Antirepression

BUNTE VERSAMMLUNGEN ORGANISIEREN, ANMELDEN, DURCHSETZEN

Die Unterscheidung: Normal-, Eil- und Spontanversammlungen


1. Einleitung zu Demotipps und -recht
2. Was ist eine Versammlung?
3. Sind Sitzblockaden eine Versammlung?
4. Die Unterscheidung: Normal-, Eil- und Spontanversammlungen
5. Demo-Leitung und innere Struktur
6. Der Ort einer Versammlung
7. Spezial: Autobahnen als Versammlungsort
8. Übernachten und Versorgung auf Versammlungen
9. Auf dem Weg zur Demo
10. Anmeldung einer Versammlung und Kooperationszwang für Behörden
11. Links
12. Materialien zu Demorecht und -organisation

Es gibt drei Arten von Versammlungen. Die Normalversammlung ist das, was 48 Stunden oder länger vorher geplant wird. Das ist bei allem, wo wir per Internet, Flyer usw. aufrufen, in der Regel der Fall. Dann muss die auch mindestens zwei Tage vorher auch angemeldet werden. Wird das unterlassen, ist die Demo trotzdem eine Demo (auch wenn die Polizei und linke Führer*innen noch tausendmal was anderes erzählen), aber die Person, die es hätte anmelden müssen, bekommt Ärger.

Die Vorteile der rechtzeitigen Anmeldung:
  • Die Polizei bereitet die Versammlung vor, sperrt also z.B. Straßen oder untersagt andere, später angemeldete Demos.
  • Mensch bekommt die Auflagen in der Regel so rechtzeitig vorher, dass Widerspruch eingelegt oder sogar gegen diese geklagt werden kann. Dadurch sind schon öfter mal Verbesserungen erreicht worden.
  • Mensch ist formal auf der sicheren, aber auch langweiligen Seite.

Das war's aber schon. Die Nachteile sind hingegen ziemlich gravierend:
  • Die "normale" Demo muss eine hierarchische Form haben, die zudem durch Auflagen weiter zugespitzt werden kann. In der Regel ist ein*e Leiter*in zu bestimmen, die gegenüber polizeilichen Auflagen weisungsabhängig ist. Die Polizei hat also praktisch die Herrschaft über die Demo, in dem sie der*m Leiter*in Anweisungen erteilen darf. Diese dürfen zwar das Versammlungsrecht nicht brechen, aber im Eifer des Gefechts interessiert das Uniformierte oft nicht. Noch schlimmer: Di*er Leiter*in muss oft Ordner*innen benennen und kennzeichnen lassen, die wiederum die Anweisungen der*s Leiter*in gegenüber weisungsabhängig sind. Sie setzen den Willen der Leitung (und damit oft die der Polizei) gegen die Demoteilnehmer*innen durch. So ist die normale Demo eine ziemlich hierarchische Angelegenheit.
  • Die Polizei weiß durch die Anmeldung ziemlich viel über die Demo, unter anderem die geplante Route, mitgeführte Geräte usw. Auch wenn es grundsätzlich erlaubt ist, da auch während der Versammlung was zu ändern - praktisch kommt das nicht häufig vor (was aber auch an der Mutlosigkeit deutscher Protestkultur liegt).

