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DURCHSUCHUNGEN

Tipps zum rechtlichen Zerlegen von Durchsuchungen


1. Polizeiliche Durchsuchungen von Personen und Sachen
2. Haus- oder Wohnungsdurchsuchung
3. Strafprozessordnung
4. Polizeirecht
5. Konkrete Fälle von Hausdurchsuchungen und Folgestreitereien
6. Tipps zum rechtlichen Zerlegen von Durchsuchungen
7. Links

Gerichtliche Überprüfung nach einer Hausdurchsuchung
Du stellst Antrag auf gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Art und Weise der Durchsuchung (§§ 105f., 98 StPO analog) und machst in der Begründung geltend, was falsch lief, zum Beispiel dass die Umgrenzungsfunktion des Durchsuchungsbeschlusses durch die Vollzugsbeamten nicht gewährleistet wurde, insbesondere dadurch, dass auch nicht vom Durchsuchungsbeschluss umfasste Räumlichkeiten durchsucht wurden, dass keine der gesetzlich vorgeschriebenen Zeug*innen dabei waren (§ 106 StPO) usw. Nach der herrschenden Meinung indiziert die Rechtswidrigkeit der Art und Weise der Durchsuchung die Rechtswidrigkeit der Durchsuchung insgesamt (vgl. stellvertretend Müko/StPO, gleichsam KK/StPO).
Den Antrag stellst du im Ermittlungsverfahren beim Amtsgericht, das den Durchsuchungsbeschluss ausgestellt hat, und danach beim in der Hauptsache zuständigen Gericht (also hier wahrscheinlich erstmal dasselbe Amtsgericht, und in der Berufung dann das Landgericht. Wenn das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist, geht das nicht mehr. Falls das Gericht entscheidet, dass die Art und Weise der Durchsuchung nicht rechtswidrig war, kannst du diese Entscheidung (muss als Beschluss ergehen, vgl. § 34 StPO) mit der Beschwerde anfechten. Das wird wahrscheinlich passieren, Amtsgerichte interessieren sich selten für rechtswidrige Polizeimaßnahmen. Der Antrag selber ist kostenlos, die Beschwerde kostet dann ca. 60-80 €, falls du verlierst.
Grundsätzlich macht es Sinn, Akteneinsicht zu nehmen, bevor du diesen Antrag stellst. Vielleicht haben die Cops ja in ihre Berichte reingeschrieben, dass sie auch in den anderen Räumen waren, und dann musst du das nicht mehr beweisen, sondern kannst einfach auf die entsprechenden Berichte in der Akte verweisen.

Gefahr im Verzuge
  • Grundsatzurteil des BVerfG zu Durchsuchungen und Gefahr im Verzug (Zweiter Senats, 20. Februar 2001, 2 BvR 1444/00)
  • Kurzer, zusammenfassender Artikel zu diesem Urteil

Leitsätze zu diesem Urteil:
  1. a) Der Begriff "Gefahr im Verzug" in Art. 13 Abs. 2 GG ist eng auszulegen; die richterliche Anordnung einer Durchsuchung ist die Regel, die nichtrichterliche die Ausnahme.
    b) "Gefahr im Verzug" muss mit Tatsachen begründet werden, die auf den Einzelfall bezogen sind. Reine Spekulationen, hypothetische Erwägungen oder lediglich auf kriminalistische Alltagserfahrung gestützte, fallunabhängige Vermutungen reichen nicht aus.
  2. Gerichte und Strafverfolgungsbehörden haben im Rahmen des Möglichen tatsächliche und rechtliche Vorkehrungen zu treffen, damit die in der Verfassung vorgesehene Regelzuständigkeit des Richters auch in der Masse der Alltagsfälle gewahrt bleibt.
  3. a) Auslegung und Anwendung des Begriffs "Gefahr im Verzug" unterliegen einer unbeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die Gerichte sind allerdings gehalten, der besonderen Entscheidungssituation der nichtrichterlichen Organe mit ihren situationsbedingten Grenzen von Erkenntnismöglichkeiten Rechnung zu tragen.
    b) Eine wirksame gerichtliche Nachprüfung der Annahme von "Gefahr im Verzug" setzt voraus, dass sowohl das Ergebnis als auch die Grundlagen der Entscheidung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Durchsuchungsmaßnahme in den Ermittlungsakten dargelegt werden.

