ATTAC FÜR PROMIS, GEGEN RADIKALE
Sven Giegold ... Erst Anarchist, dann Hegemon von Attac, dann grüner Realo
1. Populismus
2. "Assimilieren"
3. Pro Prominenz, gegen Radikalität und Militanz (Attac und Gewalt ...)
4. Lula - Hoffnung aus verklärtem Blick
5. Sven Giegold ... Erst Anarchist, dann Hegemon von Attac, dann grüner Realo
6. Politprominenz einsammeln
7. Links
Die Texte dieser Seite sind Zitate aus einer bemerkenswerten Karriere - der von Sven Giegold. Die Etappen:
Welch eine Karriere. Die Zitate des Helden stammen aus den genannten Phasen seines Lebens. Ein beeindruckender Rückblick.
Ausbildung
Die umweltpolitische "Karriere" von Sven begann in der Umwelt-AG der Herschelschule in Hannover. Dort traf er auf die im Raum Hannover entstehende ökoanarchistische Strömung, die später - bis zu ihrem Rauswurf aus den Verbänden - die Jugendumweltverbände prägen sollte. Amüsant ist im Nachhinein, wer ihn aus dieser Strömung in der Umwelt-AG "entdeckte" und für die überregionale Mitarbeit gewann: Jörg Bergstedt - auch daran dürfte Sven Giegold nur ungern erinnert werden (und sein "Entdecker" ist wahrscheinlich auch wenig glücklich über Svens Entwicklung ...).
Im Laufe seiner viele Jahre dauernden anarchistischen Phase zog Sven ins damals noch bestehende Projekt A (Wespe) nach Neustadt und gründete von dort aus die Umweltwerkstatt Verden, von der aus eine anarchistische "Unterwanderung" der Aller-Kleinstadt geplant war. Der Bedarf an erheblichen Geldmitteln provozierte ab ca. 1995 einen Etablierungsprozess bei fast allen Beteiligten. Aus der anarchistischen Veränderung der Stadt wurde die brav-rechtsstaatliche Verwandlund der Ex-Anarch@s. Für Sven und etliche andere mündete sie im Hafen hochmoderne NGOs und Bewegungsagenturen - Attac, Campact, Bewegungsstiftung & Co.
Immerhin bezog Sven damals noch anti-neoliberale Positionen und kritisierte aus dieser Position heraus kräftig die Grünen.
Die letzten Worte von Sven Giegold dürften perfekt auf seine eigene Lage heute zutreffen ...
- Radikaler Öko-Anarchist in seiner Jugend
- NGO-Gründer und Deutschlands wichtigster Nachwuchsmann danach
- Freund staatlicher Kontrolle und Anhänger von Minimalreformen als Attac-Führer
- Vordenker marktwirtschaftlicher Lösungen, Lobpreiser neoliberaler Europapolitik und Mitschöpfer des Green New Deal als grüner Europaabgeordneter
- Staatssekretär im Wirtschaftsministerium (Minister: Robert Habeck)
Welch eine Karriere. Die Zitate des Helden stammen aus den genannten Phasen seines Lebens. Ein beeindruckender Rückblick.
Kurze (politische) Biographie (von Sven selbst)
- 17.11.1969: geboren in Las Palmas de Gran Canaria
- 1983: Projektwoche zum Thema Waldsterben an der Herschelschule Hannover, Gründung Umwelt-AG der Schule
- 1986-1993: Engagement in der Jugendumweltbewegung: BUNDjugend (Mitglied BUND-Landesvorstand Niedersachsen), Gründung Jugendumweltnetzwerk Niedersachsen, Jugendumweltbüro Lüneburg & Verdener Umweltwerkstatt
- 1993 -1995: Intensive Seminar- und Vortragsarbeit im Umfeld der Jugendumweltbewegung: Moderationstrainings, Seminare zu Anders Leben & Arbeiten, Entscheidungsfindung, Rhetorikseminare.
- 1996-1999: Aufbau Ökologisches Zentrum in Verden: Mitglied der Planungsgruppe - zuständig für Finanzierung, Betreuung ethische GeldanlegerInnen und Rechtsfragen
- 1998: Umzug in die Hofgemeinschaft Stedorf
- 2000: Gründung von Share e.V. und Mitgründung von Attac Deutschland
- ab 2001: Mitglied Koordierungskreis von Attac Deutschland
- 2008: Eintritt in die Grünen und Kandidatur für das EU-Parlament
Ausbildung
- 1989: Abitur an der Herschelschule Hannover
- 1991: Zivildienst Jugendumweltnetzwerk Niedersachsen
- 1991-1996: Studium der Erwachsenenbildung, Politik und Ökonomie in Lüneburg, Bremen und Birmingham (UK). Abschluss mit Master of Social Science in Wirtschaftspolitik und -entwicklung in Birmingham.
