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DIE LINKE.ANBIEDERUNG: PROMINENZ. SPDISIERUNG

Anpassungspolitik


1. Promis, Führungskult und Anbiederung
2. Schritt für Schritt: Ran an die SPD ...
3. Inhalte wie die SPD
4. Ex-SPDler und ihre dazupassenden Strategien, Ellbogenmentalitäten und Positionen
5. Oder andere Parteien?
6. Anpassungspolitik
7. Links


Parlamentssitze erheischen ist "Kampf": Titel aus Junge Welt, 29.4.2008 (S. 4)


Aus Henrick Lebuhn/Ingo Stützle, "Vorsicht Linksdings" , in: analyse & kritik vom 16.9.2005 (S. 33)
Doch die Erfahrungen mit der PDS in den Landesregierungen und mit den Grünen seit 1998 auf Bundesebene geben allen Grund zur Skepsis. Und dabei hatten letztere in ihrer Gründungsphase zumindest noch den Wind einer starken sozialen Bewegung im rücken. Die neue Linkspartei dagegen ist ein Projekt der Funktionäre. ...
Bisher waren es vor allem Einzelpersonen, die sich trotz ihrer Parteipolitik den sozialen Bewegungen verbundens führlten. Wann immer sie damit parlamentarisch unbequem wurden, gab's Schelte von oben: So etwas im Mai 2002, als der Fraktionschef der PDS, Roland Claus, sich bei George Bush für den Protest von Ulla Jelpke, Winfried Wolf und Heidi Lippmann entschuldigte, die im Bundestag ein Transparent gegen den Krieg in Afghanistan entrollt hatten. Ein Schlag ins Gesicht der Antikriegsbewegung. Aus die WASG bleibt bislang ein projekt "von oben". Von einer systematischen Einbeziehung sozialer Bewegungen ist auch hier nicht viel zu sehen. ...
Der Konflikt zwischen eher traditionalistischen Parteikozepten und einer zumindest programmatisch verkündeten Nähe zu sozialen bdewegungen ist noch nicht entschieden. Aber mit den populistischen Zugpferden Lafontaine und Gysi bedarf es kaum noch einer sozialen Verankerung in sozialen Bewegungen. Ein Vorteil für die Traditionalisten. Zudem werden mit der zunehmenden Integration von PDS und WASG in die parlamentarische Verantwortung die Chancen eher abnehmen, dass sich mit der neuen Linkspartei auch ein starkes undradikales Bündnis linker Kräfte herausbildet, das mehr als nur parlamentarische Beatmungen bewirkt. ...
(zu utopischen Alternativen:) Mit der Gründung der Linkspartei könnte jedoch genau diesem Projekt der Wind (wieder) aus den Segeln genommen werden. Bietet sich doch nun wieder eine parlamentarische und innerinstitutionelle Alterantive zur Bewegungsorientierung an. Gewerkschaftliche Forderungen und Strategiebestimmungen würden mit einer engen Ausrichtung an der Linkspartei wieder parlamentarisch vorformiert; ... Zurzeit sieht es tatsächlich so aus, als wenn die Linkspartei bei großen Teilen der Gewerkschaftsbasis auf distanzlose Zustimmung stößt. Mit ihrem Spitzenkandidaten Oskar Lafontaine läuft die Linkspartei heir offene Türen ein, und vieler Orts stößt sie dabei auf eine gefährliche linksnationalistische Stimmung. Eigentlich nichts Neues für deutsche Verhältnisse. Bereits seit den 1980ern wird die Gewerkschaftskrise vor allem zu Gunsten der weißen, männlichen Kernbelegschaft verarbeitet. Auch wenn mit den ersten Versuchen einer gewerkschaftlichen Organisierung von Wanderarbeitern im Rahmen der IG BAU eine zaghafte Öffnung zu verzeichnen ist. ...
Überraschender ist da schon, dass auch große Teile der radikalen Linken sich aufgeschlossen bis distanzlos gegenüber dem parlamentarischen Linksprojekt zeigen. Dies wiederum scheint uns vor allem ein Indikator dafür zu sein, wie weit der öffentliche Diskurs mittlerweile nach rechtsgerutscht ist und wie isoliert staats- und kapitalismuskritische Positionen trotz Münteferings Manager-Hetze hier zu Lande derzeit sind. Angesichts bundesdeutscher Bewegungsarmut versprechen sich viele von der Orientierung an dem neuen parlamentarischen Akteur zumindest minimale politische Erfolge - wie trügerisch diese auch immer sein mögen. ...
Johannes Agnoli, der die Mechanismen der parlamentarischen Anpassung an realpolitische Erfordernisse bereits Ende der 1960er Jahre brillant beschrieben hat, meinte, dass eine emanzipative Politik im Parlament nur dann Aussicht auf Erfolg hätte, wenn die betreffende Partei eine konsequente Strategie der Fundamentalopposition verfolgt und dabei von einer starken sozialen Bewegung gegen den parlamentarischen Anpassungsdruck gestützt und gewissermaßen auf einer radikalen Linie gehalten wird. In einer solchen Situation bestimmt "der Kampf selbst, und nicht das konstituierte Regelsystem" die Politik. ... Keine dieser Bedingungen ist heute erfüllt. ...


