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GENTEC-FILZ IN BEHÖRDEN UND ÄMTERN
KOLLABORATION STATT KONTROLLE: BVL+ZKBS+EFSA ...

100*ig im Dienst der Agro-Gentechnik: BVL


1. 100*ig im Dienst der Agro-Gentechnik: BVL
2. Unheimliche Begegnung der dritten Art: BVL meets Verbraucher ... Akteneinsichts-Krampf
3. Kommissionen und Gremien rund um das BVL
4. Kern im Behördenfilz: Julius-Kühn-Institut (JKI, ehemals: BBA)
5. Weitere Bundesanstalten im Grenzbereich zwischen Anwendung und Kontrolle
6. Ministerien, Fachbehörden und Überwachungsstellen der Bundesländer
7. EU
8. Filz weltweit
9. Aufruf zum Protest an Universitäten, gegen Landesförderung und mehr
10. Aktionen gegen die verfilzten Behörden in Berlin 9.-15.9.2009)
11. Links und Materialien

Der schöne Schein ...
Über das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL, vormals: Robert-Koch-Institut)
findet sich ein Text ab Seite 4 der Broschüre"Organisierte
Unverantwortlichkeit" (Infoseite ++ PDF)

Lehnen wir uns beruhigt zurück: Zum unserem Schutz, namentlich der VerbraucherInnen, bestehen Gesetze. Sie regulieren Schadstoffe und schreiben vor, welche Informationen darüber offengelegt werden müssen. Damit das klappt, wachen Ministerien und Ämter über das Geschehen. Wo diese versagen, können Gerichte angerufen werden. Zur Durchsetzung der klassischen Verbraucherrechte gibt es eine handlungsmächtige Behörde: Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Auf seiner Internetseite verspricht das Amt: „Das BVL nimmt ... die Durchsetzung dieser auf EG-Normen beruhenden Verbraucherschutzgesetze wahr. ... Ziel ist es, Verbraucherrechte im Falle innergemeinschaftlicher Verstöße besser durchzusetzen. ... Dem BVL kommt bei der Wahrung der Verbraucherrechte eine Doppelfunktion zu: Zum einen ist das BVL die ,Zentrale Verbindungsstelle' in Deutschland, zum anderen ist es auch selbst eine für die Durchsetzung von Verbraucherrechten zuständige Behörde.

Im Original: Schöne BVL-Worte
Aus der BVL-Broschüre "Die Grüne Gentechnik. Ein Überblick" (3. Auflage 2010)
Als zuständige Behörde für das Risikomananagement in der Lebensmittelkette entscheidet das BVL mit über die Zulassung von wissenschaftlich und kommerziell genutzten gentechnisch veränderten Organismen. Zusammen mit den Bundesländern, die für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zuständig sind, sorgt es für einen möglichst risikofreien Umgang mit der Grünen Gentechnik. ... (S. 5)

Texte auf der Internetseite des BVL (Stand: 26.6.2012)
Als moderne Managementbehörde steht das BVL für einen offenen Dialog mit Verbrauchern und der Industrie. ...
Das BVL versteht sich als Dienstleister für Verbraucher, die auf die Sicherheit der Lebensmittel in Deutschland vertrauen, und für die Wirtschaft, die in einem fairen Wettbewerb Produkte von hoher Qualität auf den Markt bringen will. ...

Früherer Eintrag auf Internetseite
Übergeordnetes Ziel der Risikokommunikation des BVL ist es, durch Transparenz das Vertrauen in die staatlichen Einrichtungen der Lebensmittelsicherheit zu stärken.

Aus dem BVL-Faltblatt "Umfassende Zulassungsverfahren für gentechniksch veränderte Organismen"
Dialogorientiertes Handeln, effiziente Informationstechnik und Transparenz in seinen Entscheidungen prägen das Management des BVL.

Wie schön. Solllte man da nicht die Füße hochlegen und auf das Gute von Oben hoffen? Eine Tugend, die in Deutschland seit Jahrhunderten Tradition hat? Mit bekannten Folgen. Wahrscheinlich ist dieses blinde Vertrauen auch gewollt. Es ergibt eine Win-Win-Situation: Die Behörden können ohne störende Blicke aus der Bevölkerung schalten und walten. Und die Menschen im sogenannten gemeinen Volk fühlen sich wohl, weil sie nicht genauer hingucken. Wer das allerdings tut, wird nicht mehr so ruhig schlafen können. Denn die Realität ist weit entfernt von den Versprechungen. Genauer gesagt: Das Gegenteil ist richtig. Bislang hat das BVL alle, ausnahmslos alle Anträge auf gentechnische Nutzungen genehmigt.11 Und es ist auch noch stolz darauf: "Wir haben bislang keinen Antrag abgelehnt", klopft sich BVL-Chef Grugel selbst auf die Schultern und gibt dann den Tipp, dass "sich die Forschungsarbeiten auf einige besonders gut geeignete Standorte konzentrierten und die Freisetzungen dort professionell betreut werden könnten. Das würde auch Konflikte mit Gentechnik-Gegnern minimieren." Eine Verbraucherschutzbehörde, die sich Gedanken macht, wie sie Genversuchsfelder besser vor den Verbrauchern schützen kann ...
Ausgerechnet diese Behörde verweigerte dann auch noch mehrfach die Akteneinsicht nach dem Umweltinformationsgesetz - trat also Verbraucherrechte mit den Füßen. Etliche Beamte stellten sich in internen Schreiben uneingeschränkt hinter die antragstellenden Konzerne und Forschungseinrichtungen, manche traten sogar in Werbefilmen genau der Firmen auf, deren Anträge sie an anderen Arbeitstagen ohne die notwendigen umfangreichen Prüfungen durchwinkten. Die wichtigsten Entscheidungsträger der Gentechnikabteilungen sind eingebunden in ein enges Geflecht von Lobbyorganisationen und Konzernen. Kontroll- und Genehmigungsbehörden, Geldgeber, Forschung und Firmen sind über die Jahre zu einem Filz verschlungen, der sie als Einheit erscheinen lässt.

In etlichen Stellungnahmen und Texten deuten BVL-Beamte auch die einseitige Befürwortung der Gentechnik und das Primat des ökonomischen Nutzens an.

Im Original: Pro Gentechnik und Profitorientierung
Aus der BVL-Broschüre "Die Grüne Gentechnik. Ein Überblick" (3. Auflage 2010)
Im weltweiten Maßstab ist davon auszugehen, dass diese Technologien umso eher eine Anwendung finden werden, je höher ihr wirtschaftlicher Nutzen ist. ... (S. 11)
Zukünftig ist zur Sicherung der Welternährung weiterer Züchtungsfortschritt erforderlich, da die Menschheit weiter wächst und die Anbauflächen auf Grund von Veränderung oder Zerstörung der Umwelt beständig schrumpfen. Außerdem werden die Flächen zunehmend nicht nur zur Nahrungsmittelproduktion, sondern auch zur Erzeugung von nachwachsenden Rohstoffen benötigt. Die kommerziell betriebene Pflanzenzüchtung – einschließlich jener mit Unterstützung biotechnischer Methoden – verfolgt in einer Marktwirtschaft zunächst und überwiegend das Ziel, Unternehmensgewinne zu steigern. ... (S. 13)
Neue Pflanzensorten erlangen nur dann Bedeutung, wenn der erzielbare Nutzen größer ist als eventuelle Mehraufwendungen bei Anbau und Vermarktung. Die weltweite Zunahme des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen ist deshalb ein Hinweis darauf, dass diese zumindest für bestimmte Regionen ökonomische Vorteile bieten. (S. 27)

Pro Patente (gleiche Quelle, S. 28)
Fortschritte in der Pflanzenzüchtung sind nur dann zu erwarten, wenn sich die Aufwendungen lohnen und ein gewisser Schutz der Neuerungen (Erfindungen) vor Nachahmung besteht.

Aus einem Interview mit dem Chef des BVL, Dr. Christian Grugel, in: Die Welt, 28.6.2007
Auch gegen die Anwendung gentechnischer Verfahren in der Medizin gab es zunächst große Vorbehalte. Inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die rote Gentechnik erheblichen Nutzen für die Menschen bringt. Wenn die Verbraucher persönliche Vorteile durch die grüne Gentechnik sähen, wären sie eher bereit, auf diesem Weg hergestellte Produkte zu akzeptieren. Ich sehe die Potenziale der grünen Gentechnik eher im Bereich nachwachsender Rohstoffe und Energiepflanzen. ... Realität ist, dass seit vielen Jahren gentechnisch veränderte Futtermittel weltweit verwendet werden. ... Wir haben bislang keinen Antrag abgelehnt. Es würde uns die Arbeit aber erheblich erleichtern, wenn sich die Forschungsarbeiten auf einige besonders gut geeignete Standorte konzentrierten und die Freisetzungen dort professionell betreut werden könnten. Das würde auch Konflikte mit Gentechnik-Gegnern minimieren. ...
WELT ONLINE: Kann es auf Dauer ein unbeeinflusstes Nebeneinander von grüner Gentechnik und konventionellem Anbau geben?
Grugel: Wenn das uneingeschränkt möglich wäre, hätte der Gesetzgeber keinen Schwellenwert für die Kennzeichnung festgesetzt. Sobald ein Lebensmittel oder eine darin enthaltene Zutat mehr als 0,9 Prozent gentechnisch veränderten Materials enthält, muss dies entsprechend gekennzeichnet werden. Die zuständigen Behörden bemühen sich daher die gesetzlichen Bestimmungen so anzuwenden, dass Konflikte zwischen unterschiedlich arbeitenden Betrieben möglichst vermieden werden.


Auswahl der Links zu "Grüne Gentechnik" auf der BVL-Internetseite (vollständig abgebildet)


Ein Blick in die Abteilung für Gentechnik des BVL führt in noch tiefere Abgründe: Dort sitzen eingefleischte Gentechnikprotagonisten. Prägnantestes Beispiel ist der ehemalige Leiter, Dr. Hans-Jörg Buhk (bis 2010). Neutral oder gar kritisch war er nie. Schon Ende der 90er Jahre war er sich sicher, dass Gentechnik großen Nutzen bringt und keine Gefahren birgt: „Auf diese Weise können die Lebewesen, die unserer Ernährung als Basis dienen, gezielt mit Eigenschaften ausgestattet werden, die unsere Lebensmittel qualitativ verbessern und sowohl wirtschaftliche als auch ökologische Vorteile bei der Erzeugung und Verarbeitung erwarten lassen. ... Kaum eine neue Technik ist bisher so ausgiebig auf mögliche Risiken getestet worden wie die Gentechnik, und noch nie gab es Lebensmittel zu kaufen, die so umfassende Prüfverfahren durchlaufen mussten wie Lebensmittel, die mit Hilfe der Gentechnik hergestellt wurden oder GVO enthalten. Ich denke, die Ängste vieler deutscher Mitbürger kommen ,aus dem Bauch' und sind oft durch fehlendes Wissen hervorgerufen.12 1996/97 unterstützte Buhk bei öffentlichen Auftritten und Schriften die Einführung von Monsantos gentechnisch veränderter (gv-)Soja auf den deutschen Markt. 2000 unterzeichnte er die Erklärung „Scientists in support of agricultural biotechnology“, das Manifest Gentechnik befürwortender Wissenschaftler und Lobbyisten. Bereits die Website, auf der das Manifest beworben wird, zeigt mit der Schlagzeile „Supporting Biotechnology in Agriculture“ die politische Ausrichtung. In diesem Manifest wird die Agro-Gentechnik unter anderem als umweltfreundlich, sicher und präzise verherrlicht.13 Irgendwann fiel das sogar im schwerfälligen Regierungsapparat auf: Im Jahr 2002 erhielt Buhk eine Abmahnung wegen eines öffentlichen Auftritts als Industrievertreter - doch an seiner zentralen Rolle in GVO-Genehmigungsverfahren änderte sich nichts. Im gleichen Jahr trat Buhk im Werbevideo „Das streitbare Korn“ auf, in dem er den gv-Mais mit dem klassischen Standortkonkurrenz-Argument anpries: "Wenn sich, wie es sich in den USA gezeigt hat, BT und die Tatsache das die Landwirte dort Bt-Mais anbauen zeigt, dass für sie einen ökonomischen Vorteil bringt. Dann bedeutet das, diese Möglichkeit nicht zu haben, eben nicht unter so günstigen Bedingungen produzieren zu können. So dass das auf lange Sicht gesehen natürlich auch ein Nachteil für den Landwirt hier ist.“ Zudem saß er im Lenkungsausschuss (Steering Committee) der Gentechnik-Messe ABIC2004 und unterzeichnete (mit Hinweis auf sein Amt im BVL) das „ABIC2004 Manifesto“, in dem die Abschaffung „unnötiger Hürden“ für die Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) gefordert wurde. Zur gleichen Zeit - welch absurde Lage - war Buhk als Leiter des Gentechnik-Referats für die Einhaltung dieser bestehenden ,Hürden' verantwortlich. Als politischer Lobbyist agitierte er folglich genau gegen die Richtlinien, deren Einhaltung er beruflich im BVL zu überwachen hatte. Die damals zuständige Ministerin Künast kündigte nach öffentlichem Druck eine Überprüfung an. Geschehen ist seitdem jedoch nichts. Im Gegenteil: Buhk setzte sich trotz seiner Aufgabe als oberster Verbraucherschützer in Sachen Gentechnik weiter für diese Anwendungen und gegen Verbraucherrechte ein. In einem Werbeheft der Gentechniklobby regte er an, „ob in der EU nicht zumindest für alle entsprechend den Standards des Cartagena-Protokolls geprüften GVO Schwellenwerte etabliert werden sollten, bei deren Unterschreitung die Zulassungspflicht entfällt“.14 Beim Gießener Gengerstenversuch unterzeichnete er am 3.4.2006 die sofortige Vollziehung der Versuchsgenehmigung und nahm damit den VerbraucherInnen jede Möglichkeit, mit ihren Einwendungen eine Wirkung zu erzielen. Zur Freisetzung von genmanipuliertem Weizen in Gatersleben behauptete das BVL in der Wirtschaftswoche vom 18.9.2006: „Die so genannten Weizensippen würden sich nicht untereinander kreuzen.“ Das war falsch und wurde so nicht einmal vom Antragsteller IPK behauptet.11
Am 26. April 2007 wehrte sich Buhk gegen die Weisung des Agrarministers zur Einschränkung der Inverkehrbringensgenehmigung von MON810: „In meiner Zuständigkeit als Leiter der Abteilung Gentechnik kann ich die ergangene Weisung aus fachlichen Gründen nicht als richtig erachten.15 Die interne Mail diente kurz danach der Firma Monsanto als Munition in einem Klageverfahren und trug dazu bei, dass das Verbot wieder aufgehoben wurde. Ob diese Verwendung von Beginn an das Ziel der Buhk'schen Mail war, ist unklar.16 Als sich im Jahr 2009 herausstellte, dass MON810 stärker auskreuzt als gedacht, war erneut das BVL Propagandist. In einem Gerichtsverfahren zu einem Versuchsfeld stellte das Amt die absurde Behauptung auf, dass „ein höherer Pollenaustrag nicht gleichsam automatisch zu einer Erhöhung der Auskreuzungswahrscheinlichkeit“ führe.17
Die Liste weiterer Verflechtungen ist lang. Buhk ist Unterstützer der Lobby-Initiative „Public Research & Regulation Initiative“ (PRRI), die unter anderem von Syngenta und mehreren Gentechnik-Lobbyorganisationen gesponsert wird. Als „größte Ungeheuerlichkeit“ bezeichnete das Fernsehmagazin Report, das 2005 etliche dieser Verflechtungen veröffentlichte, das Verhalten von Buhk und weiteren Behördenmitarbeitern beim Ausfüllen von Formularen vor Beginn ihrer Dienste für die EU. Die Beamten wurden von der EU in Standardfragebögen nach Interessenkonflikten befragt, verschwiegen diese jedoch.18
Nach eigenen Angaben ist Buhk Mitglied im Arbeitskreis Biotechnik der Berliner Wissenschaftlichen Gesellschaft (BWG). Die hat zum Ziel, "neue biotechnologische Verfahrensentwicklungen, speziell im Raum Berlin, hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung zu prüfen und gegebenenfalls zu fördern, Arbeiten und Forschungsprojekte junger Berliner Wissenschaftler auf biotechnologischem Gebiet begleitend zu unterstützen ... Einfluß zu nehmen auf die öffentliche Meinung zu bestimmten Teilbereichen der Biotechnik durch Auswahl spezieller Themen und Vortrag derselben, z.B. in Werkstattgesprächen, unter Beteiligung der Öffentlichkeit." Zudem gehört er zum bedeutenden Lobbyverband WGG und zur Berliner Mikrobiologischen Gesellschaft.