- 1993: Aubildung in Moderation (Metaplan & Zukunftswerkstätten) und Verhandlungstechnik.
- 1999/2000: Studium an der Universität Bremen zu verschiedenen Aspekten der Globalisierung (Finanzmärkte, Handel, kulturelle Globalisierung)
- 2001-: Promotionsprojekt bei Prof. Jörg Huffschmid zur politischen Regulierung von Steueroasen
Sven Jugendjahre
Diese Phase verschweigt Sven Giegold inzwischen in seinen Biographien. So behauptete er z.B. auf HR2, Attac sei der erste Verband, bei dem er mal längere Zeit mitgearbeitet hätte. Das war gelogen, aber seine Jugendumweltphase versteckt er meist hinter dem lapidaren Hinweis, beim BUND Mitglied gewesen zu sein. Tatsächlich gehörte er zu einer großen Strömung ökoanarchistisch gesinnter Jugendlicher, die in den Umweltverbänden als Opposition agierten. Sven war viele Jahre beim niedersächsischen Jugendumweltnetzwerk JANUN aktiv. Aussagen von ihm aus der Zeit klingen ziemlich radikal:1989 im Zusammenhang mit dem Polizei-Mord an Conny in Göttingen:
„... Der gesamte Vorgang und die Gespräche mit betroffenen FreundInnen haben mir einiges deutlich gemacht – sie haben mich radikalisiert. ...
Ich habe den Glauben an diesen Staat verloren. Vieles ist hier zusammengekommen, es war nur ein Auslöser:
Wir sollten uns fragen, ob ein bißchen Vögel zählen, gegen AKWs demonstrieren und mit Politikern diskutieren überhaupt etwas bringt.
Müssen wir uns nicht fragen, wieviel von unseren Zielen in diesem Staat überhaupt umsetzbar sind?
1991 (Im Rundbrief der damaligen „Großraumkommune“)
Traum von einer neuen Bewegung
Seit Entstehen der Öko-Bewegung Ende der 70er Jahre, als es noch „grüne Spinner“ waren, die Papier sammelten, hat sich viel verändert. Umweltschutz ist nichts Neues mehr. Heute hat die Gesellschaft die Bewegung weitgehend integriert. KompromißlerInnen sind halbwegs befriedigt oder kanalisiert in Naturschutzbund, BUND, GREENPEACE, ... keine Spur mehr von Systemkritik. Die Verbände ... erfüllen brav die ihnen von der Demokratur zugewiesene Aufgabe als Mahner, um dann hier und da kleine Veränderungen zu bewirken. ... Wir brauchen neue „grüne Spinner“, die diesem Wahnsinn wirkliche, konsequente Alternativen entgegensetzen.
1992 (auf einem Flugblatt gegen den ökokapitalistischen Deutschen Umwelttag)
Wir gehen nämlich davon aus, daß:
- Kapitalismus und Ökologie nicht miteinander vereinbar sind.
- ...
- Umweltbewegung weiter gehen muß als Lobbyist der Natur unter vielen anderen gesellschaftlichen Interessengruppen zu sein. Sie darf sich nicht mit der ihr vom „demokratischen“ System zugedachten Rolle zufriedengeben.
- Industriegesellschaft und Zentralismus Menschen psychisch krank machen.
- Ökologischer Umbruch unserer Gesellschaft auch immer den Abbau von Macht- und Herrschaftsstrukturen einschließen muß.
(Alle Texte von Sven Giegold, heute mit gegenteiligen Ansichten Lobbyist und Chefideologe beim minimalreformistischen NGO Attac Deutschland)
Die umweltpolitische "Karriere" von Sven begann in der Umwelt-AG der Herschelschule in Hannover. Dort traf er auf die im Raum Hannover entstehende ökoanarchistische Strömung, die später - bis zu ihrem Rauswurf aus den Verbänden - die Jugendumweltverbände prägen sollte. Amüsant ist im Nachhinein, wer ihn aus dieser Strömung in der Umwelt-AG "entdeckte" und für die überregionale Mitarbeit gewann: Jörg Bergstedt - auch daran dürfte Sven Giegold nur ungern erinnert werden (und sein "Entdecker" ist wahrscheinlich auch wenig glücklich über Svens Entwicklung ...).
