Antirepression

DER GROSSE PROZESS GEGEN PROJEKTWERKSTÄTTLER ... 2. INSTANZ, 3. VERSUCH (2007)

Berufungsverhandlung, die Dritte - Vorabinfos


1. Berufungsverhandlung, die Dritte - Vorabinfos
2. Der Weg zur dritten Berufung
3. Das Prozess-Programm
4. Vorgeplänkel
5. Der bisherige Werdegang des Prozesses
6. Wichtige Informationen zu Polizei und Justiz in Gießen
7. Weitere Informationen zu den Hintergründen
8. Antrag auf Erklärung der anwesenden Angehörigen der Strafkammer
9. Antrag auf Aussetzung oder zumindest Unterbrechung des Verfahrens ...
10. Antrag auf erneute Beweisaufnahme
11. Antrag zur Wiederzulassung der soeben aus dem Gerichtssaal entfernten Person
12. Antrag zur Aufhebung des Anwesenheits- und Hausverbotes

Presseinformation am 30.11.2007: Politischer Prozess in Gießen endete mit 100 Euro Strafe
Neun Monate Haft ohne Bewährung waren es in der ersten Instanz. In der zweiten Instanz wurde bereits eine Polizeiaktion als rechtswidrig aus dem Urteil genommen. Wie üblich hatte die gewalttätige Polizei Anzeige gegen ihr Opfer gestellt. Erst vor dem Bundesverfassungsgericht konnte der Angeklagte, dem anwaltlicher Beistand stets verwehrt wurde, dann auch den wichtigsten Anklagepunkt kippen, denn wieder war die gewalttätige Auseinandersetzung von der Polizei angezettelt und nachher Anzeige gegen das Opfer gestellt worden - rechtswidrigerweise, wie erst das höchste deutsche Gericht feststellte. Nun musste neu verhandelt werden, um aus dem verbliebenen Rest und unter dem Eindruck etlicher Rechtsfehler und Rechtsbeugungen durch Gerichte, Staatsanwaltschaften und Polizei ein abschließendes Urteil zu fällen. Das wirkte bizarr bis lächerlich: 100 Euro soll der Angeklagte nun zahlen.
"Das ist ein Erfolg hartnäckiger Justizkritik und offensiver Prozessstrategien", formulierte eine Beobachterin im Gießener Landgericht nach einem Prozesstag, der wieder die großen Meinungsunterschiede zwischen VertreterInnen der Staatsmacht und ihren KritikerInnen offenbarte. Schon vor Verhandlungsbeginn hatten AktivistInnen die Fahnenmasten am Hauptportal des Gerichtes erklettert und ein großes Transparent entrollt: "Strafe schafft Kriminalität" und "Kontrolle Macht eine autoritäre Welt" war über der Internetadresse "www.welt-ohne-strafe.siehe.website" zu lesen. Diese Positionen brachte der Angeklagte auch massiv in den Gerichtsprozess ein. Während Gericht und Staatsanwaltschaft bei den Strafparagraphen bleiben wollten, machte er geltend, dass er Aussagen zur Sache machen wolle, aber eben zu den Sachen, die bei einem Gerichtsverfahren viel relevanter sind als trockene Paragraphen: Die Bedeutung von Strafe in einer herrschaftsförmigen Welt, das Elend von Gefängnissen insgesamt und des Gießener Kurzzeit-Knastes im besonderen. Ebenso kritisierte er die formalisierten und hierarchisierten Kommunikationsformen in Gerichtssälen. Nach einigen heftigen Wortwechseln zwischen Angeklagtem und dem Richter, der die justizkritischen Äußerungen und Anträge nicht zulassen wollte, reagierte der Angeklagte - strafprozessoral exakt im Rahmen des geltenden Rechts - mit Anträgen über die Anträge sowie nachfolgender Forderung nach Gerichtsbeschluss. Nach kurzer Zeit war das Gericht bezwungen und beschnitt keinen Beitrag und keinen Antrag des Angeklagten mehr, um nicht umfangreiche Formalschlachten und dadurch erhebliche Verzögerungen im Ablauf zu riskieren.
Mehrfach aber griff der Vorsitzende Richter Frank gegenüber ZuschauerInnen durch, die aus seiner Sicht Ungebührlichkeiten zeigten. Und jedesmal kassierte er einen Antrag des Angeklagten zu den gewaltsam und ruppig durchgeführten Rauswürfen. Mit zunehmender Anzahl von Personen vor dem Gerichtsgebäude wuchs auch dort die Zahl der Aktionen - von Kreidesprüchen auf der Erde bis zu einer weiteren Kletteraktion zu den Fenster des Gerichtssales.
Am Ende verteilte der Angeklagte nach einer langen Darstellung der Verfahrensfehler, Rechtsbeugungen und Hinweise auf politische Interessen im Prozess Urkunden für die vier deutlichsten Grundrechtsverstöße. Preisträger waren der Polizeibeamte POK Walter der Gießener Polizei für die komplette Erfindung einer Verordnung als Rechtsgrundlage eines Polizeiübergriffs, die Gießener RichterInnen Brühl und Wendel für äußerst phantasievolle Rechtsverdrehungen und der Oberlandesgerichts-Richter Dr. Gürtler für die Behauptung, Grundrechte müssten jeweils erst genehmigt werden, bevor sie der Einzelne in Anspruch nehmen kann. Nach einer anschließenden Kritik an dem Begriff "Volk" und der Floskel "im Namen des Volkes" (Angeklagter: "Hier lädt eine privilegierte Person ihre Privatmeinung mit Bezug auf ein imaginäres Äußeres auf, um sich Autorität zu verschaffen") kündigte er an, dieser Inszenierung von Rechtsstaatsgläubigkeit nicht länger beiwohnen zu wollen - und verließ den Saal. Anders als in bisherigen Verfahren wurde er nicht gewaltsam am Gehen gehindert, so dass das Urteil vor leerer Angeklagtenbank verlesen werden musste.