Aus dem Urteil und Tipps zur "Verwendung"
Die gerichtliche Klärung des schwerwiegenden Grundrechtseingriffs würde weitgehend vereitelt, würde man das Vorliegen von Gefahr im Verzug, also die Anordnungskompetenz der Staatsanwaltschaft, nur darauf kontrollieren, ob der ermittelnde Beamte die Voraussetzungen von Gefahr im Verzug willkürlich angenommen habe. Der Richtervorbehalt dürfe in seiner vorbeugenden Aufgabe von den Ermittlungsbehörden nicht unterlaufen werden. In jedem Fall müsse ihre Entscheidung nachvollziehbar sein. In Anbetracht der strengen Anforderungen an die Begrenzungsfunktion richterlicher Durchsuchungsbeschlüsse müssten daher bei nichtrichterlichen Durchsuchungsanordnungen vom anordnenden Beamten zumindest der Tatvorwurf, das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen von Gefahr im Verzug und die vermuteten Beweismittel in einem Vermerk zeitnah in den Akten dokumentiert werden, so dass der Richter später die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung, insbesondere die Frage der Gefahr im Verzug und die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips, überprüfen könne. Diese Dokumentationspflicht stelle an die Praxis keine unzumutbaren Anforderungen, da es zu einer ordnungsgemäßen Sachbehandlung gehöre, Eingriffsakte aktenkundig zu machen.

Im Konkreten bedeutet das, dass es sich bei Durchsuchungen unter dem Banner "Gefahr im Verzug" lohnt, einen genauen Blick in die Ermittlungsakten zu werfen und zu prüfen, ob präzise Zwecke und Ergegbnisse der Maßnahme angegeben wurden.

Im Original: Urteile zu Hausdurchsuchungen
Aus: Bundesverfassungsgericht BVerfG, 2 BvR 2030/04 vom 3.7.2006, Absatz-Nr. (1 - 23)
Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG, weil der empfindliche Eingriff einer Wohnungsdurchsuchung vorschnell und auf unzureichender Verdachtsgrundlage angeordnet wurde.
1. a) Damit die Unverletzlichkeit der Wohnung durch eine vorbeugende richterliche Kontrolle gewahrt werden kann, hat der Ermittlungsrichter die Durchsuchungsvoraussetzungen eigenverantwortlich zu prüfen. Erforderlich ist eine konkret formulierte, formelhafte Wendungen vermeidende Anordnung, die zugleich den Rahmen der Durchsuchung abstecken und eine Kontrolle durch ein Rechtsmittelgericht ermöglichen kann (vgl.BVerfGE 42, 212 (220 f.); 96, 44 (51); 103, 142 (151 f.) ). Zu einer angemessenen Begrenzung der Zwangsmaßnahme kann ein Durchsuchungsbeschluss nicht beitragen, wenn er keinerlei tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs oder eine nur schlagwortartige Bezeichnung der mutmaßlichen Straftat enthält, obwohl eine konkretere Kennzeichnung nach dem Ergebnis der Ermittlungen möglich und den Zwecken der Strafverfolgung nicht abträglich ist (Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2000 - 2 BvR 2212/99 -, NStZ 2000, S. 601).
b) Das Gewicht des Eingriffs verlangt als Durchsuchungsvoraussetzung Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen. Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen (vgl.BVerfGE 44, 353 (371 f.); 59, 95 (97) ; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 - 2 BvR 2043/03 u.a. -, NJW 2004, S. 3171 (3172)).
c) Eine Durchsuchung ist schließlich nur dann zulässig, wenn gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der in Frage stehenden Straftat erforderlich ist. Dies ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen (vgl.BVerfGE 96, 44 (51)).
Zitierung: BVerfG, 2 BvR 954/02 vom 16.3.2006, Absatz-Nr. (1 - 32)
Ebenfalls erfolglos bleibt die Verfassungsbeschwerde, soweit sie eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinen Grundrechten auf Unverletzlichkeit der Wohnung und auf informationelle Selbstbestimmung geltend macht. Zwar ist die gegen den Beschwerdeführer vollstreckte Durchsuchungsmaßnahme nicht mehr grundrechtskonform gewesen, da sie auf einem gerichtlichen Beschluss beruhte, der aufgrund des Zeitpunkts seines Erlasses einen Eingriff in die Grundrechte des Beschwerdeführers nicht mehr rechtfertigen konnte (vgl. BVerfGE 96, 44 (54) ). Auf dieser Grundrechtsverletzung beruht die strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers jedoch nicht. Die rechtswidrige Durchsuchungsmaßnahme zog kein Verwertungsverbot nach sich. Ein Beweisverwertungsverbot ist grundsätzlich nur dann Folge einer fehlerhaften Durchsuchung, wenn die zur Fehlerhaftigkeit der Ermittlungsmaßnahme führenden Verfahrensverstöße schwerwiegend waren oder bewusst bzw. willkürlich begangen wurden (vgl. BVerfG, NJW 2005, S. 1917 (1923)).