Buhk ist nicht der einzige Fall von Filz im BVL. In seiner Abteilung arbeitet Detlev Bartsch, zuständig vor allem für die Bewertung von Auswirkungen auf die Umwelt. Doch was er untersuchen soll, ist für ihn längst entschieden. Bereits 1995 erklärte Bartsch: „Es geht schon lange nicht mehr darum, ob wir die Gentechnik wollen oder nicht. Es geht vielmehr darum, wie wir sie wollen.15 In dieser Zeit arbeitete er selbst an Freisetzungsversuchen an der RWTH Aachen mit. 2002 wirkte er dann im gleichen Werbevideo wie sein Vorgesetzter Buhk mit.19 In einem Interview beschrieb Bartsch MON810 als „sicheres Produkt“.19a Seitdem ist er auch Mitglied des Projektmanagementkomitees des EU-Projekts TRANSCONTAINER zur Entwicklung von Terminator-GVOs und Mitglied der Gesellschaft für Pflanzenzüchtung, die durch den Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter gefördert wird. Im Deutschlandfunk stellte Bartsch die Gentechnik als alternativlos dar: „Dann haben wir eigentlich nur noch die Wahl, den Maisanbau ganz aufzugeben, oder umfangreich Insektizide einzusetzen. Oder aber wir setzen eine neu entwickelte Bt-Maissorte ein. Mehr Optionen bleiben nicht.19 Eigentlich Beamter mit der Aufgabe, „Leben und Gesundheit von Menschen, die Umwelt in ihrem Wirkungsgefüge, Tiere, Pflanzen und Sachgüter vor schädlichen Auswirkungen gentechnischer Verfahren und Produkte zu schützen“ (§ 1 Nr. 1 Gentechnikgesetz vom 1.4.2008), hält er stattdessen die Alternativlosigkeit der Gentechnik hoch und weiß: "Transgene Pflanzen sind nicht risikofrei, aber spezifische Risiken der Grünen Gentechnik im Vergleich zu traditionellen Landnutzungssystemen sind nicht nachzuweisen." Abgesehen von der inhaltlichen Schwäche des Arguments - die Bekämpfung des Maiswurzelbohrers kann mit klassischen Methoden wie Fruchtfolge und geeigneter Bodenbearbeitung erfolgen - stellt sich die Frage, wessen Interessen Bartsch bei seiner Argumentation für den Einsatz der Agro-Gentechnik vertritt.
Laut eigenen Angaben ist Bartsch Mitglied weiterer Lobbyverbände, so in der GPZ, in der IOBC/WPRS und im VDI - in letzterem dann auch gleich in der Arbeitsgruppe zu GVO. 2002 bis 2006 erledigte er Jobs für das US-Landwirtschaftsministerium im Themenbereich der Agro-Gentechnik.

Die Geflechte im BVL reichen weiter. Georg Leggewie schreibt als BVL-Bediensteter die Stellungnahmen der ZKBS, eine eigentlich unabhängige wissenschatliche Gruppe, die jedes beantragte Feld begutachtet. Eine weitere Mitarbeiterin des BVL, Marianna Schauzu, wurde verdächtigt, unter einem Pseudonym Propaganda-Artikel für die Agro-Gentechnik zu schreiben. Schauzu arbeitet heute im Bundesamt für Risikoforschung (BfR) in der Abteilung für Risikokommunikation. Dort hält sie die Kontakte zur Europäischen Zulassungsstelle EFSA und bearbeitet Stellungnahmen zu Freisetzungen.20 Ehrenamtlich engagiert ist sie bei der Partei Die Linke in Berlin, aber vor allem zu sozialpolitischen Themen - am 13.1.2011 meldete sie sich aber auch öffentlich mit einem bemerkenswerten Gentechnikartikel zu Wort. Dort behauptete sie, Firmen wie Monsanto seien gute Entwicklungshelfer. Der Text erschien im Linken-nahen Blatt "Junge Welt".

Im Original: Marianna Schauzu
Aus Schauzu, Marianna: "Frage der Bedingungen", in: Junge Welt, 13.1.2011 (S. 15)
In dieser Situation entschloß sich die Regierung Burkina Fasos, dem Beispiel Indiens und Chinas zu folgen. Beide Länder hatten bereits gute Erfahrungen mit dem Anbau der von Monsanto entwickelten gentechnisch veränderten Baumwolle gemacht. ...
Burkina Faso ist darüber hinaus nach Ägypten zum größten Baumwollproduzenten Afrikas geworden. Vom Einsatz der Bt-Baumwolle wird nun ein Entwicklungsschub im bislang von der Subsistenzwirtschaft dominierten Agrarsektor erhofft. Das Beispiel Indiens zeigt, daß diese Erwartung nicht unrealistisch ist. In einer von 2002 bis 2009 überwiegend auf Kleinbauernhöfen Indiens mit weniger als drei Hektar Anbaufläche durchgeführten repräsentativen Studie wurde ermittelt, daß der Insektizideinsatz um 41 Prozent reduziert werden konnte und die Erträge um 37 Prozent angestiegen sind. Ähnliche Daten sind aus China bekannt. Ein vergleichbares Ergebnis in Burkina Faso würde demnach die Kaufkraft der vielen Kleinbauern erhöhen und damit die Entwicklung von Handel und Industrie befördern.
Durch Einführung der Gentechnik in Kooperation mit dem auf diesem Gebiet führenden Konzern Monsanto wird das vorhandene Wissen um diese Technologie genutzt. Ihre vorgesehene Weiterentwicklung im Land kann daher als Fortführung des von Sankara propagierten Kampfes gegen die Armut angesehen werden. Auf der Agenda steht dabei die Anwendung gentechnischer Verfahren zur Entwicklung von Nutzpflanzen, die an lokale Bedürfnisse und Umweltbedingungen angepaßt sind.


Am 24.11.2006 reichten MitarbeiterInnen des Umweltinstituts München eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die leitenden Beamten Buhk und Bartsch wegen deren offensichtlicher Parteilichkeit ein.15 Doch die Dienstvorgesetzten deckten ihre Behördenleiter. Staatssekretär Lindemann vom Landwirtschaftsministerium (BMELV, 2011 wurde Lindemann Landwirtschaftsminister in Niedersachsen) unterzeichnete das Antwortschreiben und wies die Beschwerde zurück. Dabei verteidigte er die BVL-Abteilung gar nicht, sondern behauptete, die Parteilichkeit habe keine Auswirkungen, weil der Präsident des BVL jeden Freisetzungs- und Inverkehrsbringungsantrag nochmals überprüfe und dann selbst unterzeichne.21 Das war schlicht gelogen. So findet sich unter der Genehmigung des Gerstenversuchs 2006 bis 2008 in Gießen ausschließlich die Unterschrift von Dr. Buhk, beim Folgebescheid für 2009 und 2010 die von Bartsch.22

Im Original: Lügen in der Abwehr der Dienstaufsichtsbeschwerde

Begründung in der Ablehnung der Dienstaufsichtsbeschwerde (BMELV-Brief am 31.5.2007) und unten die Wahrheit: Unterschrift von Dr. Buhk unter der Genehmigung für den Gießener Gengersteversuch vom 3.4.2006


Legal, illegal, scheiß egal: Geheime Felder, Augen zu und durch
Die bisherigen Erfahrungen mit der Gentechnik, die bis heute vielfach nicht geklärten Verunreinigungen von Lebensmitteln mit gv-Lebensmitteln und die dubiosen Abläufe bei Feldversuchen sind allerdings nur die Spitze des Eisbergs. Eine Branche, in der mit der Gesundheit der Menschen um den Profit gespielt und sogenannte unabhängige Forschung von den Konzernen selbst finanziert und gesteuert wird, ist noch zu ganz anderen Methoden in der Lage. Anfang dieses Jahrzehnts wurden mehrere geheime Feldversuche durchgeführt - im Auftrag von Regierungen. Auch Adelshausen in der Nähe von Melsungen war betroffen. Der damals angebaute Raps kreuzte stark aus und die Fläche muss bis heute auf Durchwuchs kontrolliert werden, weil selbst auf dem Standort noch immer gv-Rapspflanzen auftauchen (u.a. mehrfach im Zeitraum Januar bis März 2007 laut Mitteilung der Aufsichtsbehörde BVL am 6.2.2008). Wohin die gentechnisch veränderten Gene inzwischen sonst noch ausgestreut sind, wird nie jemand feststellen können. International sieht es noch düsterer aus. Dass hungerleidenden Menschen bereits Nahrungsmittel gegeben wurden, die sie gleichzeitig unfruchtbar machten, lässt erahnen, welches Kontroll- und Steuerungspotential auf menschliches Leben in der Gentechnik steckt. Naiv wäre, wer glaubte, dieses würde nicht auch angewendet, wenn es denn einmal entwickelt ist. Militärische Forschung mit dem Ziel, durch gentechnische Veränderungen zukünftig Länder gezielt in den Hungertod treiben zu können, sind längst im Gange ...

Aus einer Pressemitteilung von Bündnis 90/Die Grünen vom 5.12.2006
Als "Skandal erster Ordnung" kritisiert der agrarpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Martin Häusling, den in der vergangenen Woche bekannt gewordnen Geheimanbau von Gen-Raps in Hessen. Auf eine Anfrage Häuslings hin musste Umweltminister Dietzel (CDU) zugeben, dass in den Jahren 2000 und 2001 vom Bundessortenamt in Echzell, Riedstadt und in Adelshausen (Stadtteil von Melsungen) Freisetzungsversuche stattfanden, ohne dass die Öffentlichkeit darüber informiert wurde. Gentechnisch veränderter Raps kann sich nach Aussagen aller Experten über mehrere Kilometer hinweg mit anderen Pflanzen kreuzen.


Warum ändert sich nichts? Der BLV-Filz in Dienstaufsichtsbeschwerden, Studien und Medienberichten
Warum ändert sich an der Besetzung der Spitzenämter im BVL nichts? Immerhin sind diese für alle konkreten Anwendungen deutscher Agro-Gentechnik, also das Geschehen draußen auf den Feldern, zuständig. Wissen die politisch Verantwortlichen und Dienstvorgesetzten nichts von den Verflechtungen und politischen Aussagen ihrer Behördenchefs? Oder tolerieren, akzeptieren bzw. unterstützen sie es? Die Antwort ist klar: Sie wissen es - und zwar sehr genau und schon lange. Die ersten Interviews und Veröffentlichungen mit Aussagen von und über den Behördenleiter Buhk liegen lange zurück. Seit 2005 berichten zudem die Medien intensiv über den Filz der Berliner Gentechnikbehörde.

