Organisierung

UMWELT- UND MENSCHENFREUNDLICHE MOBILITÄT: DIE KONKRETEN VORSCHLÄGE

Verkehrsmittel Nr. 2: Bahnen und Busse


1. Grundsätze einer umweltfreundlichen und sozial gerechten Mobilität
2. Verkehrsmittel Nr. 1: Bis zu 60 Prozent aller Wege mit dem Fahrrad
3. Verkehrsmittel Nr. 2: Bahnen und Busse
4. Verkehrsmittel Nr. 3: Seilbahnen als Ergänzung
5. Fuß statt Auto - Ortszentren, sensible Zonen und barrierefreie Fußwege
6. Politik der kurzen Wege
7. Gute Anbindung bis in kleinste Gehöft/Dorf
8. Lasten- und Güterverkehr
9. Verkehrssysteme verknüpfen und intelligent steuern
10. Verkehrswende, Arbeitsplätze und Transformation der Autokonzerne

Aus "Umfrage: Klimaschutz darf wehtun, wenn er wirkt", auf: Zeit online am 4.7.2023
Auf ihr Auto ganz zu verzichten, ist für die Hälfte der Befragten unvorstellbar. Unter den Faktoren, die sie womöglich dazu bewegen könnten, den eigenen Wagen abzuschaffen oder seltener zu nutzen, wurden besonders häufig eine bessere Anbindung durch Bus und Bahn genannt, günstigere Preise und mehr Komfort im ÖPNV. Höhere Spritpreise hingegen wurden vergleichsweise selten genannt – für eine Verkehrspolitik, die den CO2-Preis bisher als zentrales Klimaschutzinstrument sieht, könnte das ein wichtiger Hinweis sein.


Es braucht also unbedingt eine Aufwertung des ÖPNV - und zwar der besten Systeme, die im ÖPNV eingesetzt werden können. Um den maroden Nahverkehr wieder in Schwung zu bringen, braucht es viel Power. Wer aber (wie die herrschende Politik) meint, alle PKWs und LKWs austauschen und dafür dann auch noch die Ladeinfrastruktur bauen können, dürfte keine Zweifel haben, dass ausreichende Ressourcen da sind. Sie müssen nur umgelenkt werden - vom Weiter-so des Autofahrens zum ÖPNV.

Das leistungsfähigste, komfortabelste und barrierefreieste Mittel im Nahverkehr: Die Tram
Straßenbahnen sind wesentlich leistungsfähiger als Busse (und auch als Autos). Sie verbrauchen dabei weniger Energie und versiegeln kaum Fläche. Sie können auch Fußgänger*innenzonen queren. Nur mit Fahrradstraßen sind sie wegen der Gleise wenig verträglich.

Aus "Warum eigentlich Straßenbahn? Häufig gestellte Fragen"
Die Leistungsfähigkeit ist aus unserer Sicht das zentrale Kriterium bei der Wahl eines geeigneten öffentlichen Verkehrsmittels. Natürlich sollten die Kosten nicht außer Acht gelassen werden, aber wenn die Fahrgastzahlen die Leistungsfähigkeit einer Straßenbahn benötigen, ist es sinnlos, auf Busse zu setzen, um Kosten einzusparen. Erstens wären die Buslinien schnell überlastet, zweitens würde sich diese Überlastung negativ auf Attraktivität und Betriebskosten auswirken. Keine Stadt der Welt würde Geld in Straßenbahnen, Stadtbahnen oder U-Bahnen investieren, wenn sich die Fahrgäste auch mit Bussen effizient befördern ließen. Tatsächlich hat aber eine Straßenbahn durchaus die doppelte bis dreifache Kapazität einer Buslinie.

Rhein-Main-Verkehrsverbund hält Straßenbahnen für bestes Mittel
Aus einer RMV-Werbezeitschrift von 2016
Neben den verkehrlichen Vorteilen sind auch die ökologischen Aspekte wie der geringere Schadstoffausstoß und die bessere Energiebilanz eindeutige Argumente für den Ausbau der Straßenbahn.

Aus ""Neuer Anlauf für eine Stadtbahn in Lübeck"", auf: HL-live, 10.10.2021
Untersuchungen würden zeigen, dass der Anteil der zurückgelegten Wege mit einer Stadtbahn zu 20,2 Prozent mit dem Öffentlichen Personennahverkehr zurück gelegt werden. In Städten ohne Stadtbahn sind es nur 11,5 Prozent. Dagegen sinke der Anteil des "motorisierten Individualverkehr" von 53,7 auf 43,4 Prozent.