Zitierung: BVerfG, 2 BvR 497/03 vom 5.7.2005, Absatz-Nr. (1 - 91)
Dem Gewicht des schwerwiegenden Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung und der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Schutzes der räumlichen Privatsphäre entspricht es, dass Art. 13 Abs. 2 GG die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Richter vorbehält. Dieser Richtervorbehalt zielt auf eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz (vgl.BVerfGE 20, 162 (223); 57, 346 (355 f.); 76, 83 (91); 103, 142 (150 f.)).
Der gerichtliche Durchsuchungsbeschluss dient auch dazu, die Durchführung der Eingriffsmaßnahme messbar und kontrollierbar zu gestalten (vgl. zu den hierauf bezogenen AnforderungenBVerfGE 20, 162 (224); 42, 212 (220 f.); 103, 142 (151 f.)).
Die Durchsuchung bedarf schließlich einer Rechtfertigung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie muss im Blick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck erfolgversprechend sein. Ferner muss gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat erforderlich sein; dies ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen. Schließlich muss der jeweilige Eingriff in einem angemessenen Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen (vgl.BVerfGE 96, 44 (51)).

Zitierung: BVerfG, 2 BvR 1219/07 vom 21.1.2008
1. Mit der Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung durch Art. 13 Abs. 1 GG erfährt die räumliche Lebenssphäre des Einzelnen einen besonderen grundrechtlichen Schutz. Diesem Schutz unterfallen auch beruflich genutzte Räume wie Arztpraxen (vgl. BVerfGE 32, 54 (69 ff.); 76, 83 (88)). Erforderlich zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung ist jedenfalls der Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde. Das Gewicht des Eingriffs verlangt Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen. Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen (vgl. BVerfGE 44, 353 (371 f.); 59, 95 (97); BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. April 2004 - 2 BvR 2043/03 u.a. -, NJW 2004, S. 3171 (3172)). Der besondere Schutz von Berufsgeheimnisträgern (§ 53 StPO) gebietet bei der Anordnung der Durchsuchung einer Arztpraxis die besonders sorgfältige Beachtung der Eingriffsvoraussetzungen und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.
2. Die Durchsuchung bedarf vor allem einer Rechtfertigung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie muss im Blick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck Erfolg versprechend sein. Ferner muss gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat erforderlich sein. Schließlich muss der jeweilige Eingriff in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen (vgl. BVerfGE 42, 212 (220)). Der Richter darf die Durchsuchung nur anordnen, wenn er sich aufgrund eigenverantwortlicher Prüfung der Ermittlungen überzeugt hat, dass die Maßnahme verhältnismäßig ist (vgl. BVerfGE 96, 44 (51)).

