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BELEIDIGUNG - WILLKÜRLICH, UNBESTIMMT UND BRUCH DER MEINUNGSFREIHEIT

Kann Beleidigung überhaupt strafbar sein


1. Urteile zu Beleidigung
2. Kann Beleidigung überhaupt strafbar sein
3. Einen Prozess offensiv führen: Tatsachenbehauptungen statt Schmähkritik
4. Meinungsfreiheit
5. Kunstfreiheit
6. Strafparagraphen aus dem Kaiserreich: Deutschland darf nicht beleidigt werden ...
7. Weitere Links

Im Vergleich: Beschimpfungen u.ä. strafrechtlich zu ahnden, ist ein Phänomen nur in wenigen Ländern

Aus einer Stellungnahme des KSZE (Komitee für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) zu den Strafgesetzen einiger Staaten gegen 'Beleidigung' von 24. Mai 2002
Strafgesetze gegen Beleidigung und Diffamierung werden häufig als nötige Abwehr gegen angeblichen Missbrauch der Meinungsfreiheit gerechtfertigt. Sie sind aber mit OSCE Normen nicht konform und deren Anwendung bildet einen Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäusserung.

Das Zitat stammt von einer Seite, in der Beleidigungsstraftaten in verschiedenen Ländern verglichen werden. Das Ergebnis: "Was die Beleidigungsdelikte im Gesamtumfang der Fälle zum Strafrecht ausmacht, sind erstaunliche 20% im Jahre 2005. Daran kann man wahrlich gut erkennen, wie sehr deutsche Staatsjuristen an ihren "Beleidigungsdelikten hängen."

Formale Bedenken: Ist Beleidigung eine vorhersehbare Straftat?

Aus Dr. Richard Albrecht, "'Beleidigung' als justitielles Konstrukt von Verfolgerbehörden. Forschungsbericht und Material/ien zum Stand der Dinge in der Bundesrepublik Deutschland", Anfang 2005 (Quelle)
Diese Gesetzlichkeitsregel hat auch das Bundesverfassungsgericht/BVerfG bestätigt: "Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde".
Das damit angesprochene Gebot der Gesetzesbestimmtheit soll in der Tat gewährleisten, "daß jedermann vorhersehen kann, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist [...]. Diese Vorhersehbarkeit fehlt, wenn das Gesetz einen Straftatbestand zu unbestimmt faßt." (2 BvR 636/72 vom 8.5.1974; zitiert nach: BVerfGE Band 37, Nr. 15, Seiten 201-216, hier zitiert Seite 207).
Genau die vom deutschen Bundesverfassungsgericht angesprochene fehlende Gesetzesbestimmtheit ist „Beleidigung“ im Sinne des § 185 StGB, in dem es heißt: „Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft". ...
Mit anderen Worten: Im Strafgesetz wird wohl etwas über die Bestrafung des angeblichen Beleidigers ausgesagt. Aber nichts über den Straftatbestand der Beleidigung. Damit fehlt jede Gesetzesbestimmtheit von „Beleidigung“. Insofern ist „Beleidigung“ im deutschen Strafrecht nichts Anderes als ein Phantomdelikt, das nach Recht, Gesetz und Rechtsprechung des BVerfG´s n i c h t angeklagt und n i c h t bestraft werden darf.


Wann wird Anklage erhoben?
Eigentlich ist es einfach: Wenn es den Herrschenden gefällt. Also meist wenn Ranghöhere kritisiert oder beschimpft werden. Umgekehrt dagegen eher nicht. Doch es gibt auch Rechtsgrundlagen. Da steht sogar manch Nützliches drin, z.B. dass Klagen nur erhoben werden sollen "wenn eine wesentliche Ehrenkränkung nicht vorliegt" (§ 229 RiStBV). Das dürfte bei etlichen Jammer-Anklagen von Polizist_innen gegen ihre Opfer kaum der Fall sein ...

Aus den Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV)
Beleidigung - 229: Erhebung der öffentlichen Klage

(1) Von der Erhebung der öffentlichen Klage soll der Staatsanwalt regelmäßig absehen, wenn eine wesentliche Ehrenkränkung nicht vorliegt, wie es vielfach bei Familienzwistigkeiten, Hausklatsch, Wirtshausstreitigkeiten der Fall ist. Liegt dagegen eine wesentliche Ehrenkränkung oder ein Fall des § 188 StGB vor, so wird das öffentliche Interesse meist gegeben sein. Auf Nr. 86 wird verwiesen.
(2) Auch wenn ein Strafantrag nach § 194 Abs. 3 StGB gestellt ist, prüft der Staatsanwalt, ob ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Will er es verneinen, so gibt er dem Antragsteller vor der abschließenden Verfügung Gelegenheit, sich hierzu zu äußern.
(3) Ist kein Strafantrag nach § 194 Abs. 3 StGB gestellt, so folgt daraus allein noch nicht, dass kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Will der Staatsanwalt die öffentliche Klage erheben, gibt er dem nach § 194 Abs. 3 StGB Berechtigten Gelegenheit, einen Strafantrag zu stellen. Dies gilt sinngemäß, sofern eine Beleidigung nur mit Ermächtigung der betroffenen politischen Körperschaften (§ 194 Abs. 4 StGB) zu verfolgen ist.


Am intensivsten schützen sich die Robenträgerei selbst ...

Aus den Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV)
232: Beleidigung von Justizangehörigen

(1) Wird ein Justizangehöriger während der Ausübung seines Berufs oder in Beziehung auf ihn beleidigt und stellt die vorgesetzte Dienststelle zur Wahrung des Ansehens der Rechtspflege Strafantrag nach § 194 Abs. 3 StGB, so ist regelmäßig auch das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung im Sinne des § 376 StPO zu bejahen (vgl. Nr. 229).
(2) Wird in Beschwerden, Gnadengesuchen oder ähnlichen Eingaben an Entscheidungen und anderen Maßnahmen von Justizbehörden oder -angehörigen in beleidigender Form Kritik geübt, so ist zu prüfen, ob es sich um ernst zu nehmende Ehrenkränkungen handelt und es zur Wahrung des Ansehens der Rechtspflege geboten ist, einzuschreiten (vgl. Nr. 229 Abs. 1). Offenbar haltlose Vorwürfe unbelehrbarer Querulanten oder allgemeine Unmutsäußerungen von Personen, die sich in ihrem Recht verletzt glauben, werden regelmäßig keine Veranlassung geben, die öffentliche Klage zu erheben, es sei denn, dass wegen falscher Verdächtigung vorzugehen ist.
(3) Für ehrenamtliche Richter gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.


Wer beleidigen darf ...
Die Polizei ... Die darf ohnehin vieles. Nicht vom Gesetz her, sondern weil sie als willige Vollstrecker*innen der Gerichte und Staatsanwaltschaften deren Zuneigung genießen können.


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