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KNÄSTE MACHEN ALLES NUR SCHLIMMER!

Knast-Zahlen


1. Einleitung
2. Je höher die Strafe, desto mehr fördert sie Kriminalität
3. Illusion von Sicherheit
4. Knast-Zahlen
5. Zwangsarbeit
6. Engagement hinter Gittern? Perspektiven linker & antifaschistischer Politik hinter Gittern
7. Knast und Gewalt
8. Links
9. Buchvorstellungen zum Themenbereich

Aus einem SWR-Film über Fehlurteile und Knast
  • Ca. 4.000 Personen sitzen zur Zeit allein in Deutschland unschuldig im Gefängnis (nicht mitgerechnet die, bei denen Strafhöhe u.ä. auf falschen Annahmen beruhen)
  • Über 100 Personen bringen sich pro Jahr in deutschen Knästen um

Weitere Quelle:
  • Studie zu Gewalt im Knast: Jeder vierte mindestens 1x monatlich in Gewalt verwickelt (Zeit, 15.8.2012)

Im Original: Wer sitzt im Knast?
Mehr dunkelhäutige Zwangsarbeiter in Gefängnissen der USA als früher in der Sklaverei
Aus: Junge Welt, 11.7.2018 (S. 8)
Historiker haben ausgerechnet, so die US-Bürgerrechtlerin Angela Davis Ende Juni auf einem Kongress in Berlin: "Heute leben mehr schwarze Männer in den Gefängnissen der USA als 1850 in der Sklaverei."