Nach was darf gesucht werden?
Zitierung: BVerfG, 2 BvR 1027/02 vom 12.4.2005, Absatz-Nr. (1 - 140)
Die Ermittlungsmethoden der Strafprozessordnung sind zwar im Hinblick auf die Datenerhebung und den Datenumfang weit gefasst. Die jeweiligen Eingriffsgrundlagen stehen aber unter einer strengen Begrenzung auf den Ermittlungszweck. Strafprozessuale Ermittlungsmaßnahmen sind nur zulässig, soweit dies zur Vorbereitung der anstehenden Entscheidungen im Hinblick auf die in Frage stehende Straftat nötig ist. Auf die Ermittlung anderer Lebenssachverhalte und Verhältnisse erstrecken sich die Eingriffsermächtigungen nicht. So benennt § 155 Abs. 1 StPO ausdrücklich diese Begrenzung des Ermittlungszwecks ("nur"). Die Zweckbindung an den zu ermittelnden Sachverhalt ist aber auch anderen Vorschriften der Strafprozessordnung zu entnehmen (§ 161 Abs. 1 Satz 1 StPO: "zu dem ... Zweck"; § 163 Abs. 1 Satz 2 StPO: "zu diesem Zweck"). Eine Ermittlung außerhalb dieses Zwecks hat keine gesetzliche Grundlage. Gelegentlich einer strafrechtlichen Ermittlung dürfen daher keine Sachverhalte und persönlichen Verhältnisse ausgeforscht werden, die für die Beurteilung der Täterschaft und für die Bemessung der Rechtsfolgen der Tat nicht von Bedeutung sind (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO). Dem entspricht es, dass gemäß § 483 StPO auch die sich an die Datenerhebung anschließende Datenverarbeitung auf den Zweck des Strafverfahrens beschränkt ist.
Mit dieser strengen Begrenzung sämtlicher Ermittlungen und damit auch der Datenerhebung auf den Zweck der Aufklärung der begangenen Tat begrenzt die Strafprozessordnung die Eingriffe in das Recht an den eigenen Daten grundsätzlich auf diejenigen, die für die Strafverfolgung im konkreten Anlassfall von Bedeutung sind. Die strafprozessualen Ermächtigungen erlauben damit zwar grundsätzlich einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, finden ihre Grenze aber in der Zweckbestimmung für das jeweilige Strafverfahren. ...
Das Übermaßverbot verbietet Grundrechtseingriffe, die ihrer Intensität nach außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache stehen. Grundrechte und Grundrechtsbegrenzungen sind in ein angemessenes Verhältnis zu bringen. Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe muss die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt werden (vgl. BVerfGE 67, 157 (173, 178); 100, 313 (391) ; stRspr).

