Antirepression

DIRECT ACTION: WIDERSTAND IM ALLTAG
GRUNDIDEE UND STRATEGIEN

Aufmerksamkeit und Sensibilität steigern


1. Erregungskorridore in die Normalität schlagen!
2. Handlungsmöglichkeiten ausdehnen
3. Aufmerksamkeit und Sensibilität steigern
4. Vorbereitung, Reflektion und ständiges "Training"
5. Die Rolle politischer Gruppen
6. Materialien zum Downloaden
7. Links

Es ist gar nicht nötig, auf Demonstrationen zu gehen oder auf Events zu warten, um politisch aktiv werden zu können. Herrschaft durchzieht die Gesellschaft bis in den letzten Winkel. Patriarchale Logiken, Zweigeschlechtlichkeit, Rassismus, Erziehung und Kinderdiskriminierung oder rechte Ideologien prägen den Alltag. Wer aufmerksam durch den Tag wandelt, wird genug Situationen finden, wo Unterdrückung zu kritisieren ist. Wer die Umgebung intensiv „abscannt“ und die eigene Sensibilität erweitert, bemerkt tausend Stellen, an denen kleine Zeichen gegen das genormte Dasein hinterlassen werden können. Diese grundsätzliche Aufmerksamkeit ist einer der wichtigsten „Ausrüstungsgegenstände“ für den Widerstand im Alltag.

a. Der Situations-„Scan“
Wer Konzentration und Sensibilität „hochfährt“, in die Situation eintaucht und aufmerksam beobachtet, hat viele Vorteile. Das „Scannen“ der Umgebung deckt oft neue Möglichkeiten auf, kreativ oder witzig in Situationen einzugreifen oder die Umwelt zu verändern. Es hilft, Details in der Umgebung oder dem Verhalten anderer wahrzunehmen. So entdeckt mensch z.B. neue Stellen, um Aufkleber oder gefälschte Hinweise anzubringen. Oder Ansatzpunkte, in ein Gespräch einzugreifen. Wer dazu noch genau sucht bzw. mit klarem Willen, Kreativität und widerständiger Grundeinstellung durchs Leben wandert, dürfte mit der Zeit immer neue Möglichkeiten finden, Unsinn zu stiften, Normalität zu durchbrechen. Neben der spontanen Aktionsfähigkeit gibt es noch weitere Anwendungsgebiete und gute Gründe für das aufgeweckte Agieren:
  • Auch bei der Vorbereitung von geplanten direkten Aktionen oder militanten Attacken ist hohe Aufmerksamkeit für Details (z.B. auffällige Personen, Kameras oder Zivilstreifen) gefragt
  • Prozesse einer unabhängigen Selbstorganisierung im Alltag setzen voraus, aktiv Möglichkeiten zu bemerken, wo passende Materialien umsonst verfügbar sein könnten: Container mit Lebensmittelresten, abgelegene Baustellen, zum Abriss frei gegebene Häuser (mit nützlicher Ausstattung) ... wer all das nicht registriert, wird es schwer haben, sich ohne bzw. mit wenig Geld zu organisieren.

Aufgrund sozialer Zurichtung und der ständigen Präsenz von Bevormundung, Zwängen und Normierungen (z.B. die Orientierung auf Konsum statt Selbstorganisierung) ist dieses „Scannen“ bei vielen Menschen leider verschüttet; mensch trottet mit wenigen Ausnahmen im Dämmerzustand vor sich her und nimmt all die interessanten Details um sich herum kaum wahr. Die Wahrnehmung wieder zu schärfen, den Blick für Aktionsmöglichkeiten zu entwickeln ... all das kann gezielt geübt werden.

b. Herrschaftsbrille
Die meisten Menschen sind nicht irritiert, wenn Kinder im Bus oder Zug von Erwachsenen zurecht gewiesen, belehrt, bestraft oder gewalttätig angegangen werden (alles kommt ständig vor). In weiten Teilen der Gesellschaft besteht kein Bewusstsein für so offensichtliche und häufige Diskriminierungen aufgrund des Alters. Es ist „normal“. Auch in ,linken' Kreisen werden solche oder subtilere, verschleierte Formen von Herrschaft nur von wenigen überhaupt als solche wahrgenommen. Auch Menschen, die in einigen Bereichen Herrschaft sehr genau durchschauen, können in anderen "blind" sein für eigenes Dominanzverhalten. Viele Frauen nehmen Männer mackerig, angeberisch oder unsensibel wahr, was die entsprechenden Männer häufig gar nicht mitbekommen. Und vielleicht fällt mir gar nicht auf, wie ich mich z.B. subtil ausgrenzend gegenüber Migrantinnen verhalte. Es wäre nun zwar schön, die Herrschaftsbrille einfach so aufsetzen zu können. Statt dessen können verschiedene Prozesse helfen, Herrschaft zu erkennen:
  • Die theoretische Auseinandersetzung mit Herrschaft in all ihren Facetten (beispielsweise unter Rückgriff auf den HierarchNie!-Reader, der versucht, solche Herrschaftsbrillen bereit zu stellen: www.hierarchnie.siehe.website)
  • Die aufmerksame Wahrnehmung in jeder Situation mit dem Willen, Normalität zu hinterfragen und Herrschaft zu demaskieren
  • Die ständige Reflektion, der Versuch, einsam oder gemeinsam Situationen zu durchleuchten und auszuwerten. Herrschaft verändert sich ständig und eine sichere Feststellung ist nie möglich. Deshalb ist es wichtig, sich Herrschaft und die eigene Verstrickung in diese immer wieder neu bewusst zu machen!

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