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DEKONSTRUKTIEREN STATT REKONSTRUIEREN!

Definitionen und Diskussionen aus der Hoppetosse-Mailingliste


1. Begriffsbestimmungen
2. Definitionen und Diskussionen aus der Hoppetosse-Mailingliste
3. Debatte
4. Marxismus und Wahrheit
5. Wahrheit oder Subjektivität
6. Links

Konstruktionen sind ein Mittel, dass Herrschaft subtil durchsetzen kann. Diskursiv. Das bedeutet, dass die Menschen, die materiell ein Interesse (oder ein anderes, status oder so, Menschen streben nach mehr las nur nach materiellen Dingen, zum Beispiel nach gesellschaf5tlicher Anerkennung oder Macht ueber andere - das muss nicht mal mit materiellen Vorteilen verbunden sein) an etwas haben, konstruieren eine Sicht der Dinge. Zum Beispiel Gender, also soziales Geschlecht, oder Voelker, Nationen, weiss ich...Gott, Satan, die Tobin Steuer. Wenn Du es schaffst, den gesellschaftlichen Diskurs zu bestimmen, fangen auch Menschen, die subjektiv gar nix davon haben, an, der Gueltigkeit deines Konstruktes zu glauben und es evtl. weiterzuspinnen. Natuerlich gibt es materielle Gruende fuer Rassismus und Sexismus. Aber doch gar nicht fuer jeden einzelnen Sexisten und Rassisten! Der Nazi hat ja nix davon, wenn er Asylheime abfackelt, ausser einem kurzen Hasshypewahn, in dem er sich mental einen runterholt. Auch wenn alle „Auslaender draussen“ sind, aendert sich fuer ihn gar nix, materiell gesehen. In den NBZs gibts auch nicht mehr Arbeitsplaetze oder so.
Es mag immer noch Leute geben, die davon profitieren. Sie bestimmen den Diskurs, die Bildzeitungsleser rennen hinter her, glauben dem herrschenden Diskurs und machen mit, ohne dass sie auch nur im geringsten was davon haben. Und DAS musst Du mir mal materiell erklaeren! Das ist naemlich die Herrschaft mittels Konstrukten. Du kannst so manipulieren, was die Menschen zu denken haben. Und das ist schon obe-praktisch. Der Satz „stell Dir vor es ist Krieg und keiner geht hin“ legt genau das offen. Stell Dir vor, wir machen bei Eurem Kram nicht mehr mit. Und dass aber so viele Leute mitmachen, liegt daran, dass ihnen erzaehlt wird, sie haetten was davon, obwohl das nicht so ist, ja ihren Interessen eigentlich sogar diametral entgegensteht (Etwa Krieg)! Damit der Laden laeuft, muessen die Herrschenden den Unterdrueckten erklaeren, sie haetten was davon, mitzumachen, auf jeden Fall ist das die einfachste Art, zu herrschen, weil herrscherIn sich nicht mit brutalen Mittel rumplagen muss. Und das muss konstruiert werden. Alle glaubens und machen mit. Brauch ich ne Nation fuer meine Interessen, muss ich sie mir konstruieren, am besten mit irgendwas belegen und dafuer sorgen, dass die Existenz vom „Volk“ , also den Beherrschten, nicht mehr hinterfragt wird.