Im Laufe seiner viele Jahre dauernden anarchistischen Phase zog Sven ins damals noch bestehende Projekt A (Wespe) nach Neustadt und gründete von dort aus die Umweltwerkstatt Verden, von der aus eine anarchistische "Unterwanderung" der Aller-Kleinstadt geplant war. Der Bedarf an erheblichen Geldmitteln provozierte ab ca. 1995 einen Etablierungsprozess bei fast allen Beteiligten. Aus der anarchistischen Veränderung der Stadt wurde die brav-rechtsstaatliche Verwandlund der Ex-Anarch@s. Für Sven und etliche andere mündete sie im Hafen hochmoderne NGOs und Bewegungsagenturen - Attac, Campact, Bewegungsstiftung & Co.
Die erste Wende: Wirtschaftsreformer als Attac-Promi
Ende der 90er legte Sven seine Begeisterung für Herrschaftsfreiheit und radikale Ökologie ab. Da passte dann das Minimalreformprogramm von Attac: Den Kapitalismus begrünen ... Zitate von Sven Giegold mit Positionen pro Staat und Kontrolle sowie seiner Vorliebe für den skandanischen Kapitalismus auf den verschiedenen Zitateseiten von Attac.Zitat aus dem Konrad-Adenauer-Stiftungspapier "Wer oder was ist Attac?" (Juni), wo sonst alle, z.T. mit absurden behauptungen, als linksextrem eingestuft werden (Seite 19):
Sven Giegold Gründungsmitglied von ATTAC. Er war zuvor in der Jugendumweltbewegung und im BUND aktiv. Der Berliner Kongress wurde maßgeblich von ihm organisiert. Bis jetzt hat er sich vergleichsweise gemäßigt und fundiert geäußert.
Vorstellung von Sven bei Sabine Christiansen (www.sabine-christiansen.de, 4.4.2004)
Sven Giegold, 1969 geboren in Las Palmas, studierte von 1991 bis 1996 Erwachsenenbildung, Politik und Ökonomie in Lüneburg, Bremen und Birmingham (UK). 1996 schloss er ab mit dem Master in Wirtschaftsentwicklung und -Politik in Birmingham. Es folgte ein Studium an der Universität Bremen zu verschiedenen Aspekten der Globalisierung. Schon früh engagierte sich Giegold für Umweltschutz und Ökologie. Unter anderem war er Mitglied des BUND-Landesvorstandes in Niedersachsen und am Aufbau des ökologischen Zentrums in Verden beteiligt. 2000 gehörte Giegold zu den Gründern von Attac Deutschland, seit 2001 ist er Mitglied im Koordinierungskreis und der Arbeitsgruppe "Finanzmärkte und Steuerflucht".
Anmerkung: Der positive Bezug auf Giegolds BUND-Aktivität verschweigt, dass er früher zu den wichtigsten internen Kritikern des Verbandes gehörte und gegen Staatsnähe und Hierarchien wetterte.
Junger Mann des Jahres (laut Neon, Jugendmagazin des Stern)
Weitere Zitate aus der damaligen Zeit
Im ersten Semester Politik habe ich begriffen, dass Anarchismus Unsinn ist und ... dass Selbstverwaltung eine gute Idee für Leute ist, die so leben wollen - aber keine Vision für die ganze Gesellschaft.
Ich habe immer Rot-Grün gewählt: Erststimme SPD, Zweitstimme Grüne. Ganz pragmatisch. ... Ich bin auch gegen bedingungslose Schuldenstreichung.
Immerhin bezog Sven damals noch anti-neoliberale Positionen und kritisierte aus dieser Position heraus kräftig die Grünen.
Position 2005 als Attac-Spitzenmann
Aus: "Die ökologischen Wurzeln ausgerissen", in: FR, 6 .1.2005 (S. 7)
Welche Legitimation hat Kapitalismus, wenn er sozial nicht mehr zu regulieren ist? Welche Legitimation kann ein Wirtschaftssystem beanspruchen, das die Demokratie zunehmend ad absurdum führt?
Es geht heute nicht darum, überall den totalen Wettbewerb durchzusetzen, sondern “Verkehrsberuhigungen” durchzusetzen. Das heißt, die Verfügungsgewalt von Kapital und Eigentum zu beschränken. So wären wirtschaftliche Aktivitäten zu ermöglichen, die nicht dem Diktat der höchsten ökonomischen Effizienz folgen, sondern Wirtschaften mit sozialen, ökologischen und demokratischen Zielen verbinden. ...
