Antirepression

REFORMISMUS

Integration von Protest


Einleitung · Kämpfe in der Linkspartei · Reformismus international · Widerstand und Revolution · Integration von Protest

Aus: Michael Wilk, 1999: Macht, Herrschaft, Emanzipation, trotzdem-Verlag (S. 8)
Emanzipatives Bestreben sieht sich mit einem Staatssystem konfrontiert, das Integration und Einbeziehung von Widerstand zu einem wesentlichen Herrschaftsmechanismus verfeinert hat.

Im Original: Integriere und herrsche
Michael Müller und Andrea Nahles, SPD-MdBs, in der FR vom 24.8.2001 (S.7)
Beim G8-Treffen fanden sich unter dem Dach des Sozialforums über 800 Organisationen zusammen, die ganz überwiegend aus der Agenda-21-Bewegung kommen. ...
Wir sehen Genua als ein Zeichen der Hoffnung für einen globalen Bürgerpakt, denn mit der internationalen Vernetzung der Zivilgesellschaft entwickelt sich eine wichtige Säule, die der schwindenden Kraft der Nationalstaaten entgegenwirkt. ... Sie ist ein Teil der demokratischen Reformbewegung gegen die ungezügelte kapitalistische Expansion, die auch die Demokratie zu unterminieren droht.

Rede der Erfurter Gruppe PAKT auf dem PDS-Parteitag, September 2001
Die Bewegung schafft es momentan mehr Menschen zu mobilisieren, als jede andere linke Bewegung der letzten 15 Jahre. Deshalb wollen zur Zeit alle daran teilhaben. Die Grünen entdecken plötzlich ihre Kritik an der Globalisierung und Gerhard Schröder hat auf einmal Verständnis für "unsere" Ziele, auch wenn er vor Genua noch meinte, man müsse mit aller zur Verfügung stehenden Härte gegen sogenannte gewaltbereite Störer vorgehen - was nebenbei bemerkt dann ja auch geschah.
Die AntiFa empfiehlt die Teilnahme an den Protesten und auch unsere Anwesenheit hier und heute wäre ohne die erfolgreichen Proteste von Genua, Seattle und Prag kaum denkbar.
Aber die Erfahrungen der Anti-AKW-Bewegung haben uns gelehrt skeptisch gegenüber Vereinnahmungsversuchen aller Art zu sein. Wir können natürlich auch in Zukunft gemeinsam demonstrieren, aber mehrere unserer Grundauffassungen sind sicher nicht mit denen eurer bzw. jeder anderen Partei vereinbar. Leider zeigen uns die Regierungsbeteiligungen der PDS auf Länderebene, dass auch von dieser/eurer Partei nicht mehr viel zu erwarten ist, sobald sogenannte Sachzwänge zu kapital- und standortfreundlicher Politik zwingen. Sei es die Zustimmung zur öffentlichen Videoüberwachung oder nicht durchgesetzte Verbesserungen für AsylbewerberInnen auf kommunaler Ebene. Uns zeigt dies, dass der parlamentarische Weg keine emanzipatorischen politischen Entwicklungen zulässt - das nur eine Bewegung auf der Strasse, die von möglichst vielen Menschen unterstützt wird, gesellschaftliche Veränderungen einfordern kann. Und genau hierfür scheint die Antiglobalisierungsbewegung uns als der vielversprechendste Versuch seit langem, darum demonstrierten wir in Genua, darum stellen wir uns Diskussionen.

Haupttext auf Titel und Kommentar in der FR, 5.9.2001
Kanzler lobt Protestbewegung
Verständnis für Forderung der Globalisierungskritiker nach Spektulationssteuer
... Der Kanzler lobte ausdrücklich das Engagement der Demonstranten ... er spreche dabei nicht vom "Krawall-Block", so Schröder. ... Die Dachorganisation der Globalisierungskritiker, Attac, begrüßt, dass die Bundesregierung mit Schröders Äußerungen ihre harte Linee gegen die Tobin-Steuer "aufweiche". ...
Kanzlers Brückenschlag
Fast zwei Monate hat es gedauert, bis beim Kanzler die Verärgerung über die demonstrierenden Globalisierungskritiker von Genua verflogen war. Aber dann bekamen offenkundig kluge Texter den Auftrag, eine Rede zu entwerfen, die der Versuch eines Brückenschlages sein soll.


Thomas Gebauer, "... von niemandem gewählt!", in: Ulrich Brand u.a., 2001, Nichtsregierungsorganisationen in der Transformation des Staates, Westf. Dampfboot in Münster (S. 116f)
Hinter der Einbindung von NGO vermag sich die systemrationale Verwaltung von "Sachzwängen" umso besser zu verbergen. Der Staat aber gibt sich nicht mehr als autoritärer, sondern als "moderierender" Staat, de rauf der diskursiven Ebene zwischen den Positionen der verschiedenen gesellschaftlichen Akteure vermittelt, selbst aber weniger angreifbar wird.
Die Absicht ist die Neutralisierung von gesellschaftlicher Opposition und dabei auch die Kooptierung von NGO, deren latenter Widerspruch zur staatlichen Politik stört.
... findet auch unter NGO Anhänger. Angesichts zunehmende Gewaltverhältnisse und der fortschreitenden Zerstörung müsse man, so die Argumentation, solange im Konsens mit den staatlichen Institutionen handeln, bis die schlimmsten Auswüchse der Krise beseitigt sind. Ob solche autoritären Lösungsstrategien, die partizipative und demokratische Optionen ausblenden und Legitimation allein über die Inszenierung der Gefahren behaupten, jemals wieder die Rückbesinnung auf emanzipatorische Ziele zulassen, ist allerdings mehr als fraglich.


Etliche Texte und Zitate sind mit, andere ohne Namen - das liegt zum einen daran, wie wir die Texte bekommen haben, zum anderen können die, deren Texte hier abgedruckt sind, auch selbst bestimmen ... per Info- und Kontaktformular mit Begründung genügt und der Name wird, wenn das Argument überzeugt, gestrichen bzw. hinzugefügt.

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