Aus Jessica Williams,"50 Fakten, die die Welt verändern sollten", Goldmann Verlag
Ein in den Vereinigten Staaten geborener Schwarzer männlichen Geschlechts wird mit einer Wahrscheinlichkeit von eins zu drei mindestens einmal im Leben im Gefängnis landen
Amerika mag das Land der Freien sein, aber einer wachsenden Zahl seiner Einwohner ist diese Freiheit bei der einen oder anderen Gelegenheit genommen worden. Im Juni 2002 überschritt die Zahl der Insassen hinter Gittern die Zwei-Millionen-Grenze, damit überholten die Vereinigten Staaten Russland und wurden zur Heimat der größten Gefängnispopulation der Welt. Jeder siebenunddreißigste Amerikaner hat irgendwann einmal eingesessen - 1974 war es einer von dreiundfünfzig. Hält der gegenwärtige Trend an, wird eines von fünfzehn Kindern aus dem Jahrgang 2001 einmal im Leben ins Gefängnis müssen.
Aber betrachtet man die Statistiken etwas genauer, werden einige noch besorgniserregendere Tendenzen erkennbar. Bei Kindern, die im Jahre 2001 geboren wurden, besteht für einen männlichen Weißen eine Wahrscheinlichkeit von eins zu siebzehn, dass er irgendwann einmal einsitzt. Bei Männern spanischer Abkunft beträgt die Wahrscheinlichkeit eins zu sechs, bei Schwarzen eins zu drei. Wenn Sie sich nun überdies vergegenwärtigen, dass 12,9 Prozent der amerikanischen Bevölkerung Schwarze sind, fangen Sie an, das Ausmaß des Problems zu erahnen. Ein Sechstel aller männlichen Afroamerikaner sitzen gegenwärtig ein oder sind ehemalige Gefängnisinsassen, bei den Weißen ist es im Vergleich dazu jeder achtunddreißigste.
Hier liegt eindeutig etwas im Argen. Amerikas Gefängnispopulation hat in den vergangenen dreißig Jahren explosionsartig zugenommen: Im Jahre 1970 gab es in den Gefängnissen der Bundesstaaten und den Bundesgefängnissen zusammen insgesamt 200000 Insassen. Seither haben Strafverfolgungsphilosophien wie "beim dritten Mal für immer" aus dem Jahre 1994 - die eine automatische Freiheitsstrafe zwischen 25 Jahren und lebenslänglich für jeden vorsieht, der sich zum dritten Mal eines Kapitalverbrechens schuldig gemacht hat - zu einer massiven Zunahme der Insassenzahlen geführt. Unter den einer Gewalttat Angeklagten ist ein erheblicher Prozentsatz schwarz (im Jahre 2001 waren es 42,5 Prozent), so dass dieser Personenkreis von den langen Freiheitsstrafen unverhältnismäßig stark betroffen ist.
Auch der so genannte "Krieg gegen Drogen" hat in überaus wirksamer Weise dazu beigetragen, die Gefängnisse zu füllen. Ein Zusammenschluss von Anwälten, das Senteneing Project, eine Projektgruppe zur Bewertung von Hafturteilen, berichtet, dass 70 Prozent der im Jahre 1998 zu einer Gefängnisstrafe in einem der Bundesstaaten Verurteilten wegen nicht gewalttätiger Vergehen einsaßen. Unter den Insassen der Bundesgefängnisse waren 57 Prozent wegen eines Drogendelikts verurteilt worden.
In diesen Bereichen wird offenbar, wie sehr das Gesetz ethnisch voreingenommen ist. Offizielle Statistiken der amerikanischen Bundesregierung zeigen, dass 13 Prozent der Personen, die sich dazu bekennen, mindestens einmal im ,Monat Drogen zu nehmen, schwarz sind. Dennoch liegt bei den wegen Drogenbesitzes verhafteten Personen der Anteil der Schwarzen bei 35 Prozent; wenn es um Haftstrafen wegen Drogendelikten geht, gar bei 74 Prozent.
In einer ungeheuer einflussreichen Rede vor der Bürgerrechtsbewegung American Civil Liberties Union aus dem Jahre 1999 bezeichnete Ira Glasser die amerikanische Drogenpolitik als "den neuen Jim Crow". Er bezog sich damit auf ein besonders finsteres Kapitel in der amerikanischen Geschichte, auf jene Zeit, in der in den Südstaaten die Trennung zwischen Schwarzen und Weißen (Segregation) gesetzlich verankert war. "Jim Crow" hieß eine Bühnengestalt Mitte des 19. Jahrhunderts: Weiße Schauspieler schwärzten sich Gesicht und Hände und gaben rassistisches Liedgut und Tänze zum Besten. Der Name wurde zum Synonym für die Diskriminierung der Schwarzen in Alltag und Kultur jener Zeit, und Ende des Jahrhunderts liefen Gesetze, die Schwarze benachteiligten, unter der Bezeichnung Jim-Crow-Gesetze, Glasser vertrat den Standpunkt, dass Amerikas Drogengesetze inzwischen dieselbe Qualität hätten: Sie hätten zu einer "Epidemie des Freiheitsentzugs" geführt, und das Drogenverbot sei zu einem wirksamen Ersatz für das Segregationsgesetz geworden.