Früher war es eine Stärke der Grünen, in Frage zu stellen, ob “mehr” immer besser ist. Bis heute gilt es in der Umweltbewegung als Allgemeinplatz, dass unendliches exponentielles Wachstum auf einem begrenzten Planeten unmöglich ist. Es ist breiter Öko-Konsens, dass Ressourceneffizienz nicht ewig exponentiell steigerbar ist und dass der Norden seiner Wirtschaft ökologische Fesseln anlegen muss, damit die armen Länder wachsen können. Produktivitätsgewinne sollten für Arbeitszeitverkürzungen und weniger für ökonomisches Wachstum genutzt werden. Diese Frage wird im Text “Grüne Marktwirtschaft” gar nicht mehr gestellt. Die Wachstumskritik wird mit der Kritik am Konsumterror, am Überfluss kommentarlos entsorgt. Damit brechen die reformierten Grünen an einem zentralen Punkt mit ihren Ökowurzeln.
Wenn sich die WirtschaftspolitikerInnen der Bundestagsfraktion durchsetzen und diese Orientierung an “Grüner Marktwirtschaft” zum Leitbild der Grünen machen, so wird dies dem Bruch mit den sozialen Bewegungen eine weitere Dimension geben. Es mag sein, dass Koalitionen mit CDU und FDP durch diese Programmatik einfacher werden. Dem Ziel eines ökologischen Umbaus unter den Bedingungen eines globalisierten Kapitalismus entspricht sie nicht.
Aus einem Streitgespräch in der taz, 20.2.2002
Im ersten Semester Politik habe ich begriffen, dass Anarchismus Unsinn ist und dass Selbstverwaltung eine gute Idee für Leute ist, die so leben wollen - aber keine Vision für die ganze Gesellschaft ...
Ich habe immer Rot-Grün gewählt: Erststimme SPD, Zweitstimme Grüne. Ganz pragmatisch. Jetzt weiß ich nicht mehr, was ich wählen soll. Gerade die deutschen Grünen sind in der Wirtschaftspolitik zum Neoliberalismus übergelaufen. Hinzu kommt die Kriegspolitik. Da gibt es zwischen grüner Partei und den sozialen Bewegungen einen tiefen Graben. ...
... Wirtschafts- und Steuerpolitik. Da haben die deutschen, nicht die europäischen Grünen eine klar neoliberale Richtung eingeschlagen. ... In der grünen Fraktion gibt es fast niemand mehr, der in Wirtschafts- udn Steuerpolitik ähnlich denkt wie die sozialen Bewegungen. Da verfolgen die Grünen ein anderes Ziel als wir. ...
Viele in der grünen Partei-Elite haben ein Konvertitenproblem. Sie waren früher selbst mal sehr radikal und fundamentalistisch, jetzt erinnert sie die Bewegung daran. Deshalb sind sie dagegen.
Die letzten Worte von Sven Giegold dürften perfekt auf seine eigene Lage heute zutreffen ...
In Original: Giegolds Sprüche in seiner Attac-Zeit
Wie man in Schweden sieht, ist dies auch unter globalisierten Bedingungen mit einer florierenden Wirtschaft vereinbar.
Allerdings würden schon die Verwirklichung von Forderungen wie Schuldenstreichung oder eine Steuer auf Devisenspekulationen reichen, um die extremsten Formen von Armut zu beseitigen. Für mich wäre das eine andere Welt.
Ich habe auch Anteile an einer Firma - unserer Wohnungsgenossenschaft, mit der wir zwei ökologische Häuser gekauft und umgebaut haben, wodurch 25 Arbeitsplätze entstanden.
Kapitalismus ist immer verschieden - der amerikanische unterschiedet sich stark vom schwedischen oder dänischen, wie ich ihn vorziehe.
Die skandinavischen Beispiele zeigen, dass trotz des realen Globalisierungsdrucks, der ja nicht zu leugnen ist, ein aufgebauter Sozialstaat und ökonomischer Erfolg sich keineswegs ausschließen.
In Skandinavien sieht man, dass wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und niedrigere Arbeitslosigkeit sehr wohl mit stärkeren sozialen Rechten und öffentlichen Ausgaben vereinbar sind; auch unter Bedingungen der Globalisierung.
Ohne Regulierung werden Märkte tyrannisch.
Ich bin nach realistischer Abwägung der Vor- und Nachteile ein Befürworter der Marktwirtschaft.
Man braucht Gesetze. Nehmen Sie mal einen Konsumenten, der sich im Supermarkt entscheiden soll, ob er fair gehandelten Kaffee kaufen soll oder einen, der unter den üblichen miesen Methoden angebaut wird. Das wird ihm ohne Gesetze schwer fallen.