Kommentar in der Jungen Welt zur im April gewählten Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau (Linkspartei), 8.4.2006 (S. 8)
Daß rote Haare nicht unbedingt Ausdruck politischer Gesinnung sein müssen, hat Petra Pau hinlänglich bewiesen. Die ehemalige Pionierleiterin aus der DDR ist jedenfalls schon seit Jahren im Westen "angekommen": Das Wort "Stalinismus" geht ihr verdammt flott über die Lippen, und die stark sozialdemokratisch durchwirkte Linkspartei.PDS ist ihr immer noch zu links. Mit der Wahl zur Bundestagsvizepräsidentin dürfte sie ihren politischen Zenit erreicht haben – sie steht an der Spitze, sie gehört dazu, sie darf staatstragend auftreten.
Pau gilt schon seit Jahren als Partei-Rechte – womit sie selbst allerdings kein Problem zu haben scheint. Die Beteiligung ihrer Partei an neoliberalen Landesregierungen findet sie z. B. durchaus in Ordnung. Und bei der ominösen Abstimmung im Europaparlament hätte auch sie für die kubafeindliche Resolution gestimmt, verriet sie am Freitag dem Berliner Inforadio.



Aus Georg Füllberth, "Blase oder Substanz", in: Junge Welt, 28.2.2008 (S. 10 f.)
Was so ein richtiger Westlinker ist, der hat sich vor und nach 1990 das Gesäß in allen möglichen quasi-parlamentarischen Gremien platt gesessen: als Schulsprecher, im AStA, im Betriebs- und im Stadtrat. Landtag und Bundestag, zu denen es heute ja mit Hilfe der Linken ebenfalls reicht, dürften da keine besonderen technischen Schwierigkeiten mehr machen. Die Bremer Verhältnisse werden denn auch nicht auf parlamentarischer Unerfahrenheit beruht haben, sondern auf den üblichen milieubedingten Pathologien. ...
Bei diesen Gelegenheiten wird man sich auch wieder um die alten Themen balgen: Regierungsbeteiligung? Opposition? Tolerierung? Das ist aber alles nur noch Beschäftigungstherapie. Die Entscheidung ist längst gefallen. Nämlich: Die Linke wird sich in dem Maße an sozialdemokratisch geführten Regierungen beteiligen, in dem die SPD dies als für sich nützlich erachtet oder eben nicht. ...
Daß treue Alt-SPD-Mitglieder sich über sie empören, läßt sich verstehen. Sie spüren: auch als sozialdemokratische Partei ist Die Linke eher Talmi. Zwar wird da kein kommunistischer Untergrund verdeckt. Aber auch die solide alte Wohnküche von Arbeiterwohlfahrt und Ottmar Schreiner fehlt. Was in beiden Parteien letztlich durchsetzungsfähig bleiben wird, sind die "Netzwerker" in der SPD und das "Forum Demokratischer Sozialismus" in der Linken, irgendwie getragen von Mitgliedern und Wählern (darunter prachtvolle Menschen), um deren Zufriedenheit geworben werden muß.