Im Original: Lorch/Then zu BVL, Buhk & Bartsch
Robert-Koch-Institut (RKI): Das RKI ging 1994 als eigenständiges Institut aus der Auflösung des Bundesgesundheitsamt (BGA) hervor. Bereits innerhalb des BGA, war das RKI seit den 80er Jahren zuständig für Fragen der Gentechnik. 1982 wechselte Buhk vom MPI zum RKI, wo er die Abteilung „Biologische Sicherheit“ aufbaute. Mit Verabschiedung des Gentechnikgesetz 1990 war das RKI Sitz der Zentralen Kommission für Biologische Sicherheit (ZKBS). 2003 wechselte Bartsch von der RWTH Aachen zum RKI. Zum 1.1.2004 wurde die Zuständigkeit für Gentechnik vom Bundesministerium für Gesundheit zum BMVEL übertragen. Aufgaben und Personen des RKI wechselten dabei zum BVL.
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL): Behörde des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) mit Hauptsitz in Braunschweig; gegründet 2004 als Folge der Umstrukturierung der ministeriellen Zuständigkeiten für Gentechnik. Buhk und Bartsch sowie die ZKBS zum BVL. Hans-JörgBuhk ist Leiter der Abteilung Gentechnik, Detlef Bartsch ist Leiter des Referats 404: Koexistenz, GVO-Monitoring und Stellvertreter von Buhk. 2006 kam mit Achim Gathmann ein weiterer Wissenschaflter der RWTH Aachen zum BVL.
Entscheidungen des BVL zum MON810-Mais: Der Stopp der Verkaufsgenehmigung von MON810 wird im April 2007 vom BMELV gegen Buhks Willen durchgesetzt, dokumentiert durch ein internes Email von Buhk an seinen Vorgesetzten, in dem er diese Entscheidung kritisiert. Im Dezember 2007 wird MON810 wieder zugelassen, ohne dass der erweiterte Monitoringplan, die im April gestellten Kriterien erfüllt.
Amflora-Kartoffel: Im Mai 2007 genehmigt das BVL den Anbau von 155 ha gv-Kartoffeln zur Saatgutproduktion als „Freilandversuch“. Außerdem genehmigte das BVL unter Buhk so umstrittene Freilandversuche wie gv-Weizen und gv-Pharma-Erbsen in Gatersleben, sowie die sog. „Cholera-Kartoffeln“ von Broer (Uni Rostock, biovativ).

Zur Person: Hans-Jörg Buhk
  • Studium & wissenschaftliche Arbeit: Gärtnerlehre, Gartenbaustudium an der FH Berlin. 1972: Abschluss als Dipl.-Ingenieur. 1972-74: Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Berlin. 1974: Biologie- und Genetikstudium, TU Berlin; Diplomarbeit am MPI für Molekulare Genetik, Berlin-Dahlem. Promotion zur molekularen Genetik bei Bakterien; Wissenschaftlicher Mitarbeiter am MPI.
  • aktuelle Position: 1982: RKI, Abteilung Virologie, um in Verbindung mit dem BMBF-Projekt ZKBS die fachliche Kompetenz zu molekularer Genetik und Sicherheit der Gentechnik aufzubauen. Seit 1983: Arbeiten zur Sicherheit der Gentechnik und wissenschaftliche Begleitung der ZKBS. 1990: Aufbau der Abteilung „Biologische Sicherheit (Gentechnik)“ nach dem Inkrafttreten des Gentechnikgesetzes. 2004: Wechsel zum BVL nach Umstrukturierung der Zuständigkeiten.
  • Mitglied in Kommission & Arbeitsgruppen: 1999 & 2000: Mitglied der deutschen Delegation zur Entwicklung des Cartagena-Protokols. 2003-06: Mitglied des EFSA-GMO-Panels, seit 2006: Mitglied des EFSA-Expertenarbeitsgruppe „GMO Applications (Molecular Characterisation)“. Kooperationspartner im Europäischen Netzwerk GVO-Laboratorien.
  • Mitglied in Forschungsprojekten: 2000-03: ENTRANSFOOD.
  • Mitglied in Lobby-Organisationen: Mitglied im WGG. Mitglied des PRRI mit Hinweis auf das BVL.
  • 1996/97: Auftritte und Publikationen zur Unterstützung von Monsantos Einführung von gv-Soja auf den deutschen Markt. 2000: Unterzeichner der Erklärung „Scientist in support of agricultural biotechnology“ des Gentechnik-Lobbyisten C.S. Prakash, in dem u.a. gegen das Vorsorgeprinzip argumentiert wird. 2002: Abmahnung wegen eines öffentlichen Auftritts als Industrievertreter. 2002: Auftritt im Werbevideo „Das streitbare Korn“, in dem Buhk die ökonomischen Vorteile von gv-Mais anpreist. (Nach Angaben von Report Mainz lag eine offizielle Erlaubnis zum Auftritt in diesem Video vor.)
  • 2004: Mitarbeit im Steering Committee von ABIC2004 und Unterzeichner (mit Hinweis auf das BVL) des „ABIC2004 Manifestos“, in dem die Abschaffung „unnötiger Hürden“ für die Zulassung von GVOs gefördert wird, während Buhk als Leiter des Gentechnik- Referats für die Einhaltung genau dieser bestehenden 'Hürden' verantwortlich ist. Direkte und indirekte Beteiligung an Genehmigungsverfahren für GVO: Als Leiter des Referats Gentechnik der BVL ist Buhk zuständig für die Genehmigung von GVOs in Deutschland, darunter fallen auch so umstrittene Entscheidungen des BVL wie die Aussetzung der MON810- Genehmigung, bzw. deren Wiederaufhebung, die Produktion von gv-Saatgutkartoffeln als Freilandversuch oder Genehmigungen für Freisetzungen in der Nähe der Saatgutbank Gatersleben.
  • Zitate: „Es liegen keine neuen, wissenschaftlich begründeten Erkenntnisse vor, die es rechtfertigen, unsere bisher zu MON810 geäußerte Maßnahmen gegen das Inverkehrbringen von MON810 zu begründen. (...) In meiner Zuständigkeit als Leiter der Abteilung Gentechnik kann ich die ergangene Weisung zur Einschränkung der Inverkehrbringensgenehmigung zu MON810 aus fachlichen Gründen nicht als richtig erachten.“ aus einer Email vom 26. April 2007, in dem Buhk sich gegen die Weisung des BMELV, die Zulassung von MON810 auszusetzen, wehrt.

Zur Person: Detlef Bartsch
  • Studium & wissenschaftliche Arbeit: Studium der Biologie, Uni Göttingen. 1990: Dissertation zum Thema Pflanzenökologie an der Uni Göttingen. 1990-92: Postdoc TU Berlin, Ökosystemforschung und Vegetationskunde bei Prof. Sukopp (ZKBS-Mitglied 1990-2006). 1992-97: Research Fellow RWTH Aachen, 1997-98: Research Fellow UCR, Prof. Ellstrand, Teilnahme an BMBF-Projekte zur Biologischen Sicherheitsforschung.
  • RWTH Aachen: Bis zu seiner Emeritierung leitete Prof. Ingolf Schuphan den Bereich Biologie - Umweltforschung. Hier führte Bartsch als wissenschaftlicher Mitarbeiter von 1992-2000 Freilandversuch mit gv-Zuckerüben der Firma KWS durch. Schuphan war Leiter verschiedener BMBF-Projekte zur Biologischen Sicherheitsforschung. Seit 1998 ist Bartsch Privatdozent an der RWTH und blieb dies als er 2003 am RKI angestellt wurde. Mit Wissenschaftlern der RWTH publiziert Bartsch Artikel, die im Zusammenhang mit Risikoforschung und BMBF-Projekten entstanden sind und betreut Doktorarbeiten im Themenbereich Ökologie und Gentechnik. 2007 wurde ihm von der RWTH der Titel Professor verliehen.
  • aktuelle Position: Seit 2003 arbeitet Bartsch beim RKI unter Buhk und wechselte 2004 mit ihm zum BVL infolge von Umstrukturierungen. Bartsch ist Leiter des Referats 404 Koexistenz, GVO-Monitoring sowie Stellvertreter von Buhk als Leiter der Referatsgruppe Gentechnik. 2006 folgte sein RWTH-Kollege Gathmann ebenfalls ans BVL.
  • Mitglied in Kommission & Arbeitsgruppen: 2003-09: Mitglied des EFSA-GMO-Panel; 2006-07 Mitglied der EFSA-Arbeitsgruppen „Guidance for assessments of GMPs nonfood/ feed“ und „Applications – Environment“. Als Mitglied des GMO-Panels war er bei der EFSA Entwicklung von Monitoringkonzepten. In Deutschland ist er Mitglied der BBA-Arbeitsgruppe Anbaubegleitendes Monitoring, die u.a. Monitoringfragebögen für Landwirte ausgearbeitet hat.
  • Bartsch ist Gutachter für Studien zur Biologischen Sicherheit, die durch deutsche Ministerien, das US-Landwirtschaftsministerium sowie das Schweizer Nationale Forschungsprogramm 59 finanziert werden.
  • Teilnahme an Forschungsprojekten: 1992-2000: Freilandversuche mit gv- Zuckerrüben an der RWTH Aachen. 1999-2004: AIGM - Assessment of the impacts of genetically modified plants. 2001-04: VRTP-IMPACT - Virus-resistant transgenic plants: ecological impact of gene flow. 2004-07: SIGEMA. 2006-09: Mitglied des Projektmanagementkomitees des EU-Projekts TRANSCONTAINER zur Entwicklung von Terminator-GVOs
  • Mitglied in / Teilnahme an Lobby-Organisationen: Bartsch ist Mitglied der Lobbyorganisation EFB und dort möglicherweise seit 2002 im Vorstand der EFB-Sektion Biodiversität unter Klaus Ammann. Er ist Mitglied der ISBR, dessen Präsident Joachim Schiemann ist. Als Mitglied des IOBC/WPRS ist er einer der Ko-Autoren der aktuellen Publikation zum Tiered Approach als Grundlage der Risikoabschätzung von Effekten auf Nicht-Zielorganismen (2008). 2000 starteten Bartsch und Schuphan einen Aufruf „Nicht die ökologischen Vorteile der grünen Gentechnik vernachlässigen.“ 2002 trat er im Werbevideo der Gentechnikindustrie „Das streitbare Korn“ auf. Bartsch ist außerdem Mitglied der Gesellschaft für Pflanzenzüchtung, die durch den Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter gefördert wird.
  • 2004 agiert Bartsch (mit Hinweis auf seine Position beim RKI) als Reviewer eines Berichts, den Klaus Ammann mit Finanzierung von Monsanto schreibt. direkte und indirekte Beteiligung an Genehmigungsverfahren für GVO: In Deutschland ist Bartsch als Vertreter der BVL, der Bundesoberbehörde für die Genehmigung von Freisetzungen von GVO u.a., verantwortlich für die Genehmigung von Monitoringplänen. Auf EU-Ebene ist er als Mitglied der EFSA ebenfalls verantwortlich für die Beurteilung von GVOs sowie für die Beurteilung von möglichen Einwänden von Mitgliedsstaaten. In Deutschland ist Bartsch außerdem eng verbunden mit Wissenschaftlern der RWTH Aachen, die v.a. durch das BMBF finanzierte Forschungsprojekte zu Umwelteffekten von GVO durchführen, auf die er sich als BVLVertreter wiederum bezieht.
  • Weiteres/Zitate: Bereits 1995 erklärt Bartsch: „Es geht schon lange nicht mehr darum, ob wir die Gentechnik wollen oder nicht. Es geht vielmehr darum, wie wir sie wollen.“ 2006, in einem Interview mit biosicherheit.de beschreibt Bartsch MON810 als „sicheres Produkt“: „Die Ergebnisse aus der BMBF-Sicherheitsforschung zu MON810 sind dem BVL bekannt. Nach Auffassung des BVL geben sie keinen Anlass für eine Neubewertung.“
Quelle: Studie "Kontrolle oder Kollaboration"