Wie man es auch dreht und wendet: Amerikas Drogengesetze richten sich gegen Minderheiten. Bei den Gefängnisurteilen besteht ein riesiges Ungleichgewicht zwischen dem Besitz/Konsum von Crack (einem Kokain-Derivat, das hauptsächlich von schwarzen und spanischstämmigen Amerikanern genommen wird) und dem von weißem Kokain-Pulver (das vorwiegend von Weißen konsumiert wird). Obwohl es Versuche gegeben hat, dies zu ändern, sieht das Gesetz gegenwärtig noch für den Besitz von 500 Gramm Kokain dieselbe obligatorische Haftstrafe von fünf Jahren vor, wie für den Besitz von fünf Gramm Crack.
Ein anderes Beispiel: Fahren unter Alkoholeinfluss ist in Amerika mit 1,8 Millionen Verhaftungen Pro Jahr der häufigste Inhaftierungsgrund. Betrunkene Fahrer kosten jährlich 22000 Menschen das Leben, die Zahl der Todesfälle durch eine Überdosis an Drogen oder durch Krankheiten und Gewalttaten im Zusammenhang mit Drogen beläuft sich hingegen auf 21000 pro Jahr. Trotzdem werden fast alle Fälle von Trunkenheit am Steuer als Kavaliersdelikte abgetan oder durch Strafen wie Führerscheinentzug oder gemeinnützige Tätigkeit geahndet. Die typische Strafe für Drogenbesitz - auch für weiche Drogen wie Marihuana - beträgt bis zu fünf Jahren beim ersten Delikt. Betrunkene Fahrer sind in erster Linie männliche Weiße.
Minderheiten in Amerika werden allgemein häufig Opfer von ethnischer Benachteiligung, in welcher Form auch immer. Auf einem Abschnitt der Autobahn 1-95 durch Maryland zum Beispiel sind, wie in einer Studie gezeigt wurde, 17 Prozent der Fahrer schwarz, aber unter denen, die an die Seite komplimentiert und durchsucht werden, befinden sich 73 Prozent Schwarze. In der Mehrzahl der Wagen, die bei diesen Aktionen durchsucht wurden, fanden sich keine Drogen, und wenn doch, dann ebenso häufig wie in Autos, die von Weißen gefahren wurden.9 In New York City landete in den Jahren 1997 und 1998 weniger als ein Viertel der 45 000 gemeldeten angetrunkenen Fahrer hinter Gittern, zwei Drittel der Inhaftierten gehörten einer Minderheit an. Im September 2003 willigte die Stadt New York in einen Vergleich ein, der einen Prozess um eine Sammelklage wegen ethnischer Voreingenommenheit beenden sollte, in dem der New Yorker Polizei vorgeworfen wurde, bei Polizeikontrollen in unrechtmäßiger Weise rassistisch vorzugehen. Ein Teil des Vergleichs bestand darin, dass sich die New Yorker Polizei verpflichtete fortan all ihren Beamten ZU untersagen, Minderheiten in unbotmäßiger Weise willkürlichen Durchsuchungsaktionen zu unterziehen.
Auch schwarze Frauen landen weitaus leichter im Gefängnis als ihre weißen Geschlechtsgenossinnen. Im Jahre 1980 saßen in Staats- und Bundesgefängnissen 12 300 Frauen ein, im Jahre 2002 waren es 96000. Dreiundvierzig Prozent darunter waren schwarz. Nur 31 Prozent saßen wegen eines Gewaltverbrechens ein.
Diese Masseneinkerkerung von Frauen schlägt bitter auf deren Kinder zurück. Etwa 65 Prozent a Iler inhaftierten
Frauen haben Familie, und sehr häufig wird den Kindern der Besuch bei der Mutter mit der Begründung verweigert, die Mutter "fühle sich nicht wohl". Viele amerikanische Bundesstaaten haben inzwischen Gesetze, die sie berechtigen, einer Frau in Haft das Elternrecht zu entziehen. Drei Viertel aller einsitzenden Frauen hat regelmäßig Drogen konsumiert, beinahe 40 Prozent mussten monatlich mit weniger als 600 Dollar auskommen, und über die Hälfte von ihnen wurde körperlich misshandelt oder sexuell missbraucht. Es ist nicht einzusehen, wie einem dieser Probleme durch eine Gefängnisstrafe beizukommen sein sollte.
Für ein Gewaltverbrechen in Amerika einzusitzen, kann unter Umständen zu allem anderen Folgen haben, die noch lange nach dem Abbüßen der Haftstrafe weiterwirken. Sechsundvierzig amerikanische Bundesstaaten verfügen über Gesetze zur Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, die jedem, der für ein Gewaltverbrechen einsitzt, das Wahlrecht absprechen. In zehn Staaten ist dieser Schritt unwiderruflich.