Im Original: Regierungsbeteiligung und -zustimmung
Aus Edeltraut Felfe, Erwin Kischel, Peter Kroh, "Anpassung an 'Sachzwänge'?" in: Junge Welt, 18.11.2005 (S. 10 f.)
Unseres Wissens gibt es kein Politikfeld in M-V, auf dem Rahmenbedingungen für eine sozialere und demokratischere Politik durch die Regierungsbeteiligung der PDS beeinflußt werden konnten. Versuche, im Bundesrat in dieser Richtung zu wirken, mußten – wie beim Einsatz für Rentengerechtigkeit und gegen Gesundheitsreform und "Hartz IV" – erfolglos bleiben. Im Jahre 2000 hat die Regierung von M-V mit Einverständnis der PDS der sogenannten großen Steuerreform zugestimmt und damit über viele Jahre einen Rahmen gesetzt, unter dem sie und M-V auch gegenwärtig leiden. ...
In M-V ist ohne jeden Zweifel ein Politikwechsel weg von neoliberaler Gestaltung und Gesellschaftsentwicklung oder gar ein Einstieg in sozialistische Transformationsprojekte und Reformalternativen nicht erreicht worden. Es konnten auch keine Ansätze, Öffnungen oder gesellschaftliche Projekte in dieser Richtung auf den Weg gebracht werden.
Das ist kein Vorwurf, sondern dieser Tatbestand wird vor allem von o.g. konkret-historischen Bedingungen des Mitregierens, von den Machtverhältnissen und dem politischen Kräfteverhältnis in der BRD und in M-V bestimmt und ist in Fakten erkennbar.
Für die übergroße Mehrheit der Bevölkerung konnte die alltägliche Lebenslage nicht verbessert werden. Die Arbeitslosigkeit ist über den gesamten Zeitraum konstant am höchsten oder zweithöchsten von allen Bundesländern. ...
Generell erweist sich die Art und Weise der Haushaltskonsolidierung in M-V wesentlich als in "Zahlen gegossene Politik" zur Durchsetzung des neoliberalen Kurses der Bundesregierung. ...
Innerhalb der PDS gab es kaum Auseinandersetzungen mit fremdenfeindlichen Vorurteilen oder Stimmungen. Entscheidender Nährboden aber sind gewachsene soziale Unsicherheit, Werteverlust, Ohnmachtsempfinden und Perspektivlosigkeit für Jugendliche.
Können Linke in der Regierung über zwei Legislaturen keine spürbaren Veränderungen herbeiführen, nicht Demokratisierung und Hoffnung auf Alternativen erlebbar machen, besteht die Gefahr, daß sie nach dem Motto "Die können es ja auch nicht besser" ungewollt zu weiterem Zulauf für demagogische und autoritäre Konzepte und Kräfte beitragen. ...
Die innerparteiliche Demokratie, aufrichtige, sachorientierte Diskussionen zu Ergebnissen und Verfahren der Parteipolitik und vor allem ein produktiver Umgang mit Kritik und Widerspruch, mit entsprechenden Anträgen, mit Parteibeschlüssen und Parteitagen werden eingeschränkt und behindert. ...
Als 2004/2005 Tausende von Hartz IV Betroffene in Ostdeutschland und auch in Rostock, Schwerin, Greifswald und vielen anderen Städten in M-V erstmals und spontan wochenlang Protest, Wille zum Widerstand und Suche nach Lösungen auf die Straße trugen, wäre es u. E. spätestens an der Zeit gewesen, die Administration von "Hartz IV", den darin ausgedrückten Umbau der Bundesrepublik gegen Buchstaben und Geist des Grundgesetzes, zu verweigern. Statt dessen wurde ein "schlankes" Umsetzungsgesetz für M-V von den beiden Regierungsfraktionen eingebracht und beschlossen und durch einen Minister der PDS administriert. Es bringt für die Betroffenen keine landesspezifischen Erleichterungen.

SPD nicht mehr kritisieren, sondern Koalition mit ihr vorbereiten!
Aus Albrecht von Lucke, "Wahl paradox" in: Blätter für deutsche und internationale Politik 10/2005 (S. 1162)
Bereits heute verfügen SPD, Grüne und Linkspartei über eine klare parlamentarische Mehrheit. Das verpflichtet - gegenüber den Wählern. ...
Denn eines steht fest: Inhaltlich sind weite Teile der drei Parteien und auch ihre Wähler keineswegs so weit auseinander wie ihr (teilweise biographisch geschädigtes) Führungspersonal. Allen drei Parteien gemeinsam ist das Festhalten am Primat der Politik gegenüber der Ökonomie und die Berufung auf die Gallionsfigur der bundesrepublikanischen demokratischen Linken, auf Willy Brandt. ...
Für die Aussichten linker Politik wird es deshalb entscheidend darauf ankommen, dass die potentiellen Koalitionsparteien an gemeinsamen Alternativen arbeiten und sich nicht weiter gegenseitig denunzieren - wie im Wahlkampf allzu oft geschehen.
Anmerkung: Dass der Kanzler u.a. der Berufsverbote die Gallionsfigur der "demokratischen Linken" ist, ist entweder absurd oder der Begriff der "demokratischen Linken" meint etwas verächtliches, nämlich den Teil sozialer Bewegung, die an Herrschaftsformen wie die Demokratie glauben und den vom Emanzipationsgehalt unbestimmten Begriff der "Linken" für sich benutzen. Das ist die übergroße Mehrheit, aber nur in der Demokratie (also auch bei dieser Mehrheit) herrschaft der Glaube, dass Mehrheit auch gut ist.