Vorstellung der Studie unter dem Titel "Der deutsche Gentech-Filz" , in: taz vom 9.5.2008
Eine Studie zeigt, an zentralen Stellen in den Gentech-Genehmigungsbehörden sitzen Wissenschaftler, die in Lobbyvereinen eng mit Industrievertretern zusammenarbeiten. Anstatt die Industrie zu kontrollieren, setzen sie sich für ihre Interessen ein ...
Gerüchte und einzelne Meldungen über Interessenkonflikte bei Mitarbeitern von Genehmigungsbehörden gab es in den letzten Jahren immer wieder. "Dass das aber in einem solchen Ausmaß stattfindet, das hat selbst mich überrascht", sagte Christoph Then, einer der beiden Autoren der Studie. Then kennt sich in der Gentech-Szene aus, hat er doch lange Zeit bei Greenpeace zur Gentechnik gearbeitet. Vor allem, dass der Filz auf so vielen Ebenen stattfindet, habe er nicht erwartet.
Anhand mehrerer konkreter Beispiele haben die beiden Autoren aufgezeigt, wie weit die Verflechtungen gehen und welche Auswirkungen es haben kann, wenn an zentralen Behördenstellen industriefreundliche Wissenschaftler arbeiten. Zum Teil vergessen die eigentlich bei einer Bundesbehörde beschäftigten Wissenschaftler, für wen sie gerade arbeiten. Für die von ihnen selbst mitgegründete Lobbyorganisationen wie etwa dem Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik (WGG) oder der Bundesbehörde. Da kommt dann auch schon einmal einiges auf dem Briefkopf durcheinander.
Erhellend sind die von Christoph Then und Mitautorin Antje Lorch beschriebenen konkreten Fälle. Etwa das fragwürdige Zulassungsverfahren für die einzige in Europa zum Anbau zugelassene Gentech-Pflanze, den Mais MON 810 von Monsanto.
So zeigen die Autoren auf, dass Mitarbeiter des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zusammen mit Industrievertretern und Wissenschaftlern, die ein großes Interesse daran haben, Freisetzungen durchzuführen, die Kriterien und Auflagen für die künftige wirtschaftliche Nutzung ausarbeiten und vorschlagen. Die amtlichen Wissenschaftler weisen dabei darauf hin, dass sie in diesen Gremien nur als Privatpersonen mitarbeiten. Später werden sie sich dann als Amtsperson damit beschäftigen - nämlich dann, wenn sie kraft ihrer Funktion in der Bundesbehörde ihre eigenen, zusammen mit der Industrie ausgearbeiteten Vorschläge als verbindlich festlegen. So hatte Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) im Frühjahr 2007 das BVL angewiesen, die kurz zuvor erlassene Vertriebsgenehmigung für MON 810 zu widerrufen. Das Vertriebsverbot kam jedoch erst, nachdem das Maissaatgut schon im Boden war. Der Grund für das Vertriebsverbot waren ein fehlender Monitoring-Plan, mit dem die Umweltauswirkungen des Gentech-Anbau über einen längeren Zeitraum untersucht werden sollen. Obwohl nach EU-Recht ein Monitoring-Plan vorgeschrieben ist, hatte das BVL nichts gegen den Anbau unternommen. Ganz im Gegenteil: Der Leiter des Gentech-Gruppe beim BVL protestierte intern bei der BVL-Leitung gegen das Vertriebsverbot, obwohl das EU-Recht hier eindeutig ist. Laut Studie soll das BVL das Vertriebsverbot für MON 810 verzögert haben, so dass es für die Anbauperiode zu spät kam.
Den Monitoring-Plan für MON 810 legte Monsanto erst im Ende 2007 vor. Während das BVL sehr schnell dabei war, den Monitoring-Plan gutzuheißen und das Vertriebsverbot für MON 810 wieder aufhob, bemängelte das Bundesamt für Naturschutz (BfN) die Begleitungsuntersuchungen als mangelhaft und unzureichend.


Viele falsche Deklarationen im Standortregister
Aus "Schlamperei statt Transparenz", in: taz, 14.2.2010
Eine Greenpeace-Untersuchung schreckt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) auf: Greenpeace fand zum wiederholten Mal Fehler im Standortregister für gentechnisch veränderte Organismen. Kein Wunder, denn das BVL überprüft Neuanträge grundsätzlich nicht. ... Bereits das zweite Jahr in Folge entdeckte Greenpeace, dass für eingetragene Felder aus Bayern und Brandenburg entweder eine völlig falsche Größe angegeben wurde - oder dass diese gar nicht existierten.

Im Original: Bericht über Seilschaften schon vor Jahren
Schon früh als Gentechnikbefürworter aufgetreten
Aus einem Interview mit Dr. Buhk (ohne Datum, nach Angaben im Interview: Ende 90er Jahre - zu dieser Zeit ist Buhk bereits Leiter der Gentechnikabteilung bei der Kontrollbehörde RKI, heute BVL)
Wie sicher ist die Gentechnik?
Buhk: Kaum eine neue Technik ist bisher so ausgiebig auf mögliche Risiken getestet worden wie die Gentechnik, und noch nie gab es Lebensmittel zu kaufen, die so umfassende Prüfverfahren durchlaufen mußten wie Lebensmittel, die mit Hilfe der Gentechnik hergestellt wurden oder GVO enthalten. Ich denke, die Ängste vieler deutscher Mitbürger kommen "aus dem Bauch" und sind oft durch fehlendes Wissen hervorgerufen.


Report Mainz: BVL-Gentechnik-Chefs sollen überprüft werden
Presseinformation des SWR vom 1.3.2005
Verbraucherministerin Renate Künast (B’ 90 / Grüne) wird Spitzenbeamte in Kontrollbehörden für Gentechnik auf Befangenheit prüfen. Nach Recherchen des ARD-Politikmagazins REPORT MAINZ geht es um eine Interessenkollision der für die Zulas-sung gentechnisch veränderter Organismen zuständigen Beamten: Professor Hans-Jörg Buhk, der Leiter des Zentrums für Gentechnologie, dem auch die „Zulassungsstel-le Gentechnik“ untersteht, und sein Stellvertreter Detlef Bartsch traten 2002 in einem Werbefilm für Genmais auf. Das Video wurde im Auftrag von sechs großen Gentechnik Firmen produziert. Einer der Beamten verweist darin ausdrücklich auf angebliche wirt-schaftliche Vorteile beim Einsatz von Genmais. Dazu Verbraucherministerin Künast: „In privatwirtschaftlichen Werbevideos hat überhaupt kein Beamter mitzuwirken und insofern sag’ ich ganz klar: Das ist abzustellen.“ Die Beamten sind gleichzeitig die deutschen Vertreter bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Bereich Gentechnik. Der Behörde gegenüber hatten sich die Spitzenbeamten als „unabhängige Exper-ten“ dargestellt. In schriftlichen Befragungen der EFSA gaben sie an, keinerlei Interessen zu vertreten. Professor Ulrich Battis, Experte für Beamtenrecht an der Humboldt- Universität in Berlin hält die Privataktivi-täten der Spitzenbeamten für untragbar. Wörtlich sagte Prof. Battis in REPORT MAINZ: „Das ist eindeutig ein Verstoß gegen die Amtspflicht, zur unparteiischen Amtsführung.“ Battis weiter: „Das muss abgestellt wer-den.“ Nach Recherchen von REPORT MAINZ beteiligte sich Buhk zudem im Jahr 2004 an der Organisation einer Großveranstaltung der deutschen Gentech-Firma Phytowelt GmbH. Joachim Schiemann, leitender Beamter an der Biologischen Bundesanstalt (BBA), ist REPORT MAINZ zufolge auch Mitglied des Gentechnik-Lobbyvereins „FINAB“. Zweck des Vereins ist unter anderem die Errichtung eines Zentrums in Mecklenburg- Vorpommern, in dem transgene Organismen „in größerem Maßstab für die Nutzung durch Firmen“ herge-stellt werden sollen. Beruflich ist Schiemann bei der BBA als „Leiter der Fachgruppe Gentechnik und biologi-sche Sicherheit“ zuständig für die Überprüfung von Anträgen zur Freisetzung gentechnisch veränderter Or-ganismen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen fordert eine „gründliche Überprüfung“ der von REPORT MAINZ aufgedeckten Zusammenhänge. Die Vorsitzende, Prof. Edda Müller, verlangte, so lange keine neuen Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen zu genehmigen, bis die Vorfälle aufgeklärt seien. Hans-Jörg Buhk war vom Bundesgesundheitsministerium bereits 2002 „auf die Gefahr einer Interes-senkollission“ und auf seine „beamtenrechtlichen Pflichten“ hingewiesen worden.

Der SWR-Beitrag am 28.2.2005 (Abschrift des SWR, dort aber nicht mehr aufrufbar)
Gen-Lobby – Wie befangen sind deutsche Spitzenbeamte
Autor: Thomas Reutter
Kamera: Andreas Deinert Martin Nanz Patrick Pucknus Schnitt: Zsuzsa Döme
Moderation: Fritz Frey
Gentechnik. Wie bei kaum einem anderen Thema sind wir Verbraucher hier auf die Einschätzung von unabhängigen Experten angewiesen. Die Materie ist kompliziert, sorgsam sind Risiko und Nutzen abzuwägen. Gentechnik, dass ist auch ein riesiger Markt. Große Konzerne verdienen weltweit Milliarden. So weit, so gut. Problematisch allerdings wird es wenn sich bei näherem Hinsehen die Experten eben nicht als unabhängig erweisen. Wenn die Experten in Verdacht geraten auch im Dienste großer Konzerne zu agieren. Thomas Reutter mit den Einzelheiten.
Bericht: Annette Klauß ist Bio-Landwirtin im schwäbischen Oberboihingen. In unmittelbarer Nachbarschaft hat die Fachhochschule Nürtingen ein Versuchsfeld mit gentechnisch veränderten Pflanzen.
O-Ton, Annette Klauß, Landwirtin: "Also hier ist unser Acker. Die heißen auch Goldäcker hier. Dann ist hier an der Autobahn entlang noch unser Acker. Und da drüben, da vorne sind die Genmaisfelder."
Auf 92 Anbauflächen darf in Deutschland ab April gentechnisch veränderter Mais eingesät werden. Um diese Genmaisfelder tobt ein Streit unter den Bauern. Der Vater von Annette Klauß fühlt sich in seiner Existenz bedroht. Wenn die gentechnischen Veränderungen auf seine Pflanzen überspringen, kann seine Familie den Biohof zumachen, fürchtet er. Deshalb kämpft er seit Jahren gegen die Genversuche der Fachhochschule.
O-Ton, Gerhard Klauß, Landwirt: "Die müssen das mal einsehen, dass sie Rücksicht nehmen müssen auf die Mitmenschen. Es kann doch nicht sein, dass eine Fachhochschule, die junge Leute ausbildet, wo selbst von mir zwei, der Sohn und die Tochter studiert haben. Dass man denen so ein Vorbild ist."
Bauer Klauß ist hilflos. Wie viele andere Landwirte auch. Doch die Behörden haben entschieden, angeblich objektiv, unabhängig, unbefangen. Doch sind sie das wirklich? Nach REPORT MAINZ Recherchen sind Zweifel angebracht. Brüssel, hier wird entschieden was gentechnisch verändert auf die Felder darf. Für Streitfragen hat die EU 21 unabhängige Wissenschaftler einberufen. Sie sollen die Sicherheitsrisiken von gentechnisch veränderten Produkten für Mensch und Umwelt in Europa abschätzen. Drei der Experten kommen aus Deutschland. Dr. Joachim Schiemann, Biologische Bundesanstalt, überprüft Anträge zur Freisetzung von Genpflanzen. Dr. Detlef Bartsch, Bundesamt für Verbraucherschutz, zuständig für die Sicherheit von Genpflanzen. Prof. Hans-Jörg Buhk, Bundesamt für Verbraucherschutz, leitet die Genehmigungsbehörde zur Freisetzung von Genpflanzen. Drei leitende Beamte. Zuständig für die Sicherheit und Genehmigung von Genpflanzen, verpflichtet zur Unabhängigkeit.
Doch sind sie wirklich unbefangen? Uns kommen Zweifel, als wir dieses Werbevideo der Gentechnikindustrie sehen. Sechs große Konzerne werben darin für ihren gentechnisch veränderten Mais, den sogenannten Bt-Mais. Schon auf der Hülle wird die Werbebotschaft klar. Genmais bietet die ökologisch beste Lösung. Das Band birgt eine faustdicke Überraschung. Professor Buhk, der Spitzenbeamte aus der Genehmigungsbehörde für Gentechnik, und Buhk preist die ökonomischen Vorteile von Genmais an.
O-Ton, Genmais-Werbung: "Wenn sich, wie es sich in den USA gezeigt hat, BT und die Tatsache das die Landwirte dort Bt-Mais anbauen zeigt, dass für sie einen ökonomischen Vorteil bringt. Dann bedeutet das, diese Möglichkeit nicht zu haben, eben nicht unter so günstigen Bedingungen produzieren zu können. So dass das auf lange Sicht gesehen natürlich auch ein Nachteil für den Landwirt hier ist."
Für die Bauern ist die Botschaft aus der Genehmigungsbehörde klar. Wer Genmais anbaut verdient mehr Geld. Und als wäre das noch nicht genug, auch der Stellvertreter von Buhk, Detlef Bartsch, ist ebenfalls im Werbevideo, damals war er noch an der Universität Aachen. O-Ton, Genmais-Werbung: "Der Bt-Mais hätte zunächst einmal den großen Vorteil, dass wir eine sehr effiziente Bekämpfung des Schädlings hätten."
Wir zeigen das Video dem Experten für Beamtenrecht, Professor Ulrich Battis von der Humboldt-Universität in Berlin.
O-Ton, Prof. Ulrich Battis, Humboldt Universität Berlin: "Das ist eindeutig ein Verstoß gegen die Amtspflicht zur unparteiischen Amtsführung. Das ist ganz einfach. Und das muss abgestellt werden. Man könnte ihn als Verfahrensbeteiligter wegen Befangenheit, wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehnen."
Ein Interview dazu verweigern Hans-Jörg Buhk und Detlef Bartsch. Sie behaupten ohne ihr Wissen in das Werbevideo geraten zu sein. Doch wie konnte das geschehen? Und warum sind sie nie dagegen vorgegangen? Auf Nachfrage bei einem der Auftraggeber erfahren wir, die Erlaubnis zum Interview sei auf offiziellem Weg eingeräumt worden. Übrigens, Buhk ist kein unbeschriebenes Blatt. Er war 2002 auf einer Veranstaltung zur Gentechnik aufgetreten. Das Bundesministerium sah darin die Gefahr einer Interessenkollision. Buhk wurde daraufhin auf seine Dienstpflichten hingewiesen. Kommen wir zum dritten Spitzenbeamten. Joachim Schiemann, zuständig für die Überprüfung von Freisetzungsanträgen. Wie wir herausfinden, hat er eine Doppelfunktion. Beruflich soll er unbefangener Kontrolleur für Genpflanzen sein. Privat aber hat er sich einem Verein zur Förderung der AgroBiotechnologie angeschlossen. Eine schöne Umschreibung für Gentech-Lobbyismus. Er engagiert sich für ein Zentrum, in dem Genpflanzen hergestellt werden sollen, sogenannte transgene Organismen. Auch Schiemann war zu keinem Interview bereit. Seine Behörde teilt uns mit, privat könne der Beamte machen, was er wolle. Unser Experte sieht das anders.
O-Ton, Prof. Ulrich Battis, Humboldt Universität Berlin: "Es gibt hier auch eine spezifische Pflicht zur Zurückhaltung. Das heißt, ich muss mich als Beamter auf dem Gebiet, auf dem ich amtlich tätig bin, darf ich mich nicht privat exponieren. Ich kann also nicht sagen, ja hier bin ich als Privatmann und deshalb mach ich das. Das darf ich auch nicht."
Wir recherchieren weiter. Die ABIC 2004 in Köln. Einer der wichtigsten Gentech-Kongresse für die Industrie weltweit. Ausgerechnet hier saß Hans-Jörg Buhk im Organisationskomitee. Der Spitzenbeamte wieder in der Doppelrolle, wieder als Diener zweier Herren. Im Amt soll er unbefangen Genpflanzen auf ihre Sicherheit prüfen und hier arbeitet er für die, die sie herstellen. Denn ausgerichtet wurde die Veranstaltung von der Gentechfirma Phytowelt GmbH. Ziel des Kongresses - die Erschließung eines Marktes. Wir stoßen auf die größte Ungeheuerlichkeit. Die Beamten wurden nämlich von der EU in diesen Standardfragebögen nach solchen Interessenkonflikten befragt. Aber alle drei haben ihre Lobbytätigkeiten verschwiegen. Und aus all dem zieht die EU-Behörde keine Konsequenzen. Sie stellt sich REPORT MAINZ gegenüber hinter ihre Experten. Die seien unbeeinflusst und im übrigen, die Aussagen im Werbevideo seien objektiv. Vergangenen Freitagabend, wir sprechen die Verbraucherministerin Renate Künast auf ihre Beamten im Genmais-Werbevideo an.
O-Ton, Renate Künast, B´90/Grüne, Bundesministerium für Verbraucherschutz: "In privatwirtschaftlichen Werbevideos hat überhaupt kein Beamter mitzuwirken. Und insofern sag ich ganz klar, das ist abzustellen. Das was Sie für Ihre Sendung erforschen, was Sie an Fakten bringen, gucken wir uns im wahrsten Sinne des Wortes genau an, und dann muss man gegebenenfalls Konsequenzen ziehen. Logisch."
Die Ministerin und die EU sind gut beraten, tatsächlich Konsequenzen zu ziehen. Sonst ist das Vertrauen von Landwirten und Verbrauchern in die Genehmigungsbehörde dahin.
Abmoderation Fritz Frey: Wir sind gespannt, ob und wie Konsequenzen gezogen werden. REPORT MAINZ jedenfalls bleibt dran am Thema. Hier im Ersten jetzt die Geschichte eines amerikanischen Präsidenten. Von ihm hier ist die Rede, von Ronald Reagan und seiner Gattin Nancy. Liebe an der Macht. Wir sehen uns wieder in drei Wochen, wenn Sie mögen. Tschüss.


