Projektwerkstatt

AKTIONEN ZUR BUNDESTAGSWAHL 2002

Polizei-Fake kurz vor der Bundestagswahl: Um leichte Kleidung wird gebeten ...


1. Schreiben sollen Angst schüren - Polizei ermittelt
2. Polizei-Fake kurz vor der Bundestagswahl: Um leichte Kleidung wird gebeten ...

Wie einschlägigen Tageszeitungen zu entnehmen ist, tauchten einige Tage vor der Wahl in zahlreichen Gießener und Marburger Briefkästen gefälschte Flugblätter der Polizei auf. Die amtlich aufmachte Mitteilung kündigt erhöhte Sicherheitsmaßnahmen wegen drohender Antiwahlaktionen an, darunter Eingangskontrollen, kameraüberwachte Wahlkabinen und bewaffnete Einsatzkräfte. Damit wurde zum einen der Sicherheitsdiskurs zugespitzt und direkter Bezug auf tatsächliche Antiwahlaktionen genommen. Die beiden wichtigsten Gießener Tageszeitungen berichteten darüber. Der Text des Fakes und die Artikel sowie weitere Reaktionen dazu werden hier dokumentiert.



Text des Fake
Linksextremisten planen Angriffe auf Wahllokale
Die anstehenden Wahlen rufen auch die Gegner der Demokratie auf den Plan. Seit Monaten rufen Gruppierungen des anarchistischen Spektrums bundesweit zu "Antiwahlaktionen" auf. Im Internet werden über einschlägige Seiten Vorschläge von Gruppierungen der linksextremistischen Szene hinsichtlich "phantasievollen Aktionen" gegen die Bundestagswahl veröffentlicht. Für den Wahltag selbst werden neben einer Reihe von "Empfehlungen" im Sinne der so genannten Spaßguerilla - wie etwa gefälschte Wahlzettel oder Freibierpartys - darüber hinaus auch Besetzungsaktionen von Wahllokalen angedacht und sogar militante Operationen wie das Anzünden von Wahlurnen als mögliche Protestform dargestellt.

Chaoten aus der linksextremistischen Szene erzeugten bei etlichen Wahlveranstaltungen in Deutschland größeren Aufruhr durch "kreative Aktionen". Besuche von Spitzenkandidaten verschiedener Parteien - Guido Westerwelle, Joschka Fischer oder Edmund Stoiber - wurden von Störungen durch Demokratiegegner begleitet. Neben wiederholten Störungen wurde dabei eine so genannte "Antiwahlzeitung" verteilt, die offen zum Widerstand gegen "Herrschaft, Wahlen und Demokratie" aufruft und damit klar als verfassungsfeindlich einzustufen ist. Auch wurden in zahlreichen Orten Wahlplakate und deren politische Botschaften gezielt überklebt sowie mit Tiergesichtern und überproportionalen Mündern entstellt.

Um den reibungslosen Ablauf des Wahlsonntages zu gewährleisten, folgt die Polizei den Empfehlungen des Landesamts für Verfassungsschutz. Durchgehend wird die Polizei vor sämtlichen Wahllokalen mit Einheiten präsent sein und Eingangskontrollen durchführen, um verdächtige Personen und Störer aufzuspüren. Um mögliche Durchsuchungen zu erleichtern, werden alle Wahlberechtigten um leichte Kleidung gebeten. Wahlkabinen werden zu ihrem Schutz mit versteckten Sicherheitskameras überwacht. In besonders gefährdeten Wahlbezirken ist auch der Einsatz bewaffneter Einheiten nicht ausgeschlossen.

Wir bitten Sie um Ihr Entgegenkommen und Verständnis. Hier genannte Vorkehrungen dienen allein der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Ihrer persönlichen Sicherheit als Wähler. Die von so genannten "Herrschaftskritikern" ausgehenden Gefahren dürfen nicht unterschätzt werden. Falls Sie sich selbst überzeugen möchten, verweisen wir auf www.wahlquark.siehe.website. Über die Webseite verbreiten Demokratiegegner ihre extremistische Propaganda und mobilisieren zu bundesweiten Aktionen.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die zuständige Dienststelle der Polizei vor Ort.

Gefälschtes Polizei-Flugblatt im Umlauf
Gießen (P/lhe). Mit einem gefälschten Flugblatt der Polizei haben Unbekannte vor angeblich strengen Sicherheitsüberprüfungen am morgigen Wahlsonntag gewarnt. Die grünen Zettel mit einem Polizeistern und der Überschrift "Ihre Polizei informiert ? Bundestagswahl 2002 ? Linksextremisten planen Angriffe auf Wahllokale" wurden in der Innenstadt verteilt. Wer das Schreiben verfasst hat, war zunächst unklar; auf den Flugblättern ist neben der Telefonnummer der Gießener Polizei auch eine Internet-Adresse angegeben.
Mit der Überschrift "Ihre Polizei informiert" und einem Polizeistern daneben wird unbefangenen Betrachtern suggeriert, es handele sich um eine offizielle Bekanntmachung. Um mögliche Störungen von linksextremen "Demokratiegegnern" zu unterbinden, werde die Polizei vor sämtlichen Wahllokalen Einheiten postieren und Eingangskontrollen durchführen, schreiben die Autoren in ihrem 44 Zeilen langen Text. Daher werde die Bevölkerung um "leichte Kleidung" gebeten. In "besonders gefährdeten" Wahlbezirken könnten auch bewaffnete Einheiten zum Einsatz kommen. "Wahlkabinen werden zu Ihrem Schutz mit versteckten Sicherheitskameras überwacht", heißt es in dem Flugblatt.
Das Dezernat Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen. Wer Hinweise auf die Verfasser oder Verteiler geben kann, wird gebeten, sich mit der Kripo Gießen unter Tel. 7006-2555 in Verbindung zu setzen.
Gießener Allgemeine, Sa. 21.09.02

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