Jein zum UNO-angetriebenen Krieg
Aus Elsässer, Jürgen, "Berlinguer statt Gysi" in: Junge Welt, 4.2.2006 (S. 4)
Es heißt, man könne nur mit Parteien koalieren, "die sich in entscheidenden Fragen erkennbar von völkerrechtswidrigen Militarismus-Zielen und von der ultraliberalen, marktradikalen Agenda 2010 loslösen wollen". Dies bedeutet im besten Fall die Absage an illegale Angriffskriege wie 1999 gegen Jugoslawien oder 2003 gegen den Irak. Was aber ist mit UN-mandatierten Missionen zum durchaus gewalttätigen Peace-Enforcement, wie sie mit deutscher Beteiligung im Sudan und Kongo zu erwarten sind? Und einem potentiellen Koalitionspartner abzuverlangen, er möge sich lediglich von bestimmten "Zielen" loslösen "wollen", ist etwas ganz anderes, als ihn zur Rücknahme bestimmter Gesetze und zur Beendigung konkreter Militärmissionen zu verpflichten.

Aus einer Linkspartei-Presseinfo am 2.3.2006
Wir haben den politischen Willen, den konzeptionellen Vorlauf und die politischen Erfahrungen, auch Regierungsverantwortung zu übernehmen. Das haben Berlin und Mecklenburg-Vorpommern gezeigt. Das wollen wir fortsetzen und in Sachsen-Anhalt erreichen.

Aus einem Interview mit Werner Dreibus, stellv. Fraktionschef der Linken im Bundestag, in: Junge Welt, 2.10.2007 (S. 15)
Also die Ausgangssituation in Berlin – als die neoliberalen Parteien, um überhaupt noch regierungsfähig zu sein, die damalige PDS als letzten Rettungsanker an der Regierung beteiligen mußten – dies war ja geradezu dramatisch. Man mußte entscheiden, ob man sich überhaupt in einer derart desolaten Situation als Nothelfer einer solchen Politik beteiligt. Da gab es gute Gründe dafür und dagegen. Man hat sich dafür entschieden, es zu machen. Es war aber völlig klar, daß das nicht ohne Blessuren abgehen wird.
Trotz allem glaube ich, daß wir nicht nur die aus dieser Haushaltslage entstandenen zusätzlichen Zumutungen sehen dürfen, die den Beschäftigten auferlegt worden sind, sondern auch, daß eine ganze Reihe von Aktivitäten ergriffen wurden und weiter ergriffen werden – soweit ich das von weitem beurteilen kann –, wo man sagen kann, da werden die geringen Spielräume genutzt, um noch Beschäftigteninteressen zu vertreten. Es gibt aktuell mehrere Gesetzesinitiativen zum Thema Mindestlohn. Die aus Berlin ist am konkretesten – im Unterschied etwa zu der aus Rheinland-Pfalz. Ich will damit nur andeuten: Es ist nicht alles negativ, was da in Berlin probiert wird.


Kritische Stimme aus der PDS zu Regierungsbeteiligungen
Aus Bernd Koenitz und Ekkehard Lieberam, "Fünf programmatische Eckpunkte", in: Junge Welt, 17.3.2006 (S. 10 f.)
Regierungsbeteiligung demobilisiert den Widerstand ...
Die Realität der derzeit stabilen hegemonialen Herrschaftskonstellation verbietet es grundsätzlich, sich an Landesregierungen oder an einer Bundesregierung zu beteiligen. Die konkreten praktisch-politischen Erfahrungen mit den Regierungsbeteiligungen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern bestätigen dies und machen deutlich, daß die Linkspartei in diesen Ländern bereits knietief in neoliberale Politik involviert ist. Regierungsbeteiligung ist derzeit keine bloße Sackgasse; sie demobilisiert den Widerstand, deformiert die Partei und konterkariert die einzig taugliche Strategie im Kampf gegen den Neoliberalismus: die Schaffung von Gegenmacht. ...
Regierungsbeteiligung heute führt unweigerlich zur Einordnung in die neoliberale Klassenkampfführung von oben mit entsprechenden verheerenden Folgen: Glaubwürdigkeitskrise bei den von der neoliberalen Politik Betroffenen, Veränderung des politischen Charakters der Linkspartei in Richtung Anpassung. Die Entwicklung eigenständiger Interessen der Parteibürokratie verstärkt sich bis hin zu einer Interessenallianz mit den Führungen der neoliberalen Parteien. Die Parole des Widerstandes gegen den Neoliberalismus verkommt zur bloßen Rhetorik im Kampf um Wählerstimmen.