Im Original: Dienstaufsichtsbeschwerde am 24.11.2006
Befangenheit von Prof. Hans-Jörg Buhk
Prof. Hans-Jörg Buhk trat in der Vergangenheit bereits häufig als klarer Befürworter der Agro-Gentechnik in Erscheinung. So in einem Werbefilm der Gentechnikindustrie aus dem Jahre 2002. Der Film wurde u.a. von Monsanto, Syngenta, Bayer CropScience finanziert. In diesem Film preist Prof. Buhk die angeblichen ökonomischen Vorteile durch den Anbau von gentechnisch verändertem Bt-Mais. Zitat: „Wenn sich, wie es sich in den USA gezeigt hat, Bt und die Tatsache, dass die Landwirte dort Bt-Mais anbauen, zeigt, dass es für sie einen ökonomischen Vorteil bringt, dann bedeutet das, diese Möglichkeit nicht zu haben, eben nicht unter so günstigen Bedingungen produzieren zu können. So dass das auf lange Sicht gesehen natürlich auch ein Nachteil für den Landwirt hier ist.“
Herr Prof. Buhk war zudem Mitglied des vorbereitenden Ausschusses einer u.a. von Bayer, KWS, Dupont und BASF gesponserten Gentechnik-Konferenz im Jahre 2004. Die Gentechnikpromotion war bei dieser Veranstaltung, der ABIC 2004, Programm. Laut Selbstdarstellung der Veranstalter ist die ABIC „eine der wichtigsten Konferenzen im Bereich landwirtschaftliche Biotechnologie. Dieses Forum wurde für die Diskussion von Ergebnissen aus Forschung und Entwicklung geschaffen, um Kooperationen zwischen akademischen Einrichtungen und Industriepartnern zu ermöglichen, damit der Transfer von Laborergebnissen in den industriellen Maßstab beschleunigt werden kann. Daneben soll die Veranstaltung die Akzeptanz der Biotechnologie im öffentlichen Meinungsbild verbessern.“ (Quelle)
Akzeptanzförderung für die Agro-Gentechnik ist jedoch in keiner Weise Aufgabe eines Beamten. Prof. Buhk lässt auch bei diversen weiteren Anlässen keinen Zweifel an seiner Haltung gegenüber der Agro-Gentechnik. Schon Ende der 1990er Jahr wusste er z.B., dass Gentechnik grundsätzlich sicher ist. Zitat: „Auf diese Weise können die Lebewesen, die unserer Ernährung als Basis dienen, gezielt mit Eigenschaften ausgestattet werden, die unsere Lebensmittel qualitativ verbessern und sowohl wirtschaftliche als auch ökologische Vorteile bei der Erzeugung und Verarbeitung erwarten lassen. [...].Kaum eine neue Technik ist bisher so ausgiebig auf mögliche Risiken getestet worden wie die Gentechnik, und noch nie gab es Lebensmittel zu kaufen, die so umfassende Prüfverfahren durchlaufen mussten wie Lebensmittel, die mit Hilfe der Gentechnik hergestellt wurden oder GVO enthalten. Ich denke, die Ängste vieler deutscher Mitbürger kommen "aus dem Bauch" und sind oft durch fehlendes Wissen hervorgerufen.“ (Quelle)
Diese Argumentation ist an eine bekannte und durchschaubare Public Relations-Argumentation der Gentechnikindustrie angelehnt. Argumente dieser Güteklasse aus dem Munde eines für die Genehmigung zuständigen Spitzenbeamten machen für jeden erkennbar, in welchem Geiste in der Abteilung Gentechnik über Freisetzungsanträge entschieden wird. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in das BVL ist daher seit langem und aus gutem Grunde äußerst gering.
Prof. Buhk ist ebenfalls Unterzeichner des Manifests Gentechnik befürwortender Wissenschaftler und Lobbyisten, das von dem bekannten Gentechnik-Lobbyisten Prof. Prakash formuliert wurde. Bereits die Website, auf der das Manifest beworben wird, wirbt mit der Schlagzeile: „Supporting Biotechnology in Agriculture“. In dem Manifest (Quelle) wird aggressiv Werbung für die Agro-Gentechnik gemacht. Unter anderem wird Agro-Gentechnik als umweltfreundlich, sicher und präzise verherrlicht. Die aktuelle Regulierung von GVO wird gelobt, darüber hinaus eine goldene Zukunft in Form von GVO mit verbesserten Nährwerten, gesünderen Ölen, höheren Vitamingehalten, längerer Haltbarkeit entworfen.
Auch das Argument, dass mit Gentechnik der Welthunger bekämpft werden könne, wird in dem Manifest als Legitimation für eine angeblich nötige Forcierung dieser Technologie im weltweiten Maßstab gebraucht. Höchst bedenklich und ebenfalls dienstrechtlich zu würdigen ist die Forderung des Manifests, die in der EU gültigen Reglementierungen der Agro-Gentechnik aufzugeben und durch weitaus schwächere Regeln für Gentech-Pflanzen zu ersetzen, wie sie z.B. in Kanada gelten. Zu diesem Zweck, so der Text des Manifests, soll bei der Zulassung nicht mehr beachtet werden, ob diese mit gentechnischen oder konventionellen Methoden erzeugt wurden.
Prof. Buhk erklärt mit der Unterschrift unter das Manifest der Gentechnik-Apologeten seine Ablehnung der in der EU gültigen Sicherheitsmaßnahmen und gesetzlichen Grundlagen für den Einsatz der Agro-Gentechnik. Die hier zum Ausdruck kommende Haltung ist für einen zur Gesetzestreue verpflichteten Beamten nicht hinnehmbar.
Prof. Buhk ist zudem ein prominenter Unterstützer der von der Gentechnikindustrie gesponserten Initiative „Public Research & Regulation Initiative (PRRI)“. Diese versucht auf internationaler Ebene, unter dem Deckmantel der Objektivität der öffentlichen Forschung, eine Schwächung der gültigen Biosafety-Regime zu erreichen. Unter anderem setzt sie sich für den Ausschluss der Öffentlichkeit aus Entscheidungen über GVO ein. Die Initiative wird u.a. gesponsert von

  • ISAAA
  • Syngenta Stiftung
  • CropLife International
  • US Grain Council
  • der US-Regierung
  • Donald Danforth Plant Science Centre (DDPSC), das wiederum direkt von Monsanto finanziert wird
  • verschiedenen weiteren Biotechnologie-Vereinigungen und -Verbänden
Zentrale Figur der Public Research & Regulation Initiative (PRRI) ist der Schweizer Klaus Ammann, der seit vielen Jahren als uneingeschränkter Förderer und Befürworter der Agro-Gentechnik auftritt. Als weitere prominente Pro-Gentechnikaktivisten firmieren im „Steering Committee“ der PRRI unter anderem: Dr. Roger N. Beachy, Donald Danforth Plant Science Center, United States Willy de Greef, International Food Policy Research Institute, ehemals Syngenta Unter anderem vertritt die PRRI eine sehr positive Haltung gegenüber den Genetic Use Restriction Technologies (GURTs), für die international de-facto ein Anbaumoratorium besteht.
Auch in diesem Fall müssen wir fragen, wie es sein kann, dass ein der Objektivität verpflichteter Spitzenbeamter des BVL eine Gruppierung unterstützt, deren Ziel die Akzeptanzförderung der Agro-Gentechnik ist. Uns erscheint es als unabweisbar, dass Prof. Buhk befangen ist. Die Glaubwürdigkeit des BVL in Genehmigungsverfahren zur Freisetzung genmanipulierter Pflanzen ist unter seiner Leitung nicht herzustellen.
++ Absender der Dienstaufsichtsbeschwerde: Umweltinstitut München


Halten wir also fest: Wahrscheinlich schon immer, mindestens aber seit Anfang 2005 wussten die zuständigen Dienstvorgesetzten und PolitikerInnen Bescheid. Seit der Behördenumbildung ist das BVL Teil des Landwirtschafts- und Verbraucherministeriums. Entstanden ist es im Zuge der "vom ersten BSE-Fall im Deutschland im November 2000 ausgelösten Krise" (BVL-Geschichte). Schon Januar 2001 entstand durch einen neuen Ressortzuschnitt das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Ernährung mit der grünen Renate Künast als Ministerin. Auch Bundesländer organisierten den Verbraucherschutz neu. 2002 folgte dann die Einrichtung von BVL als und BfR als neue Kontrollbehörden (Chronik). Das wäre eine optimale Gelegenheit gewesen, in den skandalumwitterten Abteilungen der Lebensmittelüberwachung auch personell aufzuräumen. Doch genau das geschah nicht. Im Gegenteil: Alle drei bis heute amtierenden MinisterInnen wussten von den Verflechtungen, Werbeauftritten und dem durch die Manifestunterschrift dokumentierten Willen der Behördenchefs, nicht oder nicht in der erforderlichen Genauigkeit zu kontrollieren. Sie akzeptierten das und ließen ihre Behörde gewähren - so wie sie auch andere zu ihrem Ministerium gehörende Fachanstalten weiter Genversuchsfelder anlegen und Propagandaprojekte unterstützen ließen. Während sie nach außen teilweise gentechnikkritisch auftraten, sorgten sie in ihrem Ministerium dafür, dass der Durchmarsch der Gentechnik glatt weiterlief: Ilse Aigner, Horst Seehofer und Renate Künast. Da hilft es auch nichts, wenn die jetzige grüne Bundestagsabgeordnete Ulrike Höfken, als die Grünen sich in der Opposition befanden, "eine mangelnde Distanz zwischen staatlichen Stellen und der Gentechnik-Industrie kritisiert. Die Politikerin warf Verbraucherministerium und anderen Behörden vor, nicht unabhängig zu arbeiten und die Absichten des Gesetzgebers nicht zu respektieren." Von 1998 bis 2005 war sie stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (2001 umbenannt in Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft). Seit 2002 war Höfken verbraucherpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen und für drei Jahre Fraktionssprecherin für Agrarpolitik. Wo waren da ihre kritischen Worte? "Seit fünfzehn Jahren entwickle ich als rheinland-pfälzische Abgeordnete und als Sprecherin für Ernährung und Agro-Gentechnik im Bundestag eine grüne Politik zur Stärkung vernünftiger Ernährungspolitik, einer zukunftsfähigen Landwirtschaft und ländlichen Räume", erklärt sie auf ihrer eigenen Internetseite. Doch zu Regierungszeiten wurden - wie so oft - alle Chancen vertan, dort Veränderungen herbeizuführen, wo die praktischen Entscheidungen zu den Feldern draußen in der Landschaft fallen.