Aus Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts (3. Auflage, 2001)
Die Autoren sind (waren) anerkannte Polizeifachleute, u.a. Polizeipräsidenten und Professoren der Polizeiausbildung.
In der Versammlungswirklichkeit findet sich vermehrt der Typus der leiterlosen Versammlung. Hier stellt sich die Frage, ob die ausnahmslos angeordnete Pflicht zur Leiterbestellung in den §§ 7 I, 18 I VersG sowie die damit vorgegebene hierarchische Versammlungsstruktur mit Art. 8 I GG in Einklang gebracht werden kann. § 7 I VersG bringt die Vorstellung des Gesetzgebers zum Ausdruck, daß das Verhandensein eines Leiters der Durchführung einer geordneten Versammlung dient. Fraglich ist aber, ob das zwingende Voraussetzung ist, die Pflicht zur Bestellung eines Leiters ausnahmslos gilt. Als versammlungsgesetzliche Ordnungsnorm ist § 7 I VersG im Lichte von Art. 8 I GG auszulegen. Sein Schutzbereich erfaßt auch die leiterlose Versammlung; das Selbstbestimmungsrecht der Teilnehmer kann so weit gehen (nicht nur bei Spontanversammlungen), auf die Einsetzung eines Leiters zu verzichten und vom hierarchisch strukturierten Versammlungsmodell des VersG abzuweichen. Das setzt aber voraus, daß die Teilnehmer in der Lage sind, selbst das unverzichtbare Mindestmaß an Ordnung zu gewährleisten. Dies wird man bei kleineren Versammlungen bzw. Demonstrationen bejahen können. Insoweit ist die ausnahmslose Bestellungspflicht eines Leiters verfassungswidrig. Bei größeren Veranstaltungen ist dagegen zu berücksichtigen, daß diese ohne jede Leitung kaum durchführbar sind und insoweit die Pflicht zur Bestellung eines Leiters der Verwirklichung von Art. 8 I GG dient. Bei Großdemonstrationen mit einer Vielzahl von Initiatoren und Trägern ist allerdings in Rechnung zu stellen, daß diese bezüglich der Leitung als gleichberechtigt gelten müssen. Insoweit kann keine Verpflichtung zur Bestellung eines Gesamtleiters bestehen. (S. 664)

Spontandemonstrationen ... Da solche Aktionen oft keinen Leiter haben bzw. sich kein solcher zu erkennen gibt, ist Voraussetzung für ein Zustandekommen von Kooperation, daß es der Polizei gelingt, beim Gegenüber einen "Ansprechpartner" zu gewinnen, der dann aber nicht in die Rolle des faktischen Leiters gedrängt werden darf. Mangelnde Kooperation ist auch bei Spontandemonstrationen kein Auflösungsgrund. (S. 680)


Es lohnt also, über die beiden anderen Varianten der Versammlung nachzudenken. Da ist zunächst die Eilversammlung. Die bezeichnet eine Demo, die mit weniger Zeitabstand geplant und umgesetzt wird - also z.B. am Freitag passiert irgendwas und am Samstag nachmittag soll dazu eine Demo stattfinden. Hier soll, so der Gesetzgeber, möglichst gleich die Anmeldung rausgeschickt werden. Einen Auflagenbescheid wird es dann wohl kaum noch vorher geben. Oft bringen Polizei oder Versammlungsbehörde die zu Beginn vorbei. Ansonsten ist alles wie bei der "normalen" Demo: Leitung, interne Struktur usw. - nur dass mensch kaum die Zeit hat, gegen Auflagen zu klagen. Eine Eilversammlung ist also eher die ungünstigste Variante.

Interessanter ist die Spontanversammlung. Das ist die Demo, bei der gar keine Vorbereitungszeit existiert, die also sponton entsteht. Das Beispiel würde hier so lauten, dass am Freitag etwas passiert und sich sofort Menschen versammeln oder zumindest ad hoc verabreden, um zu demonstrieren. Typisch ist, dass keine spezifisch für den Anlass geschaffenen Materialien, sondern nur allgemeine Transparente zum Thema oder Ähnliches dabei sein können. Lautsprecher, Kreide usw. aber sind natürlich auch spontan erreichbar (weshalb ständig zugängliche Aktionsräume in jeder Stadt wichtig sind!). Kreide ist ohnehin auch hier wieder das Mittel der Wahl, weil spontan beliebig einsetzbar und gut zu sehen. Denkbar sind auch leere Tücher oder Plakate, die zu Demobeginn noch schnell gemalt werden. Das alles klingt erstmal nachteilig. Es gibt aber einen wichtigen Vorteil: Da keine Vorbereitung erkennbar sein darf, kann es auch keine Vorabversammlung gegeben haben, wo z.B. die Leitung und ein Binnenstruktur mit Ordner*innen beschlossen wurde. Folglich kann eine Spontanversammlung ohne solche stattfinden. Damit gibt es keine Person mehr, die von der Polizei Weisungen erhalten und hinterher bei Nichtbefolgen zur Verantwortung gezogen werden kann. Dieser Vorteil ist aus herrschaftskritischer Sicht so zentral, dass die Spontandemo die bevorzugte Wahl für kreative Aktion ist. Dass sie so selten vorkommt, liegt daran, dass die Bewegungsfürst*innen ja Hierarchie wollen. Die Demoteilnehmer*innen sollen artig hinterher latschen, Reden ausgewählter Leute zuhören, brav klatschen und am besten noch was spenden. Mit widerständiger Protestkultur haben übliche Demos nichts zu tun.