Aus dem Bericht "Inspiration aus Wiesbaden" über den Vortrag des Wiesbadener Verkehrsdezernenten Kowol, in: Gießener Allgemeine, 3.2.2020
Ein Konzept mit Straßenbahnen biete hingegen mehrere Vorteile. Eine Bahn könne nicht nur mehr Fahrgäste transportieren, sie benötige auch eine schmalere Fahrbahn als Busse.

Straßen- statt U-Bahnen
Aus dem Interview "Die Tram ist um ein Vielfaches günstiger"am 15.5.2021
Klimabeeinträchtigung im Vergleich von U-Bahn versus Straßenbahn (am Beispiel Berlin)
Der Aushub verursacht nicht allzu viel CO2, der Bagger schon einiges, auch die Zuschlagstoffe summieren sich, entscheidend sind aber Zement und Stahl im Beton. Und davon haben wir im U-Bahnbau leider viel: die Fundamentplatte von zwei Metern Dicke, Wände und Decke mit jeweils einem Meter. Die Decke muss enorme Lasten tragen, oben drüber ist in der Regel eine Hauptverkehrsstraße, auf der viele 38-Tonner fahren. Daher kommt sehr viel Stahl zum Einsatz. Der wird leider ebenso wie der Zement bei 1400 Grad erschmolzen, was ungeheure Mengen CO2 freisetzt.
Wir haben beispielhaft eine Straßenbahnstrecke im Bau berechnet, da fällt der Tunnel weg. Am Ende verursacht der Trambau nur ein Zehntel des Treibhausgasausstoßes vom U-Bahnbau. ...
Wir haben anhand der Verkehrsprognosen der Senatsverkehrsverwaltung ermittelt, wie viel CO2 eingespart wird, wenn die neue U-Bahn Pkw- und Busverkehr ersetzt, basierend auf Zahlen der U-Bahnverlängerungen in der Vergangenheit. Das haben wir plakativ-politisch, also nicht ganz wissenschaftlich, in Relation zum CO2-Ausstoß beim Bau des U-Bahntunnels gesetzt. Ergebnis: Man braucht mindestens 90, in der Regel aber weit über 100 Jahre, um positive Effekte zu erreichen. ...
Die untersuchte neue Tramstrecke durch die Leipziger Straße zum Kulturforum amortisiert sich klimatechnisch nach gut acht Jahren. Mit Schotteroberbau oder Rasengleis statt „fester Fahrbahn“, also einbetonierte Gleise, wäre es noch ein Jahr weniger gewesen.