Aus einem Interview mit Christian Stähle, Kreisvorsitzender Die.Linke Stuttgart und Organisator der Gedenkveranstaltungen zum Sozialistenkongreß von 1907, in: Junge Welt, 29.6.2007 (S. 8)
Sozialisten wollen ja nicht nur eine Bewegung sein. Wir wollen ja irgendwann über die ganz normalen demokratischen Gremien des Staates regieren, und insofern gehört das Staatstragende auch dazu.

Ausspruch des hess. Landesvorsitzenden Ulrich Wilken im Landtagswahlkampf 2007/08, zitiert nach: FR, 30.10.2007 (S. 5)
An uns wird es nicht scheitern, Roland als Ministerpräsident abzuwählen.

Aus einem Interview mit Wolfgang Radner vom Forum Demokratischer Sozialismus in der Linken (Hessen), in: Junge Welt, 16.2.2008 (S. 2)
Frage: Wären Sie enttäuscht wenn Die Linke in Hessen in die Opposition geht?
Ja. Denn unser Wählerauftrag sagt, wir sollen die Politik verändern. Da können wir nicht einfach sagen, wir waschen unsere Hände lieber in Unschuld. Grenzt man uns weiterhin als Schmuddelkinder aus, bin ich auch enttäuscht. Dann aber von den anderen – nicht von unserer Partei.