Kritische christliche Kräfte, Gewerkschafter, Wohlfahrtsverbände - das sind die entscheidenden Player.
Die meisten Menschen wissen, dass Regulierungen gut für sie sind.
Vernünftig finde ich Arbeitsmarktmodelle, bei denen Flexibilität und Sicherheit zusammenkommen, also Flexicurity.
Zu dieser Zeit findet Sven Giegold die Grünen noch doof:
Die Grünen haben sich in den letzten Jahren imm mehr einer marktliberalen Positoin angenähert. ... (dies) wiedersprich fundamental den Zielen von Attac. (FR, 20.8.2001, S. 1)
Zur Praxis politischen Widerstands hat er aber schon deutlichen Abstand:
Einen Stein zu schmeißen, kann ich mir nicht vorstellen. Unter halbwegs demokratischen Verhältnissen ist Gewalt ein ineffektives und unmoralisches Mittel.
Es geht um diejenigen, die sich um Absprachen einen Teufel geschert haben. Die will ich in der Tat auf Demonstrationen mit Attac nicht mehr sehen.
Große Bündnisdemonstrationen kann ich mir künftig nur mit eigenen OrdnerInnen vorstellen, die demokratisch vereinbarte Regeln der Veranstalter durchsetzen.
Wendehals, zum nächsten ... als Grüner deren Vorreiter für ökoneoliberale Modernisierung
Svens Denken verschob sich weiter. Schließlich landete er bei den Grünen, die er kurz zuvor noch scharf kritisiert hatte. Nicht die Grünen hatten sich verändert, sondern Sven. Das ging weiter - so wurde er bei den Grünen zum Vorreiter eines neoliberalen Wirtschaftsprogramm, dem "Green New Deal". Ein paar Jahre, nachdem er in seiner Zeit als Attac-Sprecher formulierte: "Ich bin kein Antikapitalist. Im Übrigen war ich nie gegen jegliche Militäreinsätze."Im Original: Green New Deal
Position sieben Jahre später - jetzt bei den Grünen (MdEP)
Aus Sven Giegold/Reinhard Bütikofer: "Der Grüne New Deal"
Es geht um ebenso massive wie nachhaltige Investitionen, nicht um kurzatmige Konjunkturspritzen. Die Märkte der Zukunft sind grün. Das verlangt, Ökonomie und Ökologie fortan fest zu verbinden. ... (S. 20)
Denn die ökologische Modernisierung erhält und schafft auch Arbeitsplätze in den klassischen Industriebranchen – in der Automobilindustrie, in der Chemie, im Maschinenbau, in der Stahlerzeugung und im Handwerk. ...
Märkte sind machtvolle Treiber von Innovation und Veränderung und genau das brauchen wir zur ökologischen Modernisierung der Märkte. ... (S. 21)
Eine leistungs- und wettbewerbsfähige Industrie, zukunftsfähige Arbeitsplätze und eine ressourcenverträgliche Produktion gehen Hand in Hand. Allerdings wird dieser Wechsel nicht von selbst kommen. Dazu braucht es aktive Politik, die Marktmechanismen nutzt, um die Kreativität und Innovationskraft der Unternehmen in den ökologischen Umbau
zu lenken. ...
Wir wollen der Industrieproduktion Impulse geben, sich insgesamt unter Energie- und Materialeffizienzgesichtspunkten zu erneuern und zukunftsweisende Technologien vorantreiben – sei es in der Erneuerbare-Energien-, der Automobil- oder der Chemieindustrie. ... (S. 24)
Die Chemieindustrie ist in Deutschland ein erheblicher Wirtschaftsfaktor. Sie gibt rund 440.000 Menschen Lohn und Brot. Auch deshalb sind wir gut beraten, eine leistungsfähige Chemieindustrie in Deutschland zu halten und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Unser Ziel ist es, in Deutschland Arbeitsplätze in der chemischen Industrie zu erhalten und neu zu schaffen. Die Themen Klima, Umwelt und Ressourcenknappheit sind der Schlüssel zu neuen Geschäftsfeldern. Je früher sich die deutsche Chemieindustrie wandelt hin zur Green Chemistry und auf Nachhaltigkeitskurs einschwenkt, desto besser ist dies für ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit und für Arbeitsplätze in Deutschland. ... (S. 26)
Denn der Weg durch den ökologischen Umbau Wachstum, Ressourceneinsparung und Klimaschutz miteinander zu versöhnen, funktioniert gut für die nächsten 10 bis 20 Jahre. (S. 36)
Aus der Schrift "Green New Deal" der Heinrich-Böll-Stiftung (Sven Giegold nicht als Verfasser) noch passend dazu (S. 9):
Nicht das Wachstum an sich ist problematisch, es ist nur die Frage, WAS wächst. ...