Kein Wahlrecht mehr zu haben bedeutet, dass rehabilitierten Strafgefangenen, die ihre Zeit abgesessen haben, das Recht genommen wird, an der bürgerlichen Gesellschaft teilzuhaben. Gesetze zur Aberkennung der Bürgerrechte nehmen die Freiheiten wieder, die der Fünfzehnte Zusatz zur amerikanischen Verfassung, mit dem auch schwarzen Amerikanern das Wahlrecht zugestanden wurde, garantiert hat. Zusätzlich verankert wurden die Rechte dieses Zusatzes durch eine gesetzliche Regelung aus dem Jahre 1965, die sämtliche Voraussetzungen aufhob, die willkürlich an das Recht zu wählen geknüpft worden waren: beispielsweise die Forderung, man müsse des Lesens und Schreibens mächtig sein - eigens dazu erdacht, Schwarze an der Wahl zu hindern. Heutzutage dürfen 1,4 Millionen männliche Schwarze (13 Prozent der männlichen schwarzen Bevölkerung Amerikas) ihr Wahlrecht einer Straftat wegen nicht ausüben. In Alabama und Florida sind gar 31 Prozent der männlichen schwarzen Bevölkerung für immer von Wahlen ausgeschlossen. Dazu Ira Grasser: "Was das Wahlrecht von 1965 eingeführt hat, ist durch die Drogengesetzgebung in beträchtlichem Maße zurückgenommen worden. "
Diese eklatante Missverteilung ist in den Vereinigten Staaten sicher am deutlichsten zu beobachten, beginnt aber auch andernorts sichtbar zu werden. In Großbritannien sitzt gegenwärtig ein Prozent aller schwarzen Erwachsenen ein. Zwei Prozent aller Briten sind afrikanischer und karibischer Abstammung, unter den Gefängnisinsassen sind es 16 Prozent. In den Jahren 1998 und 1999 wurden Schwarze sechsmal so häufig angehalten und durchsucht wie Weiße.
Großbritannien verfügt bereits jetzt über höhere Inhaftierungsquoten als jedes andere Land in Europa, und es werden zunehmend Befürchtungen laut, das Vereinigte Königreich könne auf dem Weg sein, eine amerikanische Liebe zu Gefängnissen zu entwickeln.
Das Problem einer solchen ethnisch bedingten Ungleichbehandlung anzugehen ist ungeheuer wichtig, denn man muss bedenken, dass die Zeit im Gefängnis eine Zeit des sozialen und kulturellen Ausgeschlossenseins ist. Diese Isolation zieht Kreise, bringt unter Umständen wiederum ein Umfeld hervor, in dem die Gefahr, dass auch die Kinder der Probanden straffällig werden und ins Strafvollzugssystem geraten, besonders hoch ist. Schätzungen zufolge hat die Hälfte aller ehemaligen Gefängnisinsassen schwer zu kämpfen, um Arbeit zu bekommen. Diejenigen, die eine Stellung finden, verdienen etwa die Hälfte von dem, was andere Personen mit einem ähnlichen Hintergrund verdienen, die nicht eingesessen haben. Die Tatsache, dass der Strafvollzug in unserem Land weder eine umfassende Berufsausbildung noch hinreichende Rehabilitationsmaßnahmen anzubieten imstande ist, macht die Sache nicht eben besser. Wenn ihnen keine andere Möglichkeit offen steht, sich zu ernähren, finden sich ehemalige Straftäter unter Umständen binnen kurzem im selben Umfeld wieder, durch das sie bereits zuvor mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren.
Politiker und Vollzugsstrategen behaupten oftmals, Gefängnis sei eine wirksame Besserungsmaßnahme. Aber es ist schwer einzusehen, wie jemand das Einsperren von Millionen Menschen als so etwas wie einen Sieg über das Verbrechen sehen kann. Wo die Nachfrage nach Drogen relativ gleich bleibend ist, führt das Einsperren von größeren Menschenmengen wegen Drogendelikten lediglich zur Rekrutierung weiterer williger Handlanger. Wenn so viele Leute einsitzen, eignet sich Einsperren kaum als Abschreckung - ja, manch einer sieht es bereits heute als Gelegenheit, mit seinen Freunden "drinnen" wieder zusammenzukommen. Es gibt Kriminologen, die glauben, dass die Vereinigten Staaten einen kritischen Punkt erreichen könnten, an dem das System zu kippen droht: Wenn sich Jahr für Jahr mehr als ein Prozent einer Bevölkerung im Gefängnis befindet, wird das soziale Netz gelähmt, und es wird unmöglich, Verbrechen zu kontrollieren.
Einen Straftäter im Gefängnis zu unterhalten kostet die Vereinigten Staaten jährlich um die 30000 Dollar. Stellen Sie sich vor, was geschähe, wenn diese Gelder für andere Projekte zur Verfügung stünden: für Programme zur Eindämmung der Straßenkriminalität, für die Entwicklung der Innenstädte, für Programme zur Behandlung von Drogen- und Alkoholabhängigkeit. Wir würden nicht nur dem Steuerzahler Geld sparen, sondern die Kriminalitätsrate womöglich wirklich endlich sinken sehen. Vielleicht könnten wir auch feststellen, dass die Armut abnimmt und dass Kinder, die Minderheiten angehören, auf den Schulen bleiben und einen anderen Weg einschlagen.
Das Thema Politik der Strafverfolgung - insbesondere der Verfolgung von Drogendelikten - ist bereits viel zu sehr mit der Frage von Klasse und Rasse verflochten. Wenn wir das nicht ändern, wird die Art und Weise, wie wir Recht sprechen, weiterhin zu Benachteiligungen führen und mehr Ausgeschlossenheit, mehr Hass provozieren.