Mitmachen in Hessen
Peinlicher Vorgang rund um den Protest gegen den Flughafenausbau in Frankfurt (Kelsterbacher Wald). Ende Mai wurden dort Bäume besetzt und Stück für Stück ein Widerstandsdorf errichtet. Da kam auch die LINKE auf die Idee, als Landtagsfraktion eine Hütte aufzustellen. Das gab Ärger mit den Law-and-Order-Leuten Koch und Bouffier. Die Linke hielt kurz dagegen, um sich dann kleinlaut zu entschuldigen und die Hütte selbst abzureißen - was nicht gelang, weil die BesetzerInnen sie besetzten und auf einen Baum zogen ...
  • 1. Akt: CDU und FDP geißeln Hüttenbau (aus: FR, 24.9.2008)
    Dabei ging es vier Stunden lang - statt der geplanten anderthalb Stunden - darum, ob der Protest der Flughafen-Ausbaugegner zur Eskalation oder zur Deeskalation der Auseinandersetzung beitrage. CDU und FDP warfen der Linkspartei vor, "ein gebrochenes Verhältnis zum Rechtsstaat" zu haben, wie Innenminister Volker Bouffier (CDU) es formulierte. Minister Bouffier wies darauf hin, dass die Hütten im Wald illegal seien. Eine Fraktion, die diese rechtswidrige Aktion unterstütze, sei "völlig ungeeignet, in diesem Land Verantwortung zu übernehmen". Ministerpräsident Roland Koch (CDU) warnte SPD und Grüne, sich bei einer Regierungsübernahme abhängig zu machen von einer Partei, "die den Rechtsstaat nicht schützt".
  • 2. Akt: Linke giftet zurück, bekommt dafür Ärger und zieht peinlich den Schwanz ein (gleiche Quelle)
    Als Linken-Fraktionschef Willi van Ooyen "der CDU und anderen Parteien" im Gegenzug "Schießwütigkeit" attestierte und ihre Politiker zu "Schreibtischtätern" erklärte, verlangten CDU und FDP eine Entschuldigung. Die Sitzung wurde unterbrochen. Der Ältestenrat forderte van Ooyen auf, sich "ohne Wenn und Aber" zu entschuldigen. Van Ooyen nahm darauf seine Bemerkungen "mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück".
  • 3. Akt: Stadt Kelsterbach (SPD-regiert) fordert Linke ultimativ auf, die Hütte abzureißen (aus: FR, 26.9.2008)
    Die Linken-Landtagsfraktion lenkt im Streit um ihre Protesthütte gegen den Flughafen-Ausbau ein. Der Abgeordnete Ulrich Wilken sagte am Donnerstag in Wiesbaden, die Fraktion werde den Rechtstitel der Stadt Kelsterbach anerkennen und sich in Gesprächen um eine Lösung bemühen. Die Stadt Kelsterbach hatte die Linken dazu aufgefordert, ihre Hütte im Protestdorf "unverzüglich abzubauen und das Baumaterial zu entfernen".
    Nochmal zusammengefasst (in: FR, 27.9.2008)
    Gerade mal so groß wie ein Schuppen ist es, das jüngste Ärgernis im Kelsterbacher Wald. Zwischen Zelten der Aktivisten, die dort seit Mai gegen den geplanten Flughafenausbau protestieren, hat die hessische Linkspartei vor knapp zwei Wochen die kleine Holzhütte - Kosten: 69 Euro - als "Fraktionsbüro vor Ort" gebaut. ...
    Die Stadt hat als Besitzerin des Waldes der Linkspartei ein Ultimatum gestellt. Bis zum heutigen Samstag müsste der illegale Bau eigentlich abgerissen sein. Anders als die Aktivisten geben sich die Linken kompromissbereit. Die Landtagsfraktion will am morgigen Sonntag um 14 Uhr in den Forst kommen, um gegen den Flughafen-Ausbau zu protestieren. Die umstrittene Holzhütte soll dann noch stehen. Wie Fraktionssprecher Thomas Klein am Freitag in Wiesbaden sagte, wollen die Landespolitiker darauf verzichten, ein Fraktionsschild anzubringen. Angeblich habe sich die Fraktion mit Kelsterbach darauf verständigt, dass der Bau bis Ende September wegkommt.
  • 4. Akt: Die BaumbesetzerInnen kapern die Hütte und ziehen sie in die Höhe (aus: FR, 29.9.2008)
  • 5. Akt: Immer mehr Getöse de Law-and-Order-Fraktionen (in: FR, 30.9.2008)
    Die Hütte ist zwei Meter mal zwei Meter groß und hängt zwischen den Bäumen. Der Laie könnte sie für eine Bretterbude aus dem Baumarkt halten. Doch weit gefehlt: Die Hütte gefährdet den Rechtsstaat. Sagt die Union.
    Mit nichts beschäftigt sich die CDU seit Tagen so hingebungsvoll wie mit der Hütte, die von der Linken im Landtag als Protest gegen den Ausbau des Flughafens hingestellt wurde und nach dem Willen der Stadt Kelsterbach heute abgebaut werden muss. Am Sonntag wurde sie theaterreif von Ausbaugegnern "gestohlen" und in die Höhe gehievt, unter amüsiertem "Protest" der Linken-Abgeordneten.
  • 6. Akt: Das traurige und peinliche Ende: Linke überredet BaumbesetzerInnen und baut die Hütte ab (in: FR, 1.10.2008)

Aus "Die Hütte ist weg", in: FR, 2.10.2008
Nach tagelangem Hin und Her haben die Aktivisten im Kelsterbacher Protestcamp das "Fraktionsbüro" der Hessischen Linkspartei abgebaut. Bei dem Büro hatte es sich um eine kleine Holzhütte gehandelt, mit der die Linkspartei die Gegner des geplanten Flughafenausbaus symbolisch unterstützen wollte.
Nachdem aber vor allem die CDU das Engagement der Linken als Skandal bezeichnete und die Stadt Kelsterbach aus juristischen Gründen mit Räumung drohte, wurde die Hütte abgebaut. Allerdings verzögerte sich dies, obwohl die Linkspartei sich zum Abbau bereit erklärt hatte. Die Hütte, die von den Umweltschützern zuvor an einem Baum in die Höhe gezogen worden war, konnte am Dienstag zunächst nicht abgeseilt werden, weil sich zwei Aktivisten nicht an die Vereinbarung mit der Linkspartei halten wollten.
Auf eine eindringliche Bitte der Partei wurde schließlich doch noch die umstrittene Hütte in der Nacht zum Mittwoch von Aktivisten des Waldcamps am Frankfurter Flughafen freigegeben.


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