Der Green New Deal verbindet umweltfreundliches Wachstum mit besserer Gesundheit, mehr Bildung und qualifizierten Arbeitsplätzen. Arbeitskräfte aus den alten Industrien können für grüne Technologien umgeschult werden. Entscheidend aber ist die Entkopplung von wirtschaftlichem Wachstum und Naturverbrauch: die Wirtschaft darf nicht länger wachsen, in dem sie die natürlichen Lebensgrundlagen zerstört.
Sven Giegold im Streitgespräch mit Ulrich Brand, in: taz, 5.9.2009 (S. 4)
Bei den erneuerbaren Energien ist beispielsweise eine Art ökonomische BürgerInnenbwegung entstanden aus mittelständischen Unternehmen, Bürgerinnen und Bürgern, die Solaranlagen auf Dach bauen, und Landwirten, die nachwachsende Rohstoffe anbauen. ...
Wenn wir unsere Zeit mit solchen Grundsatzdebatten verschwenden, vergeben wir eine historiche Chance. In einer solchen Krise muss man die Gunst der Stunde nutzen, um wenigstens das Mögliche durchzusetzen - auch wenn das einen Pakt mit dem Teufel bedeutet. Eine Ökologisierung und soziale Bändigung des Kapitalismus abzulehnen, weil damit unser Wirtschaftssystem nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird, scheint mir angesichts der Klimakrise zynisch. So viel Zeit haben wir nicht mehr ...
Das Kioto-Abkommen war enttäuschend, weil nur wenige Länder mitmachen, und von denen hat sich nur ein Teil an die Vereinbarungen gehalten. Trotzdem war das Abkommen gerade für die kritische Zivilgesellschaft eine große Hilfe, denn sie konnten ihre Regierungen daran messen.
Noch ein Schritt: Als Kapitalismusbefürworter eine grüne Führungsfigur im Europaparlament
Sven Giegold verfälschte nun seine Biographie. Im Jahr 2002 berichtete der Stern zum Beispiel in einer Homestory über ihn und andere Ex-Anarchos der Attac-Führung: "Das Telefon klingelt, die Redakteurin der "taz" ist dran. Sven Giegold erklärt ihr, der er früher selbst den Grünen nahe stand. "Aber das ist vorbei"." Gelogen: Sven war früher deutlich radikaler und gerade nicht grünen-nah. Attac ist keine Radikalisierung, sondern eine weitere Annäherung an bürgerlich-prostaatliche Positionen - die er dann konsequent weiterführte bis zum Mitmachen bei den Grünen einige Jahre später.
Im August 2008 dann verkündete Sven: Meine Heimat sind die Grünen - nicht antikapitalistisch, nicht gegen Militäreinsätze, so wie er auch. Dass er behauptete, auch nie anders gewesen zu sein, war gelogen - aber dürfte typisch sein für Ex-Bewegungsleute, die nun politische Karrierist*innen werden. Dass er in den letzten Jahren vor Betreten der grünen Karriereleiter aber tatsächlich schon so drauf war, sollte denen zu denken geben, die an solchen Führungsfiguren festkleben (z.B. bei Attac). Bleibt daher als Trost: Gut, dass er weg ist aus solchen Organisationen, die zwecks eigener PR-Präsenz an solchen Leuten festhalten. Leider bot ihm Attac nämlich lange weiter eine Bühne:
Letzte Hoffnung: Der Staat ++ Auftritt beim Kapitalismuskongress im März 2009 in Berlin
Anschließend: Gastbeitrag in der FR, 10.3.2009 (S. 3). Auszug:
Unkooperative Staaten kämen dann auf eine schwarze Liste von Steueroasen und müssten mit Sanktionen rechnen. ... Steuerliches Bankgeheimnis und steuerliche Gerechtigkeit sind nicht vereinbar. Selbstverständlich ist es trotzdem das demokratische Recht jedes Landes, für die eigenen Bürgerinnen und Bürger an einem ausnahmslosen Bankgeheimnis festzuhalten. Unakzeptabel ist jedoch, die eigene Souveränität als Steueroase zu missbrauchen und andere Länder am Vollzug ihrer Steuergesetze zu hindern.
