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RECHTSTIPPS ZU GRAFITTI

Keine Sachbeschädigung?


1. Grafitti-Rechtstipps und Repressionsschutz
2. Politische und rechtliche Einordnung des Sprayens
3. Keine Sachbeschädigung?

Bis Ende 2003 waren Graffities noch nicht automatisch eine Sachbeschädigung, sondern nur dann, wenn ein bleibender Schaden nachgewiesen werden konnte. Natürlich konnten RichterInnen oder AnklägerInnen hier tricksen, weil der Begriff des Schadens schwer festlegbar (siehe z.B. den absurden Prozess in Gießen, wo die Gebäudereiniger meinten, dass beim Abwaschen der Wand auch immer Mikropartikel der Farbe abgingen - was dem verurteilungswütigen Richter Wendel reichte).

Sachbeschädigung muss nachweisbar sein
Aus einem Urteil des Kammergerichts Berlin am 7.8.1998 (Aktenzeichen: (5) 1 Ss 173/98 (35/98)) im ARD-Rechtsratgeber
Das Besprühen von Hauswänden oder Bahnwaggons ist nur dann strafbar, wenn dadurch oder durch die erforderliche Reinigung die Oberfläche in ihrer Substanz beschädigt wird. Wenn der Eigentümer seinen Zug oder seine Hauswand reinigen kann, ohne dass bleibende Schäden entstehen, so handelt es sich bei dem Graffiti nicht um eine Sachbeschädigung.
So entschied das Kammergericht Berlin. Es stütze sich dabei auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes, in der dieser sinngemäß feststellte, dass allein die Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes einer Sache, auch wenn sie gegen den Willen des Eigentümers geschehe, nicht als Sachbeschädigung strafbar sei. Hinzukommen müsse vielmehr auch noch eine Substanzverletzung.


Aus einem Urteil des OLG Düsseldorf am 10.3.1998 (Aktenzeichen: 2 Ss 364/97 – 61/97 III) im ARD-Rechtsratgeber
Das Besprühen eines Eisenbahnwaggons mit Graffitis kann eine Sachbeschädigung darstellen.
Mit dieser Begründung verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf drei Täter zu einer Geldstrafe, weil sie einen Waggon der Deutschen Bahn AG mit Graffitis besprüht hatten. Zwar werde durch das Besprühen der Wagen nicht unmittelbar ”beschädigt”, sondern nur verunstaltet. Jedoch sei eine Reinigung nur mit Lösungsmitteln möglich, die das Material des Waggons angreifen. Der Waggon sei deshalb durch das Besprühen bereits dermaßen in Mitleidenschaft gezogen worden, dass mit dem Besprühen zwangsläufig auch die Beschädigung verbunden sei.


Achtung: Inzwischen ist die Lage anders und es gilt auch die dauerhafte Veränderung des Aussehens als Sachbeschädigung. Wasserlösliche Kreide ist dort, wo Regen hinkommt, damit KEINE Sachbeschädigung.

Aus: BGH NJW 2013, 2916
1. § 316b Abs. 1 StGB weist eine zweiaktige Struktur auf. Der Tatbestand setzt für den hier allein in Frage kommenden § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB eine Störung oder eine Verhinderung des Betriebs einer der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dienenden Anlage voraus. Diese Störung oder Verhinderung muss ihre Ursache (siehe nur Fischer, StGB, 60. Aufl., § 316b Rn. 6) darin haben, dass eine dem Betrieb dienende Sache zerstört, beschädigt, beseitigt, verändert oder unbrauchbar gemacht oder - was hier ersichtlich von vornherein nicht in Frage kommt - die für den Betrieb bestimmte elektrische Kraft entzogen wird. ... Der Generalbundesanwalt hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass derjenige den Tatbestand nicht erfüllt, der einen Fernsprechanschluss dadurch blockiert, dass er diesen anwählt und nicht auflegt (vgl. LK-StGB/Wolff aaO). Dem entspricht auch, dass bei Blockadeaktionen gegenüber einem Zug es nicht ausreichend ist, wenn dessen Weiterfahrt durch Personen auf den Gleisen verhindert wird; erst bei einem direkten Einwirken auf die Gleise selbst kann der Tatbestand gegeben sein (OLG Celle NStZ 2005, 217
f.). ... Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt auch von den Fallgestaltungen der Oberlandesgerichte Stuttgart (NStZ 1997, 342 f. - Beschmieren des Fotoobjektivs) und München (NJW 2006, 2132 f. - Überbelichtung des Fotofilms durch Blitzlichtreflexion), bei denen eine bloße Veränderung des Standorts - auch wenn dies praktisch nicht möglich gewesen wäre - nichts an der allerdings nur vorübergehenden Beeinträchtigung der Anlage selbst geändert hätte. ...
Das Oberlandesgericht hat bei der Beurteilung des Vorliegens der Tathandlung gemäß § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB im rechtlichen Ausgangspunkt nicht ausreichend deutlich zwischen dem Unbrauchbarmachen der dem Betrieb einer Anlage oder Einrichtung dienenden Sache und der dadurch verursachten Verhinderung oder Störung des Betriebs der Anlage oder Einrichtung unterschieden. Das trägt der Struktur des Tatbestandes nicht genügend Rechnung. Vor allem aber hat es in rechtlich nicht vertretbarer Weise bei dem Merkmal des Unbrauchbarmachens auf das Erfordernis einer Einwirkung auf die Sachsubstanz verzichtet. Die Notwendigkeit einer solchen Art der Einwirkung ergibt sich für das Unbrauchbarmachen jedoch eindeutig aus dem systematischen Vergleich mit den übrigen in dem Tatbestand genannten Tathandlungen (Zerstören, Beschädigen, Beseitigen, Verändern). Dementsprechend wird - wie aufgezeigt (III.2.) - eine Sachsubstanzeinwirkung für ein tatbestandsmäßiges Verhalten vorausgesetzt.
(BGH, Beschluss vom 15. Mai 2013 – 1 StR 469/12)

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