Aus Norbert Vornehm: "Die Straßenbahn zwischen Abstellgleis und neuem Glanz - Wohin rollt der öffentliche Personennahverkehr?", in: WSI-Mitteilungen 2/1986 (S. 66ff)
"Die öffentliche Verkehrsbedienung muß den Vorrang vor dem Individualverkehr erhalten", heißt es in der Entschließung zur Verkehrspolitik des DGB-Bundeskongresses von 1972, wobei argumentiert wurde: "Die Individualisierung des Verkehrs, deren Ursachen in der marktwirtschaftlichen Struktur des städtischen Verkehrs und der einseitigen verkehrspolitischen Förderung des Individualverkehrs liegen, hat zu wachsen den gesellschaftlichen Schäden und volkswirtschaftlichen Verlusten geführt“. Offenbar schon aus ordnungspolitischen Gründen legten sich die Gewerkschaften zu einem Zeitpunkt im wesentlichen auf eine "öffentliche" Verkehrsbedienung fest, als die „gesellschaftlichen Schäden" des Pkw-Verkehrs noch keineswegs allgemein wahrgenommen wurden.
Heute kommen selbst Anhänger der "Freie Fahrt für freie Bürger"-Ideologie nicht umhin. sich zumindest programmatisch zur Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu bekennen. Jährlich 5,3 Millionen Tonnen Kohlenmonoxid, 1,5 Millionen Tonnen Stickoxid, zudem genauso unvorstellbar hohe Mengen an Schwefeldioxid, Kohlenwasserstoff und Blei, fallen durch den Autoverkehr in der Bundesrepublik an, und dies sind Mengen, die die Bundesregierung angibt'), sie haben inzwischen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen und so offensichtlichen Schäden in der Natur und an Gebäuden geführt, daß alle Parteien sich zumindest für ein "verbessertes" Nahverkehrsangebot aussprechen. Die Sozialdemokraten, die Grünen und interessanterweise auch die CSU fordern darüber hinaus Beschränkungen des motorisierten Individualverkehrs in den Ballungszentren. ...
Allein in der Zeit von 1980 bis 1984 wurden jedes Jahr zwischen 13 und 17 Milliarden DM für Straßenbauten ausgegeben. Für Anlagen des öffentlichen Nahverkehrs wurden jährlich dagegen nur 1,5 bis 1,8 Milliarden DM verwandt. Einschließlich aller laufenden Unterhaltungskosten für das Straßennetz, die in der jährlichen amtlichen Statistik nur unvollständig ausgewiesen werden, fielen für das Straßennetz der Bundesrepublik 1981 nach Berechnungen des DIW Gesamtkosten in Höhe von 32,1 Milliarden DM an.
Die volkswirtschaftlichen Kosten des motorisierten Individualverkehrs liegen allerdings noch weit höher. Allein die Unfallkosten werden offiziell auf jährlich etwa 38 Milliarden DM geschätzt. Ganz zu schweigen von den nicht zu beziffernden Umweltschäden durch die Autoabgase oder die gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch den Lärm für die Anwohner an dicht befahrenen Straßen). Der ,,Kostendeckungsgrad" des Kraftfahrzeugverkehrs ist dabei sehr bescheiden: Im Vergleichsjahr 1981 kassierten die Finanzämter 6,6 Milliarden DM an Kfz-Steuer und 20 Milliarden DM an Mineralölsteuer. Demgegenüber fallen die Fehlbeträge der öffentlichen Nahverkehrsunternehmen gering aus. Bei einem Gesamtaufwand der VOV-Unternehmen 1983 in Höhe von 8,2 Milliarden DM waren betriebswirtschaftliche Verluste von insgesamt 2,15 Milliarden DM (im Vergleichsjahr 1981: 2,0 Milliarden DM) auszugleichen". ...
Es wurde bereits daraufhin gewiesen, daß die Nahverkehrsunternehmen mehr und mehr Busse einsetzen und Straßenbahnlinien einstellen. Einmal ganz abgesehen von der Frage, ob die Fahrgäste nicht Schienenfahrzeuge bevorzugen, kollidiert der Busverkehr mit Maß-nahmen zur Verkehrsberuhigung. In Kassel beispielsweise wehrt sich die Verkehrsgesellschaft gegen die Aufpflasterung von Straßen, auf denen Omnibuslinien verkehren. In Köln wurde gar gedroht, Buslinien aus Straßen herauszunehmen, die mit geschwindigkeitsmindernden Schwellen versehen werden. Der VOV wandte sich gegen die Zonen-Geschwindigkeits-Verordnung: ,,Es liegt auf der Hand, daß eine Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h oder weniger bei gleichzeitiger Einführung des Prinzips „Rechts vor Links" - was ständige Haltebereitschaft vor jeder Kreuzung zur Folge hat - der gewünschten Beschleunigung des ÖPNV konträr entgegenwirkt. Ähnliche Konflikte gibt es in Städten, die darauf verzichten, im Winter Salz zu streuen.
Mit der Verlagerung des öffentlichen Verkehrs auf Straßenfahrzeuge erschweren die Nahverkehrsunternehmen eine Verkehrs- und Umweltpolitik, die nicht zuletzt ihnen zugute kommen könnte. Wo Omnibusse verkehren, m Lissen entweder Maßnahmen unterbleiben, die den ungehinderten Verkehrsfluß des Individualverkehrs beeinträchtigen, oder die Fahrzeiten der betroffenen Buslinien werden länger - beides aber mindert die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs.