Im Original
Aus "Ein politisches Signal", in: taz, 26.8.2008
Wichtig ist, dass sich die Grünen auf ihren Parteitagen in Göttingen und Nürnberg ganz klar zu einer konsequenten ökologischen, sozialen und friedenspolitischen Orientierung bekannt haben. Für diese Ziele stehe auch ich. ...
Ich teile, dass die EU zuvörderst eine Chance darstellt: Es ist die einzige Möglichkeit, die Globalisierung wirkungsvoll zu regulieren. Ob bei Steuern, bei Sozialpolitik, bei Ökologie oder Friedenspolitik - wir brauchen gemeinsames europäisches Handeln. ...
Ich teile den Beschluss des Göttinger Parteitags. Im Übrigen war ich nie gegen jegliche Militäreinsätze. Das kann zur Durchsetzung der Menschenrechte als letztes Mittel unter UN-Mandat notwendig sein. ...
... auch Koalitionen mit der Union halte ich nicht grundsätzlich für falsch, wenn dabei auch für soziale Gerechtigkeit etwas herauskommt. ...
Aus "APO fürs Parlament", in: FR, 27.8.2008 (S. 9)
"Leute wie Lochbihler und Giegold verkörpern genau das Spektrum, das die Grünen brauchen", sagte Cohn-Bendit der Frankfurter Rundschau. Das findet - umgekehrt - auch der langjährige Attac-Aktivist. "Ich fühle mich bei den Grünen zu Hause", so Giegold. ...
Bereits 2007 holte die Partei den Finanzexperten Giegold in ihre sozialpolitische Kommission. Heute sagt Giegold: "Die Grünen haben Klarstellungen und Korrekturen gegenüber ihrer Regierungspolitik vollzogen zugunsten von sozialer Gerechtigkeit." Auch in der Außen- und Sicherheitspolitik könne er deren Positionen unterschreiben.
Wenigstens endlich ehrlich ...
Aus "Ich bin kein Antikapitalist", Interview in: Junge Welt, 27.8.2008 (S. 2)
Der Göttinger Parteitag hat das Mandat für die "Operation Enduring Freedom" abgelehnt, ein großer Teil der Bundestagsfraktion hat sich dem angeschlossen. Es wurde ferner beschlossen, daß das ISAF-Mandat für Afghanistan weiter unterstützt werden kann, sofern es dort einen Strategiewechsel gibt. Dazu stehe ich. Den gab es bisher nicht, deswegen wird das Mandat fragwürdig – darüber gibt es in der Partei auch intensive Diskussionen.
Ich meine, daß der Afghanistan-Einsatz deutscher Truppen von Anfang an falsch war – bei den Grünen wurde das Thema ja auch kontrovers diskutiert. Jetzt heißt es aber, Verantwortung zu übernehmen. Und dazu gehört, daß die Soldaten schnell abgezogen werden müssen. Verantwortungslos und geschichtsblind ist es, nach dem Motto der Linkspartei, "Bundeswehr raus" zu brüllen und Afghanistan in Gewalt versinken zu lassen. Die Lage dort müßte stabilisiert werden, etwa durch eine UN-Friedenstruppe. ...
Ich stehe für eine soziale und ökologisch regulierte Marktwirtschaft, die durch einen öffentlichen und einen solidarwirtschaftlichen Sektor ergänzt wird. Ich bin kein Antikapitalist.
Aus einem Interview in der Jungen Welt am 13.5.2009 (S. 2)
Ansonsten kann man Rot-Grün viel vorwerfen, aber im Umweltbereich sind die Grünen glaubwürdig. ...
Ich bin nicht grundsätzlich gegen Schwarz-Grün oder eine "Ampel" aus SPD, FDP und den Grünen.
Sven Giegold im Gespräch mit HR2 am 18.12.2012
Ich bezeichnete mich gerne als Bewegungsunternehmer ... (behauptet, das erste Mal länger dabei geblieben zu sein bei Attac, was nicht stimmt - aber seine ökoanarchistische Vergangenheit verleugnet er halt)
Der christliche Hintergrund ist für mich sehr wichtig, ist auch etwas, was mit trägt. ...
In vielen Fragen, die etwas mit Natur zu tun, habe ich auch stark konservative Züge. ...
Ich bin sehr pro-europäisch. ...
Politiker zu Giegold: "Sven, Du bist sehr gut darin, Kompromisse zu suchen." "Ja, das hab ich bei Attac gelernt." ...
Sie brauchen halt die Industrie und Greenpeace. Und sie brauchen die Finanzindustrie und Finance Watch. ...
