Direct-Action

AKTIONEN PRO FAHRRAD

Berichte, Tipps, Beschreibungen


1. Berichte, Tipps, Beschreibungen
2. Critical Mass: Demo, Zufall oder Veranstaltung?

Die Broschüre zu allen Aktionsideen in Sachen Verkehrswende, Nulltarif, Aktionsschwarzfahren, Fahrrad und mehr:
... selbstverständlich Creative Commons - also druckt die gerne nach und bringt sie in Umlauf!!!

Hier folgen Aktionsvorschläge pro Fahrrad. Eine wirkungsvolle Protestwelt ist bunt und besteht aus vielen, sich selbst organisierenden Aktionen. Sie werden gestärkt und erreichen auch eine gemeinsame Wirkung, wenn es inhaltliche Klammern gibt. Also nicht nur eine Aktion machen, sondern eine ganze Serie miteinander verknüpfter Aktionen.

Fahrraddemos
Das Versammlungsrecht erlaubt die Nutzung aller Straßen, aber auch von Plätzen, den öffentlichen Zonen in Bahnhöfen und Flughäfen für die gemeinschaftliche Meinungskundgabe. Ab zwei Personen seid ihr eine Demo, wenn ihr politische Forderungen oder Ähnliches nach außen zeigt. Polizeirecht, Straßenverkehrsordnung und einiges mehr werden dann verdrängt - allerdings nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeit. Der aber ist weit gesteckt, so dass eine größere Menge Menschen bei passendem thematischen Bezug sogar Autobahnen für Demos nutzen kann.

Checkliste zur Anmeldung von größeren Raddemos
  • Anmeldung möglichst frühzeitig tätigen (mindestens zwei Wochen, besser mehr)
  • Am besten schon im Vorhinein das Gespräch mit den Behörden aufzunehmen, um den Einfluss der Straßenbetreiber etwas abzumildern.
  • Ohne Anmeldung darf die Demo nicht beworben werden. Für eine große Demo ist aber eine lange Mobilisierungszeit wichtig.
  • Je später die Anmeldung getätigt wird, desto länger besteht Ungewissheit über die Strecke, die dann tatsächlich gefahren werden darf.
  • Eine große Mobilisation ist wichtig, große Straßen wollen auch mit vielen Menschen gefüllt werden, um gute Bilder für Zeitungen, Fernsehen und das Internet zu erzeugen.
  • Für den Zeitplan sollte man innerorts nicht mit höheren Fahrgeschwindigkeiten als 12 km/h und außerorts nicht mit mehr als 15 km/h rechnen, auch müssen je nach Streckenlänge Pausen eingeplant werden.
  • Orte einplanen mit veröffentlichten Zeiten, wo Menschen hinzustoßen oder die Versammlung verlassen können– am besten getimed auf Zugverbindungen abzustimmen.
  • Um den Zeitplan einzuhalten zu können und um den Zug im Überblick behalten zu können ist es dann äußerst sinnvoll, wenn es eine feste erste und letzte Person bei dem Zug gibt, die sich in einer Telekonferenz (mit Headset) oder per Funk austauschen können. Die Länge eines Zuges kann sich über mehrere Kilometer hinziehen, sodass es sonst unmöglich wird die Übersicht zu behalten und zu wissen was vorne und hinten los ist.
  • Stopps zum Reparieren von Fahrrädern kosten sehr viel Zeit. Daher lieber Lastenräder und Tandems am Ende mitfahren lassen, die Gestrandete aufnehmen – oder zur Not einen motorisierten Transporter.
  • Dann fehlt eigentlich nur noch die Musik und das Mikrofon, um Reden zu halten …

  • Extraseiten zum Demorecht: www.demotipps.siehe.website ++ speziell zu Autobahndemos

Critical Mass
"Mehr als 15 Rad Fahrende dürfen einen geschlossenen Verband bilden. Dann dürfen sie zu zweit nebeneinander auf der Fahrbahn fahren", sagt § 27 der Straßenverkehrsordnung. Das Gesamtgebilde verhält sich dann so, als wäre es ein Fahrzeug, d.h. der gesamte Tross fährt noch über die Ampel, wenn das erste Rad (noch) grün hatte. So lässt sich völlig regelkonform ein wenig Freiraum erkämpfen. Leider haben viele Critical-Mass-Veranstaltungenihre klaren politischen Forderungen verloren und sind eher eine Party auf Rädern. Sie könnten durch einen Bezug lokalen Verkehrsfragen und -vorschlägen wieder an politischer Wirkung gewinnen. Neben der Critical Mass gibt auch weitere Formate kreativer Demonstrationsformen (Reclaim the streets usw.).


