Projektwerkstatt

DIRECT-ACTION: KREATIV GEGEN NAZIS

Antifaschismus und kreative Widerstandsstrategien


1. Antifaschismus und kreative Widerstandsstrategien
2. Berichte von Aktionen
3. Vorlagen für Sprühschablonen u.ä. gegen Burschenschaften
4. Buchvorstellungen zum Themenbereich

Wir brauchen mutige Visionen und Vorschläge: Dagegen sein plus Status Quo reicht nicht!
15000 Menschen in Gießen auf der Straße, Millionen insgesamt in Deutschland: Rein zahlenmäßig ist der Protest gegen das Erstarken von AfD und anderen rechten Strömungen beeindruckend. Schwach aber ist der Inhalt – und das ist nicht nur einer der Gründe für die große Beteiligung, sondern lässt leider sogar Schlimmes befürchten. Nämlich zum einen, dass die Wirkung ausbleibt, weil deutlich erkennbar ist, dass hier ziemlich hilflos auf Begriffe und Slogans zurückgegriffen wird, die nichts Konkretes aussagen. Welche Demokratie ist gemeint oder welcher Teil von ihr soll verteidigt werden? Der Staat, die Regierung?
Zum anderen ist erschreckend, dass die AfD bereits ein Ziel erreicht hat: Die Menschen, die eigentlich antirassistischer und antisexistischer Gesinnung sind oder das zumindest von sich glauben, verteidigen plötzlich den rassistischen und sexistischen Normalzustand in Deutschland. Nur weil etwas noch Schlimmeres droht, wird das Schlimme zum Bewahrenswerten, welches von denen verteidigt wird, die eben noch berechtigte Kritik übten. Plötzlich geht es Hand in Hand mit der „im großen Stil abschieben“-SPD und anderen, die ähnlich ticken. Das kann nicht gutgehen, sondern wird die weitere Verschlimmerung höchstens hinauszögern, gleichzeitig aber verschleiern. Wirkmächtig kann demgegenüber nur der Mut zu wirklichen Veränderungen und Forderungen sein, die den Prinzipien ewiger Ausbeutung, Profitmaximierung, von Herrschaftsausbau und Kontrolle viele positive Gegenentwürfe und Alternativen entgegensetzen – und diese mit druckvollen Aktionen auch durchsetzt.
Ohne klare Positionen keine politische Wirkung! ++ demokratie.siehe.website ++ afd.siehe.website


Antifa ist immer noch eines der Politikfelder, das in linken Strukturen anhaltende Zugkraft entwickelt. Wie in anderen Bewegungszusammenhängen dominieren auch hier eingefahrene Aktionsmuster – zumeist Demos oder Kundgebungen – die für viele dauerhaft wenig motivierend und erfolgsversprechend wirken. Dieser Text will daher ein paar Anregungen für eine kreative Antifa-Praxis vermitteln, die aber sicher auch auf andere Felder politischer Auseinandersetzung bezogen werden können.

Emanzipatorisches Politikverständnis, Gewalt und Reflektion
Problematisch ist, wenn Nazis ausschließlich auf den Ebenen begegnet wird, die zu ihrem ureigensten „Repertoire“ (z.B. Schlägereien) gehören. Im schlechtesten Fall werden damit ihre eigenen Logiken wie Mackertum und männerbündisches Verhalten gestärkt – auch bei denen, die sich gegen Nazis und rechte Ideologien wenden. Ein Nazi, der von Antifas verprügelt wird, kann sich in einer Kameradschaft als Opfer stilisieren. Es könnte daher deutlich demoralisierender für einen Nazi-Obermacker sein, mit Parfüm besprüht, pink angemalt und mit Antifa-Symbolen bestückt zu werden – also Mackertum selbst anzugreifen als dieses zu bestätigen.
Aus diesen kritischen Anmerkungen gegenüber dem „Vermöbeln“ von Nazis leitet sich daraus kein dogmatische Nein gegenüber Gewalt ab. Gewaltfreiheit per se als das richtige zu feiern ist ähnlich absurd wie der Militanz-Kult in manchen autonomen Kreisen. Wichtig ist die ständige Reflektion, welches Mittel in welcher Situation sinnvoll ist. Den eigenen Kopf einsetzen und überlegen, ob eine Aktion emanzipatorischen Ansprüchen gerecht wird, d.h. wird Herrschaft verringert oder gestärkt. Als unmittelbarer Selbstschutz bei Nazi-Übergriffen ist auch Gewalt legitim, da es darum geht, eine Unterdrückungssituation zu beenden. Anders sieht es aus, wenn eine größere Gruppe Antifas aus einer klaren Überlegenheit heraus einen einzelnen Nazi krankenhausreif prügelt – dann kommt die Gewalt selbst „von oben“ und baut eine eigene Machtposition auf, anstatt diese abzuschaffen.
Emanzipatorische Politik unterscheidet sich immer deutlich von dem, was Nazis oder rechte Gruppen wollen. In den Aktionsformen sollte daher deutlich werden, wofür die Nazis stehen – und was die Utopie einer Welt wäre, in der Menschen ohne Angst verschieden sein können. Gerade bei öffentlichen Anlässen müssen die Unterschiede zu den Nazis erkennbar sein – ein bunter Aufzug verschiedenster Aktionsgruppen mit Tanz, Musik, Samba- und Theatergruppen wirkt deutlich offener als eine normale, von uniformierten Blöcken geprägte Demo. (unabhängig davon, dass uniforme Kleidung auch als Selbstschutz dienen kann, um von der Polizei nicht identifiziert werden zu können).