Aus einem SPIEGEL-Gespräch am 19.03.2016 mit dem Gefängnisdirektor Thomas Galli, in: Spiegel Nr. 12/2016 (S. 46)
Von etwa 44.000 Gefangenen bundesweit sitzen allein 4000 Ersatzfreiheitsstrafen ab, weil sie Geldstrafen nicht bezahlen können. Da geht es um Schwarzfahren, Fahren ohne Führerschein, kleinere Körperverletzungen oder Diebstähle. Das trifft nur Arme. Wer bis dahin noch nicht im völligen sozialen Abseits lebt, kommt im Gefängnis in entsprechende Kreise. Wer vorher keinen Kontakt mit Drogen hatte, wird ihn dort haben. Der Schaden, den wir damit anrichten, kostet den Steuerzahler pro Inhaftierten 40.000 Euro jährlich. Jetzt rechnen Sie mal!

Aus "Im Gefängnis sitzen gerade Benachteiligte", Gespräch mit Arno Pilgram in: Junge Welt vom 9.6.2017 (S. 8)
Man muss mit dem Satz »Die Unterschicht ist krimineller« also aufpassen. Es geht oft um Formen der Kriminalität, die leichter nachweisbar sind. In der Folge finden wir eine Ansammlung von Randgruppen und Benachteiligten im Gefängnis.
In jüngster Zeit ist das Gefängnis vor allem ein Ort für Menschen fremder Nationalitäten, die noch keinen offiziellen, regulär anerkannten Status haben. Jede Alternative zur Freiheitsstrafe – etwa Diversion, Geldstrafe, bedingte Strafe bis hin zur Fußfessel – setzen voraus, dass die Gerichte Zugriff auf die Person haben. Menschen mit Wohnsitz im Ausland gelten diesbezüglich als unzuverlässig, da ist die Haft das Mittel der Wahl.