Im Original: Kritische Worte, als es zu spät war
Höfken kritisiert mangelnde Distanz zwischen Staat und Gentechnik-Industrie
Die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Ulrike Höfken (Grüne) hat eine mangelnde Distanz zwischen staatlichen Stellen und der Gentechnik-Industrie kritisiert. Die Politikerin warf Verbraucherministerium und anderen Behörden vor, nicht unabhängig zu arbeiten und die Absichten des Gesetzgebers nicht zu respektieren. "Die notwendige Distanz ist nicht da", so Höfken.
(Quelle: Informationsdienst Gentechnik)
Doch das waren nicht die einzigen. Selbst die, welche von BVL & Co. eigentlich kontrolliert werden sollen, loben diese und andere Genehmgiungsbehörden aus vollem Munde. Entlarvender kann Lob kaum sein: GentechniklobbyistInnen empfahlen der zuständigen Ministerin "eine Beratung zum Beispiel mit den hierzu seit Jahren forschenden Wissenschaftlern in Bundes- und Landeseinrichtungen".

Während Buhk & Co. von ihren Vorsetzten und politisch Verantwortlichen freie Hand gelassen wird, gibt es auf Seiten der GentechnikbefürworterInnen richtige Fans der Durchwinkbehörde. BVL & Co. sollen ja eigentlich die Gentechnikindustrie und -forschung kontrollieren. Doch dies erfolgt so, dass die Kontrollierten ihren Kontrolleur nicht fürchten müssen. Im Gegenteil: Lobbyverbände und Firmen sind voll des Lobes über die Aufsichtsbehörden des Bundes. Das bestätigt, was BVL, ZKBS, JKI usw. selbst nicht gern zugeben: Die Behörden arbeiten im Sinne der Seilschaften für Gentechnik. Eine dieser Seilschaften, der WGG unter Leitung des damals ebenfalls in einer Bundesbehörde und heute in der EFSA arbeitenden Klaus-Dieter Jany, empfahl Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, als diese laut über das Verbot der Gentechnik nachdachte: „Eine Beratung zum Beispiel mit den hierzu seit Jahren forschenden Wissenschaftlern in Bundes- und Landeseinrichtungen oder auch deutschen Landwirten, die zugelassene Produkte seit Jahren nutzen, könnte aber gegebenenfalls aufschlussreich sein.24 Unterstützung für Buhk & Co. kam zudem vom ultra-neoliberalen Blatt "Novo" auf der inzwischen wieder verschwundenen Pro-Gentechnik-Seite www.gruene-biotechnologie.de aus der Forschungsanstalt Geisenheim.
Wer also als VerbraucherIn Schutz sucht oder auf unabhängige Begutachtungen hofft, ist bei den Bundesbehörden an der falschen Adresse. Alternativen auf Staatsseite aber gibt es nicht, der Staat steht mit allen relevanten Behörden auf der Seite einer machtvollen Minderheit.

Im Original: Fangemeinde der Pro-Gentechnik-Behörde BVL
Aus einer Presseinformation des Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik e.V. (WGG)
Offener Brief an Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Bundesministerin Aigner,
Ihre persönliche Wahrnehmung, gentechnisch veränderte Pflanzen brächten keinen Nutzen, ist zu respektieren. Eine Beratung zum Beispiel mit den hierzu seit Jahren forschenden Wissenschaftlern in Bundes- und Landeseinrichtungen oder auch deutschen Landwirten, die zugelassene Produkte seit Jahren nutzen, könnte aber gegebenenfalls aufschlussreich sein.
Nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik bergen sicherheitsbewertete und zugelassene transgene Pflanzen keine anderen Gefahren, als herkömmlich gezüchtete Pflanzen. Die Ihnen unterstellten Behörden bestätigen dies. ... Da die Ergebnisse jahrelanger, intensiver Sicherheitsforschung ignoriert werden, ist in der Öffentlichkeit die Auffassung weit verbreitet, mögliche Folgen gentechnisch veränderter Pflanzen für die Umwelt seien weitgehend unerforscht. ... Bitte treten Sie in einen Dialog mit den Experten der relevanten Forschungsgebiete und nutzen Sie deren wissenschaftliches Know-how sowohl für politische Entscheidungen als auch für eine aktive und sachliche Aufklärung der Bevölkerung!

Auch die KWS findet Genehmigungsbehörden toll

Aus der Broschüre "Grüne Gentechnik" der KWS Saat AG
Basis für jede Genehmigung ist eine wissenschaftliche Sicherheitsbewertung, die durch das sogenannte GMO-Panel der EFSA vorgenommen wird. Das GMO-Panel vereint hochqualifizierte Experten auf dem Gebiet der Risikobewertung, die aus verschiedenen europäischen Staaten stammen und über vertiefte Kenntnisse in den verschiedenen Fachbereichen verfügen. Die Ernennung erfolgt auf der Grundlage nachgewiesener hervorragender wissenschaftlicher Leistung anhand einer Ausschreibung und eines strengen Auswahlverfahrens. Das Gremium setzt regelmäßig Arbeitsgruppen ein, denen externe Wissenschaftler mit einschlägigem Fachwissen aus für eine Sicherheitsbewertung relevanten Fachdisziplinen angehören. Alle für die EFSA tätigen Sachverständigen verpflichten sich durch die Unterzeichnung einer Interessenserklärung dazu, die Unabhängigkeit der EFSA zu gewährleisten. Das Gremium besteht aus 21 Mitgliedern. Die abschließende Entscheidung über eine Genehmigung neuer Produkte fällen jedoch die EU-Kommission und die 27 Mitgliedsstaaten.

Fachliche und politische Positionen im BVL
Viel ist aus dem BVL gar nicht zu hören oder lesen über die Agro-Gentechnik. Buhk und Bartsch traten aber als Einzelpersonen in Erscheinung, sei es als Lehrende, Autoren von Zeitschriftenartikeln oder in besagtem Werbevideo "Streitbares Korn". Schon früh regte Buhk an, "ob in der EU nicht zumindest für alle entsprechend den Standards des Cartagena-Protokolls geprüften GVO Schwellenwerte etabliert werden sollten, bei deren Unterschreitung die Zulassungspflicht entfällt." Legendär auch Buhks Emails zum MON810, die dem Konzern Monsanto viel nützten (siehe unten): "In meiner Zuständigkeit als Leiter der Abteilung Gentechnik kann ich die ergangene Weisung aus fachlichen Gründen nicht als richtig erachten." Auskreuzung sei legal, denn aus Sicht des BVL, so Buhk, sei "ein Eintrag von gentechnischen Veränderungen in konventionelle Sorten eine mit der Freisetzung in Kauf genommene und genehmigte Folge einer Freisetzungsgenehmigung." Offizielle Auftritte hatte das BVL immer dann, wenn es am Verwaltungsgericht Braunschweig (dort hat das BVL seinen Hauptsitz) zu Klagen gegen konkrete Genfelder kam. Wenn dort Gefahren durch Gentechnik erörtert wurden, trat das BVL stets als Verharmloser auf. Dokumentiert sind die Positionen in den Urteilen des Gerichts, dass sich bislang immer auf die Seite des formal angegriffenen BVL (als handelde Behörde) schlug. Danach gebe es für andere landwirtschaftliche Betriebe keine "spezifischen Gefahren und Risiken der Gentechnik, vor denen allein das Gentechnikgesetz schütze". Die Abwehr jeglichen Eingeständnisses von Gefahr führt dabei mitunter zu interessanten Behauptungen, z.B. dem schon schlicht aus mathematischer Sicht völligem Unsinn: "Ein höherer Pollenaustrag führt nicht gleichsam automatisch zu einer Erhöhung der Auskreuzungswahrscheinlichkeit."

Im Original: BVL-Positionen vor Gericht
BVL zu Auskreuzung: Koexistenz ist gar kein Ziel des GenTG
Bericht über die Position des BVL im Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 23.04.2009 (Az. 2 A 224/07)
Weder sei ein sachbezogener Eingriff in das Eigentum der Klägerin gegeben noch folge die von der Klägerin angenommene Einwirkung auf ihr Eigentum aus den spezifischen Gefahren und Risiken der Gentechnik, vor denen allein das Gentechnikgesetz schütze.

Beeindruckende BVL-Logik: Mehr Pollenflug nicht gleich mehr Auskreuzung!
Aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 23.04.2009 (Az. 2 A 224/07)
Soweit sich nach dem Bescheid der Polleneintrag in die umgebende Landschaft wesentlich höher als bisher angenommen darstelle, hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung des Gerichts überzeugend ausgeführt, dass sich aus dieser Erkenntnis für die Beurteilung der Auskreuzungswahrscheinlichkeit keine Änderungen ergeben. Denn ein höherer Pollenaustrag führt nicht gleichsam automatisch zu einer Erhöhung der Auskreuzungswahrscheinlichkeit.

Im Original: Buhk in Gentechnik-Werbeschriften
Buhk plädiert für Grenzwerte, um Zulassung von Gentechnik zu vereinfachen
Aus H.J. Buhk, "Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen" in: mensch+umwelt spezial 2004/2005 (S. 75)
Eine Interpretation, dass GVO-Spuren im Saatgut das bilaterale Verfahren zwischen Import- und Exportland in Gang setzen, ist durchaus vorstellbar. Insoweit ähnelt diese Problematik der Situation in der EU bezüglich Spuren von in der EU nicht genehmigten GVO im Saatgut. Deshalb wäre es auch für diesen Teil des Cartagena-Protokolls angezeigt, Schwellenwerte in Erwägung zu ziehen.
Eine gegenseitige Anerkennung der nach dem Cartagena-Protokoll in den Vertragsstaaten zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen ist nicht vorgesehen. Es wäre zu überlegen, ob in der EU nicht zumindest für alle entsprechend den Standards des Cartagena-Protokolls geprüften GVO Schwellenwerte etabliert werden sollten, bei deren Unterschreitung die Zulassungspflicht entfällt.
Die derzeit vorgesehenen Regelungen zu GVO-Schwellenwerten erscheinen aus Gründen der Praktikabilität nicht ausreichend. Es ist zu unterscheiden zwischen Schwellenwerten, bei deren Unterschreitung nur eine Kennzeichnungspflicht ausgelöst wird, und Schwellenwerten, bei deren Überschreitung eine Genehmigung erforderlich wird beziehungsweise das Verkehrsverbot einsetzt.
Schwellenwerte, deren Überschreitung künftig die Kennzeichnungspflicht nach Richtlinie 2001/18/EG beziehungsweise der EU-Verordnung auslösen werden, bedingen dann aber nicht nur die Kennzeichnung als solche, sondern werden darüber hinaus das in der künftigen EU-Verordnung vorgesehene Verfahren zur Rückverfolgbarkeit auslösen – ein Prozess, der mit erheblichem zeitlichen, administrativen und finanziellen Aufwand verbunden sein kann.

Ausbreitung wird mit Hilfe von Freisetzungsgenehmigung zulässig!
Aus H.J. Buhk, "Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen" in: mensch+umwelt spezial 2004/2005 (S. 74)*
Aus der Sicht des Robert Koch Instituts – bis Ende März 2004 die zuständige Behörde – ist ein Eintrag von gentechnischen Veränderungen in konventionelle Sorten eine mit der Freisetzung in Kauf genommene und genehmigte Folge einer Freisetzungsgenehmigung.
*Buhk war bereits damals Gentechnikchef des RKI (heute: BVL). Es handelt sich also auch um seine Meinung.

Eine einzige Broschüre hat das BVL selbst zum Thema herausgegeben mit dem schlichten Titel "Die Grüne Gentechnik". Auch dort wird eher Zurückhaltung geübt, aber die Begeisterung für die Agro-Gentechnik schimmert dennoch durch: "Ihre Einsatzmöglichkeiten in der Human- und Veterinärmedizin, in der Pharmazie, im Agrar- und Ernährungssektor, im Umweltbereich sowie in weiten Teilen der Chemie, Papier- oder Textilindustrie sind enorm und eröffnen Wege für neuartige ökonomisch wie ökologisch interessante Problemlösungen. Sie ist eine der wegweisenden Zukunftstechnologien und damit ein wichtiger Motor für Wachstum, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit." (S. 4) Solch platte Propaganda steht in einer offiziellen Broschüre einer Behörde, die zum Ministerium und damit Verantwortungsbereich der Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner gehört. Ebenso wird für Schwellenwerte als Suggestion von Wahlfreiheit geworben: "Die freie Wahl der Verbraucher, sich für oder gegen den Kauf gentechnisch veränderter Lebensmittel zu entscheiden, wird im Wesentlichen durch eine umfassende Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Produkte sichergestellt. ... Um eine praktikable und verhältnismäßige Handhabung der Kennzeichnungsvorschriften zu ermöglichen und Hersteller zu schützen, die sich intensiv bemüht haben, eine Beimischung von GVO zu vermeiden, wurde für zugelassene GVO ein Schwellenwert von 0,9% definiert, unterhalb dessen auf die Kennzeichnung als „gentechnisch verändert“ verzichtet werden kann." (S. 21 f.)