Beschreibung auf der Seite von Critical Mass Kiel
Critical Mass (dt. kritische Masse) ist eine Form der direkten Aktion, bei der sich mehrere nicht motorisierte VerkehrsteilnehmerInnen (meist RadfahrerInnen) treffen, um mit gemeinsamen Fahrten durch Innenstädte, ihrer bloßen Menge und dem konzentrierten Auftreten von Fahrrädern auf den Radverkehr als Form des Individualverkehrs aufmerksam zu machen. Die Critical Mass ist eine weltweite Bewegung, angefangen 1992 in San Francisco und wird in nahezu jeder größeren Stadt zelebriert – auch in Deutschland. In manchen Städten in Deutschland kommen bis zu 5000 Radler zur gemeinsamen Ausfahrt zusammen.

Neben der Critical Mass gibt es auch andere Fahrrad-Demos, z.B. das Umweltfestival mit ADFC-Sternradtouren in Berlin. Viel davon ist inzwischen touristisch überprägt oder zur rollenden Party gewandelt worden. Eine Repolitisierung tut not!

Fahrradbus
Eine spannende Idee: Morgens vor Schulbeginn oder zu anderen Zielen werden mitradelnde Kinder entlang einer festen Route mit festen Zeiten eingesammelt und radeln dann als Pulk wie ein Schulbus gemeinsam zum Ziel.

Fahrradstraßen aufmalen
Ein gutes Netz von Fahrradstraßen ist das Rückgrat einer Verkehrswende hin zu mehr Fahrradverkehr. Bis zu 60 Prozent schaffen einige Städte damit schon, z.B. Groningen in der Innenstadt. Mehrere Städte, darunter auch Münster in Westfalen, nähern sich der 50-Prozent-Marke. In jedem Fall ist das Fahrrad dann schon das häufigste Verkehrsmittel, denn der Rest ist ja noch auf Fuß, Bus/Bahn und Auto aufgeteilt.
Der Wechsel auf das Fahrrad erfolgt dort, wo gut befahrbare Fahrradstraßen ein dichtes Netz ergeben - und Autos verdrängt werden. Statt noch mehr Beton in die Landschaft zu kippen, sollten bisherige Autostraßen in Fahrradstraßen verwandelt werden. Schließlich soll es ja mehr Fahrrad bei gleichzeitig weniger Autos geben.

Technische Tipps:
  • Die Farbe besteht aus einer Mischung aus Wasser und Modelliergips (Modellgips). Sie bindet sehr schnell ab, es können daher nur kleine Mengen angerührt werden. Vorteil der schnellen Abbindung von maximal 10 Minuten ist die schnelle Aushärtung, was die Installationszeit entsprechend gering hält.
  • Die Farbe ist über lange Zeit regenbeständig, bei entsprechender mechanischer Beanspruchung durch Au-toreifen dürfte die Lebensdauer jedoch auf einige Wochen beschränkt sein.
  • Gips ist ein reines Naturprodukt. Es ist keine Umweltbelastung durch abgewaschene Farbe zu erwarten.
  • Die Farbe kann mit Kleisterpinseln aufgebracht werden. Bei Zebrastreifen kann ein Vorzeichnen mit Kreide entlang von langen Holzlatte sinnvoll sein. Radpiktogramme können von bestehenden Radstraßen mithilfe einer Malerfolie abgezeichnet werden, auf Sperrholz oder ehemalige (große) Wahlplakate übertragen und dann mit einer Stichsäge (bei Sperrholz) oder einem Cutter zu einer Schablone ausgesägt werden.

Aktion in Kassel (genauer in der Verkehrswendebroschüre, siehe oben)
Unten: Aktion in den 80er Jahren ... einfach, aber natürlich nicht mehr ein Radweg, wie wir ihn heute fordern!

Popup-Bikelanes einrichten - z.B. per Versammlungsrecht
In einigen deutschen Städten wie Berlin, Stuttgart oder München richten selbst die Behörden kurzfristig sogenannte Popup-Radwege (siehe Wikipedia) ein, um mehr Platz für's Rad und genügend Abstand in der Pandemie zu schaffen. In noch mehr Orten demonstrieren Aktive dafür, dass ihre Städte diesen positiven Beispielen folgen. Das lässt sich als temporäre Aktion auch über das Versammlungsrecht machen, d.h. die Fahrradspur wird als Demo angemeldet. Das Bündnis Esslingen auf's Rad, in dem auch VCD und ADFC Mitglied sind, hat dafür ein wegweisendes Urteil erstritten: Das Ordnungsamt muss als Demo angemeldete Pop-Up-Radwege auf eigene Kosten mit Leitkegeln sichern (VG Stuttgart, Beschluss vom 8. Juni 2020, Az 1 K 2792/20). Im Klartext heißt das, dass man kostenlos eine passende Demonstration auf einem Fahrstreifen anmeldet und die Behörde dann die notwendigen Leitkegel auf eigene Kosten aufstellen muss. So lässt sich sehr einfach großer Druck auf die eigene Kommune aufbauen.