Aus gleichem Urteil, speziell zur Beschlagnahme von Datenträgern:
Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kann bei der Durchsuchung, Sicherstellung und Beschlagnahme von Datenträgern und den darauf vorhandenen Daten in vielfältiger Weise Rechnung getragen werden.
a) Wenn auf den von der Maßnahme betroffenen Datenträgern unter anderem potentiell Beweiserhebliches enthalten ist, ist zu prüfen, ob eine Sicherstellung des Datenträgers und aller darauf vorhandenen Daten erforderlich ist. Der dauerhafte Zugriff auf den gesamten Datenbestand ist dann nicht erforderlich, wenn die Sicherstellung allein der beweiserheblichen Daten auf eine andere, die Betroffenen weniger belastende Weise ebenso gut erreicht werden kann. Die Gewinnung überschießender und vertraulicher, für das Verfahren aber bedeutungsloser Informationen muss im Rahmen des Vertretbaren vermieden werden.
b) Soweit eine Unterscheidung der Daten nach ihrer potentiellen Verfahrenserheblichkeit vorgenommen werden kann, ist die Möglichkeit einer Trennung der potentiell erheblichen von den restlichen Daten von Verfassungs wegen zu prüfen. In Betracht kommt hierbei neben dem Erstellen einer (Teil-)Kopie hinsichtlich der verfahrenserheblichen Daten das Löschen oder die Herausgabe der für das Verfahren irrelevanten Daten. Die Datentrennung ist regelmäßig nicht mit einer Minderung des Beweiswerts verbunden, da die jeweilige Datei beim Kopiervorgang lediglich dupliziert wird.
c) Je nach den Umständen des Einzelfalls können für die Begrenzung des Zugriffs unterschiedliche, miteinander kombinierbare Möglichkeiten der materiellen Datenzuordnung in Betracht gezogen werden. Sie müssen, bevor eine endgültige Beschlagnahme sämtlicher Daten erwogen wird, ausgeschöpft werden. Von Bedeutung ist hierbei vor allem die Auswertung der Struktur eines Datenbestands. Gerade bei der gemeinsamen Nutzung einer EDV-Anlage durch mehrere Sozien kann sich eine für einen geordneten Geschäftsgang erforderliche, unter Umständen mittels einer Zugriffsbeschränkung gesicherte Datenstruktur an den Berufsträgern orientieren. In Betracht kommt beispielsweise eine themen-, zeit-, mandanten- oder mandatsbezogene Ordnung der Datenablage. Eine Zuordnung der Daten nach ihrer Verfahrensrelevanz kann unter Umständen auch mit Hilfe geeigneter Suchbegriffe oder Suchprogramme gelingen.
d) Eine sorgfältige Sichtung und Trennung der Daten je nach ihrer Verfahrensrelevanz wird am Durchsuchungsort nicht immer möglich sein. Sofern die Eigenheiten des jeweiligen strafrechtlichen Vorwurfs und die - auch technische - Erfassbarkeit des jeweiligen Datenbestands eine unverzügliche Zuordnung nicht erlauben, muss die Prüfung der Verfahrensrelevanz der gespeicherten Daten im Rahmen der vorläufigen Sicherstellung des Datenträgers erwogen werden. ...

Und weiter, diesmal zur Frage des Beweisverwertungsverbots der Daten:
Die bisher in der Rechtsprechung entwickelten und anerkannten Beweisverwertungsverbote im Zusammenhang mit der Durchsuchung und Beschlagnahme schützen teilweise vor unerlaubten Eingriffen in Grundrechte. Zum wirksamen Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung jedenfalls Unbeteiligter und zur effektiven Wahrung des Vertrauensverhältnisses zum Berufsgeheimnisträger wird aber zu prüfen sein, ob ergänzend ein Beweisverwertungsverbot in Betracht zu ziehen ist. Dieses würde der Effektuierung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und des verfassungsrechtlich geschützten Vertrauensverhältnisses zum Rechtsberater dienen.
Zumindest bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen, in denen die Beschränkung auf den Ermittlungszweck der Datenträgerbeschlagnahme planmäßig oder systematisch außer acht gelassen wird, ist ein Beweisverwertungsverbot als Folge einer fehlerhaften Durchsuchung und Beschlagnahme von Datenträgern und der darauf vorhandenen Daten geboten.

BVerfG, 2 BvR 876/06 vom 28.9.2006, Absatz-Nr. (1 - 18)
Die Art und Weise der Durchsuchung, nämlich der Einsatz eines Drogenspürhundes, verletzte den Beschwerdeführer ebenfalls in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG. Die Ermittlungsbehörden haben auch eine erlaubte Durchsuchung auf das erforderliche Maß zu begrenzen, um die Integrität der Wohnung nicht mehr als nötig zu beeinträchtigen. Es ist kein sachlicher Grund dafür erkennbar, zur Suche nach der Tatwaffe einer Messerstecherei einen Drogenspürhund einzusetzen.

Durchsuchungsbefehl nötig?

