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WÜHLEN IN FREMDEN HÄUSERN ... OHNE DURCHSUCHUNGSBESCHLUSS

Rechliche Aspekte der Hausdurchsuchung


1. Einleitung
2. Durchsuchung der Projektwerkstatt
3. Rechliche Aspekte der Hausdurchsuchung
4. Beschwerden
5. Sinnloser Instanzenkampf: Die nächste Runde ....
6. Mehr Informationen

Für eine Hausdurchsuchung gibt es rechtliche Grundlagen. Sie kann nach Strafprozessrecht laufen, wenn eine Straftat vermutet wird. Oder präventiv, um solche zu verhindern - dann gilt das Polizeirecht, in Hessen das HSOG. Da die Polizei ja behauptete, es läge eine Straftat vor (auch wenn die erfunden war), muss die StPO zur Anwendung kommen. Ganz klar ist das aber nicht, weil ja nicht nur die Räume von zu Verdächtigen gemachten Personen durchsucht wurden, sondern alles. Da es keinen Durchsuchungsbefehl gab, bleibt diese Frage offen und hier sind deshalb immer beide Gesetzesgrundlagen aufgeführt.

StPO § 102
Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

1. Durchsuchung ohne richterlichen Beschluss

HSOG § 39, (1)
Durchsuchungen bedürfen außer bei Gefahr im Verzug der richterlichen Anordnung. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Wohnung liegt.

Die BeamtInnen konnten keinen Durchsuchungsbefehl vorlegen. Mit einer Notlüge versuchte der Staatsschutzbeamte Broers das zu verschleiern. Er behauptete vor Ort, es gäbe einen Durchsuchungsbeschluss, der noch nachgereicht würde. Das allerdings geschah nie. Laut den Akten gab es auch ein solches Papier nicht, sondern nur eine lose Absprache zwischen Staatsschützerin Cofsky und einer Bereitschaftsstaatsanwältin. Das dort vermerkte Ziel der Durchsuchung hatte mit dem realen Ablauf denn auch nichts zu tun. Motto: Ist die Rechtsgrundlage erst ruiniert, durchsuchtst sich gänzlich ungeniert ...

StPO § 105
(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter an; die Staatsanwaltschaft ist hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug ist.

Aber: Die Festnahmen erfolgten um 4.00 Uhr, die Durchsuchung erst um 9.15 Uhr. Da war also genug Zeit für einen richterlichen Beschluss. Außerdem ist bis heute ungenannt, warum "Gefahr im Verzuge" gewesen sein soll. Da alle Haus-/WohnungsinhaberInnen inhaftiert waren, bestand keinerlei Gefahr der Veränderung von Beweismitteln. Abgesehen davon, dass ebenfalls noch ungeklärt ist, welche Beweismittel eigentlich verschwinden sollten, denn eine Straftat mit politischem Hintergrund, wie von der Polizei erfunden, hab es am 14.5.2006 überhaupt nicht ...

2. Kein Anfangsverdacht

StPO § 102
Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

Bis jetzt wurde keinerlei Begründung für die Hausdurchsuchung benannt. Die Beschlagnahme von Flugblättern, Kalendern, Adresslisten usw. läßt auch eher auf ein allgemeines Interesse an den Arbeitsstrukturen der Projektwerkstatt schließen.

3. Anwesenheit der Wohnungsinhaber

HSOG § 39, (2)
Bei der Durchsuchung einer Wohnung hat die Wohnungsinhaberin oder der Wohnungsinhaber das Recht, anwesend zu sein. Bei Abwesenheit ist, wenn möglich, eine Person, die zur Vertretung befugt ist oder eine erwachsene Angehörige, ein erwachsener Angehöriger, eine Hausgenossin oder ein Hausgenosse, eine Nachbarin oder ein Nachbar zuzuziehen.

StPO § 106 (1)
Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume oder Gegenstände darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar zuzuziehen.

Die WohnungsinhaberInnen wurden jedoch nicht informiert, obwohl das einfach gewesen wäre - schließlich saßen sie bei der gleiche Polizeieinheit im Gewahrsam. Er gab auch keinen Versuch, Angehörige oder unabhnägige ZeugInnen hinzuzuziehen. Zudem erfolgte keine Informierung der WohnungsinhaberInnen danach, obwohl das aus gleichem Grund einfach gewesen wäre.
Durchgehend wurden mehrere Räume auf einmal durchsucht, d.h. es wäre auch keine Anwesenheit Angehöriger möglich gewesen bei allen Durchsuchungsaktivitäten.

4. Niederschrift fehlt

HSOG §39 (4)
Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muß die verantwortliche Gefahrenabwehr- oder Polizeibehörde, den Grund, die Zeit, den Ort und das Ergebnis der Durchsuchung enthalten. Die Niederschrift ist von einer oder einem durchsuchenden Bediensteten und der Wohnungsinhaberin oder dem Wohnungsinhaber oder der zugezogenen Person zu unterzeichnen. Wird die Unterschrift verweigert, so ist hierüber ein Vermerk aufzunehmen. Der Wohnungsinhaberin, dem Wohnungsinhaber oder der Person, die zur Vertretung befugt ist, ist auf Verlangen eine Durchschrift der Niederschrift auszuhändigen.

Bis heute fehlt eine Niederschrift.

5. Sicherstellung

StPO § 109
Die in Verwahrung oder in Beschlag genommenen Gegenstände sind genau zu verzeichnen und zur Verhütung von Verwechslungen durch amtliche Siegel oder in sonst geeigneter Weise kenntlich zu machen.

Es erfolgen nur Sicherstellungen von Dingen, die nix mit Sachbeschädigungen zu tun haben. Dem Sicherstellungsprotokoll mangelt jegliche Präzision. Es ist nicht geeignet überhaupt darzustellen, was beschlagnahmt wurde. Dort steht ganz allgemein „div. schriftliche Unterlagen“. Die Möglichkeiten, Einspruch gegen die Sicherstellung einzelner Gegenstände oder deren Herausgabe zu fordern ist nur möglich, wenn den Betroffenen bekannt ist, was eigentlich alles in die Hände der Polizei gelangt ist. Das ist im konkreten Fall von besonderer Brisanz weil Beschuldigte oder anderweitig Betroffene der Durchsuchung zum Zeitpunkt der Maßnahme in Polizeigewahrsam waren (u.a. Jörg Bergstedt und der Unterzeichner, die beide in der Projektwerkstatt gemeldet sind).
Es wurden Flugblätter (u.a. von der Aktion Gendreck Gießen), Broschüren sowie ein privater Kalender mitgenommen. Was haben Kalender oder Flugblätter mit Farbschmierereien zu tun? Im Sicherstellungs/Beschlagnahme-Protokoll nämlich lautet die Begründung bzw. der Verdacht: "Sachbeschädigung"

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