Aktionen vor dem Gericht

Foto: Blick auf das Eingangsportal kurz vor 9 Uhr - zwei KlettererInnen haben ein großes Spruchband aufgezogen (größer)
  • Verteiltes Flugblatt zu neuen Fällen politischer Justiz (PDF)

Aktionen und offensive Verteidigung im Gericht
Wortgefechte, Erklärungen und etliche Anträge prägten die Strategie des Angeklagten. Nach anfänglichen Versuchen, das zu unterbinden, musste der Richter einsehen, dass das alles nur schlimmer machte. So konnte alles eingebracht und vorgetragen werden - natürlich immer abgelehnt vom Gericht. Es kam zu drei Rauswürfen von ZuschauerInnen, die wieder mit Gegenanträgen auf Aufhebung der Hausverbote vom Angeklagten beantwortet wurden.

Mehr Berichte auf Indymedia ++ Extra-Seite mit allen Anträgen und Beschlüssen des Gerichts dazu ... ++ Bericht auf LinkeZeitung


Plötzlich während der Verhandlung: Aktivistin von außen am Fenster ... das dauerte erstmal! (größer)


Aus neun Monaten wurden 100 Euro ...
Auszug aus dem Urteil, Seite 21
Aus dem Urteil, Seite 21


Das Urteil verleitet zum Schmunzeln. Die formale Verschachtelung der angehäuften Beschlüsse unterschiedlicher Gerichte machte von Beginn an klar, dass jeder Tagessatz nur 1 Euro getragen konnte. So gab es zwar eine mittelhohe Geldstrafe von 100 Tagessätzen, aber das machte am Ende dann eben doch nur 100 Euro. Für vier Jahre Verhandlungsdauer, mehrere Gewalttaten gegen den Angeklagten plus vier Verhaftungen zu Punkten des Verfahrens, 16 Verhandlungstage in einer ersten Instanz und dreimal Berufung, ein Revisionsbeschluss und ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts ... ein doch eher zum Lachen animierendes Ende.

Preise für den größten Verfassungsbruch

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Vor dem Gericht: Sprüche mit Kreide

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