der Rechtsbeugung im Amt.
In einem weiteren Beschluss vom 12.10.2007 (Az. Qs 177/06) räumt die 7. Strafkammer zwar ein, dass der Tatverdacht "nicht mehr gegeben" sei, sagt mit dieser Formulierung aber erneut aus, dass er mal gegeben war. Dieses ist angesichts der Aktenlage falsch und daher ebenfalls eine falsche Verdächtigung.

Die Namen der an der falschen Verdächtigung und Rechtbeugung beteiligten RichterInnen:
  • Vors. Richter Pfister
  • Vors. Richter Nink
  • Richter Wellenkötter
  • Richterin Schneider
  • Richter Grund
  • Richter Neidel
  • Ergebnis: Das Verfahren wurde eingestellt (siehe oben zu Amtsgericht).

7. Aus der Politik: Innenminister Bouffer
Nach Recherchen der Gießener Allgemeine ging die Pressemitteilung der Polizei am 15.5.2006, 18.18 Uhr über den Schreibtisch im Ministerbüro des Innenministeriums. Damit begingen die dort damit befassten Personen die Straftat der falschen Verdächtigung und üblen Nachrede. Naheliegend ist aber angesichts des Umfanges der Polizeioperation und der beteiligten Einheiten der Landespolizei, dass Innenminister Bouffier insgesamt der Auslöser und Initiator des gesamten Ereignisses ist. Als zuständiger Politiker, bereits mehrfach als rechtswidrig handelnder Gegner politischen Protestes in seiner Heimatstadt Gießen aufgefallene und schließlich auch sichtbar mit einem Motiv ausgestattete Person (Attacken auf "seine" Kanzlei Anfang Mai) ist Bouffier der Einzige, der als Auftraggeber in Frage kommt.

Eine zusätzliche Brisanz erhält die Frage um die Verantwortlichkeiten des Innenministers bei den rechtswidrigen Attacken auf KritikerInnen seiner Sicherheitspolitik durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30.4.2007 (1 BvR 1090/06). In diesem wird dem Minister bescheinigt, bereits in einem anderen Fall die Polizei rechtswidrig gegen seine Widersacher geschickt zu haben. Dieser Fall ereignete sich am 11. Januar 2003.

Im Original: Der Verlauf des Ermittlungsverfahrens
Die Anzeigen in der Zusammenfassung der Antirepressionsplattform K.O.B.R.A. am 30.6.2007

Das Verfahren wurde eingestellt. Aus der Einstellung:



Presseinformation vom 5. Juli 2008
Staatsanwaltschaft Wiesbaden stellt Verfahren gegen Innenminister Bouffier ein:
Weg frei für eine neue CDU-geführte Landesregierung?