Wer jetzt (noch) nicht selbst das subversive Denken hinkriegt, denkt vielleicht: Die Spontandemo schränkt mich zu sehr ein. Ich will doch vorher den Termin verbreiten und das fabrikgefertige Fronttranspi mit meinem Logo haben - wie soll das denn gehen? Es geht. Unabhängig davon, dass diese Fließbandware bei Demos nervt, ist es möglich, die Vorteile zu kombinieren.

Subversives Demorecht: Als Normaldemo starten, zur Spontandemo werden
Wenn Ihr schon vor einer Demo dafür mobilisieren wollt, müsst Ihr die auch anmelden (sonst Ärger für di*en Leiter*in ... wenn sie di*en denn herausfinden). Dann aber gibt es diese Hierarchie-Problematik und einiges mehr an starren Vorgaben. Wenn Ihr dann losgeht, könnt Ihr auch bei einer Normal-Demo die vorgesehen Route oder andere Details ändern. Vielleicht ist die Polizei dagegen. Oder etwas anderes provoziert sie, so dass die Normal-Demo irgendwie nicht weitergeht. Gut so. Beendet die unter lautstarkem Protest gegenüber der bösen Polizei und erklärt alles über Lautsprecher den Teilnehmer*innen. Die stehen nun ohne Demoleitung da. Aber sie haben immer noch Transpis, da ist wahrscheinlich auch noch der Lautsprecher (wäre jedenfalls sinnvoll, dass so zu organisieren). Einige bemächtigen sich dieser Utensilien und rufen zu einer Spontandemo auf - nur oder unter anderem wegen der Schikane der Polizei. Nun können die ganzen vorbereiteten Sachen genutzt werden, die Teilnehmer*innen sind auch da (weil mobilisiert worden zu der Normal-Demo) - und es geht weiter als Spontandemo. Die ehemalige leitende Person geht nach Hause oder als einfache*r Teilnehmer*in mit.
Varianten: In mehrere Demos teilen und unterschiedliche Routen nehmen (die alte Anmeldung hat ja keine Bedeutung für "neuen" Demos). Ein paar kleine Gruppen oder Einzelpersonen können auch in der Nähe oder direkt nach der Auflösung (und vor dem Neustart) Sachen machen, die nach Versammlungsrecht verboten wären (z.B. Anketten). Wenn es dann wieder zu Demo wird, können sie sich leider nicht mehr losmachen ... und der Naziaufmarsch, die Wahlveranstaltung, der Baubeginn, die Aussaat oder was auch immer kann erstmal nicht stattfinden.

Vorteil nebenbei: Die Polizei wird sich das verärgert bis fassungslos angucken. Vielleicht prügelt sie auch mal rein - das aber wäre illegal, denn die neue Demo ist völlig legal. Platzverweise wären auch wieder rechtswidrig. Auf jeden Fall aber wird sie lernen, Normaldemos vorsichtiger anzugehen und denen im Regelfall alles zu erlauben, damit sie sich nicht auflöst. Auch das wäre ja ein Erfolg. Und es wird Zeit, dass es mit dieser Weicheierei politischer Bewegung und besonders ihrer Funktionär*innen endlich mal vorbei ist.

Ansonsten gilt: Stets demofähig sein ... als Kram dabei haben, der eine "öffentliche Meinungskundgabe" erleichtert (Kreide, leere Plakate und Stift oder Minimegafon). Und auf aktuelle Vorgänge reagieren, wenn Demorecht hilfreich ist - auf Google News gucken, was gerade passiert ist und das zum Anlass nehmen, reicht aus.