Aus "Straßenbahn: Nostalgie mit Zukunft?", in: T&E-Magazin am 10.1.2023
Die Straßenbahn ist Teil der Elektromobilität, denn auch sie fährt mit Strom. Sie passt perfekt ins zukunftsweisende Verkehrskonzept urbaner Gebiete, sagt der Verkehrsexperte Harald Jahn: „Man braucht keine Batterien, die Straßenbahn speist sich aus Oberleitungen, beim Bremsen wird sogar Strom rückgespeist.“ Die Vorteile der Straßenbahn im Vergleich zu anderen Systemen lägen auf der Hand: Eine Straßenbahn bewältigt das dreifache Passagiervolumen wie ein Bus. Sie ist um den Faktor 10 günstiger zu bauen als eine U-Bahn. ...
In Frankreich ist dessen starke Stadtplanungs- und Design-Tradition in der Verkehrsplanung zu erkennen. Dort verkaufte man den Bürgern eine Straßenbahn nicht als Verkehrsmittel, sondern als Teil einer ganzheitlichen, auf Lebensqualität ausgerichteten Strategie. Innenstadtstraßen wurden durch Fußgängerzonen mit Straßenbahnen ersetzt, Gleise wurden begrünt, utopisch anmutende Fahrzeuge verschafften den Fahrgästen das Gefühl, ein Teil der Zukunft zu sein. Wer damit fährt, darf sich modern fühlen. 29 Städte betreiben inzwischen Straßenbahnen, die meisten davon erst in den 2000er Jahren eröffnet ...
Noch besser ist die Lage in der Schweiz. Dort haben Straßenbahnen Tradition, sie sind fest verankert in den Köpfen der Einwohner, man ist geradezu Stolz darauf. Sie werden zusammen mit Bussen von 40 bis 50 Prozent der Bevölkerung für Wege in der Stadt genutzt – traumhafte Zahlen. Zwei herausragende Beispiele sind Zürich und Basel. Dort gibt es Straßen, in denen sich mehr Personen in Straßenbahnen bewegen als in Autos.

Wiederaufbau von Straßenbahnen in vielen Städten
Immer mehr Städte setzen auf die Straßenbahn. Im Jahr 2019 startete der Betrieb neuer Straßenbahnsysteme in sieben Städten. Damit erhöht sich die Zahl der Städte, die weltweit seit dem Jahr 2000 die Straßenbahn wieder eingeführt haben auf 114. Insgesamt gibt es damit über 400 Straßenbahnbetriebe. Auch in den kommenden Jahren wird sich diese Entwicklung fortsetzen. In vielen Städten sind Straßenbahnen geplant oder bereits im Bau. Bestehende Systeme werden zudem ausgebaut und erweitert.
Dieser Absatz stammt aus dem Artikel "Sieben Regionen bekamen 2019 neue Straßenbahnsysteme" vom 4.1.2019. Dort folgt dann ein Überblick über 2019 eröffnete Straßenbahnbetriebe und ein Ausblick, welche Städten in den beginnenden Zwanziger Jahren die Straßenbahn einführen werden.

Welche Städte wollen ihre ehemals weggerissenen Straßenbahnen wieder aufbauen?

Aus einem Interview mit dem ESWE-Geschäftsführer und dem Leiter der Stabsstelle Lokale Nahverkehrsaufgaben bei der Stadt Wiesbaden, in: FR. 24.1.2017
Die Luftbelastung ist enorm, die Busse müssen in zu enger Taktung fahren, um die immer weiter steigende Anzahl der Fahrgäste befördern zu können, was eine große Belastung für unsere Fahrer darstellt.

Aus einem Bericht im Wiesbadener Tageblatt, Oktober 2017
Mit einer verbesserten Busverbindung nach Wiesbaden, möglicherweise durch autonom fahrende Busse, lasse sich das Pendler-Problem indes nicht lösen: „Die Busse stecken auch im Stau“.

Warum scheitern Straßenbahnprojekte an Bürger*innenentscheiden?
Das ist eine gute Frage. Per Abstimmung wurden die Citybahn in Wiesbaden und die Regiotram in Tübingen ausgebremst. Die Gegner*innen von Straßenbahnen haben stets Platzverluste von Autos, mitunter aber auch Baumfällungen usw. angeführt - immer aber eher recht kleinkarierte Argumente neben den hohen Kosten, die fraglos da sind. Das aber gilt für alle Infrastrukturmaßnahmen, also auch für Autos, den gigantischen Aufwand für Ladesäulen usw., wo sich solcher Protest aber nicht regt. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass hier ein Ventil für Protest aus allgemeiner Unzufriedenheit gesucht wurde. Es wird daher bei Verkehrswendeprojekten darauf ankommen, sie aus der Breite der Akteur*innen und der Wohnbevölkerung eines Ortes und vor allem auch der durch solche Verkehrssysteme angebundenen Orte der Umgebung entstehen und vorschlagen zu lassen.

