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ABHANDLUNGEN ÜBER DIE DEMOKRATIE

Hamilton/Madison/Jay: Verfassungskommentar


1. Aus dem Buch "Demokratie" (SeitenHieb-Verlag)
1. Texte aus Klassikern und aktuellen Theoriewerken (Übersicht)
3. Das Grundlagenprogramm
4. Staat ohne Herrscher
5. Input-orientierte und output-orientierte Demokratie
6. Von den natürlichen Bedingungen der Menschheit im Hinblick auf ihr Glück und Unglück
7. Hamilton/Madison/Jay: Verfassungskommentar
8. Revolution der Demokratie
9. Die bürgerliche Verfassung in jedem Staate soll republikanisch sein
10. Niklas Luhmann: Die Zukunft der Demokratie
11. Vom Gesellschaftsvertrag
12. Joseph Schumpeter: Elitetheorie
13. Max Weber: Politik als Beruf
14. Die bürgerliche Elite zu ihrem Liebling "Demokratie"
15. Der Staat
16. Thomas von Aquin: Über die Herrschaft des Fürsten
17. Input-orientierte und output-orientierte Demokratie
18. Führungsschicht und einzelner Bürger
19. Die Machtfrage bei Hobbes und Spinoza
20. Vom Staatsrechte, oder dem Rechte in einem gemeinen Wesen
21. Hardt/Negri: Multitude

Aus Hamilton, Madison. Jay, Die Federalist-Artikel. Politische Theorie und Verfassungskommentar der amerikanischen Gründerväter. Herausgegeben, übersetzt, eingeleitet und kommentiert von Angela Adams und Willi Paul Adams. Paderborn u.a. 1994, Federalist-Artikel Nr. 10 (Madison), S. 50-58 (Auszüge), zitiert in: Massing, Peter/Breit, Gotthard (2002): „Demokratie-Theorien“, Wochenschau Verlag Schwalbach, Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn (S. 142 ff.)