Evelin Schönhut-Keil, die frühere Landesvorsitzende der Grünen, wird zitiert: "Es spricht nichts mehr gegen ein schwarz-grünes Bündnis in Hessen." Zentralen Kreise der Frankfurter Grünen dagegen nennen eine Vorbedingung: „Nicht mit Roland Koch. Das wäre die entscheidende Hürde.“ Da wird es Zeit, dass andere Anwärter auf den Ministerpräsidentenposten nicht länger belastet sind. Zu denen gehört Volker Bouffier, Innenminister und harte rechte Hand von Roland Koch. Er stammt aus Gießen, wo bereits eine Jamaika-Koalition arbeitet – erfolgreich aus Sicht der CDU, denn grüne Akzente sind in der Gießener Stadtpolitik kaum wahrzunehmen. Warum also sollte von dort nicht der zukünftige Ministerpräsident kommen? Da wäre unpassend gewesen, dass gegen Bouffier seit einiger Zeit ein Ermittlungsverfahren lief. Das wurde jetzt eingestellt – von der Wiesbadener Staatsanwaltschaft (Az. 3344 Js 37738/07).
Das Ermittlungsverfahren geht zurück auf das Jahr 2006. Anfang Mai war die Anwaltskanzlei an der Nordanlage 37 in Gießen zweimal mit Farbe und Wurfgeschossen attackiert worden. Dort haben auch Bouffier und sein thüringischer Amtskollege ihren Sitz. Direkt nach der zweiten Attacke wurde ein umfangreiches Aufgebot der Polizei einschließlich Spezialeinheiten der Landespolizei für organisierte Kriminalität im Umfeld eines kleinen politischen Zentrums nahe Gießen stationiert. Für deren Täterschaft an den Sachbeschädigungen bei Bouffiers Kanzlei gab es keine Beweise. Daher entstand von Beginn an der Verdacht, dass die jahrelange Kritik der dortigen AktivistInnen an der Sicherheitspolitik der hessischen Landesregierung dem zuständigen Minister ein Dorn im Auge war und er auf Rache sann gegenüber den unbequemen Geistern. Das weitere Geschehen hat inzwischen Eingang in Bücher gefunden, ist auf Veranstaltungen thematisiert und vom Oberlandesgericht in einem spektakulären Urteil vom 18. Juni 2007 (Az. 20 W 221/06) mit Methoden des Dritten Reiches verglichen worden. Während die KritikerInnen des Innenministers rechtswidrig inhaftiert und die Projektwerkstatt, jenes politische Zentrum im kleinen Ort Reiskirchen-Saasen, durchsucht wurde, ist den Ausführenden Richtern und Polizeibeamten bis heute nicht geschehen. Dabei besteht keinerlei Zweifel mehr, dass Straftaten frei erfunden und Beweismittel gefälscht wurden. Ein Richter notierte die Anweisung der Beamten vom Staatsschutz Gießen, das Recht zu beugen, sogar in den Akten. Gegen diese laufen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wiesbaden noch, die mit diesen beauftragt wurde, weil die Gießener Staatsanwaltschaft als befangen galt.
Doch die ganzen filmreifen Abläufe im Mai 2006 sind nicht erklärbar ohne den Innenminister Bouffier selbst. Eine Zeitung vermeldete zudem, dass die Presseinformation der Gießener Polizei vom Folgetag der Verhaftungen über seinen Schreibtisch ging. Bereits diese wäre Anlass genug für ein Strafverfahren, denn die Pressemitteilung enthielt alle frei erfundenen Beschuldigungen – „falsche Verdächtigung“ und „Verfolgung Unschuldiger“ nennt das Strafgesetzbuch solches Verhalten. Üble Nachrede ist es ohnehin.
Doch Volker Bouffier hat Glück. Die Ermittlungen gegen ihn sind eingestellt. Eine Begründung liefert der Einstellungsbescheid nicht. Einer der Betroffenen, der damals fünf Tage unschuldig hinter Gittern saß, will das aber nicht einfach hinnehmen: „Ich lege Widerspruch ein und würde auch einen gerichtlichen Entscheid beantragen.“ Dann würde wieder das Oberlandesgericht Frankfurt entscheiden. Es hatte im letzten Jahr die Rechtswidrigkeit des ganzen Vorganges festgestellt und weitergehende Ermittlungen angeregt. Für Bouffier bleibt es also weiter spannend. Über ein Jahr ist er als amtierender Innenminister schon selbst in ein Ermittlungsverfahren verstrickt. Ob es ihm gelingt, diesen Makel loszuwerden, werden die nächsten Wochen zeigen.
Hinweise an Journalisten:
- Die gesamten Vorgänge des Mai 2006 sind unter www.projektwerkstatt.de/14_5_06 dargestellt. Diese Seiten sind allerdings im Laufe der Handlungen und nachfolgenden Recherchen zu den Hintergründen entstanden und daher etwas unübersichtlich.
- Urteil des Oberlandesgerichtes
- Zusammenhängend ist der gesamte Vorgang im Buch „Tatort Gutfleischstraße. Die fiesen Tricks von Polizei und Justiz“ dargestellt. Das Buch ist im SeitenHieb-Verlag (www.seitenhieb.info) erschienen. Informationen zum Buch hier, das Kapitel zum Mai 2006 und den Folgen ist hier herunterzuladen
- Direkter Kontakt zum Nachfragen über die Projektwerkstatt