Aus "Straßenbahn - nein danke?", in: Projektskizzen 25
In Frankreich wurde seit den 1980er-Jahren fast jede Großstadt mit einem komplett neuen Tramsystem ausgestattet – lediglich drei Betriebe hatten zuvor die Stilllegungswelle Mitte des 20. Jahrhunderts überlebt. Dabei wurden niemals nur Schienen verlegt – die Projekte in Frankreich machen es sich bis heute zum Ziel, den Stadtraum umfassend neu zu verteilen, Aufenthaltsqualität zu schaffen und eine immense Begrünung umzusetzen. Projekte in Bordeaux, Montpellier oder Straßburg wurden dabei international beachtete Beispiele, auch für weitere Strecken in den jeweiligen Städten.

Mehrheit in Tübingen lehnt die geplante RegioTram per Bürger*innenentscheid ab

RegioTrams - die besondere Form der Straßenbahn
Der Begriff bedeutet, dass Straßenbahnen, die zunächst auf eigenen Gleisen durch die Innenstädte und Wohngebiete fahren, am Stadtrand oder anderen passenden Stellen auf die bereits bestehenden Gleise wechseln und dann auch die Orte der Umgebung direkt an die City und andere wichtige Punkte der Stadt anschließen. Die Vorteile sind:
  • Umstiegsfreie, schnelle Verbindungen vom Umland zu den wichtigsten Punkten in der Stadt
  • Fahren bis in die (möglichst autofreie) Innenstadt, denn Straßenbahnen sind mit Fußgänger*innen, Café-Athmosphäre und Grünanlagen gut verbindbar - Autos und Busse nicht!
  • Auf den Gleisen kann ab und zu auch eine Gütertram fahren, von der (z.B. per Lastenrad) die Zulieferung zu Geschäften und Wohnungen erfolgt - siehe Internetseiten zu Güterstraßenbahnen und Vorschlag mit Testphase in Frankfurt (Bericht in der Hessenschau am 17.9.2018)

Vorhandene RegioTrams in Deutschland
Schon sehr lange und auch auf einem sehr großen Streckennetz betrieben werden kombinierte Tram-/Eisenbahnen in Karlsruhe und der ganzen Region rundherum. Ebenfalls länger bewährt ist die RegioTram in und um Kassel. Das beste Vorbild für einzelne Orte mit vielen Bahnlinien in die Umgebung dürfte Chemnitz sein, denn dort gibt es auch ein strahlenförmiges Netz kleiner Bahnlinien in verschiedene Richtungen. Dort rollen Tramzüge jetzt als RegioTram in interessanter Bauart von den Eisenbahngleisen aus der Umgebung auf die Straßenbahnschienen der Innenstadt.

Vorträge über die "RegioTram" in anderen Städten ++ Oben: Walter Bien über Kassel
Unten: Alexander Kirste über das "Chemnitzer Modell" ++ Bericht in Gießener Anzeiger, 2.6.2021

Aus der Selbstdarstellung der Gemeinde Körle (nahe Kassel)
Die gute Verkehrsanbindung an das nordhessische Oberzentrum Kassel u¨ber die RegioTram RT 5 und zum ICE-Bahnhof wissen viele Einwohner zu schätzen.

Eine weitere bestehende RegioTram-Linie ist die Saarbahn, die mitten durch Saarbrücken auf Straßenbahngleisen fährt, auf beiden Seiten der Stadt aber auf Bahngleisen in die Umgebung rollt (sogar über eine Staatengrenze hinweg). Zur Technik dieser dieser Bahnlinie findet sich im Wikipedia-Artikel zur Saarbahn eine Beschreibung des Übergangs von elektrifizierte Bahn- auf mit anderem Strom versorgte Straßenbahngleise, der sogenannten "Systemtrennstelle": Hierbei handelt es sich um einen 90 Meter langen stromlosen Fahrleitungsabschnitt, welcher mit Schwung durchrollt wird, während die Fahrzeugelektrik sich automatisch auf das jeweils andere System umstellt. Die aus der Innenstadt kommenden Saarbahntriebwagen wechseln dabei von 750 Volt Gleichstrom auf 15.000 Volt Wechselstrom und verkehren über Kleinblittersdorf bis ins lothringische Saargemünd.