Im Original: Platte Gentechnikwerbung aus dem BVL
BVL: Werbung für die grüne Gentechnik
Aus der BVL-Broschüre "Die Grüne Gentechnik" (2008, Autor: Jochen Heimberg)
Die Biotechnologie ist eines der Innovationsfelder des 21. Jahrhunderts, das die Bundesregierung im Rahmen der Hightech-Strategie gezielt unterstützt. Ihre Einsatzmöglichkeiten in der Human- und Veterinärmedizin, in der Pharmazie, im Agrar- und Ernährungssektor, im Umweltbereich sowie in weiten Teilen der Chemie, Papier- oder Textilindustrie sind enorm und eröffnen Wege für neuartige ökonomisch wie ökologisch interessante Problemlösungen. Sie ist eine der wegweisenden Zukunftstechnologien und damit ein wichtiger Motor für Wachstum, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit. ... (S. 4)
Die allgemeinen Ziele der Grünen Gentechnik unterscheiden sich kaum von denjenigen herkömmlicher Pflanzenzüchtung. Meist geht es um eine Verbesserung des Ertragspotentials, der Produktqualität oder einer verbesserten Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegen Schädlinge, Krankheiten, Herbizide, Hitze, Trockenheit oder Kälte. ...
(S. 6)
Auch die kommerziell betriebene Pflanzenzüchtung – einschließlich jener mit Unterstützung biotechnischer Methoden – verfolgt in einer Marktwirtschaft zunächst und überwiegend das Ziel der Steigerung von Unternehmensgewinnen. Die Verfolgung gewünschter Ziele muss den Unternehmen entweder durch staatliche Anreize oder Regelungen schmackhaft gemacht werden, oder sie muss durch die öffentliche Hand selbst erfolgen.
Es kann festgehalten werden, dass die Grüne Gentechnik das Problem von Hunger und Armut in der Welt sicher nicht allein lösen kann. Ebenso wie andere Instrumente der Landwirtschaft kann sie aber einen Beitrag zur Steigerung der weltweiten Erträge leisten. Die Frage der Verteilung dieser Erträge aber bleibt.
In der Europäischen Gemeinschaft dürfen gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel nur nach einer umfassenden Prüfung, die häufig mehrere Jahre dauert, zugelassen werden.
(S. 8)
Dadurch ist mit großer Sicherheit gewährleistet, dass keine gentechnisch veränderte Pflanze und daraus hergestellten Produkte in die Umwelt oder die Lebensmittelkette gelangen, die eine Gefahr für die Gesundheit der Verbraucher oder die Umwelt darstellen. ...
(S. 10)
Die Menschen verzehren täglich mehr als eine Billiarde (1.000.000.000.000.000) Gene, die seit Jahrtausenden problemlos verdaut werden. Es gibt keinen triftigen Grund zu der Annahme, dass ein in der Natur vorkommendes Gen, das nicht durch klassische Züchtung, sondern mittels eines anderen Verfahrens in eine Pflanze übertragen wurde, nicht ebenso problemlos verdaut werden sollte. Darüber hinaus sind Antibiotika- Resistenzen bei Bakterien ohnehin weit verbreitet. ...
(S. 10 f.)
Der horizontalen Gentransfer ist extrem selten und führt bei den bisher zugelassenen gentechnisch veränderten Nutzpflanzen zu keinen schädlichen Effekten, da die verwendeten Gene fast ausnahmslos aus in der Natur vorkommenden Organismen stammen. Der horizontale Gentransfer könnte also nicht erst durch die gentechnisch veränderte Nutzpflanze erfolgen, sondern bereits durch die ursprünglichen Träger der Gene. ...
(S. 12)
Für die einzige bis heute in Europa zum Anbau zugelassene gentechnisch veränderte Nutzpflanzenart, den Mais, ist ein Gentransfer mangels verwandter Wildpflanzen ausgeschlossen. Die Maispflanze stammt aus den Tropen und Subtropen und ist in Europa selbst nicht überlebensfähig. ...
(S. 13)
Dazu wurde den Pflanzen eine Erbinformation aus einem Bodenbakterium (Bacillus thuringiensis, Bt) eingebaut. Der dadurch von der gentechnisch veränderten Pflanze erzeugte Wirkstoff, der auch in zugelassenen biologischen Pflanzenschutzmitteln enthalten ist, hat dieselbe Wirkung wie das großflächig ausgebrachte Pflanzenschutzmittel. ... Gefunden wurden nachteilige Wirkungen in der Umwelt bislang allerdings nicht. ... Befürchtungen, dass ein großflächiger Anbau von Bt-Pflanzen die Resistenzbildung gegen die verwendeten Bt Wirkstoffe beschleunigen könnte, haben sich trotz mehrjährigem Anbau von Bt Mais nicht bewahrheitet. ...
(S. 14)
Neue Pflanzensorten erlangen nur dann Bedeutung, wenn der erzielbare Nutzen größer als eventuelle Mehraufwendungen bei Anbau und Vermarktung ist. Die weltweite Zunahme des Anbaus dieser Pflanzen ist deshalb ein Hinweis darauf, dass diese zumindest für bestimmte Regionen ökonomische Vorteile bieten. Und kein Landwirt wird dieses Saatgut erneut kaufen, wenn er negative Erfahrungen damit gemacht hat. ...
(S. 15 f.)
Oft gehen die Veränderungen durch Verdrängungs- und Konzentrationsprozesse zu Lasten sozial schwacher Gesellschaftsschichten, da die traditionelle Agrarstruktur diese Änderungen nicht auffängt. Diese Effekte werden durch die Einführung intensiverer Anbaumethoden und den zunehmenden Anbau von Hochleistungssorten verstärkt. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei diesen Sorten um gentechnisch veränderte oder um Hybridsorten handelt. ...
(S. 16)
Fortschritte in der Pflanzenzüchtung sind nur dann zu erwarten, wenn sich die Aufwendungen lohnen und ein gewisser Schutz der Neuerungen (Erfindungen) vor Nachahmung besteht. ...
(S. 17)
Da das nationale Patentrecht in europäische und internationale Abkommen eingebunden ist und Patentrechtsfragen auch andere auf internationaler Ebene behandelte Fragen wie z.B. Fragen des Zugangs zu genetischen Ressourcen oder des internationalen Handels und der Entwicklung berühren, werden diese nicht nur auf nationaler Ebene, sondern zunehmend auch in internationalen Gremien diskutiert. So verpflichtet das Abkommen über handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentums im Rahmen der WTO die Vertragsstaaten zur Einführung von Patentschutz auf allen Gebieten der Technik, einschließlich der Biotechnologie. ...
(S. 18)
Es ist eine gesellschaftspolitische Aufgabe, unterschiedliche Wertvorstellungen und Überzeugungen in Einklang zu bringen oder zumindest ein verträgliches Miteinander zu ermöglichen. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass es kaum eine Technologie gibt, deren Einführung nicht mit Auseinandersetzungen über das Für und Wider verbunden war. Es genügt daher nicht, nur auf das technisch Mögliche zu sehen, sondern es ist notwendig, die Wünsche und Hoffnungen sowie Sorgen und Ängste der Menschen ernst zu nehmen. Das bedeutet aber auch, dass alles getan werden muss, um nicht zu polarisieren oder gegensätzliche Positionen zu zementieren. Die besten Mittel dazu sind Transparenz, Aufklärung und offene Argumentation. ...
(S. 18)
Die Auskreuzung einer gentechnisch veränderten Pflanze muss nicht automatisch ein Schaden sein, da eine Umwelt- und Gesundheitsgefährdung durch diese Pflanzen bereits mit der Zulassung ausgeschlossen wurde. Bei zugelassenen und damit als sicher bewerteten gentechnisch veränderten Pflanzen können nur wirtschaftliche Schäden durch die Auskreuzung entstehen. ...
(S. 20)
Die freie Wahl der Verbraucher, sich für oder gegen den Kauf gentechnisch veränderter Lebensmittel zu entscheiden, wird im Wesentlichen durch eine umfassende Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Produkte sichergestellt. ...
(S. 21)
Um eine praktikable und verhältnismäßige Handhabung der Kennzeichnungsvorschriften zu ermöglichen und Hersteller zu schützen, die sich intensiv bemüht haben, eine Beimischung von GVO zu vermeiden, wurde für zugelassene GVO ein Schwellenwert von 0,9% definiert, unterhalb dessen auf die Kennzeichnung als „gentechnisch verändert“ verzichtet werden kann. Dies gilt allerdings nur, wenn das Vorhandensein des GVO tatsächlich zufällig oder technisch unvermeidbar ist. Jede bewusste Verwendung von GVO ist auch unterhalb des 0,9 %-Schwellenwertes zu kennzeichnen.
Die Verwendung technischer Hilfsstoffe (z.B. Enzyme) bei der Herstellung von Lebensmitteln muss in der Regel nicht gekennzeichnet werden. Dies gilt auch, wenn diese Stoffe mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestellt wurden. Ein Beispiel hierfür ist etwa Chymosin, der Hauptwirkstoff des bei der Käseherstellung benötigten Labferments. Dieses Enzym muss nicht als Zutat deklariert werden, gleichgültig, ob es auf herkömmliche Weise aus Kälbermagen oder wie heute üblich mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen gewonnen wurde.
Ebenfalls nicht als „gentechnisch verändert“ gekennzeichnet werden müssen Zusatzstoffe, die mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestellt werden. ...
(S. 22)
  • Im Anhang finden sich als weitere Quellen ausschließlich gentechnikbefürwortende Internetseiten

Genehmigungspraxis im BVL: Legal, illegal, scheißegal ...
"Das BVL ist als zuständige deutsche Behörde an der Durchführung der Genehmigungsverfahren beteiligt. Entscheidungen zur Marktzulassung gelten dann für alle Mitgliedsstaaten der EU. Das BVL beteiligt das Bundesamt für Naturschutz (BfN), das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das Robert Koch-Institut (RKI), das Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI), die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit und im Falle von Tieren auch das Friedrich-Löffler Institut (FLI) Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) an den Verfahren. Die Überwachung von Produkten, die in Verkehr gebracht worden sind, liegt in der Zuständigkeit der Bundesländer." So beschreibt das BVL selbst seine formale Zuständigkeit. Ein Blick auf die praktischen Abläufe zeigt einen sehr willkürlichen Gebrauch dieser Zuständigkeit. Alle vorgelegten Anträge werden durchgewunken. Prüfungen finden kaum statt, vielmehr wurden Bedenken anderer vom Tisch gewischt - mitunter auch auch offensichtlich rechtwidrig. So erklärte das OVG Berlin (Beschl. vom 9.7.1998, ES Nr. 4 zu § 14 GenTG) im Beschluss zur Klage eines Bio-Landwirts die Anwendung eines bestimmten Verfahrens für rechtswidrig. Dem Landwirt nützte das nicht, denn das Gericht verneinte die drittschützende Wirkung und wies die Klage im Endeffekt ab. Das BVL wäre aber an das Urteil gebunden gewesen. Doch trotz der genannten Gerichtsentscheidung bewilligte das BVL bis zum Jahr 2006 Freisetzungen im vereinfachten Verfahren ohne die angemahnte Rechtsgrundlage (Quelle: Palme/Schlee (2009): "Gentechnikrecht", S. 105).

Sehr offen zeigt sich die Mischung aus Weggucken, Gleichgültigkeit und Desinteressen an Fragen des Risikos in der Genehmigungspraxis von Feldern mit gentechnisch verändertem Raps Ende der 90er Jahre an etlichen Standorten in Deutschland. Die Anträge wurden durchgewunken, kritische Hinweise anderer Behörden missachtet und trotz der bekannt starken Auskreuzungstendenz von Raps im Genehmigungsbescheid (Az. 6789-01-101 vom 2.6.1999 , Unterzeichner: Dr. Buhk) behauptet, es sei "die räumliche und zeitliche Begrenzung der Freisetzung hinreichend gewährleistet." Immerhin war dem BVL bekannt, dass "dass Rapspflanzen in der Nähe der Freisetzungsflächen durch Pollen der gentechnisch veränderten Rapspflanzen bestäubt werden." Ganz typisch für das BVL war der Umgang mit einer solchen Erkenntnis. Statt mit der Gefahr umzugehen, werden krampfhaft Ausreden gesucht mit dem Ergebnis, dass einfach alles so laufen könne wie vom Gentechnikanwender gewünscht: "Da die eingebrachten Gene den Pflanzen ohne Anwendung von Glufonisat keinen Selektionsvorteil verleihen, sind Risiken für die Umwelt oder die Landwirtschaft daraus nicht abzuleiten" (S. 9). Die vom BVL genehmigten Versuche wurden zu einem bizarren Desaster. Acht Jahre kämpften die Versuchsbetreiber auf den Parzellen mit Durchwuchs von Raps. Niemand untersuchte, ob es sich um gentechnisch veränderten Raps handelte. Proben aus der Umgebung wurden nie genommen (Quelle: Jährliche Zwischenberichte über die Nachbeobachtungsaktivitäten durch die Firma AgrEvo, Akten bei der Überwachungsbehörde).