Neuaufteilung von Straßen

Gegen zugeparkte Fahrradwege
„Bin nur kurz beim Bäcker“-Kurzzeitparken: Nach dem Vorbild von Autos auf Fahrradwegen werden Fahrräder auf der (rechten) Fahrbahn abgestellt mit deutlich sichtbaren Schild des Kurzzeitparkens. Danach weiterfahren. Wenn das viele machen, bricht einiges zusammen.
Zudem gebt es verschiedene Aufkleber und Steckkarten, die auf Scheiben oder hinter dem Scheibenwischer hinterlassen werden können. Klassiker ist der Mini-Aufkleber "Parke nicht auf unseren Wegen".


Mit Sahne gegen Falschparker: Per Sprühsahne die Seitenbegrenzungen des Radstreifens oder -weges auf dem Auto kennzeichnen. ++ Infoseite dazu

Abstand bitte
1,50m müssen alle Autos Abstand zu Radler*innen halten. Das geschieht selten, bedeutet es doch praktisch, dass eine Überholung nur möglich ist, wenn kein Gegenverkehr kommt. Das Überholen von Fahrrädern würde dann ähnlich dem ablaufen, was auch bei zweispurigen Fahrzeugen üblich ist: Dahinterbleiben, bis Gegen- oder Überholspur frei ist und dann auf dieser überholen. Das würde Sicherheit bringen. Allerdings halten sich viele nicht daran, zudem suggieren gestrichelte oder durchgezogene Linie als Radspurmarkierung, dass sich Autos an diesen und nicht mehr am Mindestabstand auszurichten haben.

Abstandsgebot mit Spruchband deutlich machen
Ihr konnt als demonstrative Aktion per Spruchband für den Mindestabstand werben.

Aktion mit Abstands-Transparent in Marburg (Bericht auf hessenschau.de)

Mit der Poolnudel unterwegs
Direkt am Fahrrad können weiche Abstandshalter zeigen, wie groß ein 1,50m-Abstand ist. Die sogenannten Poolnudeln eignen sich für den Alltag und für Radaktionen.

Bericht über eine Aktion des ADFC in der Neuen Presse am 30.10.2018 ++ Bericht in radzeit

Verkehrsberuhigendes Fahren und Gehen
Ihr seid mit dem Radl unterwegs, aber die Autos nerven? Sind laut, stinkig und schneiden Euch den Weg? Das muss nicht sein. Wenn Ihr mehr als zwei Leute (in manchen Bundesländern: mehr als drei) seid und eine politische Meinung nach außen kundtut, fallt Ihr unter das Versammlungsrecht. Die Straßenverkehrsordnung ist dann außer Kraft. Ihr könnt (z.B. auf den Gepäckträger) ein Schild klemmen, welches von hinten gut zu sehen und lesen ich - und dann nebeneinander auf Eurer Spur fahren. Auch jederzeit spontan möglich, wenn der Autoverkehr mal wieder das Leben versaut ...

Stadtradeln zu einer Aktion machen
In vielen Orten findet jährlich einmal das Stadtradeln statt. Dabei werden Menschen für einen gewissen Zeitraum aufgerufen, Fahrrad zu fahren und die gefahrenen Kilometer zu messen. Das Ganze wird dann auch noch zu einem Wettbewerb stilisiert, wer am meisten radelt (als Person und als Gruppe). Die Bedingungen des Radelns werden aber fast nie verbessert - auch nicht für diesen Zeitraum. Es ist also eher eine PR-Show mit Wettbewerbscharakter, eine Art Greenwashing der oft schlechten Bedingungen fürs Fahrradfahren.
Das geht anders:
  • Klare Forderungen aufstellen und zumindest für den Zeitraum als Verkehrsversuch einfordern
  • Teilnehmende Gruppen und Personen dafür gewinnen, ihre Teilnahme davon abhängig zu machen, dass solche Verbesserungen kommen.
  • Nicht nur radeln, sondern auch Aktionen machen in dem Zeitraum - für eine Verkehrswende und bessere Radfahrbedingungen.

  • Bericht vom Treffen in Gießen, wo über ein erweitertes Konzept für das Stadtradeln in 2022 diskutiert wurde - alle Kommunen in Stadt und Kreis gleichzeitig, aber diesmal mit deutlichen Verbesserungen auch der Bedingungen zum Radfahren (zumindest temporär). Das wäre schön, wenn viele Gruppen da mitziehen und nicht einfach nur mitradeln, ohne Forderungen zu stellen.

Infos zu Radwegen

Lesestoff und mehr

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