Auszug des KG Berlin, Az: 1 Ss 406/04, Urteil vom 16.02.2005
Der Rechtsverstoß bestand darin, daß die Herbeiführung einer richterlichen Durchsuchungsanordnung nach § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO unterblieb. Die hier erfolgte Anordnung durch Polizeibeamte in ihrer Funktion als Ermittlungspersonen darf nur ausnahmsweise erfolgen und hat Gefahr im Verzug zur Voraussetzung, was bedeutet, daß im Falle der Einholung einer richterlichen Anordnung der Durchsuchungszweck gefährdet gewesen sein muß (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 105 Rdnr. 2, § 98 Rdnr. 6). Daran fehlt es hier. Die Durchsuchung mußte nicht sofort ausgeführt werden. Die Angeklagte konnte, weil sie eines Diebstahls verdächtig war, festgehalten und zum Zweck der Vernehmung und erkennungsdienstlichen Behandlung zur Wache mitgenommen werden. Ein derartiger Vorgang beansprucht erfahrungsgemäß eine bis zwei Stunden. In diesem Zeitraum, in dem die Angeklagte keinen Zugang zu ihrem Fahrzeug gehabt hätte, konnte eine richterliche Entscheidung - eventuell unter Inanspruchnahme des für Eilfälle eingerichteten Bereitschaftsdienstes -herbeigeführt und vollstreckt werden, zumal da der Richter die Durchsuchung notfalls auch fernmündlich anordnen kann (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg StV 2003, 207, 208; LG Cottbus StV 2002, 535; LG Bremen StV 1998, 180; Nack in KK, StPO 5. Aufl., § 105 Rdnr. 3).
Die gesetzeswidrige Kompetenzüberschreitung der Polizeibeamten kann sicherlich nicht als Bagatelle abgetan werden. Denn mit der Regelzuständigkeit des Richters verbindet sich eine für den Beschuldigten wichtige schützende Funktion: Vom Richter wird auf Grund seiner Unabhängigkeit und seiner prozessualen Position als unbeteiligter Dritter erwartet, daß er die Rechte des betroffenen Bürgers am besten wahrt (vgl. BVerfGE 103, 142, 151).

Im Original: Verfassungsgerichtsurteil zu Durchsuchungsbefehl
BVerfG, 2 BvR 876/06 vom 28.9.2006, Absatz-Nr. (1 - 18)
Die nicht durch einen richterlichen Beschluss angeordnete Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers durch Polizeibeamte an einem Montag im Juni 2005 gegen 18.00 Uhr verletzte den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen das Grundrecht, indem sie die Durchsuchung für rechtmäßig erklären.
1. Der Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung bedarf der vorherigen richterlichen Genehmigung. Nur bei Gefahr im Verzug darf die richterliche Genehmigung durch die Anordnung eines Staatsanwalts oder eines Ermittlungsbeamten ersetzt werden (Art. 13 Abs. 2 GG, § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Das Amtsgericht hat Gefahr im Verzug angenommen, weil um 18.00 Uhr ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss nicht mehr zu erwirken gewesen sei. Das ist von Verfassungs wegen zu beanstanden. Es kann nicht hingenommen werden, dass in einer Stadt der Größe Münchens am frühen Abend gegen 18.00 Uhr eine Wohnung allein auf Grund der Anordnung von Polizeibeamten ohne Gefahr im Verzug und ohne den Versuch, einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss zu erwirken, durchsucht wird.
Sowohl die Strafverfolgungsbehörden als auch die Ermittlungsrichter und die Gerichtsorganisation haben im Rahmen des Möglichen sicherzustellen, dass auch in der Masse der Alltagsfälle die in der Verfassung vorgesehene Regelzuständigkeit des Richters gewahrt bleibt. Die Strafverfolgungsbehörden müssen regelmäßig versuchen, eine Anordnung des instanziell und funktionell zuständigen Richters zu erlangen, bevor sie eine Durchsuchung beginnen. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nicht allein mit dem abstrakten Hinweis begründet werden, eine richterliche Entscheidung sei in einer Großstadt gewöhnlicherweise am späten Nachmittag oder frühen Abend nicht zu erlangen. Dem korrespondiert die verfassungsrechtliche Verpflichtung der Gerichte, die Erreichbarkeit eines Ermittlungsrichters, auch durch die Einrichtung eines Eil- oder Notdienstes, zu sichern (vgl.BVerfGE 103, 142 (155 f.) ). Bei Tage (vgl. § 104 Abs. 3 StPO) muss die Regelzuständigkeit des Ermittlungsrichters uneingeschränkt gewährleistet sein. Deshalb verpflichtet der Richtervorbehalt aus Art. 13 Abs. 2 GG die Länder insoweit dazu, sowohl innerhalb als auch außerhalb der üblichen Dienstzeiten für die Erreichbarkeit des Ermittlungsrichters bei Tage Sorge zu tragen. Gleichzeitig müssen dem Richter die notwendigen Hilfsmittel für eine sachangemessene Wahrnehmung seiner richterlichen Aufgaben zur Verfügung gestellt werden (vgl. BVerfGK 2, 176 (178); vgl. für den richterlichen Haftdienst:BVerfGE 105, 239 (248) ). Soweit es erforderlich erscheint, ist auch sicherzustellen, dass der nichtrichterliche Dienst für den Richter erreichbar ist und gegebenenfalls zur Verfügung steht.
2. Gründe, die die Polizeibeamten selbst bei - unterstelltem - Bestehen eines richterlichen Eildienstes zum sofortigen Durchsuchen der Wohnung des Beschwerdeführers berechtigt hätten, sind weder ersichtlich noch von den Gerichten ansatzweise geprüft worden.