Im Original: Genehmigungsakte zur Rapsfreisetzung
Versuchsanmeldung und Unterlagen für Adelshausen (Az. 6789-01-101 vom 2.6.1999 , Unterzeichner: Dr. Buhk)
Das Robert-Koch-Institut und die zuständigen Einvernehmensbehörden haben festgestellt, dass bei dem beantragten Vorhaben keine schädlichen Einwirkungen auf die Schutzgüter des § 1 Nr. 1 GenTG zu erwarten sind. (S. 12)
Zum Sofortvollzug:
Unter Zugrundelegung der Auffassung, dass von dem Vorhaben keine Gefahren ausgehen ..., würde die Ablehnung der beantragten Anordnung des Sofortvollzugs für die Antragsstellerin eine unbillige Härte darstellen. (S. 14)
Aus unserer Sicht steht ... Freisetzungen ... nichts entgegen. (aus der Zusatzgenehmigung für den Standort Adelshausen, S. 2)

Aber: Wenn das eintritt, was eben noch als unwahrscheinlich galt, macht die Giftspritze alles wieder gut
Durch mechanische Maßnahmen bzw. durch andere Herbizidwirkstoffe als Glufosinat können die Pflanzen zerstört werden. Deshalb ist auch im Falle des Auflaufens gentechnisch veränderter Rapssämlinge nach Ende der Freisetzung und eventuell möglicher Pollenübertragung auf nicht gentechnisch veränderte Pflanzen eine nachhaltige, dauerhafte Verbreitung des gentechnisch veränderten Raps nicht zu erwarten und die räumliche und zeitliche Begrenzung der Freisetzung hinreichend gewährleistet. (S. 9)

Und zudem dumm: Nützt nichts gegen Auskreuzung - aber das ist egal!
Es ist möglich, dass Rapspflanzen in der Nähe der Freisetzungsflächen durch Pollen der gentechnisch veränderten Rapspflanzen bestäubt werden. Die Folge einer Befruchtung ... wäre das vorübergehende Vorkommen einzelner veränderter Rapspflanzen in der Umgebung der Freisetzungsfläche. Da die eingebrachten Gene den Pflanzen ohne Anwendung von Glufonisat keinen Selektionsvorteil verleihen, sind Risiken für die Umwelt oder die Landwirtschaft daraus nicht abzuleiten. (S. 9)
Trotz dieser Erkenntnis des BVL über Auskreuzungen wurden Untersuchungen, ob es zu Bestäubungen oder Durchwuchs in der Umgebung gekommen ist, später nicht gemacht! Acht Jahre lang sind auf dem Versuchsfeld in Adelshausen unerwartet Rapspflanzen gefunden worden - aber niemand hat untersucht, ob es gentechnisch veränderter Raps war. Das war Vertuschungsstrategie pur! Ob in der Umgebung auch Raps weiterwuchs, wurde lieber gar nicht erst geguckt. Das zeigen die jährlichen Zwischenberichte über die Nachbeobachtungsaktivitäten durch die Firma AgrEvo.

Aber selbst das glaubt das BVL sich selbst nicht, deshalb kleinlaut:
Der Ausschluss jeglicher schädlicher Auswirkungen kann jedoch nicht verlangt werden. ... (S. 5)

Weitere Steigerung nach Kritik des RP Gießen: Es ist eh alles unsicher, daher Sicherungsmaßnahmen egal!
Wenn (…) die zeitliche und räumliche Begrenzung der Freisetzung sichergestellt ist, müssen nicht zwingend Isolationsabstände oder Mantelsaaten vorgesehen werden. Auch Isolationsabstände und/oder Mantelsaaten würden einen Pollentransfer nicht ausschließen. (Brief des RKI - später umbenannt in BVL-, Unterzeichner: Dr. U. Ehlers an das RP Gießen vom 10.08.2000,S. 2)

Trotzdem per harter Hand das Feld durchgeboxt - Sofortvollzug!
Bei der Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen ist zu berücksichtigen, dass etwaige Rechtsbehelfe mit erheblicher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben werden. (S. 14)
  • Aus den Unterlagen zur Rapsfreisetzung entstanden im Strafprozess um die Feldbefreiung der transgenen Gersten Anträge zum BVL und den Stellungnahmen weiterer Behörden. Sie wurden als "bedeutungslos" vom Gericht abgelehnt.

Welcher Geist im BVL weht, zeigten auch die jahrelangen Auseinandersetzungen um das Verbot des Bt-Mais aus dem Hause Monsanto. Diese MON810 genannte Pflanze konnte 1997 erstmals angebaut werden. Nach einer Pause beantragte Monsanto am 12.7.2004 die erneute Zulassung für „Lebens- und Futtermittel, die MON810 enthalten, daraus bestehen, oder daraus hergestellt sind“. InnoPlanta organisierte unter dem Deckmantel des "Erprobungsanbaus" die Verbreitung des gv-Saat. Zweifel und Pannen bei der Zulassung wurden von den Behörden weggewischt, Ende 2005 erfolgte die Sortenzulassung durch den zuständigen Verbraucherschutzminister. Der hieß Horst Seehofer und kam aus der CSU. Ihm wie vielen anderen war bekannt, dass bereits 1999 die EU beschlossenen hatte, dass gv-Pflanzen nur noch für eine Übergangszeit ohne begleitendes Monitoring angebaut werden durften. Damals war der 17. Oktober 2006 als Deadline für alle Sorten, die das nicht hatten, festgelegt worden: "Der EU-Ministerrat beschloss im Juni 1999, dass der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in der EU durch Beobachtungsprogramme zu begleiten ist. In der Folge wurden Monitoringprogramme fuer neue Genehmigungen im Oktober 2003 obligatorisch. Gleichzeitig sahen die Änderungen vor, dass bestehende Genehmigungen ohne Monitoring bis zum 17. Oktober 2006 begrenzt werden." (Quelle) Diese Frist wurde verschoben, am 18. April 2007 aber wäre endgültig Schluss gewesen, denn Monsanto hatte keinen neuen Antrag mit Monitoringplan vorgelegt. Die Folge: Bt-Mais hätte 2007 definitiv nicht mehr ausgesät werden dürfen. Doch Seehofer trickste. Er, der später in Bayern vehement mit dem Lippenbekenntnis Gentechnikfreiheit auf Wählerstimmenfang ging, verzögerte die Bekanntgabe der fehlenden Zulassung absichtlich so lange, bis alle Saat in der Erde war. Erst am 27. April dann wies er das BVL an, den Mais zu verbieten: "Mit dem nun vom BVL an Monsanto ergangenen Bescheid wird das Unternehmen verpflichtet, ein der aktuellen EU-Rechtslage entsprechendes Monitoring durchzuführen" (Bescheid als PDF). Das war zu spät - und zwar mit Absicht. So wurde MON810 vielerorts in der Landschaft ausgebracht worden - ohne gültige Zulassung! Niemand wurde für diese schmutzigen Tricks jemals belangt - aber gegen Menschen, die sich gegen die Felder wehrten, ging die Justiz wie üblich im Sinne der Konzerne mit aller Härte vor. So verurteilte das Amtsgericht Freienwalde etliche FeldbefreierInnen für einen Angriff auf eines der auf diese Art durchgeboxten MON810-Felder im Oderbruch.
Am 9.5.2007, nachdem der zunächst nur geheim an Monsanto geschickte Verbotsbescheid bekannt geworden und eine Imkergruppe (Mellifera) vor dem Verwaltungsgericht Augsburg durchsetzen konnte, dass MON810-Mais nicht weiter den Honig verunreinigen darf, gab das BVL dann plötzlich bekannt, dass es nun mit der Erforschung der Koexistenzfähigkeit beginnen würde. Die Reihenfolgte schockierte: Erst mit üblen Tricks den gv-Mais überall in der Landschaft verbreiten und dann überprüfen, ob der überhaupt dazu geeignet ist (Quelle): "Mit den bis 2009 ausgelegten Versuchen soll erprobt werden, wie das Nebeneinander des Anbaus von gentechnisch verändertem und konventionellem Mais (Koexistenz) realisiert werden kann, ohne dass ein wirtschaftlicher Schaden entsteht. Konkret geht es um Mindestabstände für den Praxisanbau, den Einfluss von Zwischenkulturen aber auch des Klimas oder der Drillrichtung auf die Auskreuzung. Des Weiteren sollen Auskreuzungsraten bei unterschiedlicher Nutzung als Körner- oder Silomais ermittelt werden."

Im Original: Chronik des MON-810 Dramas
1996: Erste gv-Pflanzen in EU zugelassen. 1997 dann der MON810.
12.7.2004: Monsanto beantragt erneute Zulassung der „Lebens- und Futtermittel, die MON810 enthalten, daraus bestehen, oder daraus hergestellt sind“
2004: Erprobungsanbau in DeutschlandIm Auftrag der Bundesregierung organisiert der Lobbyverband InnoPlanta den Vorabanbau gentechnisch von verändertem Mais
Rechtsgutachten am 30.5.2005 (GGSC): „Monsanto hat am 12.07.2004 nur gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel nach Art. 8 bzw. 20 VO 1829/2003/EG, nicht aber MON 810 als GVO (Saatgut) gemeldet. Das (weitere) Inverkehrbringen von MON 810-Saatgut ist deshalb gentechnikrechtlich nicht zulässig.“
Die Zulassungsbehörde manipuliert eigenhändig die Anmeldung und gibt MON810 auch als Saatgut frei.
Ende 2005: Sortenzulassung durch Minister Seehofer – der kommerzielle Anbau kann beginnen
Ab 2006: Immer mehr Maisfelder. Im ersten Jahr 950 ha, 2007: 2685 ha 2008: 3171 ha. Das sind weniger als 0,2 Prozent der Gesamtfläche. Auf EU-Ebene weniger als 0,1 Prozent aller Ackerflächen.
18. April 2007: Die Zulassung des MON810 läuft aus.
Tage danach: Aussaat der Maisfelder in Deutschland (also illegal!)
27. April 2007: Horst Seehofer verbietet MON810 – nach der Aussaat! Buhk kämpft per Mail für den Mais: „In meiner Zuständigkeit als Leiter der Abteilung Gentechnik kann ich die ergangene Weisung aus fachlichen Gründen nicht als richtig erachten.“ Monsanto klagt. Als Beweismittel wird die Mail von Buhk verwendet, die Monsanto übermittelt wurde.
Ende 2007: MON810 wird wieder zugelassen, Aussaat erfolgt 2008.
2009: Deutschland verbietet den MON810. Die Eilklage von Monsanto scheitert. Der Mais bleibt vom Acker
(Quelle: BVL und Heike Moldenhauser/BUND)

Mauern, Vertuschen und Verharmlosen sind Alltagspraxis des BVL. Das gilt nicht nur für die Agro-Gentechnik, sondern auch in anderen Bereichen der Lebensmittelüberwachung, z.B. bei der Anwendung von Pestiziden.

Im Original: Gefahrenabwiegler BVL
Gießener Anzeiger, 14.3.2007
Forscher zweifeln an Gen-Mais-Sicherheit
Bundesamt: Keine gesundheitlichen Bedenken
BERLIN (dpa). Französische Wissenschaftler zweifeln an der Sicherheit eines bereits zugelassenen Gentechnikprodukts. In einem Versuch hätten Ratten, die mit der Gen-Mais-Sorte Mon863 gefüttert wurden, Vergiftungssymptome und Schädigungen von Leber und Nieren aufgewiesen, sagte Gilles-Eric Séralini auf einer Veranstaltung der Umweltorganisation Greenpeace in Berlin. Greenpeace wertet die Forschungsarbeit als Beleg für ein potenzielles Gesundheitsrisiko durch gentechnisch veränderten Mais.
Der Gen-Mais-Hersteller Monsanto und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sehen hingegen keine gesundheitlichen Bedenken für Menschen oder Ratten. Das BVL erklärte, eine Wirkung des genveränderten Mais auf die Ratten könne aus der Fütterungsstudie nicht abgeleitet werden. Das Unternehmen teilte mit: "Mon863 ist gründlich von Hunderten von unabhängigen Wissenschaftlern im Auftrag von Genehmigungsbehörden überall auf der Welt (unter anderem vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz in Berlin) geprüft worden."
Die Sorte Mon863 müsse sofort vom Markt genommen werden, forderte Greenpeace-Experte Christoph Then. Zumindest in Europa könne aber für die Verbraucher Entwarnung gegeben werden. Es werde hier sehr akribisch darauf geachtet, dass kein gentechnisch veränderter Mais in Lebensmittel gelange.


Aus "BVL deckt Giftmischer" in: Junge Welt, 22.8.2008 (S. 5)
Deutsches Obst, Gemüse und Getreide sind häufig mit illegalen und besonders gesundheitsschädlichen Pestiziden belastet. ... Die meisten illegalen Gifte befanden sich in frischen Kräutern und Himbeeren (18 Prozent der Proben), gefolgt von Feldsalat, Birnen, Rucola und Johannisbeeren (sechs bis acht Prozent der Proben). Die Daten basieren auf Untersuchungen der dafür zuständigen Landesämter. Das BVL hat dieses Material zwar bereits im Frühjahr 2008 veröffentlicht, jedoch ohne jeglichen Hinweis auf verbotene Pflanzengifte. ...
Die Organisation beklagt auch, daß das BVL ihre Versuche, die Behördendaten genauer unter die Lupe zu nehmen, gezielt behindert habe. So wurde Greenpeace die Herausgabe von Daten zu 30 Prozent der untersuchten Lebensmittel verweigert. Auch in den bei der Probenanalyse federführenden Länderbehörden sei man "nicht besonders mitteilsam", so Krautter. Viele Agrarminister dächten offenbar in erster Linie an den Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Produzenten.



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