Der Nationalstaat ist am Ende ... wir haben globale Problemen und wir müssen lernen, Souveränität zu teilen. ... Die Alternative zum Scheitern globaler Regeln ist die Zerstörung. ...
Demokratie breitet sich aus. Ich finde es nicht überhaupt nicht einsichtig, warum man irgendeinem Pessimismus anhängen sollte, dass die Kontrolle der wirtschaftlichen Globalisierung duch die Demokratie nicht möglich wäre.
Trotzdem: Nicht verändert ... findet zumindest der Spiegel (Ausgabe 4/2009, S. 28)
Sven Giegold versteht es manchmal selbst nicht. Er hat sich ja nicht verändert.
"Europas größte Hoffnung"
Sven Giegold über den französischen Präsidenten Macron
Am 8.5.2017: "Rückenwind für Reformen in Europa"
Am 12.6.2017: "Macron ist eine große Chance für Europa"
Am 10.5.2018: "Macron ist ein verdienter Träger des Karlspreises. ... Nach langer Zeit des Kleinmuts hat Macron Europa in die Offensive gebracht. Er erreicht mit dem Thema Europa nicht nur die Köpfe der Menschen, sondern auch die Herzen. ... Kurzum: Macron erzeugt Leidenschaft für Europa. Das rechne ich ihm hoch an. ... Frankreich hat zuletzt die weitreichendsten Reformvorschläge für die Eurozone und die Europäische Union insgesamt vorgelegt. Von diesem europäischen Mut könnte sich Angela Merkel durchaus etwas abschneiden."
Immerhin weiß er selbst, wie die Realität aussieht: "Die Kritik in Frankreich an seinen Reformen ist zum Teil sehr berechtigt. Die wohlklingenden Reden von Macron nützen doch nur dann, wenn auch entsprechende Taten folgen. Hier klafft gerade in Macrons Sozialpolitik eine eklatante Lücke zwischen dem Anspruch eines sozialeren Europas und der Wirklichkeit von seiner Reformagenda. Besonders bitter ist, dass er entgegen seiner humanistischen Positionen zur Flüchtlingspolitik mit brutalen Mitteln gegen Flüchtlinge vorgeht, etwa wenn ihre Zelte und Schlafsäcke zerstört werden. Auch eine grundlegende Veränderung der unseligen Politik Frankreichs in den ehemaligen afrikanischen Kolonien kann ich nicht erkennen. Am Umgang mit den Schwächsten jedoch erkennt man die wirkliche soziale Haltung."
"Macron der Moderne, Zerstörer des Sozialstaats", titelte im Juni 2018 die Tageszeitung Libération (Quelle: Junge Welt über Macron am 14.6.2018) Eine große Chance für Europa???
Nochmal Sven Giegold im Original
Was mich am meisten freut ...
Wenn unsere Solaranlage viel Strom einspeist.
Der schöne Erfolg von Attac, vor allem in Deutschland.
Dass immer mehr Regierungen unsere Hauptforderung, die Tobin Tax, übernehmen.
Was mich am meisten ärgert ...
Die Steuerflucht aus Deutschland.
Die nächste Stufe: Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium
Sven Giegold saß schon in der Sondierungsgruppe, die im Herbst 2021 auslotete, ob FDP, Grüne und SPD zusammen eine Regierung bilden könnten. Er war dann bei den Koalitionsverhandlungen dabei. Robert Habeck, grüner Wirtschaftsminister, machte ihn dann zum Staatssekretär. Es darf gemutmaßt werden, dass Giegolds konsequente pro-kapitalistische Einstellung mitgeholfen hat, das Bündnis mit der FDP zu schmieden, von dem fast alle Medien schrieben, dass es vor allem die Handschrift der FDP trägt: Alles auf Marktwirtschaft, Konzerne und profitable Geschäfte als Weltretter.Und noch eine Wendung: Vom überzeugten Anarchisten zum Gottesanbeter
Keine Ahnung, ob er das auch im ersten Semester seines Wirtschaftsstudiums gelernt hat (wo er ja nach eigener Aussage seiner Anarchie abgeschworen hatte) ...Aus "Der Protestant", in: taz 20.5.2014
Sven Giegold ist Protestant, nicht nur auf dem Steuerbescheid. Bei ihm zu Hause werde vor dem Essen gebetet, erzählt er. Bei einem Zwischenstopp in Neuwied am Rhein besucht er das Grab seiner Schwiegeroma, lässt sich durch die Freikirche führen. „Glaube und gesellschaftliche Verantwortung gehören für mich zusammen“, sagt er später vor elf Leuten im Gemeindesaal.