Subversiv und unberechenbar werden
Viele Antifa-Aktionen folgen einer linearen, „militärischen“ Logik, d.h. es geht darum, die Nazis durch die eigene Überzahl zu „schlagen“. Das ist schade, da dadurch viel Energie gebunden wird und politische Aktionen so immer in gewohnten Bahnen wandelt, berechenbar wird – statt zu überlegen, ob rechte Zusammenhänge nicht auch gegen sich selbst gewendet werden können. Gerade gegenüber schwerfälligen, hierarchischen Strukturen mit ausgeprägtem Führerprinzip können subversive Aktionsansätze deutlich destabilisierende und irritierende Wirkung entfalten. Zum Beispiel könnte mittels gefälschten Aufrufen („Fakes“) Streits zwischen einzelnen Nazi-Gruppen simuliert werden, zwischen denen es ja ohnehin viele Grabenkämpfe gibt. So könnte die NPD einen Text verbreiten, in dem sie vorschlägt, den anstehenden Aufmarsch mit einer klaren Position gegen der „Volksgesundheit“ schadende Drogen zu verbinden und dabei den Schwerpunkt auf Alkohol zu legen. Eine Burschenschaft fordert daraufhin den Ausschluss der NPD und distanziert sich von dem Aufmarsch usw. Kommunikationsguerilla und Fakes könnten eine deutliche Bereicherung der Antifa-Arbeit darstellen und diese gerade auch für Menschen interessant machen, die den vorherrschenden Aktionsstilen in Antifa-Zusammenhängen kritisch gegenüber stehen.

Handlungsfähigkeit aufbauen
Es wirkt wie ein ewiger Kreislauf: ab und zu gelingt es aus Demos heraus, den Nazis ihre Show zu vermasseln, dann folgen weitere, wo ein riesiges Polizeiaufgebot alles völlig im Griff hat. Die Reaktion darauf sind häufig dezentrale Aktionen, deren Vorbereitung dann dazu führt, dass wieder Demos gemacht werden. Statt dieser Endlosspirale wäre zu wünschen, dass auf Autonomie und Selbstorganisation setzende Aktionskonzepte ernsthaft umgesetzt werden. Dezentrale Aktionen setzen Handlungsfähigkeit der einzelnen Teilgruppen sowie eine hohe Transparenz voraus: so könnten vor einem Aufmarsch ein Stadtplan mit Routen und wichtigen Zielen veröffentlicht werden. Auf Direct Action Trainings könnten Ideen gesammelt und ausprobiert werden – wie werden Polizeikette durchbrochen, wie lassen sich Nazi-Autos lahm legen, wie vermitteln sich die Gegenaktivitäten nach außen. Eine Aktionsplattform mit Materialien, Workshops usw. kurz vor und während des Aufmarsches könnte Möglichkeiten bieten, Aktionen vorzubereiten und sich mit anderen Gruppen zu koordinieren.

Aus dem Direct-Action-Kalender 2006

Wie alle die Afd zur einzigen Oppositionspartei küren: Die fatale Ausgrenzungsstrategie gegen Rechts
Wer wählt die AfD und warum? Laut Analysen vor allem Menschen mit niedrigen Einkommen, prekären Lebensverhältnissen oder Angst um ihre Zukunft. Das sind genau die Menschen, denen es laut Wahlprogramm der AfD nach deren Regierungsübernahme deutlich schlechter gehen soll. Warum aber wählen die dann die rechtsextreme und neoliberale Partei? Weil die AfD von ihren Gegner*innen zur einzigen echten Opposition zur ohnehin schon fatalen Politik der etablierten Parteien stilisiert wird. Denn die Kritik an der AfD ist meist pauschal oder äußert sich gar nicht inhaltlich, sondern nur über Ausgrenzung. Das aber schärft das Image, eine systemkritische Kraft zu sein. Es wäre besser, die AfD inhaltlich zu zerlegen und deutlich zu machen, dass sie nicht anderes ist als die Steigerung von sozialer Ungerechtigkeit, Sexismus, Rassismus und Umweltzerstörung.

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Kommentare

Ib Maurice Jorn am 17.02.2021 - 00:49 Uhr
Super Ansatz. Also man muss ihn natürlich ausbauen und differenzieren..
Aber ich glaube auch, dass dies der effectivste Weg ist gegen Nazis vorzugehen.
Zum Einen mit kreativen Ideen, wie im Text beschrieben, zum Anderen, um der Bevölkerung das größte Manko Rechter Bewegungen und Ideologien vor Augen zu halten:
Diese unerträgliche Fantasielosigkeit..


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