Anmeldepflicht
Normal- und Eilversammlung sind anzumelden. Wichtig ist aber, dass Vergessen oder absichtliches Weglassen der Anmeldung nicht dazu führt, dass eine Versammlung keine ist. Jede Demonstration, die den Charakter einer Versammlung hat ("öffentliche Meinungskundgabe einer Personenmehrheit") steht unter dem Schutz eines Versammlungsrechts, auch wenn Einzelne dem Versammlungsrecht zuwider handeln, z.B. indem die die Demo nicht anmelden. Das Versammlungsrecht sieht Möglichkeiten für Bußgelder und Strafen gegen diese Einzelpersonen vor. Die Gesamtdemo darf aber nur aufgelöst werden, wenn der Gesamtcharakter zu Gefahren führt, Straftaten fördert oder ähnliches.

Aus: BVerfGE 69, 315 am 14.5.1985 – Brokdorf
Die in § 14 I VersG geregelte Anmeldepflicht war in der Weimarer Verfassung ausdrücklich als zulässige Beschränkung der Versammlungsfreiheit vorgesehen. Nach Meinung desBundesverwaltungsgerichts schränkt sie das Grundrecht im Regelfall nur unerheblich ein (BVerwGE 26, 135 [137 f.]). Der Bundesgerichtshof (vgl. BGHSt 23, 46 [58 f.]) und ebenso die ganz herrschende Lehre halten die Regelung für verfassungsgemäß. Dem ist zuzustimmen, wenn dabei berücksichtigt wird, daß die Anmeldepflicht nicht ausnahmslos eingreift und daß ihre Verletzung nicht schon schematisch zum Verbot oder zur Auflösung einer Veranstaltung berechtigt.
Die Anmeldepflicht gilt nur für Versammlungen unter freiem Himmel, weil diese wegen ihrer Außenwirkungen vielfach besondere Vorkehrungen erfordern. Die mit der Anmeldung verbundenen Angaben sollen den Behörden die notwendigen Informationen vermitteln, damit sie sich ein Bild darüber machen können, was einerseits zum möglichst störungsfreien Verlauf der Veranstaltung an Verkehrsregelungen und sonstigen Maßnahmen veranlaßt werden muß und was andererseits im Interesse Dritter sowie im Gemeinschaftsinteresse erforderlich ist und wie beides aufeinander abgestimmt werden kann (vgl. BTDrucks 8/1845, S. 10). Nach ganz herrschender Ansicht entfällt die Pflicht zur rechtzeitigen Anmeldung bei Spontandemonstrationen, die sich aus aktuellem Anlaß augenblicklich bilden (vgl. etwa BVerwGE 26, 135 [138]; BayObLG, NJW 1970, S. 479; Dietel/Gintzel, a.a.O., RdNr. 23 zu § 1 und RdNr. 18 ff. zu § 14 VersG; Herzog, a.a.O., RdNr. 48, 82 und 95 zu Art. 8 GG; v. Münch, a.a.O., RdNr. 10 zu Art. 8 GG; Hoffmann-Riem, a.a.O., RdNr. 47 zu Art. 8 GG; Frowein, a.a.O. [1085 f.]; Ossenbühl, a.a.O. [65 ff.]; P. Schneider, a.a.O. [264 f.]). Sie unterstehen der Gewährleistung des Art. 8 GG; versammlungsrechtliche Vorschriften sind auf sie nicht anwendbar, soweit der mit der Spontanveranstaltung verfolgte Zweck bei Einhaltung dieser Vorschriften nicht erreicht werden könnte. Ihre Anerkennung trotz Nichtbeachtung solcher Vorschriften läßt sich damit rechtfertigen, daß Art. 8 GG in seinem Absatz 1 grundsätzlich die Freiheit garantiert, sich "ohne Anmeldung oder Erlaubnis" zu versammeln, daß diese Freiheit zwar nach Absatz 2 für Versammlungen unter freiem Himmel auf gesetzlicher Grundlage beschränkbar ist, daß solche Beschränkungen aber die Gewährleistung des Absatz 1 nicht gänzlich für bestimmte Typen von Veranstaltungen außer Geltung setzen dürfen, daß vielmehr diese Gewährleistung unter den genannten Voraussetzungen von der Anmeldepflicht befreit.