Presseinfo als PDF ++ Indymedia-Bericht dazu ++ Bericht auf linkezeitung.de

Text stammt aus der Frankfurter Rundschau, 10.7.2008
Ermittlungen eingestellt: Bouffier ist unschuldig
Innenminister Volker Bouffier (CDU) muss kein Verfahren wegen Rechtsbeugung und Beihilfe zur Freiheitsberaubung fürchten. Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden stellte entsprechende Ermittlungen jetzt ein. Das bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Hartmut Ferse, der FR. "Der Minister hat damit nichts zu tun", fügte er hinzu.
Der linke Politaktivist Jörg Bergstedt hatte das Verfahren angestrengt, weil er nach Sachbeschädigungen an Bouffiers Wohnhaus in Gießen zu Unrecht fünf Tage lang inhaftiert worden war. Dabei wusste die Polizei, dass er nicht der Täter sein konnte - denn ausgerechnet zur Tatzeit wurde er selbst observiert.
Neben dem Verfahren gegen Bouffier hat die Anklagebehörde nach den Worten ihres Sprechers auch alle Verfahren gegen Richter und Staatsanwälte in dieser Sache eingestellt - bis auf einen Fall. Gegen den Gießener Ermittlungsrichter Rainer Gotthardt läuft das Verfahren noch. Auch Ermittlungen gegen Polizisten seien noch im Gange. "Im Polizeibereich ist etwas schief gelaufen", sagte Ferse. Geprüft werde nun, ob sich Verantwortliche dafür ausmachen ließen.
Die Vorfälle, um die es geht, liegen zwei Jahre zurück. Unbekannte hatten im Mai 2006 Farbe und Gegenstände gegen Bouffiers Gießener Anwaltskanzlei geworfen, in der auch der damalige thüringische Innenminister Karl Heinz Gasser (CDU) sein Büro hatte. Die Polizei verdächtigte die Szene um die Projektwerkstatt, ein linkes politisches Zentrum in dem Örtchen Reiskirchen-Saasen, und ließ die Aktivisten observieren. Während das Mobile Einsatzkommando Bergstedt und seinen Freunden beim Federballspielen zusah, wurden Parolen an Bouffiers Privathaus gesprüht und Farbbeutel geworfen. Obwohl die Polizei also wusste, dass er nicht der Täter sein konnte, wurde Bergstedt fünf Tage lang in Unterbindungsgewahrsam genommen.
Ein gutes Jahr später stellte das Oberlandesgericht Frankfurt fest, dass diese Inhaftierung "rechtswidrig" war. Keine der Bedingungen für den Gewahrsam seien erfüllt gewesen. Die Richter ließen es sich nicht nehmen, darauf hinzuweisen, dass "das Instrument des Gewahrsams während der Nazizeit äußerst massiv missbraucht" worden sei und ihm deshalb besonders enge Grenzen gesetzt werden müssten.
Am 1. Juli vorigen Jahres erstattete Bergstedt Anzeige gegen Bouffier. "Die ganzen filmreifen Abläufe im Mai 2006 sind nicht erklärbar ohne den Innenminister Bouffier selbst", sagt er. Deswegen habe er jetzt bei der Generalstaatsanwaltschaft Beschwerde gegen die Einstellung der Ermittlungen eingelegt.
An der Überwachung der Politaktivisten hatte sich unter anderem ein Mobiles Einsatzkommando der Polizei beteiligt, wie es sonst bei Entführungen oder organisierter Kriminalität eingesetzt wird. "Das kann eine provinzielle Polizeistation nicht veranlassen", meint Bergstedt - und nimmt an, dass der Auftrag vom Innenminister selbst kam.
Den Gewahrsam ordnete Ermittlungsrichter Gotthardt an. Er sei informiert gewesen, dass Bergstedt zur Tatzeit an anderer Stelle observiert wurde, sagt der Kläger. An dieser Stelle des Polizeiberichts habe er die Notiz "nicht sagen" vermerkt. Daraus werde ersichtlich, dass es nicht um "Pannen und Fehler" gehe, sondern um ein bewusstes Vorgehen.

HR-Bericht und Sendung (Audio) dazu

So ganz zuende aber war das alles noch nicht, denn der Betroffene legte am 6.7.2008 Beschwerde beim Generalstaatsanwalt ein, was zunächst zur (vorgespielten) Wiederaufnahme der Ermittlungen führte. Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden fand aber dann heraus, dass Bouffier als Landtagsabgeordneter ja Immunität habe und stufte deshalb alles zu Vorermittlungen herab.
Stattdessen aber klagte nun die Staatsanwaltschaft Gießen den Betroffenen an, den Innenminister beleidigt zu haben mit dem Wort "Rechtsbrecher". Doch zum Prozess kam es dann doch nicht. Die Untersuchung, ob Bouffier ein Rechtsbrecher sei, hätte wohl eher dem Angeklagten Spaß gemacht. Mehr auf der Seite zu dieser absurden Anklage und auf Indymedia ...

Doch der Betroffene legte wiederum Beschwerde ein gegen einen Teil der RichterInnen - und zwar in einer Sammelbeschwerde am 18.9.2010 - einige Namen gingen ihm dabei aber durch die Lappen, weshalb formal deren Verfahren beendet waren. Denn von sich aus machte die Staatsanwaltschaft keinen Finger krumm.
Eine gesonderte Beschwerde richtete sich gegen die Einstellung des Verfahrens über den Amtsrichter Gotthardt (18.9.2010).

Um die Strafanzeigen etwas zu streuen, wurden auch andere Stellen informiert und um Mithilfe bei der Aufklärung der Vorgänge gebeten - selbstverständlich ohne Erfolg.

Zudem forderten Betroffene und die Antirepressionsplattform K.O.B.R.A., dass bis zur Klärung der Vorwürfe alle benannten Personen vom Dienst suspendiert werden müssten, damit nicht weitere Straftaten geschehen und Unbeteiligte durch Manipulationen und falsche Verdächtigungen benachteiligt werden. Auch hier: Keine Wirkung.

Außerdem erging am 30.6.2007 eine Petition an den Petitionsausschuss des Hessischen Landtags (PDF). Bis heute ist sie nicht beschieden worden - ein kleiner Skandal für sich.

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