Wo werden RegioTrams geplant?
In Gießen haben Verkehrswende-Initiativen einen Vorschlag erarbeitet und setzen sich für die Verwirklichung ein. Als Vorbild hätte Tübingen dienen können, obwohl es das strahlenförmige Eisenbahnnetz dort nicht gibt. Aber die Stadt hat eine ähnliche Größe und offenbar reicht es den Stadtoberen, die einzige Bahnlinie als RegioTram in zwei Linien durch Tübingens Kernstadt weiterzuführen. Die Planung war schon in der Machtbarkeitsprüfung, allerdings kam es dann zu Verzögerungen wegen Protesten aus der Öffentlichkeit.

Aus der TUEpedia-Seite zur geplanten RegioTram
Der Tübinger Verkehrsplaner Gerd Hickmann wies 2008 darauf hin, dass Tübingen mit 80.000 Einwohnern zu klein für ein Straßenbahnsystem nach altem Muster sei. Zwar ließen sich alle interessanten innerstädtischen Ziele mit einer Linie verbinden, aber die Stadt selbst bringe nicht genug Fahrgäste auf, um eine Straßenbahn rentabel zu betreiben. "Die Lösung liegt in einem regionalen Stadtbahnsystem" meint Hickmann. "Wenn man die neue Linie mit einem regionalen Bahnnetz verbindet, können nicht nur die Tübinger, sondern die Bewohner des gesamten Umlands umsteigefrei bis in die Fußgängerzone fahren." Der "Schienenbonus" schaffe gegenüber einem gut funktionierenden Bussystem große Fahrgastzuwächse. "Nach Einführung des Karlsruher Stadtbahnsystems haben sich die Fahrgastzahlen vervierfacht."

Video-Simulation der geplanten Stadtbahn (RegioTram) in Tübingen und Reutlingen ++ Argumente pro RegioTram

Übersicht zu Misch-Systemen mit RegioTram-Charakter in Deutschland
(aus einem Protokoll der Agenda-Mobilitäts-AG Gießen)
Es gibt in Deutschland einige Misch-Systeme BOStrab/EBO unterschiedlicher Ausprägung:
1) Köln (seit 1908): Bahnen verkehren im (Güter-)Mischverkehr auf zwei Strecken zwischen Köln und Bonn (Rheinuferbahn und Vorgebirgsbahn) und zwischen Köln und Frechen. Seit der nach BOStrab und EBO
2) Karlsruhe (seit 1992) und Heilbronn (seit 1999): Stadtbahnen aus Karlsruhe verkehren über BOStrab- und EBO-Gleise auf mehreren Streckenästen und auch bis nach Heilbronn (und darüber hinaus) und wechseln dabei mehrfach die Betriebsordnung und die Versorgungsspannung (750 V DC bzw. 15 kV AC).
3) Kassel (seit 1995): Straßenbahnen aus Kassel verkehren auf EBO-Strecken (Baunatal seit 1995, Kaufungen und Helsa seit 2001, Hessisch Lichtenau seit 2006). Zusätzlich verkehren seit 2005 „RegioTram“-Bahnen zwischen dem Kasseler Stadtgebiet (BOStrab) und einigen Umlandstrecken. Dabei kommen Fahrzeuge mit verschiedenen Spannungssystemen (600 V DC bzw. 15 kV AC) und solche Straßenbahnspannungssystem (600 V DC) und Dieselantrieb zum Einsatz.
4) Saarbrücken (seit 1997): Straßenbahnen mit Eisenbahnradprofil verkehren auf BOStrab (Innenstadt) und EBO-Gleisen (außerhalb)
5) Zwickau (seit 1998): EBO-Regionalverkehrstriebwagen (Normalspur) verkehren gemeinsam mit Meterspurstraßenbahn (Dreischienengleis) in der Innenstadt von Zwickau.
6) Chemnitz (ab 2002): Straßenbahnen verkehren auf BOStrab und EBO-Gleisen, Straßenbahnen mit elektrischen Antrieb und solche mit elektrischem und Dieselantrieb (seit 2016) fahren aus dem Umland ins Stadtzentrum.
7) Nordhausen (seit 2004): Straßenbahnen mit zusätzlichem Dieselantrieb verkehren im Mischverkehr mit der Harzer Schmalspurbahn (Dampfzüge) zwischen Nordhausen und Ilfeld, alles in Schmalspur (1000 mm)
Ein weiteres System ist in Planung/Bau: Die „Regionaltangente West“ westlich Frankfurt(M) wird in ein paar Jahren mit Stadtbahnfahrzeugen eine Tangentialverbindung aus dem nordwestlichen Umland über Höchst, Flughafen in den Süden Frankfurts verkehren. Sie nutzt dabei bestehende Eisenbahnstrecken (EBO) und neue und reaktivierte Straßenbahnstrecken nach BOStrab. Zum Einsatz kommen sollen Fahrzeuge, die zwischen den Versorgungsspannungen (600 V DC bzw. 15 kV AC) wechseln können.