Aus: OLG Düsseldorf 5. Strafsenat am 12.6.1984, Az: 5 Ss (OWi) 163/84 - 133/84 I
Bei der Spontanversammlung läßt bereits das spontane Entstehen einer solchen Versammlung naturgemäß eine Anmeldung nicht zu, so daß das Fehlen der Anmeldung nicht die Auflösung rechtfertigt. Bei Eilversammlungen hingegen hängt die Frage, ob eine Auflösung allein wegen fehlender Anmeldung erfolgen kann, davon ab, ob die Versammlung den ihr zugedachten Sinn und Zweck verlieren würde, wenn sie verschoben und erst nach Ablauf der 48stündigen Anmeldungsfrist abgehalten würde.

Aus: OLG Düsseldorf am 5.6.1981, Az: 2 Ss (OWi) 297/81 - 217/81 III
  1. Bei einer Spontanversammlung reicht allein der Umstand der Nichtanmeldung zur Auflösung nicht aus.
  2. Eine Spontanversammlung ist eine nicht von langer Hand vorbereitete, sondem sich aus aktuellem Anlaß ohne vorherige Planung, Einladung, Bekanntmachung oder sonstige Absprache augenblickliche Zusammenkunft, die ihren Sinne bei Einhaltung der nach VersammlG § 14 vorgeschriebenen Anmeldefrist von 48 Stunden nicht mehr oder nur unzureichend erfüllen kann.

Aus: BVerfG 1. Senat am 32.10.1991, Az: 1 BvR 850/88
  1. § 14 VersG ist im Blick auf Art 8 GG verfassungskonform dahin auszulegen, daß Eilversammlungen anzumelden sind, sobald die Möglichkeit dazu besteht. Als sog Eilversammlungen sind Versammlungen zu verstehen, die im Unterschied zu Spontanversammlungen zwar geplant sind und einen Veranstalter haben, aber ohne Gefährdung des Demonstrationszwecks nicht unter Einhaltung der Frist von VersammlG § 14 angemeldet werden können.
  2. Regelmäßig wird die Möglichkeit der Anmeldung zeitgleich mit dem Entschluß, eine Versammlung zu veranstalten, bestehen, spätestens jedoch mit dessen Bekanntgabe.
  3. Strafrechtlich relevant ist die versäumte Anmeldung nur noch, soweit die Möglichkeit der Anmeldung bestand.
  4. Versammlungen, bei denen sich die Frist des § 14 VersammlG nicht einhalten läßt, sind deswegen nicht von der Anmeldepflicht überhaupt befreit. Für Spontanversammlungen entfällt die Anmeldepflicht, für Eilversammlungen verkürzt sich die Anmeldefrist.

Aus dem VG Stuttgart, Urteil vom 18.11.2015 - 5 K 1265/14
Der Schutz des Art. 8 GG besteht unabhängig davon, ob die Versammlung nach § 14 VersG hätte angemeldet werden müssen.
Versammlungsrechtliche Vorschriften über die Anmeldepflicht nach § 14 VersG sind auf die Spontanversammlung nicht anwendbar, soweit der mit der Spontanveranstaltung verfolgte Zweck bei Einhaltung dieser Vorschrift nicht erreicht werden könnte (vgl. BVerfGE 69, 315, 350 f.; 85, 69, 74 f.). Aber auch wenn die Versammlung nicht als Spontanversammlung zu bewerten wäre, würde aus dem Verstoß gegen die Anmeldepflicht lediglich folgen, dass die Auflösung der Versammlung nach § 15 Abs. 2 VersG in Betracht kam (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, Demonstrations- und Versammlungsfreiheit, 13. Aufl., 2004, § 15 Rn. 68 m.w.N.). Die Entscheidung darüber liegt im Ermessen der Behörde. Bis zu einer wirksamen Auflösung besteht der versammlungsrechtliche Schutz (vor anderen Gesetzen) fort.
Ein (Fortsetzungs-)Feststellungsinteresse kann sich daraus ergeben, dass der Staat einer Menschenansammlung von vornherein den Schutz des Art. 8 GG abspricht und gegen sie mit dem Instrumentarium des allgemeinen Polizeirechts vorgeht.
Die Sperrwirkung des Versammlungsrechts gilt nicht nur für polizeiliche Anordnungen gegenüber den Teilnehmern einer Versammlung, sondern auch für Folgemaßnahmen, insbesondere Maßnahmen zur Vollstreckung einer solchen polizeilichen Anordnung.


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