Die latente Ursache für Faktionen sind also in der menschlichen Natur angelegt, und sie werden den jeweils unterschiedlichen gesellschaftlichen Bedingungen entsprechend unterschiedlich stark aktiviert. Der Eifer, unterschiedliche Meinungen in Glaubensdingen, in Fragen des politischen Systems und zu vielen anderen Fragen, theoretisch wie auch praktisch zu vertreten; die Bindung an bestimmte politische Führer, die ehrgeizig um Vorrang und Macht konkurrieren; oder die Bindung an andere Personen, deren Schicksal für die Menschen emotional interessant ist, haben die Menschen in Parteien gespalten, die sich feindselig gegenüberstehen und eher dazu tendieren, die anderen zu schikanieren und zu unterdrücken, als für das Gemeinwohl zusammenzuarbeiten. So stark ist dieser Hang der Menschheit, sich feindselig gegeneinander zu stellen, daß es auch dann dazu kommt, wenn kein wirklicher inhaltlicher Anlaß besteht. Dann reichen nichtige und eingebildete Unterschiede aus, um feindliche Leidenschaften zu entfachen und gewalttätige Konflikte auszulösen. Aber die vorherrschende und permanente Ursache für die Existenz unterschiedlicher Faktionen liegt in der vielfältigen und ungleichen Eigentumsverteilung. Die Besitzenden und die Besitzlosen haben schon immer getrennte gesellschaftliche Interessen gebildet. Zwischen Gläubigern und Schuldnern besteht derselbe Unterschied. Grundbesitzer, Manufakturbesitzer, Vertreter von Handel und Finanzen und viele kleinere Interessengruppen entstehen in zivilisierten Nationen zwangsläufig und spalten die Gesellschaft in verschiedene Klassen, die durch unterschiedliche Gefühle und Meinungen motiviert sind. Diese vielfältigen und widersprüchlichen Interessen zu regulieren, ist die vordringliche Aufgabe moderner Gesetzgebung, die auch Parteigeist und Interessengegensätze in die nötigen und normalen Funktionen eines Regierungssystems einbeziehen muß.
(...)
Daraus ergibt sich, daß man die Ursache von Faktionen nicht beseitigen kann und Abhilfe nur in den Mitteln zu Finden ist, die deren Auswirkungen unter Kontrolle zu bringen trachten.
Wenn eine Faktion zahlenmäßig kleiner als die Mehrheit ist, darin schafft das republikanische Prinzip Abhilfe, dass die Mehrheit in Stand setzt, böse Absichten per Abstimmung zu Fall zu bringen. Eine Faktion mag dann den Regierungsapparat lahmlegen oder gesellschaftliche Unruhen auslösen, aber sie kann ihre Gewalttaten nicht im Rahmen und unter dem Schutzmantel der Verfassung ausführen. Wenn die Mehrheit jedoch Teil einer Faktion ist, dann ermöglicht die Form eines demokratischen [popular] Regierungssystems es dieser Faktion, das öffentliche Wohl und die Rechte anderer Bürger ihrer Leidenschaft oder ihrem Interesse zu opfern. Wie das öffentliche Wohl und individuelle Recht vor der Gefahr einer solchen Faktion geschützt und gleichzeitig Geist und Form eines demokratischen [popular] Regierungssystems gewahrt werden können, ist der zentrale Gegenstand unserer Untersuchung. Ich betone: Das ist unser eigentliches Ziel. Denn nur so läßt sich diese Regierungsform von dem Makel befreien, der so lange auf ihr gelastet hat, nur so kann man sie der Menschheit zur Achtung und Annahme empfehlen.
Wie läßt sich dieses Ziel erreichen? Offenbar nur durch eine von zwei Methode: Entweder muß man die Entstehung gleicher Leidenschaften oder Interessen innerhalb der Mehrheit zu ein und demselben Zeitpunkt verhindern, oder man muß die Mehrheit, die von solchen parallelen Leidenschaften oder Interessen erfaßt wird, durch ihre Zahl oder geographische Umstände daran hindern, ihre unterdrückerischen Pläne zu koordinieren und auszuführen. Wenn man es zuläßt, daß Impuls und Gelegenheit zusammenkommen, kann man sich bekanntlich weder auf moralische noch auf religiöse Motive als ausreichende Kontrolle verlassen. Sie können dies gegenüber der Ungerechtigkeit und Gewalttätigkeit von einzelnen nicht leisten, und sie verlieren noch an Wirksamkeit, je größer die Gruppe wird, d.h. genau in dem Verhältnis, in dem ihre Wirksamkeit umso nötiger ist.

Eine Republik, womit ich ein Regierungssystem meine, in dem das Konzept der Repräsentation verwirklicht ist, eröffnet ganz andere Perspektiven und bietet das Heilmittel, nach dem wir suchen. Analysieren wir die Punkte, in denen sich Republik und reine Demokratie unterscheiden, dann wird die Art des Heilmittels verständlich und seine Wirkung, die es gerade aus der Union beziehen wird.
Die beiden entscheidenden Unterschiede zwischen einer Demokratie und einer Republik sind: erstens, die Delegierung der Herrschaftsgewalt an eine kleine Zahl von den Übrigen gewählter Bürger in letzterer; zweitens, eine größere Zahl von Bürgern und ein größeres Territorium, auf das die Republik ausgedehnt werden kann.

Der zweite Unterschied besteht in der größeren Zahl von Bürgern und dem größeren Gebiet, das durch ein republikanisches im Unterschied zu einem demokratischen Regierungssystem beherrscht werden kann. Und diesem Umstand vor allein ist es zuzuschreiben, wenn man faktiöse Vereinigungen in ersterem weniger fürchten muß als in letzterem. je kleiner ein Gemeinwesen ist, desto weniger Parteien und Sonderinteressen werden darin existieren. Je weniger Parteien und Sonderinteressen bestehen, desto häufiger kann sich eine Mehrheit aus derselben Partei bilden. Je weniger Personen eine Mehrheit bilden können, Lind je enger sie beieinander leben, desto leichter fällt es ihnen, ihre Pläne zur Unterdrückung anderer zu koordinieren und ins Werk zu setzen. Vergrößert man das Gebiet, so umfaßt es eine größere Vielfalt von Parteien und Interessen, damit aber wird es weniger wahrscheinlich, daß eine Mehrheit des Ganzen eine gemeinsames Motiv hat und die Rechte der anderen Bürger verletzt.

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