Presseinfo des Verfassungsgerichts dazu:
Verfassungswidrigkeit einer Wohnungsdurchsuchung bei Tage ohne richterliche Anordnung und unter Einsatz eines Drogenspürhundes
Der Beschwerdeführer war an einer Messerstecherei in seiner Wohnung in München beteiligt. Der Vorfall ereignete sich an einem Werktag. Nachdem die herbeigerufenen Polizeibeamten eingetroffen waren, durchsuchten sie gegen 18.00 Uhr die Wohnung des Beschwerdeführers, um die Tatwaffe aufzufinden. Dabei setzten sie einen Drogenspürhund ein. Der Beschwerdeführer befand sich zu diesem Zeitpunkt nicht in seiner Wohnung. Den Antrag des Beschwerdeführers auf nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchung wies das Amtsgericht München zurück. Zur Begründung führte das Gericht unter anderem aus, dass die Durchsuchung ohne vorherige richterliche Genehmigung wegen Gefahr im Verzug zulässig gewesen sei; denn um 18.00 Uhr sei ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss nicht mehr zu erwirken gewesen. Die Art und Weise der Durchsuchung begegne keinen durchgreifenden Bedenken. Der Einsatz des Drogenspürhundes sei zwar nicht veranlasst gewesen, sei aber ohne Folgen geblieben.
Die Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts stellte fest, dass die Entscheidung des Gerichts den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) verletzt.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde: Es kann nicht hingenommen werden, dass in einer Stadt der Größe Münchens am frühen Abend gegen 18.00 Uhr eine Wohnung allein auf Grund der Anordnung von Polizeibeamten ohne Gefahr im Verzug und ohne den Versuch, einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss zu erwirken, durchsucht wird. Sowohl die Strafverfolgungsbehörden als auch die Ermittlungsrichter und die Gerichtsorganisation haben im Rahmen des Möglichen sicherzustellen, dass auch in der Masse der Alltagsfälle die in der Verfassung vorgesehene Regelzuständigkeit des Richters gewahrt bleibt. Die Strafverfolgungsbehörden müssen regelmäßig versuchen, vor einer Durchsuchung eine richterliche Anordnung zu erlangen. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nicht allein mit dem abstrakten Hinweis begründet werden, eine richterliche Entscheidung sei um 18.00 Uhr nicht mehr zu erlangen. Dem korrespondiert die verfassungsrechtliche Verpflichtung der Gerichte, die Erreichbarkeit eines Ermittlungsrichters zu sichern. Bei Tage (vgl. § 104 Abs. 3 StPO, der im Zusammenhang mit der nächtlichen Hausdurchsuchung als Nachtzeit für die Sommermonate die Stunden von neun Uhr abends bis vier Uhr morgens und für die Wintermonate von neun Uhr abends bis sechs Uhr morgens definiert) muss die Regelzuständigkeit des Ermittlungsrichters uneingeschränkt gewährleistet sein. Deshalb verpflichtet der Richtervorbehalt die Länder, sowohl innerhalb als auch außerhalb der üblichen Dienstzeiten für die Erreichbarkeit des Ermittlungsrichters bei Tage Sorge zu tragen. Soweit es erforderlich erscheint, ist auch sicherzustellen, dass der nichtrichterliche Dienst dem Richter zur Verfügung steht.
Die Art und Weise der Durchsuchung, nämlich der Einsatz eines Drogenspürhundes, verletzte den Beschwerdeführer ebenfalls in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG. Die Ermittlungsbehörden haben auch eine erlaubte Durchsuchung auf das erforderliche Maß zu begrenzen, um die Integrität der Wohnung nicht mehr als nötig zu beeinträchtigen. Es ist kein sachlicher Grund dafür erkennbar, zur Suche nach der Tatwaffe einer Messerstecherei einen Drogenspürhund einzusetzen.