Die Tobin Steuer beispielsweise. Ich weiss nicht, wer da jetzt konkret von profitiert, wenn die durchgesetzt wird. Auf jeden Fall, gibt es ne Menge Leute, die zeigen, dass sie letztlich gar nix bringt. Aber es gibt eine Menge Menschen, die sich dem Kampf fuer die Tobin Tax verschreiben. Dabei geht es gar nicht mehr darum, was sie wirklich kann oder ist (viele haben das immer noch nicht gecheckt, z.B. Linksruck), sondern was die Menschen GLAUBEN, was die EInfuehrung der TT alles bringen wird! Ein Konstrukt. Nationen. Wo bitte ist die bilogische, materielle Existenzberechtigung dafuer? Was bitte soll das sein, eine Nation? Mag sein, dass es Gruppen gibt, die von der Existenz von Nationen profitieren und deshalb ihre Existenz forcieren und herbeireden. Deswegen existiert aber real noch lange keine Nation wirklich. Natuerlich haben wir Paesse, und Staatsangehoerigkeiten und was weiss ich, aber die „Nation“ ist nichts greifbares. Sie ist ein Konstrukt, da zwar reale Auswirkungen hat (pass, Abschiebung, Regierung was weiss ich), aber eigentlich ist der Begriff Nation ein Schwachsinn. Warum sollte es fuer Menschen einer bestimmten biologischen Auspraegung und evtl. auch Sprache ein angeborenes recht auf einem bestimmten Fleckchen des Plaenten und nirgnds sonst, ausser er/sie qualifiziert sich dafuer besonders, wohnen zu muessen/duerfen, geben? Wo ist da eine rationelle Begruendung bitte? Und warum ist Oessterreich eine eigene „Nation“, wenn sich doch sonst alles aehnelt zur BRD (Sprache, Hautfarbe, „Kultur“). Und was ist ein Volk? Muss ich zu einem Volk gehoeren, auch wenn ich das nicht will? Hat ein Volk Rechte?
All diese Dinge sind Konstrukte. Das heisst nicht, dass nicht ihre Auswirkungen real existent sind und sich in vielfaeltiger Weise niederschlagen. Aber: Sie haben keine rationale Existenzberechtigung und sind anders denkbar, das heisst, die Tatsache, dass gender so reproduziert wird in unseren Koepfen inst aenderbar, wenn ein anderer herrschender Diskurs eintritt. Welcher Diskurs herrscht, ist natuerlich wieder abhaengig von den Grundbedingungen: wer herrscht und wer die Macht hat. Ich kann mir das nicht wegdenken, aber ich kann erkennen, dass mensch diese diskursive Herrschaft und konstruierte Zustaende auch auf der Ebene angreifen kann. Transgender Leute leben diese Dekonstruktion.
Im Prinzip ist eine Aktion gegen Diskurse eine Art Verwirrung zu stiften und andere Denkmoeglichkeiten aufzuzeigen. Beispielsweise, dass es auch sein koennte, dass alles andersrum ist, oder ganz anders ist.
Das ist zumindest das, was ich meine, und was ich glaube auch in Joerg‘s, Felix‘s und Oliver‘s Argumentation so verstanden zu haben.
Konstruktivismus heisst im Uebrigen nicht, dass dann alles richtig ist und gar nichts mehr erkennbar. Denn alle halten ihre Sicht fuer die plausibelste. Aber das hat Oliver schon mal sehr schon dargestellt, in einer Diskussion mit Klaus, die ich hier jetzt nicht wiederholen moechte.