Aus Ilija Trojanow, "Der überflüssige Mensch" (S. 39)
1980 waren 139 von 100000 US-Amerikanern inhaftiert, 2010 war diese Zahl auf atemberaubende 750 angestiegen. 25 Prozent aller Häftlinge weltweit sitzen zwischen Seattle und Miami ein: insgesamt 2,3 Millionen.

Statistik aus 2009 (gefunden hier - keine Quellenangabe)
72 043 Menschen sitzen in deutschen Gefängnissen
  • 79182 Haftplätze in Deutschland
  • 72043 Häftlinge sitzen ein
  • 3816 (5,3%) sind Frauen (71 davon mit Kindern)
  • 5930 (8,23%) Jugendliche (davon 213 Mädchen)
  • 58916 sitzen von Richtern verhängte Strafen ab
  • 11178 sind in Untersuchungs-Haft (606 Frauen)
  • 9626 im offenen Vollzug
  • 1551 in einer sozialtherapeutischen Anstalt
  • 500 in Sicherungsverwahrung (darunter 3 Frauen)
  • 652 in Abschiebehaft
  • 128 im „Wege der Gnade“ (Aussetzung der Reststrafe, Weihnachtsamnestie)
  • 37180 Menschen arbeiten im Justizvollzug (27704 im allgemeinen Vollzugsdienst, darunter 5148 Frauen)
  • Was wird bestraft? ++ Offizielle Statistiken 2010: Wer wird verurteilt und Wer sitzt im Knast?

Aus "Was über Leben und Tod entscheidet", in: Süddeutsche Zeitung, 7.7.2008
Tatsächlich werden überproportional viele Afroamerikaner zum Tode verurteilt: Sie machen zwar nur zwölf bis dreizehn Prozent der US-amerikanischen Bevölkerung aus, aber mehr als 40 Prozent der Häftlinge in den Todeszellen.
Bekannt ist auch, dass schwarze Angeklagte, die einen Weißen umgebracht haben, häufiger zum Tode verurteilt werden als Weiße, denen der Prozess nach einem Mord an einem Afroamerikaner gemacht wurde. Und auch Arbeiter landen mit erheblich höherer Wahrscheinlichkeit im Todestrakt als Angestellte. ...
Auf den ersten Blick scheint die Auswahl der Häftlinge, die tatsächlich sterben müssen, willkürlich, sagen Stamos Karamouzis von der Regis University in Denver und Dee Wood Harper von der Loyola University in New Orleans. Aber ist sie das wirklich? Um dies zu überprüfen, haben die Wissenschaftler eine Software auf der Grundlage eines neuronalen Netzes entwickelt. ...
Inzwischen konnten die Wissenschaftler auch zwei Parameter identifizieren, die den größten Einfluss auf die Entscheidung über Leben und Tod nach dem Urteil haben: Eine wichtige Rolle spielt demnach das Geschlecht. Verurteilte Frauen werden in den USA erheblich seltener hingerichtet als Männer. Der zweite Faktor ist die Bildung beziehungsweise die Zahl der Jahre, in denen die Häftlinge die Schule besucht hatten.


Jeder dritte Inhaftierte der Strafanstalt Plötzensee sitzt dort wegen "Schwarzfahrens"!!!
Aus "Ohne Ticket in den Knast", in: Junge Welt, 21.4.2009 (S. 3)
Laut einer Anfrage der FDP-Fraktion an den Senat gingen im vergangenen Jahr bei der Staatsanwaltschaft 16302 Anzeigen wegen "Leistungserschleichung" bei der BVG ein. Hinzu kommen rund 7300 Anzeigen, die von der S-Bahn gemeldet wurden. Die Gerichte verhängten nach Angaben der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen rund 3000 Mal eine Geldstrafe sowie in 320 Vorgängen eine Freiheitsstrafe. Pro Jahr bedeutet die Unterbringung der Betroffenen eine Belastung für den Landeshaushalt von offiziell 4,5 Millionen Euro. Tatsächlich ist die Zahl der Häftlinge, die als Schwarzfahrer einsitzen, jedoch wesentlich höher. Wer nämlich aufgrund weiterer Delikte eine Haftstrafe antreten muß, wird in der Schwarzfahrer-Datei nicht erfaßt.

Aus "Kein Knast für Schwarzfahrer", in: Junge Welt, 22.9.2012 (S. 4)
Knast für "Schwarzfahrer" ist keine Seltenheit. In den vergangenen Jahren stellten allein in der Hauptstadt die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und die S-Bahn GmbH rund 18000 Strafanträge. Nach Paragraph 265a des Strafgesetzbuches saßen nach Auskunft der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz 2011 insgesamt 1269 Menschen aufgrund einer "Beförderungserschleichung" eine Ersatzfreiheitsstrafe ab. Derzeit befinden sich an der Spree aus diesem Grund rund 1000 Menschen hinter schwedischen Gardinen.


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