Presserecht

Aus der Presseinfo zum Verfassungsgerichts-Urteil vom 27. Februar 2007 – 1 BvR 538/06; 1 BvR 2045/06:
"Die Anordnung der Durchsuchung der Redaktionsräume von CICERO und die Beschlagnahme der dort aufgefundenen Beweismittel stellen einen verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten Eingriff in die Pressefreiheit des Beschwerdeführers dar. ... Durchsuchungen und Beschlagnahmen in einem Ermittlungsverfahren gegen Presseangehörige sind verfassungsrechtlich unzulässig, wenn sie ausschließlich oder vorwiegend dem Zweck dienen, die Person des Informanten zu ermitteln."

Beweisverwertung
Illegal beschaffte Beweismittel dürfen nicht immer in Strafprozessen verwendet werden. Ist eine Hausdurchsuchung rechtswidrig, sind die Beweismittel unter Umständen unverwertbar - nämlich immer dann, wenn es nicht um viel geht. Dann ist nämlich das Interesse der betroffenen Person an der Wahrung der grundrechtlich geschützten Wohnung höher.

Zu einem Urteil des OLG Koblenz am 6.6.2002 (Aktenzeichen: 1 Ss 93/02) im ARD-Rechtsratgeber
Jemand der verdächtigt wird, Drogen zu besitzen, geht straffrei aus, wenn die Polizei zwar bei der Hausdurchsuchung Drogen findet, aber die Wohnungsdurchsuchung ohne vorherige richterliche Anordnung vorgenommen wird, und Gefahr im Verzug nicht nachgewiesen werden kann.

Weitere Infos zu Hausdurchsuchungen:

Mehr unter "Anordnung und Ausführung einer Durchsuchung" bei www.kanzlei-doehmer.de, Auszüge:
Aufzeichnungen des Beschuldigten, die dieser sich erkennbar zu seiner Verteidigung in dem gegen ihn laufenden Strafverfahren gemacht hat, dürfen weder beschlagnahmt noch gegen den Widerspruch des Beschuldigten verwertet werden. Dies gilt selbst dann, wenn der Verteidiger des Beschuldigten erklärt hatte, die Aufzeichnungen könnten zum Akteninhalt gemacht werden. In der Verteidigererklärung liegt kein Einverständnis des Beschuldigten, wenn dieser nicht selbst sein Einverständnis erteilt (OLG Naumburg, Beschluss vom 25.11.2003 - 2 b Js 50/02 - 2-2 StE 8/03-2, StV 2004, 529 f).


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