Im Original: Kritik am Konstruktivismus und Antwort darauf
Radikal waere, die Welt richtig zu erklaeren.
Auch. Wobei ich „richtig“ in Zweifel ziehe. Das geht von derExistenz von Objektivitaet aus. Und die gibt es meines Erachtensnicht. Eine solche Position waere meines Erachtens auchantiemanzipatorisch, weil sie etwas ueber den Menschen stehendes„Richtiges“ schafft - so wie vor allerhand Jahren, dass die Sonne umdie Erde kreist usw.).

Da scheint der Kern unserer Differenz zu liegen. Wenn es nichts objektives und richtiges gibt - warum diskutieren wir denn dann ueberhaupt? Jeder kann dann gut seine Meinung vertreten, weil es gar kein Kriterium dafuer gibt, wer bei zwei sich ausschließenden Positionen recht hat (die Realitaet richtig beschreibt). Dann kann mans aber auch mit der Politik gleich lassen, denn irgendwie hat ja jeder recht (bzw.: es ist total-egal). im uebrigen beisst sich diese form idealismus mit emanzipatorisch, denn emanzipatorisch heisst, dass man sich gegen zwangsverhaeltnisse wendet. das setzt aber nunmal voraus, dass man diese als bestehend (und nicht nur bloss gedacht) annimmt. nach deiner position koennte man sich aber diese zwangsverhaeltnisse (richtig bzw. objektiv gibts ja nich) einfach schlicht wegkonstruieren/wegdenken etc...
Wenn es nichts objektives und richtiges gibt - warum diskutierenwir denn dann ueberhaupt?
Ha! Danke fuer die Steilvorlage :-)))
WEIL (nicht obwohl) es nicht „das richtige“ gibt, diskutieren wir, denn:
  • Diskussion dient der Annaeherung an eine gemeinsame Wahrnehmung und der Verabredung gemeinsam Wahrgenommenen (das die miteinander Diskutierenden dann teilen - andere aber schon nicht mehr)
  • Diskussion dient der Entwicklung, Erweiterung und Veraenderung von Standpunkten, Sichtweisen usw.
Gaebe es dagegen „das richtige“, DANN waere Diskussion ueberfluessig, sondern es ginge nur darum, dass die, die „das Richtige“ schon wissen, es den Nichtwissenden vermitteln (so wie Diskussionen, auch und gerade in Kommi-Zusammenhaengen, denn tatsaechlich immer wieder sind ...)
wer bei zwei sich ausschlie-enden Positionen recht hat
Stimmt. Das beendet die Debatte aber nicht, sondern oeffnet sie geradezu. Ansonsten ist Streit um die richtige Lehre (Diskussion entsteht dann ja nur, wenn beide glauben „das Richtige“ zu kennen - die Folge: Zoff statt Debatte).
Kriterien koennen aber trotzdem eingefuehrt werden. Sie sind nur nicht „richtig“ im Sinne von absolut. Sondern die DiskutantInnen einigen sich darauf. Zum Beispiel mein Vorschlag fuer das grundlegendste Kriterium: Ist etwas emanzipatorisch oder nicht?
dass man sich gegen zwangsverhaeltnisse wendet. dassetzt aber nunmal voraus, dass man diese als bestehend
Nein. Zwangsverhaeltnisse werden empfunden. Ob sie so, wie sie empfunden werden, wirklich sind (Sender-Empfaenger-Verhaeltnis), ist eine andere Frage, zunaechst fuer einen (am Anfang unflektierten) Widerstand aber gar nicht wichtig.
nach deiner position koennte man sich aber diesezwangsverhaeltnisse (richtig bzw. objektiv gibts ja nich) einfachschlicht wegkonstruieren/wegdenken etc...
Dann liest Du meine Positionen aber unvollstaendig. Ich habe immer gesagt, dass Konstruktionen sehr wohl wirkmaechtig sind. Dass der Anschlag auf das WTC ein Anschlag auf die Zivilisation ist, ist ein Konstrukt. Ein sehr wirkungsvolles. Ist nicht einfach wegzukonstruieren.
Dass Attac unser aller Dachverband ist, ist auch konstruiert. Und Millionen von Menschen leben mit dieser Meinung, setzen die wiederum in taten um - und schon ist das Konstrukt auch Realitaet. Realitaet ist eben auch subjektiv, daher widersprechen sich Konstrukt und Realitaet nicht.

Anmerkungen zum Definitionsversuch "Konstruktion/Dekonstruktion/Rekonstruktion"
ich fände das schwierig zu dekonstruieren, ohne dabei wieder neue, andere Konstruktionen zu entwickeln. Selbst wenn ich das versuche, nämlich ohne neue Konstruktionen zu dekonstruieren, begehe ich schon wieder die Sünde der Konstruktion! Denn ich konstruiere dann die Möglichkeit einer Realität jenseits aller Konstruktionen - und eine solche „unkonstruierte“ Realität nenne ich eine Konstruktion der allerhandfestesten Art. Denn will ich ohne neuerliche Konstruktionen dekonstruieren, dann begebe ich mich direkt in den Kreis von Religionskonstrukteuren, denn ich konstruiere einen Gott. Wer anders als ein Gott könnte DIE EINE, unkonstruierte Realität geschaffen haben ??? Stendhal sagte das so: Die einzige Entschuldigung Gottes ist die, daß er nicht existiert. Daher: Immer wenn ich dekonstruiere - und damit ja gleichzeitig wieder neukonstruieren muß -, geschieht dies für mich selbst, subjektiv, immer dann VERANTWORTLICH, wenn meine Konstruktionen und Dekonstruktionen nicht den Anspruch erheben, „wahr“ zu sein. Sie sind Spiel - und wo wäre ein größerer Ernst als im Spiel? Im Spiel der Konstruktionen entscheidet sich die Frage meines Seins. Dumme Spiele - blöd gelaufen! Gar kein Spiel - allzu blöd, denn nix gelaufen!

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