Unsere Vorschläge: RegioTram und Straßenbahnen für Gießen und die Vogelsbergbahn im Wiesecktal

Reaktivierung von stillgelegten Schienenstrecken überall im Land
Gerade in den dünner besiedelten Regionen sind riesige Mengen von Bahnlinien stillgelegt worden - auch noch in den letzten Jahrzehnten. Das Potential, diese zu reaktivieren, ist hoch. Auch wenn es mitunter teuer ist, langfristig ist es die sinnvollste Strategie gegenüber dem Ausbau von bahnlinienparallelen Buslinien. Busse sollten Zubringer zu Bahnlinien sein, denn Schienenfahrzeuge brauchen weniger Platz, fahren energiesparender und können mehr Menschen transportieren - und Güter!

Wichtig, aber oft vergessen: Die Ausstattung der Bahnen
Damit alle Menschen gleichberechtigt mobil sein können, braucht es zum einen den Nulltarif, zum anderen eine technische und personelle Ausstattung, die allen auch den Zustieg ermöglicht - ob mit Gehhilfe oder Rollstuhl, mit Kinderwagen oder Fahrrad ...

Busse als Zubringer und Ergänzungslinien
Das Rückgrat eines leistungsfähigen, öffentlichen Personenverkehres bildet der Schienenverkehr. Er kann bei gutem Ausbaustand mehr Menschen transportieren als alle anderen motorisierten Verkehrsmittel. Daher sollten alle noch verfügbaren Bahnlinien reaktiviert und die vorhandenen so ergänzt werden, dass ein dichter Takt erreichbar ist. In den Städten sind Straßenbahn optimal, die zwecks Anbindung des Umlandes als RegioTrams konzipiert werden.
Bussen sollten dann nicht mehr bahnparallel fahren, sondern die Menschen aus allen Orten in der Näheder Bahnlinien zu diesen hinbringen - getaktet auf die dortigen Zugzeiten und mit barrierefreien, überdachten Übergängen. Gleiches gilt für Fahrradverbindungen aus allen Orten zum jeweils nächstgelegenen Bahnhof. Die Busse fahren dann also Schleifen in die Stadtteile und Dörfer, um dann möglichst schnell von dort zum nächsten Ortszentrum, anderen wichtigen Zielorten und zum nächsten Haltepunkt des Schienenverkehr zu kommen.

Sichere und bessere Arbeitsplätze
Der Bau von Bussen und Straßenbahnen muss in den nächsten Jahrzehnten ein erhebliches Volumen haben. Derzeit gibt es extreme Lieferengpässe - und das bereits bei einer Politik, die immer noch auf Autos (Antriebswende) und Straßenbau setzt. EIne echte Verkehrswende würde einen erheblichen Mehrbedarf schaffen, der mit den jetzigen Produktionskapazitäten nicht zu schaffen ist. Es braucht daher die Transformation von bisherigen Autofabriken für den Bau von Bussen und Bahnen. Da diese in Teamarbeit gebaut und ausgestattet würden, sorgt das auch für bessere Arbeitsolätze als die aktuelle Fließband-Langeweile.

Dramatisch entwickeln sich Personalausfälle im Bus- und Bahnverkehr. Ein Ausbau ist wegen des Mangels kaum noch möglich, immer häufiger fallen Züge aus oder müssen sogar ganze Strecken stillgelegt werden.



Was ist mit kleinen Dörfern und Gehöften, was mit Abendstunden und Feiertagen?

Links allgemein zum ÖPNV

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